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Wintersession im Ticker
Schlussabstimmungen: Das Parlament verabschiedet 18 Vorlagen

Einbürgerung für 3. Generation soll erleichtert werden

Ausländerinnen und Ausländer der dritten Generation sollen sich einfacher einbürgern lassen können. Dieser Meinung ist der Nationalrat. Er hat einer entsprechenden parlamentarischen Initiative seiner Staatspolitischen Kommission (SPK-N) Folge gegeben. Der Entscheid am Dienstag fiel mit 117 zu 73 Stimmen bei 4 Enthaltungen. Als nächstes ist die zuständige Ständeratskommission am Zug. Diese hat das Anliegen bisher knapp abgelehnt. Bleibt sie dabei, muss die kleine Kammer über die Initiative befinden.

Mit dieser sollen die Bedingungen weniger restriktiv gestaltet und Verwaltungshürden abgebaut werden. Im Jahr 2018 trat das neue Gesetz zur erleichterten Einbürgerung für Ausländerinnen und Ausländer der dritten Generation in Kraft. Gemäss einer kürzlich publizierten Studie legt das Gesetz Einbürgerungswilligen viel zu viele Stolpersteine in den Weg.

Die Einbürgerung für die dritte Generation soll erleichtert werden, wünscht die grosse Kammer.

Das soll korrigiert werden, so der Tenor in der grossen Kammer. Werde nichts getan, dauere es mehr als dreissig Jahre, bis die dritte Ausländergeneration in der Schweiz auf einfache Weise eingebürgert sei, begründete Kommissionssprecherin Corina Gredig (GLP/ZH).

Dies Initiative sieht beispielsweise vor, dass bei der Einbürgerung der Geburtsort berücksichtigt, die Art des erforderlichen Aufenthaltstitels erweitert und der Umfang des berücksichtigten Bildungssystems ausgedehnt werden sollen. Zudem soll das Verwaltungsverfahren vereinfacht werden, das einzuhalten ist, um die für den Antrag erforderlichen Dokumente zu finden. Die Einbürgerungsquote ist in der Schweiz mit zwei Prozent im europäischen Vergleich sehr tief.

Räte fast einig bei OECD-Mindeststeuer

Der Bund erhält einen Viertel der Erträge aus der OECD-Mindeststeuer für international tätige Konzerne. Der Nationalrat ist am Dienstag in der Frage auf die Linie des Ständerats eingeschwenkt.

Mit 99 zu 87 Stimmen bei 6 Enthaltungen räumte die grosse Kammer die Differenz aus. Wegen einer Differenz in einem untergeordneten Punkt geht das Geschäft nochmals an den Ständerat.

Die grosse Kammer wollte ursprünglich dem Bund und den Standortkantonen der Unternehmen je die Hälfte der Mehrerträge zukommen lassen. Die Befürworterinnen und Befürworter dieser Lösung argumentierten, die Schere zwischen Hoch- und Tiefsteuerkantonen solle nicht weiter aufgehen. Sonst drohe der neue Verfassungsartikel an der Urne zu scheitern.

Für die Lösung des Ständerats warb auch Finanzminister Ueli Maurer.

Nationalrat für technische Reform der LSVA

Der Nationalrat will das System zur Erhebung der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA) modernisieren. Er hat einer entsprechenden Vorlage am Dienstag zugestimmt sowie einen Verpflichtungskredit im Umfang von über einer halben Milliarde Franken genehmigt. Nun ist die kleine Kammer am Zug.

Hintergrund ist, dass das bisherige Erhebungssystem im Jahr 2024 sein technisches Ende erreicht und erneuert werden muss, wie Kommissionssprecher Marco Romano (Mitte/TI) erklärte. Seit ihrer Einführung 2001 wird die LSVA mit einem Erfassungsgerät des heutigen Bundesamts für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) erhoben. Dieses ist nur für die Schweiz und Liechtenstein zugelassen.

Nun soll das System an EU-Standards angepasst werden. Künftig soll auch für in der Schweiz immatrikulierte Fahrzeuge ein satellitengestütztes Verfahren angewandt werden – wie dies heute schon bei ausländischen Lastwagen der Fall ist. Der Bund erhofft sich dadurch kürzere Warte- und Abfertigungszeiten. Das BAZG soll kein eigenes Erfassungsgerät mehr herausgeben müssen. Stattdessen sollen das neu wie in der EU Dienstleistungsanbieter tun können. Die Reform hat keinerlei Auswirkungen auf die LSVA-Tarife.

Das Projekt kostet den Bund in den nächsten zehn Jahren insgesamt 515 Millionen Franken. Der Nationalrat stimmte einem entsprechenden Verpflichtungskredit zu. Den jährlichen Investitionen von etwas über 50 Millionen Franken stünden Gesamteinnahmen von rund 1,6 Milliarden Franken im Jahr gegenüber, hielt Finanzminister Ueli Maurer fest.

Grosse Kammer bewilligt Millionenkredit für Expo in Osaka

Der Nationalrat ist einverstanden damit, dass der Bund die Teilnahme der Schweiz an der Expo im japanischen Osaka unterstützt. Er hat am Dienstag einen entsprechenden Kredit von 17,6 Millionen Franken bewilligt. Die Expo findet vom 13. April bis zum 13. Oktober 2025 statt.

Der Schweizer Pavillon soll unter dem Motto «Die innovative Schweiz» stehen und illustrieren, wie die schweizerische Innovationskraft zu Nachhaltigkeit und Wohlstand beiträgt. Die Weltausstellung sei eine attraktive Plattform für Forschung und Wirtschaft, um ihr Beziehungsnetz zu pflegen, sagte Aussenminister Ignazio Cassis. Er hatte im Frühjahr die Expo-Organisatoren in Japan getroffen.

Auch Kommissionssprecherin Lilian Studer (EVP/AG) hob die Vorteile eines Schweizer Pavillons an der Expo hervor. Die Schweiz könne sich dort einem Millionenpublikum präsentieren. Gegen die Vorlage opponierte nur rund die Hälfte der SVP-Fraktion – aus grundsätzlichen Überlegungen. Laut deren Sprecher Peter Keller (NW) ist das Konzept von Weltausstellungen «schon länger überholt».

