Wintersession im TickerSchlussabstimmungen: Das Parlament verabschiedet 18 Vorlagen
In Bern fand die Wintersession der eidgenössischen Räte statt. Wir berichteten laufend.
Parlament fordert regelmässige Präventions-kampagnen gegen Gewalt
Der Bund soll regelmässig schweizweite Kampagnen führen gegen häusliche Gewalt, sexuelle Gewalt und geschlechtsbezogene Gewalt. Der Ständerat hat am Montag als Zweitrat drei gleichlautende Vorstösse oppositionslos angenommen.
Gemäss einer Sotomo-Erhebung vom November 2021 hätten 42 Prozent der Frauen und 24 Prozent der Männer Gewalt in der Beziehung erlebt, schreiben die Autorinnen der Vorstösse in ihren Begründungen. Im Mittel alle zwei Wochen sterbe gemäss Bundesamt für Statistik in der Schweiz jemand infolge von häuslicher Gewalt. Die meisten Opfer sind Frauen.
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Regelmässige und auf bestimmte Zielgruppen ausgerichtete Präventionskampagnen seien in den Augen von Experten zentral, um Gewalt zu verhüten und zu bekämpfen. Mit der Annahme der Istanbul-Konvention habe sich die Schweiz zu solchen Kampagnen verpflichtet.
Der Bundesrat war mit den Aufträgen einverstanden. Bereits im Rahmen der Debatten vom Frühling 2022 in den Räten zu den gleichen oder ähnlich lautenden Vorstössen, sagte Gesundheitsminister Alain Berset, dass eine solche Kampagne bis zu 2 Millionen Franken im Jahr kosten könne. Das hätten die Erfahrungen mit den Kampagnen gegen Aids gezeigt. (Lesen Sie zum Aktionsplan gegen Gewalt an Frauen auch: «Wenn es Staat und Politik ernst meinen, müssen sie deutlich mehr Geld sprechen»)
Grosse Kammer kämpft gegen «Food Waste»
Der Nationalrat will, dass der Bundesrat noch einen Zacken zulegt bei der Bekämpfung von Lebensmittelverschwendung («Food Waste»). Er hat am Montag drei Postulate überwiesen, mit denen er die Landesregierung zur Prüfung von Massnahmen auffordert.
So soll die Landesregierung etwa abklären, ob sie den Einzelhandel und Wohltätigkeitsorganisationen an einen Tisch bringen will. Dies, damit Firmen und Wohltätigkeitsorganisationen eine nachhaltige Finanzierungslösung für die Sammlung und Abgabe unverkaufter Lebensmittel prüfen.
Die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrats sagte (WBK-N) dazu, nur sieben Prozent der vermeidbaren Lebensmittelabfälle aus dem Einzelhandel landeten bei Wohltätigkeitsorganisationen. Dieser Anteil müsse verbessert werden. Von der WBK-N stammen die drei Vorstösse. Prüfen soll die Landesregierung auch, ob es eine Koordinationsstelle zur Verteilung von abgelaufenen, aber zum Konsum geeigneten Lebensmitteln braucht.
Bundesrätin Simonetta Sommaruga wies im Rat darauf hin, dass der Bundesrat Anfang April einen Aktionsplan gegen die Lebensmittelverschwendung verabschiedete. Er hat zum Ziel, die Lebensmittelverschwendung bis 2030 im Vergleich zu 2017 zu halbieren.
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Parlament fordert Schritte gegen Lebensmittel-betrug
Das Parlament will zusätzliche Massnahmen gegen Lebensmittelbetrug. Als Zweitrat hat der Ständerat am Montag oppositionslos drei entsprechende Motionen aus dem Nationalrat angenommen.
Eingereicht hatten die Vorstösse Mike Egger (SVP/SG), Martina Munz (SP/SH) und Sophie Michaud Gigon (Grüne/VD). In den Motionen ging es unter anderem um die Schaffung einer Fachkommission sowie neuer gesetzlicher Grundlagen und einen besseren Informationsaustausch zwischen den Behörden.
Der Nationalrat hatte den Vorstössen schon im Jahr 2021 zugestimmt. Der Bundesrat war mit dem Auftrag einverstanden. Es geht etwa um Betrug in Form von falschen Etikettenangaben, gefälschten Dokumenten, minderwertigen Inhaltsstoffen oder unerlaubten Produktionsweisen.
