Mehr Kontrollen gefordertTaskforce soll gegen Lebensmittelbetrug kämpfen
Die Hochpreisinsel Schweiz ist ein Eldorado für Lebensmittelfälscher. Oft bleiben die Täuschungen aber unerkannt. Das soll sich jetzt ändern.
Der jüngste Fall ist besonders dreist und hat sich in Spanien ereignet: Kriminelle haben Extrakte von Gardenienblumen aus Asien importiert und nach einer chemischen Behandlung als Safran vermarktet. Wie Europol kürzlich meldete, wurden 10 Tonnen davon beschlagnahmt. Weltweit wird der volkswirtschaftliche Schaden durch solchen Lebensmittelbetrug auf jährlich insgesamt 40 Milliarden Franken geschätzt.
In der Schweiz habe man keine Ahnung, wie viel gefakte Lebensmittel wie falsch deklariertes Olivenöl und Fischereiprodukte oder gepanschte Gewürze im Umlauf seien, moniert Sara Stalder, Geschäftsleiterin des Konsumentenschutzes: «Fakt ist aber, dass europaweit massiv betrogen wird.»
Letzter grösserer Fall war hierzulande der Verkauf von Lasagne mit Pferdefleisch, das als Rindfleisch deklariert war. Tatsächlich kann das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) auf Anfrage den Umfang und den daraus entstehenden Schaden beim Lebensmittelbetrug nicht beziffern.
«Es braucht eine verstärkte internationale Zusammenarbeit, wenn wir nicht Ziel mafiöser Banden sein wollen.»
Jetzt brauche es mehr Kontrollen und eine bessere Vernetzung mit den europäischen Behörden, sind Parlamentarier von links bis rechts überzeugt. Der Nationalrat hat im vergangenen Jahr gleich drei ähnlich lautende parlamentarische Vorstösse gutgeheissen.
«Gerade als Hochpreisinsel ist die Schweiz besonders interessant für Lebensmittelbetrug», sagt etwa Nationalrätin Martina Munz (SP), Verfasserin einer dieser Vorstösse. Es brauche eine verstärkte internationale Zusammenarbeit, «wenn wir nicht Ziel mafiöser Banden sein wollen».
Unterstützt wird die Forderung von Munz sowie der beiden anderen Motionen von Mike Egger (SVP) und Sophie Michaud Gigon (Grüne) von der Eidgenössischen Kommission für Konsumentenfragen (EKK). Sie verweist insbesondere darauf, dass der Datenaustausch zwischen den Behörden nicht sichergestellt sei.
Diesen Eindruck bestätigt Estelle Hain vom zuständigen Bundesamt: «Die Abklärungen im internationalen Umfeld zu grösseren Betrugsfällen im Bereich Lebensmittel haben unter anderem am Beispiel Pferdefleischskandal gezeigt, dass die Möglichkeiten des Datenaustauschs zwischen Behörden erweitert werden müssen, um Betrugsfälle besser aufdecken zu können.» Derzeit hat die Schweiz mit der EU kein Abkommen, das die gesamte Lebensmittelsicherheit abdeckt.
Weiterer Kritikpunkt der EKK: Die möglichen Strafen seien nicht abschreckend genug. Zwar ist heute laut dem Lebensmittelrecht Täuschung verboten. Aber wer sich nicht daranhält, muss lediglich mit einer Busse von ein paar Zehntausend Franken rechnen.
Teilweise Produkte aus dem Chemielabor
Am Montag hat der Ständerat oppositionslos drei entsprechende Motionen aus dem Nationalrat angenommen. Der Bundesrat wehrt sich nicht gegen die Stossrichtung. Die Anpassungen sollen mit der nächsten Revision des Lebensmittelrechts erfolgen.
Die Schaffhauser Nationalrätin Munz drängt indes darauf, dass möglichst schnell eine Taskforce gebildet werden soll, schliesslich koordiniere auch in der EU ein eigenes Team die Aufdeckung von Lebensmittelbetrug. Denn die Professionalität und die kriminelle Energie, mit der solche Betrügereien betrieben würden, seien enorm.
So habe die EU vor zwei Jahren die Gesetze gegen Lebensmittelbetrug deutlich verschärft. «Seither werden dort viel mehr Fälle von Lebensmittelbetrug aufgedeckt als in der Schweiz», sagt Munz.
Hierzulande sehe man nur die Spitze des Eisbergs.
ETH-Agronomin Munz ist überzeugt, dass auch gepanschter Wein sowie Fälschungen von Olivenöl, Honig, Fisch und Zitronensaft in der Schweiz verkauft werden. «Was als hochwertige Nahrung gehandelt wird, sind teilweise Produkte aus dem Chemielabor.»
So zeigte jüngst eine Kontrolle des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen, dass bei Joghurts und Quark einige Proben so viel Vanillin, einen synthetischen Aromastoff, enthielten, dass die Angabe «Vanille» schlicht nicht mehr stimmte.
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