Besucherinnen und Besucher sowie Medienleute nehmen einen ersten Augenschein vom Schweizer Pavillon unter dem Namen «Flower Power» an der Weltausstellung 2017 in der kasachischen Hauptstadt Astana.

Der Bund setzt sich zum Ziel, durch Sponsoringbeiträge in Höhe von rund 4,4 Millionen Franken den Nettoaufwand des Bundes zu verkleinern. Die Akquisition von Sponsoren wird sich nach neuen Richtlinien des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) richten. Diese wurden erarbeitet, nachdem geplante Beiträge des Tabakkonzerns Philip Morris International an den Schweizer Pavillon an der Weltausstellung in Dubai für Aufsehen und auch für Unverständnis gesorgt hatten.

Der Ständerat berät den Kredit für die Expo in Osaka am kommenden Donnerstag. Von dort ist auch kein grosser Widerstand zu erwarten, weshalb die Vorlage schon bald unter Dach und Fach sein dürfte.

Kleine Kammer beschliesst vorsorgliches Nein zu Gletscher-Initiative

Der Ständerat hat vorsorglich ein Nein beschlossen zur bedingt zurückgezogenen Gletscher-Initiative. Und weil das Parlament im Herbst ein Gesetz über die Ziele im Klimaschutz beschlossen hat, will er auch den direkten Gegenvorschlag des Bundesrates zur Initiative beerdigen.

Der Ständerat folgte am Dienstag den Anträgen seiner Kommission für Umwelt und Raumplanung (Urek-S). Stillschweigend beschloss er die Nein-Empfehlung zur Gletscher-Initiative. Und ebenfalls stillschweigend trat er nicht ein auf den vom Bundesrat als Alternative vorgelegten Verfassungsartikel.

Das Parlament verabschiedete das Gesetz über die Ziele im Klimaschutz, die Innovation und die Stärkung der Energiesicherheit in der Herbstsession, als indirekten Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative. Die SVP will das Gesetz mit dem Referendum bekämpfen; sie nennt es ein «Stromfresser-Gesetz».

«Nur Ja heisst Ja»

Nach einer rund zweistündigen Grundsatzdebatte ist der Nationalrat am Montag oppositionslos auf die Revision des Sexualstrafrechts eingetreten. In der Detailberatung geht es insbesondere um die «Modellwahl» bei der Verschärfung der Vergewaltigungsbestimmungen.

Die Eintretensdebatte zeigte, dass die grosse Kammer in dieser Frage vermutlich ihrer vorberatenden Kommission folgen und sich für die Zustimmungslösung aussprechen dürfte. Einen sexuellen Übergriff, eine sexuelle Nötigung oder eine Vergewaltigung beginge demnach, wer «ohne die Einwilligung» einer Person eine sexuelle Handlung an dieser vornimmt. Es würde also «Nur ein Ja ist ein Ja» gelten.

Hier gehts zur vollständigen Agenturmeldung.

Düstere Aussichten prägen Budgetdebatte im Ständerat

Der Ständerat hat am Montagnachmittag die Beratung für das Budget 2023 aufgenommen. Einleitend fasste die Sprecherin der vorberatenden Finanzkommission die finanzielle Situation der Schweiz zusammen: «Die Schuldenbremse wird dieses Jahr noch eingehalten, ab 2024 nicht mehr», sagte Johanna Gapany (FDP/FR). Danach steigt das Defizit gemäss Hochrechnung jährlich an. Im schlechtesten Fall könnte das Finanzierungsdefizit gemäss Bundesrat bis 2026 auf sieben Milliarden Franken steigen.

Konkret sieht das Budget Einnahmen in Höhe von 79,8 Milliarden Franken und Ausgaben in Höhe von 80,5 Milliarden Franken vor. Daraus ergibt sich ein Defizit von 669 Millionen Franken. Der Nationalrat hat vergangene Woche gegenüber dem Vorschlag des Bundesrats Aufstockungen von 14,1 Millionen Franken beschlossen.

Ausserordentliche Ausgaben führen zu Defizit

Finanzminister Ueli Maurer betonte, dass das Budget insgesamt für 4,8 Milliarden Franken ein Finanzierungsdefizit ausweise. Dieses entstehe insbesondere durch die ausserordentlichen Ausgaben – etwa für die Schutzsuchenden aus der Ukraine. «Wir gehen davon aus, dass wir im nächsten Jahr 100'000 Personen mit Schutzstatus S hier haben, heute sind es rund 80'000 Personen.» Budgetiert sind dafür 1,7 Milliarden Franken.

Vier Milliarden Franken seien ausserdem vorgesehen für den Rettungsschirm der Axpo. «Der Kredit wurde noch nicht beansprucht und wir sind zuversichtlich, dass er auch im kommenden Jahr nicht beansprucht wird», sagte Maurer.

Eine Finanzierungslücke komme wegen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) zustande. «Wir müssen davon ausgehen, dass die Zahlungen der SNB nicht erfolgen werden für 2023.»

Insgesamt sei das Budget für das Jahr 2023 im Rahmen der Schuldenbremse noch auf Kurs, sagte Maurer. «Für die kommenden Jahre rechnen wir mit Finanzierungsdefiziten von 1 bis 3 Milliarden Franken.» Da gehe es darum, keine neuen Ausgaben zu beschliessen, die nicht finanziert seien. «Das führt sonst zu Sparmassnahmen.» Maurer fasste schliesslich zusammen: «Für 2023 können wir ruhig schlafen, für die folgenden Jahre lohnt es sich, wach zu werden und zu schauen, was man machen kann.»

Ständerat gegen höheren Bundesanteil an OECD-Mindeststeuer

Die Räte sind weiterhin uneins bei der Verteilung der erwarteten Mehreinnahmen aus der OECD-Mindeststeuer für international tätige Konzerne. Der Ständerat hat am Montag auf einem Bundesanteil von einem Viertel beharrt. Der Nationalrat möchte das Doppelte.