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Voller AHV-Teuerungs-ausgleich unter Dach
AHV-Rentnerinnen und -Rentner erhalten im kommenden Jahr definitiv den vollen Teuerungsausgleich. Der Ständerat hat sich am Montag ein zweites Mal für das Vorhaben ausgesprochen.
Die kleine Kammer hiess eine Motion der Mitte-Fraktion aus dem Nationalrat mit 22 zu 20 Stimmen bei zwei Enthaltungen gut. Der Nationalrat hatte den Vorstoss bereits in der Herbstsession angenommen.
Der Entscheid des Ständerats fiel angesichts der Vorgeschichte überraschend knapp aus. Denn die kleine Kammer hatte im September in seiner Sonderdebatte zur Kaufkraft bereits zwei Motionen von Paul Rechsteiner (SP/SG) und Pirmin Bischof (Mitte/SO) mit dem gleichen Anliegen diskutiert und angenommen.
Das Parlament verlangt damit vom Bundesrat die Anpassung der AHV- und IV-Renten sowie der Ergänzungsleistungen gemäss dem Landesindex der Konsumentenpreise, und dies spätestens bis Anfang 2023. Zudem soll der Bundesrat dem Parlament ein Konzept dazu vorlegen, wie die Renten bei einer Teuerung von mehr als zwei Prozent künftig regelmässig angepasst werden können.
Heute orientiert sich der Bund bei der Festlegung der AHV-Renten am sogenannten Mischindex. Dieser basiert zur Hälfte auf der Teuerung und zur Hälfte auf der Lohnentwicklung.
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Höherer Bundesbeitrag an Prämien-verbilligungen ist vom Tisch
Der Bundesbeitrag an die Prämienverbilligungen wird nicht um 30 Prozent erhöht. Der Ständerat hat am Montag drei entsprechende Motionen abgelehnt. Die kleine Kammer lehnte zwei gleichlautende Motionen von Isabelle Chassot (Mitte/FR) und Marina Carobbio Guscetti (SP/TI) mit 24 zu 27 Stimmen bei zwei Enthaltungen respektive mit 24 zu 15 Stimmen bei vier Enthaltungen ab.
Chassot und Carobbio Guscetti wollten den Bundesrat beauftragen, in einem zeitlich auf ein Jahr befristeten dringlichen Bundesbeschluss den Bundesbeitrag an die individuelle Prämienverbilligung um 30 Prozent zu erhöhen. Die zusätzlichen Gelder sollen die Kantone erhalten, sofern sie ihren eigenen Beitrag nicht reduzieren. Eine Motion der SP-Fraktion aus dem Nationalrat mit dem gleichen Anliegen scheiterte mit 25 zu 15 Stimmen bei drei Enthaltungen. Die Idee ist damit vom Tisch.
Die grosse Kammer hatte den Vorstoss in der Herbstsession in seiner Sonderdebatte zum Thema Kaufkraft angenommen. In der grossen Kammer setzte sich damals eine Allianz von SP, Grünen und Mitte durch.
Grosse Kammer will Frauen-Fussball-EM in der Schweiz
Der Nationalrat unterstützt die Schweizer Kandidatur für die Durchführung der Frauen-Fussball-EM im Jahr 2025. Die Schweiz habe alles, was es dafür brauche, hiess es am Montag im Nationalrat. Die grosse Kammer nahm ohne Gegenantrag eine entsprechende Erklärung an.
Die Schweiz eigne sich gut für den Anlass, sagte Lilian Studer (EVP/AG) im Namen der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Forschung (WBK-N) am Montag im Nationalrat. Die Infrastruktur sei da und die Wege zwischen den Ausführungsstädten seien kurz.
Es gehe aber nicht nur um Frauen-Fussball an sich, sondern um den Sport im Allgemeinen, sagte Studer. Sport verbinde, wecke Emotionen und habe Ausstrahlungskraft über die Grenzen hinaus. Es wäre für die Schweiz eine grosse Chance, wenn sie den Anlass durchführen könnte.
Pensionskassen-Zuschläge für 50 Prozent der Übergangs-generation
Nach der Senkung des Umwandlungssatzes sollen laut Beschluss des Ständerates 15 Jahrgänge der Übergangsgeneration lebenslang einen Rentenzuschlag auf der beruflichen Vorsorge (BVG) erhalten. Rund 50 Prozent dieser Generation sollen davon profitieren. In der Gesamtabstimmung hat die kleine Kammer die BVG-Revision mit 25 zu 10 Stimmen bei vier Enthaltungen angenommen. Die Vorlage geht wieder in den Nationalrat.