Die kleine Kammer fällte ihren Entscheid mit 31 zu 11 Stimmen bei einer Enthaltung. Das Geschäft geht zurück an den Nationalrat.

Der Ständerat hatte sich bereits im September ein erstes Mal dafür ausgesprochen, 75 Prozent der Erträge den Standortkantonen der betroffenen Unternehmen zukommen zu lassen und nur 25 Prozent dem Bund.

Argumente von Befürwortern und Gegnern

Die Befürworterinnen und Befürworter dieser Lösung argumentierten insbesondere, die neue Mindeststeuer bringe der Schweiz Nachteile im internationalen Standortwettbewerb. Die Kantone bräuchten Mittel zur Erhöhung der Standortattraktivität. Zudem handle es sich um einen breit abgestützten Kompromiss zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden. Davon profitierten über den Finanzausgleich indirekt alle Kantone. Diese Haltung vertrat auch der Bundesrat.

Namentlich die Ratslinke warnte dagegen vor einem Volksnein zum neuen Verfassungsartikel, sollten vor allem Kantone wie Zug oder Basel-Stadt Geld erhalten. Die Schere zwischen Hoch- und Tiefsteuerkantonen dürfe nicht weiter aufgehen. Dazu brauche es – wie vom Nationalrat beschlossen – einen Bundesanteil von 50 Prozent.

Ueli Maurer will «starke Kantone»

Die Frage habe ein Gewicht erhalten, die ihr eigentlich nicht zukomme, sagte Finanzminister Ueli Maurer. Gemessen an den Finanzströmen zwischen Bund und Kantonen gehe es nicht um sehr viel Geld.

Es sei nichts gewonnen, wenn man die reichen Kantone etwas ärmer mache, so Maurer: «Wir brauchen starke Kantone.» Die Standortkantone profitierten durch die Steuerreform insgesamt nicht. Vielmehr drohe ihnen die Abwanderung von Unternehmen.

Bund soll Hälfte der OECD-Mindeststeuer behalten

Der Bund soll nach dem Willen des Nationalrats die Hälfte der Mehreinnahmen aus der Umsetzung der OECD-Mindeststeuer für international tätige Konzerne erhalten. Die grosse Kammer hat am Donnerstag einem entsprechenden Antrag zugestimmt.

Mehr zum Thema:

Verteilkampf um Schweizer Steuermilliarden

So will der Bundesrat die OECD-Mindeststeuer umsetzen

Raphael Mahaim (GP-VD, r.) diskutiert mit Sophie Michaud Gigon (GP-VD) in der Debatte um die OECD-Mindeststeuer am 1. Dezember 2022 im Nationalrat in Bern.

Nationalrat tritt auf OECD-Steuerreform ein

Die Schweiz soll sich nach dem Willen des Nationalrats der globalen Mindeststeuer von 15 Prozent für internationale Konzerne anschliessen. Die grosse Kammer ist am Donnerstag oppositionslos auf die entsprechende Vorlage eingetreten.

Auf bürgerlicher Seite hielt sich die Begeisterung für das Vorhaben in Grenzen. Die Reform sei alternativlos, befand aber etwa FDP-Fraktionssprecher Beat Walti (ZH). Die Schweiz könne sich den internationalen Regeln nicht entziehen – auch wenn die Pläne der OECD vom Standpunkt der volkswirtschaftlichen Effizienz zu kritisieren seien.

Setzte die Schweiz die Mindeststeuer nicht um, würden die zusätzlichen Steuern einfach in anderen Staaten erhoben, lautete der Tenor.

Die Ratslinke befürwortete dagegen die Eindämmung des internationalen Steuerwettbewerbs aus grundsätzlichen Überlegungen. Die Reform schiebe dem «race to the bottom» zwischen den Industrieländern einen Riegel.

Im Zentrum der OECD/G20-Steuerreform steht eine Mindestbesteuerung von 15 Prozent für alle Unternehmen mit einem Umsatz über 750 Millionen Euro im Jahr. Betroffen von der Reform sind laut dem Bundesrat in der Schweiz rund 2000 Unternehmen. Nicht unter die neue Regelung fallen 600'000 rein national tätige KMU.

Der Bundesrat will die neuen Regeln mit einer Ergänzungssteuer umsetzen. Dazu braucht es eine Verfassungsänderung, über die Volk und Stände voraussichtlich im Frühsommer 2023 abstimmen werden.

Bundesanteil als Streitpunkt

Die Detailberatung im Nationalrat ist noch im Gange. Umstrittenster Punkt ist die Verteilung der erwarteten Mehreinnahmen zwischen Bund und Kantonen.

Die Mehrheit der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats (WAK-N) beantragt dem Plenum, den Bundesanteil auf 50 Prozent festzusetzen.

Damit ginge die grosse Kammer weiter als der Ständerat. Dieser hatte sich im September dafür ausgesprochen, 75 Prozent der Erträge den Standortkantonen der betroffenen Unternehmen zukommen zu lassen, 25 Prozent dem Bund. Die anderen Kantone würden dabei über den Finanz- und Lastenausgleich indirekt profitieren.

Neue Regeln für die Finanzierung der Gesundheits­leistungen

Das Parlament will die Finanzierung der Gesundheitsleistungen neu regeln. Krankenkassen und Kantone sollen die von der Grundversicherung gedeckten ambulanten und stationären Behandlungen gemeinsam bezahlen. Der Ständerat will auch die Langzeitpflege einbeziehen.

Er hat am Donnerstag mit 29 zu 6 Stimmen und bei 5 Enthaltungen die entsprechende Vorlage gutgeheissen. Der Nationalrat genehmigte die neuen Finanzierungsregeln für Ambulant und Stationär bereits vor drei Jahren, klammerte aber die Langzeitpflege aus, zum Ärger der Kantone.

Heute werden ambulante Behandlungen allein von den Krankenkassen bezahlt, aus Prämiengeldern. Stationäre Leistungen hingegen werden zu mindestens 55 Prozent von den Kantonen finanziert. Den Rest bezahlen die Kassen. Nun ist wieder der Nationalrat am Zug.

Nationalrat genehmigt leicht angepasstes Bundesbudget 2023

Nach neuneinhalb Stunden Debatte, verteilt über drei Sitzungstage, hat der Nationalrat am Donnerstag das Bundesbudget für das kommende Jahr genehmigt. Gegenüber der Vorlage des Bundesrats nahm er nur wenige Änderungen vor. Die Schuldenbremse wird deutlich eingehalten.

Der Voranschlag, den der Bundesrat dem Parlament unterbreitet hat, sieht ordentliche Einnahmen von 79,8 Milliarden Franken sowie Ausgaben von 80,5 Milliarden Franken vor. Daraus ergibt sich ein ordentliches Finanzierungsdefizit von rund 669 Millionen Franken.

Gemäss den Regeln der Schuldenbremse wäre aufgrund der konjunkturellen Lage ein Minus von bis zu 878 Millionen Franken möglich. Der Nationalrat nutzte diesen Spielraum während seiner Beratungen aus und erhöhte die Ausgaben um rund 15 Millionen Franken. Der Spielraum beträgt so noch 194 Millionen Franken.

Mehr Geld für Herdenschutz

Mit den Budgetaufstockungen will die grosse Kammer die Absatzförderung von Schweizer Wein verstärkt fördern, den Herdenschutz ausbauen, einheimische Nutztierrassen vermehrt schützen, die Staffel-Weltmeisterschaften 2024 in Lausanne unterstützen und die Meldestelle für Ethikverstösse im Sport mit etwas mehr Geld versorgen.

Der Nationalrat folgte in der traditionell angeregten Debatte in allen Punkten seiner vorberatenden Finanzkommission (FK-N). Nur einmal – beim Posten zu den Nutztierrassen – setzte sich eine Kommissionsminderheit durch. Alle Kürzungsanträge der SVP und auch weitere Aufstockungsanträge der Ratslinken scheiterten.

In der kommenden Woche ist dann auch der Ständerat gefragt. Seine Finanzkommission beantragt in weiteren Teilen dieselben Aufstockungen, die der Nationalrat genehmigt hat. Anders als die grosse Kammer will die Ständeratskommission die Mittel für die Beschaffung der Covid-19-Impfstoffe kürzen. Hier könnte es eine Differenz geben.

Dunkle Wolken am Horizont

Klar ist, dass Mitte Dezember ein Budget stehen muss, das die Regeln der Schuldenbremse einhält. Dieses Jahr dürfte das ohne Probleme und grosse Streitereien über die Bühne gehen. Künftig könnte dies aber ändern. Die finanziellen Perspektiven für den Bundeshaushalt sind düster. In der allgemeinen Aussprache zu Beginn der Budgetdebatte am Dienstag mahnten vor allem bürgerliche Politikerinnen und Politiker zu Ausgabendisziplin.

Kommissionssprecherin Anna Giacometti (FDP/GR) wiederholte, was Finanzminister Ueli Maurer seit Monaten immer wieder predigt: «Es besteht dringender Bereinigungsbedarf.» Bundesrat und Parlament müssten sofort handeln. Im schlechtesten Fall könnte das Finanzierungsdefizit bis 2026 auf sieben Milliarden Franken steigen, wie Finanzminister Maurer im Sommer warnte.

Finanzminister Ueli Maurer hat die letzte längere Budgetdebatte im Nationalrat vor seinem Rücktritt bestritten. Er kann zufrieden sein: In den meisten Punkten ist die grosse Kammer dem Bundesrat gefolgt.

Die Landesregierung will im nächsten Frühling Massnahmen im Hinblick auf das Bundesbudget 2024 vorlegen. Steuererhöhungen sind laut Giacometti keine Option, weil es dafür eine Verfassungsänderung bräuchte. Die Ansichten, wie auf die schwierige Haushaltslage reagiert werden soll, gehen je nach Fraktion aber deutlich auseinander. Die Diskussionen dürften im kommenden Jahr weitergehen.

Mehr Mitsprache gefordert

Neben dem Voranschlag 2023 und dem Finanzplan 2024 bis 2026 beschäftigen sich die Räte in der laufenden Wintersession auch mit den Nachtragskrediten für das zu Ende gehende Jahr. Der Nationalrat genehmigte als Erstrat sämtliche vom Bundesrat beantragten Nachtrags- und Zusatzkredite sowie die Nachmeldungen.

Die Nachtragskredite belaufen sich auf insgesamt knapp 1,8 Milliarden Franken und betreffen in erster Linie die Migration aufgrund der Ukraine-Krise (1,2 Milliarden Franken), das Reservekraftwerk im aargauischen Birr (191 Millionen Franken) und die Passivzinsen (135 Millionen Franken). 100 Millionen Franken sind zudem für die Winterhilfe in der Ukraine vorgesehen.

Künftig wollen die Finanzkommissionen früher einbezogen werden, wenn grössere, neue Ausgaben anstehen – und Einfluss nehmen. Die Nationalratskommission arbeitet an einer entsprechenden Vorlage. Heute können die Finanzkommissionen nur dann Anträge stellen, wenn die Mehrausgaben vom Bundesrat kommen.

Ständerat tritt auf Vorlage zu Prämienverbilligungen nicht ein

Knall im Ständerat: Er ist am Dienstag nicht auf den indirekten Gegenvorschlag des Bundesrates zur Prämienentlastungsinitiative der SP eingetreten. Die kleine Kammer stimmte einem Nichteintretensantrag von Benedikt Würth (Mitte/SG) mit 22 zu 20 Stimmen zu.

Das Geschäft geht damit zurück in den Nationalrat. Definitiv abgelehnt wäre die Vorlage, wenn dieser auch nicht mehr darauf eintreten würde oder ein Rat die Vorlage ein zweites Mal nicht behandeln möchte. In diesem Fall dürften die Chancen der SP-Volksinitiative «Maximal 10% des Einkommens für die Krankenkassenprämien» deutlich steigen.

Würth sprach sich in seinem Votum für Nichteintreten letztlich mit Erfolg gegen einen «Paradigmenwechsel» aus. Er stelle keineswegs in Frage, dass die Krankenkassenprämien für immer mehr Haushalte zum Problem würden. Allerdings wüssten die Kantone am besten, «wie man die Dosierung der individuellen Prämienverbilligung am besten macht».