Das vom Ständerat am Montag favorisierte Modell sieht vor, dass rund jede und jeder zweite Versicherte der Übergangsgeneration von Zuschlägen profitieren soll. Es orientiert sich am Modell des Nationalrates, von dem schätzungsweise 35 bis 40 Prozent der Übergangsgeneration profitieren sollen, erweitert aber den Kreis der Bezüger und will tiefe Vorsorgeguthaben verstärkt besserstellen. Dies soll vor allem oft Teilzeit arbeitenden Frauen zugute kommen.
Um Teilzeit- und Mehrfachangestellte besser zu stellen, hielt der Rat auch an seinen ursprünglichen Beschlüssen fest, die Eintrittsschwelle und den Koordinationsabzug spürbar zu senken. Insgesamt dürften zusätzlich rund 200'000 Personen von der Senkung der Eintrittsschwelle profitieren. Beim Modell des Nationalrates wären es rund 460'000 Personen.
Voller Ausgleich bis 215'000 Franken
Herzstück des ständerätlichen Konzepts ist ein lebenslanger Rentenzuschlag für die ersten 15 Jahrgänge, die nach Inkrafttreten der Reform pensioniert werden. Wer zum Zeitpunkt der Pensionierung über ein Altersguthaben von 215'100 Franken oder weniger verfügt, soll Anrecht auf den vollen Zuschlag haben. Für Altersguthaben zwischen 215'100 und 430'200 Franken soll es einen degressiven Zuschlag geben. Wer mehr Guthaben hat, erhält keine Kompensation.
Minderheitsanträge, die diese Schwelle heraufsetzen wollten, lehnte die kleine Kammer ab. Gescheitert sind auch alle anderen Minderheiten, die sich für die Variante des Bundesrates, also den Kompromiss der Sozialpartner, und die Variante des Nationalrates aussprachen.
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Nationalrat will Konversions-therapien an LGBTQ-Personen verbieten
Der Nationalrat will minderjährige und junge LGBTQ-Menschen vor so genannten Konversions- oder Heilungsmassnahmen schützen. Methoden, die zur Umpolung der Geschlechtsidentität oder auch zu deren Unterdrückung führen sollen, will er per Gesetz verbieten.
Die grosse Kammer nahm am Montag mit 143 zu 37 Stimmen und bei 11 Enthaltungen eine Motion ihrer Rechtskommission (RK-N) an, die vom Bundesrat die Schaffung einer entsprechende Strafnorm verlangt. Auch das Werben für Konversionsmassnahmen, die Vermittlung und das Anbieten solcher Massnahmen sollen verboten werden.
Nicht unter das Verbot fallen sollen aber begleitete Auseinandersetzungen mit der eigenen sexuellen Orientierung, medizinisch indizierte Massnahmen zur Geschlechtsangleichung und Therapien für Sexualpräferenzen, wenn diese strafrechtlich relevant sind. Gemeint sind hier Exhibitionismus und Pädosexualität.
Der RK-N besteht auf national einheitlichen Bestimmungen zum Thema. Auch solle sich der Bundesrat bei der Arbeit an dem Verbot am Ausland orientieren, verlangte Patricia von Falkenstein (LDP/BS) namens der Kommissionsmehrheit. Konversionsmassnahmen seien für die Betroffenen eine extreme seelische Belastung.
Mitte-Nationalrätin Humbel tritt vorzeitig zurück
Die langjährige Aargauer Mitte-Nationalrätin Ruth Humbel tritt vorzeitig aus dem Parlament zurück. Die 65-jährige Aargauerin machte sich vor allem als Gesundheits- und Sozialpolitikerin einen Namen.
Humbel bestätigte am Montag auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA eine Meldung von CH Media. Sie werde per 26. Februar 2023 aus dem Nationalrat zurücktreten, sagte sie. Ihr letzter ordentlicher Sitzungstag der Wintersession werde am kommenden Freitag sein.
Humbel, eine ehemalige Spitzen-OL-Läuferin, hatte bereits im Sommer angekündigt, sie werde im Oktober 2023 nicht mehr zur Wiederwahl antreten. Humbel war im September 2003 als Vertreterin der damaligen CVP in den Nationalrat nachgerückt. Zuvor war sie 22 Jahre lang Mitglied des Aargauer Kantonsparlaments gewesen. 2014 hatte sie ohne Erfolg für einen Sitz im Ständerat kandidiert.