Der Ständerat ist auf den Gegenvorschlag zur Prämienentlastungs-Initiative der SP nicht eingetreten. Im Bild das Initiativkomitee bei der Einreichung der Unterschriften.

Weitere Verflechtungen zwischen dem Bund und den Kantonen in diesem Bereich seien der falsche Weg und «finanz- und staatspolitisch verfehlt», so Würth. Die Kantone mit ihren sehr unterschiedlichen Verhältnissen und Voraussetzungen dürften nicht übersteuert werden.

Die Kantone würden durchaus bereits auf die Lage reagieren, denn dass es Anpassungen brauche, sei offensichtlich. So habe etwa der Kanton St. Gallen am Dienstag zusätzlich 36 Millionen Franken für die Prämienverbilligungen gesprochen. «Die Kantone schlafen nicht in dieser Frage», betonte Würth.

«Sonst passiert wieder nichts»

Genau dies aber fanden die Befürworter des indirekten Gegenvorschlages im Rat. Zumindest hätten einige Kantone in den letzten Jahren massiv zurückgesteckt mit ihrer Unterstützung. Der Föderalismus bleibe auch mit dem Gegenvorschlag zur Initiative weiter gewährleistet, sagte Marina Carobbio (SP/TI). «Sonst passiert in den nächsten paar Jahren wieder nichts.»

Der Gegenvorschlag nehme insbesondere jene Kantone in die Pflicht, die ihren Verpflichtungen nicht nachgekommen seien, unterstützte sie Peter Hegglin (Mitte/ZG).

Das System sei mit dem nationalen Finanzausgleich (NFA) dysfunktional geworden, sagte Paul Rechsteiner (SP/SG). In vielen Familien übersteige die Prämienlast unterdessen die Steuerlast. Dass es Korrekturen brauche, sei augenfällig. Die Entwicklung in einzelnen Kantonen sei dramatisch. Das Krankenversicherungsgesetz (KVG) sei nationales Recht, deshalb sei es die Aufgabe des Gesetzgebers, für die Einhaltung der Regeln zu sorgen.

Mit dem neuen, nun vorerst aufgeschobenen Modell für die individuelle Prämienverbilligung (IPV) sollen die Kantone mit einer Änderung des KVG verpflichtet werden, einen minimalen Gesamtbetrag für die Prämienverbilligung einzusetzen. Sie sollen diesen Anteil selber festlegen können.

Der Nationalrat möchte über zwei Milliarden Franken für zusätzliche Prämienverbilligungen ausgeben, wie er im Juni dieses Jahres beschlossen hat. Die Ständeratskommission empfahl ihrem Rat dagegen nur rund einen Viertel dieser Summe zu bewilligen und damit dem Bundesrat zu folgen.

Nationalrat bewilligt Geld für Rettungsschirm und Reservekraftwerke

Der Nationalrat hat am Mittwoch im Rahmen der Budgetdebatte 2023 die vorgesehenen vier Milliarden Franken für den Strom-Rettungsschirm oppositionslos genehmigt. Auch das Geld für den Bau von Reservekraftwerken im laufenden Jahr gab die grosse Kammer frei.

Die Finanzdelegation der eidgenössischen Räte (Findel) hatte diese Beträge bereits im Eilverfahren bewilligt. Der Nationalrat segnete diese Vorschüsse nun ab. Der Ständerat muss ihm nächste Woche noch folgen, damit die Entscheide definitiv sind.

Insgesamt folgte die grosse Kammer beim Themenblock «Umwelt und Energie» durchwegs den Anträgen des Bundesrats und der vorberatenden Finanzkommission. Als nächstes diskutiert der Nationalrat die geplanten Ausgaben für soziale Wohlfahrt, Gesundheit und Sicherheit.

Der Nationalrat hat die vorgesehenen vier Milliarden Franken für den Strom-Rettungsschirm oppositionslos genehmigt. (Symbolbild)

Neues Modell für Koordinationsabzug bei beruflicher Vorsorge

Der Ständerat hat bei der Reform der beruflichen Vorsorge (BVG) erste Pflöcke eingeschlagen. Dabei hat er sich beim Koordinationsabzug für eine neues Modell entschieden. Dieses soll Kleinverdiener und Mehrfachbeschäftigte im Rentenalter besser stellen.

Neu sollen im obligatorischen BVG 15 Prozent des AHV-pflichtigen Lohnes als Koordinationsabzug berechnet werden. Dieser Betrag wird in der zweiten Säule vom massgebenden Lohn (Bruttojahreslohn) abgezogen. So erhält man den versicherten Lohn. Heute liegt dieser Abzug fix bei knapp 25'100 Franken.

Dieser hohe Abzug führt dazu, dass Arbeitnehmende mit tiefen Löhnen oder solche, die für mehrere Arbeitgeber arbeiten, ihr Einkommen nicht oder nur marginal in einer Pensionskasse versichern und damit keine Rente fürs Alter ansparen können. Dies trifft oft teilzeitarbeitende Frauen in Niedriglohnberufen.

Um mehr Menschen dieser Gruppen eine Pensionskasse zu ermöglichen, hat der Ständerat am Dienstag weiter entschieden, die Eintrittsschwelle von rund 21'500 auf gut 17'200 Franken zu senken. Künftig soll also bereits ab einem Mindestjahreseinkommen von 17'200 Franken in die Pensionskasse einbezahlt werden können. Anders als der Nationalrat möchte der Ständerat aber den Sparbeginn bei Alter 25 belassen und nicht auf 20 Jahre senken wie die grosse Kammer.

Der St. Galler SP-Ständerat Paul Rechsteiner (Mitte) hat an den vorgeschlagenen Varianten für Verbesserungen in der beruflichen Vorsorge (BVG) keine oder nur wenig Freude. Er bezeichnete die Senkung des Umwandlungssatzes ohne volle Kompensation für alle als verfassungswidrig.

Das Herzstück der Vorlage sind jedoch die Übergangsmassnahmen für all jene, die durch die geplante Senkung des Umwandlungssatzes von 6,8 auf 6,0 Prozent vor der Pensionierung nicht mehr genügend Alterskapital ansparen, diesen Rentenausfall von rund 12 Prozent also nicht mehr rechtzeitig kompensieren können. Nach der Begründung der insgesamt vier Kompensations-Varianten durch ihre jeweiligen Fürsprecher unterbrach Ratspräsidentin Brigitte Häberli (Mitte/TG) die Debatte. Wann sie fortgeführt wird, stand noch nicht fest.

Nach dem knappen Ja an der Urne zur AHV-Revision am 25. September stehen die bürgerlichen Abstimmungsgewinner im Parlament unter Druck, ihr Versprechen einzulösen, nun auch bei der zweiten Säule rasch vorwärts zu machen. Das Versprechen lautet, nun auch die Benachteiligung der Frauen in der beruflichen Vorsorge aus der Welt zu schaffen. Teilzeitangestellte und Personen mit kleinen Einkommen sollen besser gestellt werden.

Über den Diskussionen hängt das Damoklesschwert eines Referendums. Dieses haben die Gewerkschaften bereits angedroht, sollten die Räte den zwischen den Sozialpartnern ausgehandelten Kompromiss nicht unterstützen. Auch der Bundesrat hat sich hinter diesen Vorschlag gestellt, der Zuschläge für sämtliche Neurentner vorsieht.

Nationalrat will Forschende zusätzlich unterstützen

Die fetten Jahre seien vorbei, hat die bürgerliche Mehrheit im Nationalrat zu Beginn der Budgetdebatte gemahnt. Neben ersten kleineren Anpassungen im Voranschlag 2023 gaben am Dienstag vor allem die düsteren mittelfristigen Perspektiven Anlass zu Diskussionen.

«Ab 2024 werden die Vorgaben der Schuldenbremse nicht eingehalten», sagte Anna Giacometti (FDP/GR), Sprecherin der Finanzkommission des Nationalrats (FK-N). Sie wiederholte, was Finanzminister Ueli Maurer seit Monaten immer wieder predigt: «Es besteht dringender Bereinigungsbedarf.» Bundesrat und Parlament müssten sofort handeln.

Die Landesregierung will im nächsten Frühling Massnahmen im Hinblick auf das Bundesbudget 2024 vorlegen. Steuererhöhungen sind laut Giacometti keine Option, weil es dafür eine Verfassungsänderung bräuchte. Die Ansichten, wie auf die schwierige Haushaltslage reagiert werden soll, gehen je nach Fraktion aber deutlich auseinander.

«Wie in einem Selbstbedienungsladen»

Die SVP plädiert dafür, Prioritäten zu setzen, wie es Fraktionssprecher Lars Guggisberg (BE) ausdrückte. Das Ausgabenwachstum bei der internationalen Zusammenarbeit oder beim Bundespersonal müsse gebremst werden, «sonst schlagen wir unsanft auf dem Boden der Realität auf». Das Parlament verhalte sich aktuell «wie in einem Selbstbedienungsladen».

Alex Farinelli (FDP/TI) verglich den Bundeshaushalt gar mit dem Untergang der Titanic. «Die Bundesfinanzen bewegen sich in alarmierende Richtung und drohen, mit einem Eisberg zu kollidieren, von dem wir momentan nur die Spitze sehen.» Das Ziel müsse die Sicherung solider Finanzen sein. «Entweder wir finden eine grosse Diamantenmine oder wir müssen sparen», sagte Farinelli.

In der traditionellen Budgetdebatte gehen die Meinungen zur Zukunft der Bundesfinanzen weit auseinander. Im Bild stehen Sarah Wyss (SP/BS) und Lars Guggisberg (SVP/BE).

Heinz Siegenthaler (Mitte/BE) analysierte die Situation nüchterner: Das Einnahmenwachstum habe in den vergangenen Jahren das Parlament dazu verführt, Mehrausgaben zu genehmigen. Nun wüchsen die Steuereinnahmen weniger schnell als auch schon. Deshalb sei nun Ausgabendisziplin angezeigt.

Kritik an der Schuldenbremse

Weniger dramatisch sieht es die Ratslinke. Die Mehrbelastungen ab 2024 seien «nicht besonders beunruhigend», sagte SP-Fraktionssprecherin Sarah Wyss (BS). Der Sanierungsbedarf sei erheblich, aber nicht ausserordentlich. Die Schuldenquote sei im internationalen Vergleich noch immer tief. «Deshalb ist keine Sparwut angezeigt.»

Die Pandemie habe gezeigt, dass sich Investitionen lohnten, hielt auch Gerhard Andrey (Grüne/FR) fest. Die Bürgerlichen bauten jedoch lieber Schulden ab, als nachhaltige Investitionen zu tätigen. Das sei der falsche Weg und schränke den Handlungsspielraum unnötigerweise ein.

Roland Fischer (LU) kritisierte im Namen der GLP-Fraktion das Instrument der Schuldenbremse. Dass Schulden nur in ausserordentlichen Situationen zulässig seien, sei nicht sinnvoll. Das System der Schuldenbremse müsse «etwas wachstumskonformer» ausgestaltet werden. Die sich abzeichnenden Defizite seien an sich kein Problem, so Fischer. «Die Bundesfinanzen sind noch immer im Lot.» Ein Teil der Schulden werde durch das Wirtschaftswachstum abgebaut.

Mehr Geld für Schweizer Forschende

Nach der allgemeinen Aussprache liefen die Diskussionen zum Voranschlag 2023 verhältnismässig ruhig ab. Das liegt daran, dass das Budget im nächsten Jahr noch konform ist mit der Schuldenbremse. Die vorberatende Kommission hatte nur wenige Anpassungen angeregt.

Diskutiert wurden am Dienstag zwei von sechs Themenblöcken. Bei den Beziehungen zum Ausland und der Migration verzichtete der Nationalrat auf Anpassungen gegenüber der Vorlage des Bundesrats.

Dagegen sollen Schweizer Forschende, die momentan vom EU-Horizon-Geldtopf ausgeschlossen sind, von mehr Bundesgeldern profitieren. Der Nationalrat stimmte zwei Kreditumlagerungen in Höhe von insgesamt 85 Millionen Franken zu.