BVG-Reform im Ständerat
Der Ständerat debattiert am Montag erneut über die Reform der beruflichen Vorsorge (BVG). Die ersten Diskussionen in der kleinen Kammer Ende November erwiesen sich nicht unerwartet als zäh und langwierig. Das Plenum konnte die sehr komplexe Vorlage nicht wie traktandiert zu Ende beraten.
Die bislang drei Beschlüsse zu wichtigen Punkten der Vorlage fielen alle im Sinne der Mehrheit der vorberatenden Kommission aus. Der Ständerat entschied, dass neu im obligatorischen Teil des BVG 15 Prozent des AHV-pflichtigen Lohnes als Koordinationsabzug berechnet werden sollen. Dieser Betrag wird in der zweiten Säule vom massgebenden Lohn (Bruttojahreslohn) abgezogen. So erhält man den versicherten Lohn.
Der Nationalrat möchte lieber wie bisher einen fixen Koordinationsabzug, diesen aber von heute etwas über 25'000 auf rund 12'500 Franken halbieren.
Um mehr Menschen mit geringen Löhnen eine Pensionskasse zu ermöglichen, hat der Ständerat weiter entschieden, dass bereits ab einem Mindestjahreseinkommen von 17'200 Franken in die Pensionskasse einbezahlt werden kann. Diese Eintrittsschwelle liegt aktuell bei rund 21'500 Franken. Der Nationalrat möchte sogar nur 12'548 Franken. Anders als der Nationalrat möchte der Ständerat zudem den Sparbeginn bei Alter 25 belassen und nicht auf 20 Jahre senken wie die grosse Kammer.
Übergangsmassnahmen
Das Herzstück der Vorlage sind jedoch die Übergangsmassnahmen für all jene, die durch die geplante Senkung des Umwandlungssatzes von 6,8 auf 6,0 Prozent vor der Pensionierung nicht mehr genügend Alterskapital ansparen, diesen Rentenausfall von rund 12 Prozent also nicht mehr rechtzeitig kompensieren können.
Die Kommission für Sicherheit und Gesundheit des Ständerates (SGK-S) schlägt nach der Zusatzschlaufe ein «optimiertes» Schwellenmodell für die Übergangsgeneration vor.
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Bundesrat: Bargeld soll nicht zwingend angenommen werden müssen
In der Schweiz soll Bargeld nicht zwingend angenommen werden müssen. Dieser Meinung ist der Bundesrat. Er hält eine Bargeldannahmepflicht für einen zu grossen Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit und die Vertragsfreiheit.
Der Bundesrat verabschiedete am Freitag einen Bericht, den er im Auftrag des Parlaments verfasst hat. Er ist der Meinung, dass ein «weitgehendes Verschwinden» von Bargeld vermieden werden müsse, so lange es keine gleichwertige bargeldlose Alternative gebe. Denn Bargeld habe wichtige Funktionen, die bargeldlose Zahlungsmittel nicht vollständig ersetzen könnten. Es ermögliche der Allgemeinheit den Zugang zu Zentralbankgeld, stärke die Krisenresilienz gegenüber Ausfällen der elektronischen Zahlungssysteme, und es wahre die Privatsphäre.
Auch die finanzielle Inklusion ist ein Argument für den Bundesrat: Die Geldbörse ermögliche es auch Menschen ohne Bankkonto und ohne Zugang zu bargeldlosen Zahlungsmitteln, am Wirtschaftsleben teilzunehmen.
Akzeptanz nur punktuell eingeschränkt
Dennoch will der Bundesrat wie heute den Haushalten und Unternehmen die Wahl lassen zwischen Bargeld und alternativen Zahlungsmitteln. Eine zwingende Bargeldannahmepflicht hält er weder für angemessen noch für nötig.
Bargeld werde in der Schweiz noch immer oft eingesetzt und die Akzeptanz sei nur punktuell eingeschränkt, schreibt er. Für den Onlinehandel müsste zudem eine Ausnahme gemacht werden, gibt er zu bedenken. Denn eine Annahmepflicht wäre «kaum praktikabel».