Zudem sprach der Nationalrat zusätzliche 360'000 Franken zugunsten der Verbesserung der Ethik-Situation im Sport. Oppositionslos stellte die grosse Kammer ferner zusätzliche 650'000 Franken zugunsten der Staffel-Weltmeisterschaft 2024 in Lausanne zur Verfügung.

Der Nationalrat setzt die Budgetdebatte am Mittwochvormittag fort.

Parlament für Bundesbeiträge an Kantone mit Ausreisezentren

Der Bund soll künftig Kantone, welche bei einer ausserordentlich hohen Zahl von illegalen Grenzübertritten Ausreisezentren für Flüchtlinge einrichten, finanziell unterstützen können. Dafür hat sich nach dem Nationalrat am Dienstag auch der Ständerat ausgesprochen.

Es geht um Zentren, in denen ausreisepflichtige Personen kurzfristig festgehalten werden, bevor die Schweizer Behörden sie einem Nachbarstaat übergeben. Noch ist die entsprechende Änderung des eidgenössischen Ausländergesetzes aber nicht unter Dach.

Der Ständerat sprach sich am Dienstag mit 23 zu 15 Stimmen bei einer Enthaltung dafür aus, dem Bund die Kompetenz zu geben, in diesen Zentren auch Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren kurzfristig festzuhalten. Dies, wenn es die Umstände erfordern. Die Vorlage geht deshalb zurück an den Nationalrat.

Dort war im September ein Minderheitsantrag von SP und Grünen angenommen worden, mit dem diese Festhaltung von Minderjährigen verboten werden sollte.

Im Ständerat sagte der Sprecher der Mehrheit der Staatspolitischen Kommission (SPK-S), Damian Müller (FDP/LU), in den Jahren 2019 und 2020 seien nur gerade zweimal unter 15-jährige Kinder oder Jugendliche festgehalten worden. Im vergangenen Jahr sei kein einziger Fall erfasst worden.

Bundesrätin Karin Keller-Sutter sagte, manchmal sei diese Festhaltung nötig, um die Identität der Personen festzustellen. Es gehe auch darum, Kinder nicht von ihren Eltern zu trennen.

Folge der Flüchtlingsströme von 2016

Mit der Gesetzesänderung will der Bundesrat eine 2018 vom Parlament gutgeheissene Motion des früheren Tessiner FDP-Ständerats Fabio Abate umsetzen. Im Tessin waren Mitte 2016 im Zuge einer grossen Flüchtlingswelle viele illegale Grenzübertritte registriert worden. Der Kanton Tessin richtete in der Folge in Mendrisio-Rancate TI eine temporäre Unterkunft für diese Personen ein.

Die meisten blieben nur eine Nacht in der Unterkunft und wurden am folgenden Tag den italienischen Behörden übergeben. Abate argumentierte, das Tessin leiste mit diesem Zentrum der Schweiz einen Dienst und solle deshalb vom Bund finanziell unterstützt werden.

Der Ständerat stimmte der Vorlage einstimmig zu. Der Nationalrat hatte sie im September mit 182 zu einer Stimme bei zwei Enthaltungen angenommen. Auch der Bundesrat unterstützte 2018 die Motion.

Parlament ist einverstanden mit Schengen-Weiterentwicklungen

Die Schweiz kann mehrere Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstandes übernehmen. Als Zweitrat hat am Dienstag der Ständerat einer Reihe von Gesetzesänderungen zugestimmt. Zudem erklärte er sich einverstanden, dass das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) Zugriff auf mehrere Schengen-Datenbanken erhält.

Bei den beiden Geschäften geht es zum einen um das Visa-Informationssystem (VIS). Die EU-Datenbank verbindet die Grenzschutzbeamten an den Schengen-Aussengrenzen mit den Konsulaten der Schengen-Staaten. Die Änderungen bringen eine Ausweitung des Systems. Diese soll sicherstellen, dass die Behörden über die erforderlichen Informationen verfügen.

Unter anderem wird die Interoperabilität verbessert, wie Mathias Zopfi (Grüne/GL) namens der vorberatenden Kommission sagte. Neu können zudem im Falle unmittelbar drohender Gefahr etwa eines Terroranschlags auch Daten aus dem System an Drittstaaten weitergegeben werden.

Die kleine Kammer hiess die Reform mit 39 zu 0 Stimmen ohne Enthaltungen gut.

Unabhängig von der VIS-Reform soll das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit zudem Zugriff auf mehrere Schengen-Datenbanken erhalten. Diesem Vorhaben stimmte der Ständerat ebenfalls zu zu.

Das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) erhält Zugriff auf mehrere Schengen-Datenbanken. (Symbolbild)

Zur Debatte standen am Dienstag auch Änderungen beim Europäischen Reiseinformations- und Genehmigungssystem (Etias). Dabei handelt es es sich um ein weitgehend automatisiertes System zur Ermittlung von Risiken bei Einreisen aus Drittstaaten. Dafür muss künftig online eine Reisegenehmigung beantragt werden. Falls die automatische Suche einen sicherheitsrelevanten Treffer ergibt, kann eine manuelle Überprüfung erfolgen.

Der Nachvollzug der europäischen Normen soll die Reisefreiheit innerhalb des Schengenraums gewährleisten, die Kontrollen verbessern und irreguläre Migration und Terrorismus bekämpfen. Sie betreffen unter anderem Qualitätsstandards bei der Verwendung biometrischer Daten. Der Ständerat sagte ohne Gegenstimmen Ja zu den vorgesehenen Neuerungen.

Der Nationalrat hatte sich bereits in der Herbstsession mit den Neuregelungen einverstanden erklärt. Die Geschäfte sind damit bereit für die Schlussabstimmung.

Parlament verlängert Zwangs-Covid-Tests bei Ausschaffungen

Zwangsweise Covid-Tests bei Ausschaffungen sollen bis Ende Juni 2024 möglich bleiben. Nach dem Nationalrat hat am Dienstag auch der Ständerat der Verlängerung der entsprechenden Bestimmung im Ausländer- und Integrationsgesetz zugestimmt.

Die Ratslinke wollte nicht auf die Vorlage eintreten, was der Ständerat aber mit 33 zu 11 Stimmen ablehnte. In der Gesamtabstimmung passierte die Vorlage mit dem genau gleichen Ergebnis. Sie geht in den Nationalrat für die Abstimmung über die Dringlichkeitsklausel.

Philippe Bauer (FDP/NE), Sprecher der Kommissionsmehrheit, erinnerte daran, dass gewisse Länder noch immer einen Covid-Test verlangen bei der Einreise. Würde man nötigenfalls auf das Zwangsmittel verzichten, könnten diese Ausschaffungen nicht mehr vollzogen werden.

Minderheitssprecherin Lisa Mazzone (Grüne/GE) bezeichnete die Verlängerung der Massnahme als unverhältnismässig. Unter Zwang durchgeführte Covid-Tests seien ein schwerer Eingriff in die körperliche Unversehrtheit der Betroffenen. Zudem seien es nur sehr wenige Fälle.

Justizministerin Karin Keller-Sutter gab zu bedenken, bei einer Nichtverlängerung bestehe die Gefahr, dass sich die betroffenen Personen weiterhin weigern und damit den Vollzug der Rückführungen verhindern könnten.

Justizministerin Karin Keller-Sutter gab zu bedenken, eine Nichtverlängerung könne den Vollzug der Rückführungen gefährden.

Derzeit sei in fünf der zehn wichtigsten Herkunftsländer von Asylsuchenden ein negativer Covid-Test für die Einreise nötig, und es sei nicht absehbar, wann diese Länder von einem Test wieder absehen würden. Auch einige Fluggesellschaften verlangten nach wie vor einen Test.

In den allermeisten der seit der Einführung der Bestimmung bis Ende September 2022 gezählten 215 Fälle sei letztlich kein effektiver Zwang nötig gewesen, hielt Keller-Sutter fest. Die Massnahme habe also auch eine präventive Wirkung und habe sich insgesamt bewährt.

Die bisherige Regelung ist bis Ende 2022 befristet. Sie gilt seit dem 2. Oktober 2021 und kann nun bis Mitte 2024 verlängert werden. Beide Räte müssen nur noch über die Dringlichkeitsklausel befinden.

Am Flughafen Zürich werden Corona-Proben verarbeitet. (2. Dezember 2021)

Ständerat ringt um Reform-Modell für beruflichen Vorsorge

Nach der Rückweisung in der Sommersession will der Ständerat heute Dienstag die Reform der beruflichen Vorsorge (BVG) festzurren. Der überarbeitete Vorschlag soll Geringverdiener und Teilzeitangestellte besser stellen. 15 Übergangsgenerationen sollen lebenslang einen Rentenzuschlag erhalten.

Nach dem knappen Ja an der Urne zur AHV-Revision am 25. September stehen die bürgerlichen Abstimmungsgewinner im Parlament unter Druck, ihr Versprechen einzulösen, nun auch bei der zweiten Säule rasch vorwärts zu machen. Das Versprechen lautet, nun auch die Benachteiligung der Frauen in der beruflichen Vorsorge aus der Welt zu schaffen. Teilzeitangestellte und Personen mit kleinen Einkommen sollen besser gestellt werden.

In der Sommersession hatte die kleine Kammer nach einem kurzfristig eingebrachten Antrag das Geschäft in die Kommission zurückgewiesen, um es noch etwas besser auszutarieren. Beim ursprünglichen Vorschlag hätten rund 70 Prozent der Versicherten in der Übergangsgeneration den vollen Zuschlag erhalten und 18 Prozent einen reduzierten Zuschlag. Mit dem überarbeiteten Modell soll noch rund die Hälfte der Übergangsgeneration profitieren.

Es ist heftig umstritten, wie die tiefere Rente kompensiert werden soll, wenn der Umwandlungssatz unbestrittenermassen von 6,8 auf 6,0 Prozent gesenkt wird. Die Kommission für Sicherheit und Gesundheit des Ständerates (SGK-S) schlägt nach der Zusatzschlaufe ein «optimiertes» Schwellenmodell für die Übergangsgeneration vor.

Ab Guthaben von 215'000 Franken degressiv

Kern des von der Kommission mit 8 zu 4 Stimmen bei einer Enthaltung beschlossenen Konzepts ist ein lebenslanger Rentenzuschlag für die ersten 15 Jahrgänge, die nach Inkrafttreten der Reform pensioniert werden. Wer zum Zeitpunkt der Pensionierung über ein Altersguthaben von 215'100 Franken oder weniger verfügt, soll Anrecht auf den vollen Zuschlag haben. Versicherte mit einem Altersguthaben von 215’100 bis 430'200 Franken haben nach dem Modell der SGK-S Anspruch auf einen abhängig vom Altersguthaben degressiv abgestuften Zuschlag.

Verschiedene Minderheiten verlangten erfolglos andere Kompensationsmodelle, die nun auch im Plenum erneut aufs Tapet kommen werden. Eine erste Minderheit will 20 statt 15 Übergangsjahrgänge von einem Rentenzuschlag profitieren lassen und die Grenzwerte für den Anspruch auf den vollen und reduzierten Rentenzuschlag höher ansetzen. So würden dann 60 statt 50 Prozent der Übergangsgeneration profitieren.

Eine weitere Minderheit unterstützt des Modell des Nationalrates vom Dezember 2021, wonach lediglich 35 bis 40 Prozent der Rentner von 15 Übergangsjahrgängen einen Zuschlag als Kompensation für die tiefere Rente erhalten sollten. Zudem würde hier die Eintrittsschwelle tiefer angesetzt.

Eine dritte Minderheit ist für die Version des Bundesrates und der Sozialpartner, die Zuschläge für sämtliche Neurentner vorsieht. Die Gewerkschaften haben bereits mit dem Referendum gedroht, sollte dieser Kompromiss im Parlament scheitern.

Die zur Debatte stehenden Varianten kosten bis 2045 je nach Version insgesamt zwischen 9 und 30 Milliarden Franken.

SDA/red