Der Bundesrat will aber die Entwicklung beim Bargeld im Auge behalten. Dem Finanzdepartement (EFD) hat er den Auftrag gegeben, regelmässig über die Entwicklung des Bargeldzugangs und Innovationen bei alternativen Zahlungsmitteln Bericht zu erstatten. Bei Bedarf soll das EFD Handlungsoptionen aufzeigen.
Weiter muss das EFD einen Runden Tisch zum Thema Bargeldverkehr etablieren. Daran Platz nehmen sollen die Schweizerische Nationalbank (SNB), der Bund, die Banken, der Detailhandel, Dienstleistungsanbieter und Verbraucherverbände sowie weitere Akteure.
Bundesrat will den Unternehmen die Arbeit einfacher machen
Unternehmen sollen administrativ entlastet werden. Der Bundesrat legt dafür ein Entlastungspaket und die Einführung einer Regulierungsbremse vor. Letztere lehnt er ab, erfüllt aber einen Auftrag des Parlaments.
Attraktives Wirtschaften dürfe nicht durch ineffiziente und übermässige Regulierungen behindert werden, schreibt der Bundesrat am Freitag sinngemäss in einer Mitteilung. Mit dem Unternehmensentlastungsgesetz (UEG) will er deshalb elektronische Leistungen der Behörden für Unternehmen über die zentrale elektronische Plattform Easygov und einen einzigen Account zugänglich machen.
Mit der Regulierungsbremse sollen für Unternehmen besonders kostspielige Regulierungen im Parlament künftig einem qualifizierten Mehr im Parlament unterstellt werden. Dies bedingt eine Änderung der Verfassung. Das Instrument ist in der Vernehmlassung auf Kritik gestossen. Auch der Bundesrat verzichtet auf einen Antrag auf Zustimmung zum Gesetzesentwurf.
AHV-Reform tritt wie geplant Anfang 2024 in Kraft
Der Bundesrat will die AHV-Reform ab 2024 umsetzen. Ab dann wird das Renten-Referenzalter für Frauen von 64 Jahren in vier Schritten auf 65 Jahre angehoben. Ebenfalls auf Anfang 2024 wird zugunsten der AHV die Mehrwertsteuer erhöht.
Der Bundesrat hat am Freitag entschieden, die AHV-Reform ab dem übernächsten Jahr umzusetzen. Von diesem Zeitpunkt der Inkraftsetzung war er bereits im September ausgegangen. Damals gab es an der Urne ein knappes Ja zur Reform.
Bevor die Reform umgesetzt werden kann, muss die Verordnung über die AHV angepasst werden. Der Bundesrat eröffnete dazu eine Vernehmlassung bis 24. März. Etwa werden in der Verordnung die Kompensation für Frauen der neun Übergangsjahrgängen präzisiert, die zuerst länger arbeiten müssen.
Bund bezahlt noch bis Ende Jahr für Tests auf das Coronavirus
Der Bund muss noch bis Ende Jahr für die Kosten der Tests auf das Coronavirus aufkommen. Darauf haben sich die Räte geeinigt. Danach müssen die Krankenkassen respektive die Patienten übernehmen. Weitere Massnahmen gegen Covid-19 gelten aber noch bis Mitte 2024.
Der Nationalrat folgte am Donnerstag dem Ständerat und entschied im Sinne einer Minderheit um Thomas de Courten (SVP/BL) – mit 93 zu 91 Stimmen bei einer Enthaltung. Wo ein Test nötig sei, könne er über die Krankenkasse abgerechnet werden, sagte de Courten. Und wo nicht, etwa für eine Reise, müssten die Getesteten selbst dafür bezahlen.
Die erneute Verlängerung des Covid-19-Gesetzes ist damit bereinigt. Das Parlament verlängerte noch weitere Massnahmen für die Pandemie-Bekämpfung, bis im Juni 2024. Die Bestimmungen dazu sollen noch in der laufenden Session für dringlich erklärt und am 1. Januar 2023 in Kraft treten.
Eines der verlängerten Instrumente ist das Covid-19-Zertifikat für Geimpfte, Genesene und negativ Getestete. Gleich halten will es das Parlament mit den Rechtsgrundlagen für die zurzeit deaktivierte Swiss-Covid-App. Diese dient der Nachverfolgung von Kontakten von positiv Getesteten.
Bleiben soll auch die Kompetenz für den Bund, die Entwicklung von Covid-19-Arzneimitteln zu fördern, sowie Bestimmungen zum Schutz von vulnerablen Menschen am Arbeitsplatz. Verlängert werden sollen auch Massnahmen im Ausländer- und Asylbereich und bei Grenzschliessungen – zur Wahrung der Reisefreiheit von Grenzgängerinnen und Grenzgängern und der Grenzbevölkerung.
Das Parlament will gefährliche Wolfsrudel vorbeugend regulieren
Wölfe, die Schäden anrichten oder Menschen gefährden können, sollen vorbeugend getötet werden können. Das hat nach dem Ständerat auch der Nationalrat beschlossen. Berichte über Wolfsrisse und Begegnungen von Mensch und Wolf prägten die emotionale Debatte.
Der Nationalrat beschloss am Donnerstag mit 106 zu 74 Stimmen und 12 Enthaltungen Änderungen im Jagdgesetz, mit denen der wachsende Wolfsbestand im Land kontrolliert werden soll. Regulierungen beim geschützten Wolf will das Parlament ebenso ermöglichen wie beim geschützten Steinbock. Die Nein-Stimmen kamen aus den Fraktionen von SP, Grünen und GLP.
Die Kantone sollen Wölfe von 1. September bis 31. Dezember regulieren dürfen, mit Zustimmung des Bundes. Abschüsse sollen Schäden und Gefährdungen verhindern, dürfen aber die Population nicht gefährden. Voraussetzung für Abschüsse ist auch, dass ein Herdenschutz weder möglich noch zumutbar ist.
Der Nationalrat entschied sich mit 103 zu 91 Stimmen gegen eine Regulierung von Wölfen ohne Schonzeit, die eine Minderheit beantragt hatte. Die Regulierungssaison solle verhindern, dass Muttertiere von noch abhängigen Jungtieren geschossen würden, sagte Stefan Müller-Altermatt (Mitte/SO) namens der Mehrheit.
Die Minderheit um Matthias Samuel Jauslin (FDP/AG) hätte auf die Schonzeit für die Wölfe verzichten und Regulierungsabschüsse das ganze Jahr zulassen wollen, ohne Schonzeit. So könnten Wölfe «zur richtigen Zeit am richtigen Ort» erlegt werden, wenn dies nötig sei, sagte Jauslin.
Eingriffe in Wolfsrudel sind gemäss dem Entscheid beider Räte allerdings auch in den Sommermonaten möglich. Voraussetzung ist, dass ein Rudel für aussergewöhnliche Risse verantwortlich ist, etwa besonders von Rindern oder auch Pferden.
Die Mehrheit der Umweltkommission (Urek-N) gab sich überzeugt, dass vorbeugende Abschüsse unter klaren Bedingungen – unter anderem nur dann, wenn andere Schutzmassnahmen weder möglich noch zumutbar sind – mit der Berner Konvention vereinbar seien. Gemäss diesem Abkommen gehört der Wolf zu den stark geschützten Arten.
Die Vorlage geht wegen noch offener Details zurück an den Ständerat.
Parlament bereinigt Bundesbudget 2023
Nach je zwei Beratungen in den beiden Räten hat das Parlament das Bundesbudget 2023 genehmigt. Obwohl sich die mittelfristigen Finanzperspektiven eintrüben, will das Parlament etwas mehr ausgeben als der Bundesrat vorgeschlagen hat.
Der Voranschlag, den der Bundesrat dem Parlament unterbreitet hatte, sah bei ordentlichen Einnahmen von 79,8 Milliarden Franken Ausgaben von 80,5 Milliarden Franken vor. Das Parlament beschloss nun, 14,5 Millionen Franken mehr auszugeben. Auch mit diesen Erhöhungen wird die Schuldenbremse noch eingehalten.
Mit dem Ja beider Räte ist die Vorlage unter Dach und Fach. Das Geschäft untersteht nicht dem Referendum, weshalb keine Schlussabstimmungen nötig sind.
Ständerat will keine höheren Steuerabzüge für Krankenkassenprämien
Der Ständerat will die Abzüge für die Prämien der Krankenkasse bei der direkten Bundessteuer nun doch nicht erhöhen. Er ist am Donnerstag nicht auf eine Vorlage eingetreten, mit welcher ein vom Parlament überwiesener Vorstoss umgesetzt werden soll.
Der Entscheid fiel mit 32 zu 11 Stimmen. Die Mehrheit folgte der vorberatenden Wirtschaftskommission. Auch die Finanzkommission hatte beantragt, auf die Erhöhung der Abzüge bei der direkten Bundessteuer zu verzichten.
Das Geschäft geht nun an den Nationalrat. Tritt er ebenfalls nicht ein, ist die Vorlage erledigt. Im anderen Fall wäre wieder der Ständerat am Zug.
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Alain Berset neuer Bundespräsident
Innenminister Alain Berset präsidiert im kommenden Jahr zum zweiten Mal den Bundesrat. Die Vereinigte Bundesversammlung hat ihn am Mittwoch mit 140 von 181 gültigen Stimmen zum Bundespräsidenten im Jahr 2023 gewählt.
Kleine Kammer fordert rasch leistungsfähige Ost-West-Achse der Bahn
Neue Bahnstrecken zur Verkürzung der Reisezeiten zwischen Lausanne und Bern sowie zwischen Winterthur und St. Gallen: Der Ständerat will den Druck auf den Bundesrat erhöhen, ab 2030 mit der Umsetzung der entsprechenden Arbeiten zu beginnen.
Die kleine Kammer hat am Dienstag oppositionslos eine entsprechende Motion ihrer Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF-S) angenommen. Das Geschäft geht nun in den Nationalrat.
Kürzlich hat der Bundesrat das sogenannte Wako-Projekt abgeblasen. Die fehlenden Minuten zwischen Lausanne und Bern sowie Winterthur und St. Gallen können also nicht mit Wankzug-Kompositionen herausgeholt werden. Diese Verkürzung der Fahrzeit unter eine Stunde zwischen den Knoten ist nötig für die sogenannte Vollknotenlösung des Fernverkehrssystems. Also bleiben realistischerweise nur noch Infrastrukturmassnahmen, um das Ziel zu erreichen.
Da die Fahrzeiten zwischen Lausanne und Bern sowie zwischen Zürich und St. Gallen ohne Wankkompositionen nicht mehr eingehalten werden können, verschlechtern sich laut der KVF-S die Anschlussangebote in Lausanne und St. Gallen, was sich stark auf die West- und Ostschweiz auswirkt. Damit seien die Beschlüsse der Bundesversammlung im Rahmen der Vorlage zum Programm Strategische Entwicklung der Bahninfrastruktur – Ausbauschritt 2035 (STEP 2035) in Frage gestellt.
Der Ständerat forderte deshalb am Dienstag mit Nachdruck vom Bundesrat, bis 2026 Massnahmen vorzuschlagen, um spätestens bis zum Ende des Jahrzehnts mit der Umsetzung von neuen Bahnstrecken zur Verkürzung der Reisezeiten zwischen Lausanne und Bern sowie zwischen Winterthur und St. Gallen zu beginnen.
Belästigung im Internet: Nationalrat will Straftatbestand
Der Nationalrat will Cybermobbing mit einem eigenen Straftatbestand im Strafgesetzbuch ahnden. Er hat am Dienstag eine entsprechende parlamentarische Initiative von Gabriela Suter (SP/AG) angenommen. Die grosse Kammer fällte ihren Entscheid mit 154 zu 36 Stimmen bei 3 Enthaltungen. Als nächstes muss sich die Ständeratskommission mit der Sache befassen.
Die systematische Beleidigung, Bedrohung, Blossstellung oder Belästigung von Personen über digitale Kommunikationskanäle habe in den vergangenen Jahren stark zugenommen, begründete Suter ihre Initiative. Die Täter und Täterinnen könnten anonym bleiben, die Inhalte seien rund um die Uhr verfügbar und kaum mehr löschbar.
Der Druck auf die Angegriffenen sei sehr hoch, so Suter. Und das heutige Strafrecht, das auf Einzelhandlungen ausgelegt sei, werde dem Umstand nicht gerecht, dass es oft um eine Vielzahl von Handlungen und Verhaltensweisen gehe. Der Bundesrat war in einem Bericht zum Thema zum Schluss gekommen, dass das heutige Strafrecht die entsprechenden Handlungen genügend erfasse. Die vorberatende Kommission sah dies anders.
Cybermobbing sei eine Form digitaler Gewalt, sagte Judith Bellaiche (GLP/ZH) namens der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrats (RK-N). Es gelte dem Mythos entgegenzutreten, dass Rechtsnormen im Internet nicht durchzusetzen seien. Zu klären sei aber, ob der neue Straftatbestand Mobbing allgemein oder nur Cybermobbing erfassen solle.
SDA/red
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