Showdown am 5. NovemberAlles, was Sie zum Wahlsystem in den USA wissen sollten
Weshalb wählen die Amerikaner an einem Dienstag? Was ist eigentlich das Electoral College? Und was sagen die Prognosen? Die wichtigsten Antworten zum Duell zwischen Harris und Trump.

Wann sind die Wahlen in den USA?
Wahltag ist dieses Jahr Dienstag, der 5. November. Seit 1845 wird der amerikanische Präsident alle vier Jahre am Dienstag nach dem ersten Novembermontag gewählt. Der Grund: Die meisten Bürger der USA waren Bauern. Anfang November war die Ernte vorbei, das Wetter aber noch relativ mild. Am Mittwoch war häufig Markttag, am Sonntag ging man zur Kirche. Man einigte sich deshalb auf den Dienstag. Heute ist dieser Wahltag für viele Amerikanerinnen und Amerikaner jedoch ein Ärgernis, da sie dann arbeiten müssen. In praktisch allen Bundesstaaten kann man deshalb auch bereits einige Tage zuvor seine Stimme abgeben oder per Brief wählen.
Wer darf in den USA wählen?
An der US-Präsidentschaftswahl dürfen amerikanische Staatsbürger teilnehmen, die am Wahltag mindestens 18 Jahre alt sind und sich für die Wahl registriert haben. In manchen Staaten dürfen Verbrecher nicht wählen. Dasselbe gilt für Menschen mit gewissen geistigen Behinderungen.
Wie kann man in den USA wählen?
Das Wahlprozedere kann jeder Bundesstaat selbst festlegen. In allen Staaten kann man am Wahltag persönlich seine Stimme abgeben. Meistens wird dafür ein Wahlzettel eingeworfen, einige Orte verwenden elektronische Wahlmaschinen. In den vergangenen Jahren haben mehr Staaten die Möglichkeit eingeführt, per Brief zu wählen. Die Art und Weise, wie gewählt und ausgezählt wird, hat vor vier Jahren zu vielen Diskussionen, Rechtsstreitigkeiten und Verschwörungstheorien geführt. Siehe dazu auch den Punkt «Gibt es in den USA Wahlbetrug?».
Wer kann US-Präsident werden?
Es gibt drei Bedingungen, um für die Präsidentschaft kandidieren zu können: Kandidaten oder Kandidatinnen müssen in den USA geborene Staatsbürger sein, mindestens 35 Jahre alt sein und mindestens 14 Jahre im Land gelebt haben.
Wer gewinnt die US-Präsidentschaftswahlen?
Das amerikanische Volk wählt den Präsidenten oder die Präsidentin nicht direkt. Es gewinnt, wer die Mehrheit der Stimmen des sogenannten Electoral College erhält (siehe nächste Frage). Bei insgesamt 538 Elektoren oder Wahlleuten sind das 270 Stimmen. Ob man auch die Mehrheit der Volksstimmen hat, ist egal. So wählten 2016 fast drei Millionen mehr Amerikaner Hillary Clinton als Donald Trump. Dennoch zog Letzterer mit 304 Elektorenstimmen ins Weisse Haus ein.
Wie funktioniert das Wahlsystem in den USA?
In jedem Bundesstaat wählen die Stimmberechtigten Wahlleute beziehungsweise Elektoren, die ins Electoral College geschickt werden. Die Anzahl der Wahlleute entspricht der Anzahl Sitze im Kongress. Diese hängt wiederum von der Grösse der Bevölkerung im jeweiligen Staat ab. In Kalifornien mit den meisten Einwohnern sind es 54 Wahlleute, in den kleinsten Bundesstaaten wie zum Beispiel Wyoming sind es 3. Mit Ausnahme von Maine und Nebraska verteilen alle Bundesstaaten ihre Sitze nach dem «Winner takes all»-Prinzip. Das heisst, derjenige Kandidat – oder diejenige Kandidatin – mit der Mehrzahl der Stimmen der Bevölkerung in einem Bundesstaat gewinnt alle Wahlleute. Dabei kommt es nicht darauf an, ob jemand 51 oder 99 Prozent der Stimmen erhält.
Das Electoral College wurde 1787 mit der amerikanischen Verfassung eingeführt. Für seine Entstehung gab es mehrere Gründe. Bei einer direkten Volkswahl befürchteten die Gründerväter eine populistische Diktatur der Mehrheit, bei einer Wahl durch den Kongress eine ungenügende Gewaltentrennung. Das Electoral College war ein Kompromiss. Dieser half auch, kleine Staaten und solche mit Sklaven in die Republik einzubinden, da diese durch das Elektorensystem bessergestellt wurden.
Können die Elektoren selber entscheiden, wen sie wählen?
Es gibt kein nationales Gesetz, das die Wahlleute oder Elektoren zwingt, gemäss dem Wahlausgang in ihrem Staat zu stimmen. Mehrere Staaten sehen jedoch Strafen für Wahlleute vor, die anders als vorgesehen wählen. In der Geschichte der USA haben bisher über 99 Prozent der Elektoren entsprechend dem Volkswillen gestimmt.
Was ist ein Swing-State?
In den meisten Bundesstaaten haben entweder die Republikaner oder die Demokraten eine komfortable Mehrheit. Die dortigen Elektorenstimmen sind ihnen praktisch sicher. Es gibt jedoch eine Handvoll Staaten, in denen beide Seiten auf eine Mehrheit hoffen können. Diese werden Swing-States genannt. Dort können jeweils wenige Tausend Stimmen entscheiden, welcher Kandidat oder welche Kandidatin die Wahlleute erhält. Sie sind entscheidend für den Ausgang der Wahl. Ohne sie kann weder Kamala Harris noch Donald Trump gewinnen. Beide Kampagnen investieren den grössten Teil ihres Budgets und ihrer Aufmerksamkeit deshalb in diesen Staaten. In der Wahl 2024 sind die Swing-States Pennsylvania (19 Elektoren), North Carolina (16), Georgia (16), Michigan (15), Arizona (11), Wisconsin (10) und Nevada (6).
Was sagen die Umfragen zur Wahl 2024?
Kamala Harris und Donald Trump sind in den Umfragen gleichauf. Alle Unterschiede befinden sich im statistischen Fehlerbereich. Eine seriöse Voraussage ist damit unmöglich. 2016 und 2020 unterschätzten die Umfragen den Stimmenanteil von Donald Trump deutlich. Seither haben sich die Erhebungsmethoden geändert, die Institute haben Korrekturen eingeführt. Ob die Werte diesmal genauer sind, lässt sich aber erst nach der Wahl sagen.
Gibt es in den USA Wahlbetrug?
Donald Trump verbreitet seit vier Jahren die Lüge, dass ihm die Wahl 2020 durch Betrug gestohlen wurde. Die Gerichte sind jedoch in Dutzenden Urteilen zum Schluss gekommen, dass das nicht stimmt: Es gab und gibt in den USA keine Anzeichen für grossflächigen Wahlbetrug. Eine Untersuchung von AP fand bei der Wahl von 2020 in sechs Swing-States maximal 475 Fälle von möglichem Betrug – bei 25,5 Millionen abgegebenen Stimmen. Joe Bidens Vorsprung betrug mehr als 7 Millionen Stimmen.
Dennoch schüren die Republikaner seit Monaten die Angst davor, dass die Demokraten die Wahl «erneut stehlen wollen». Sie behaupten, dass «Tausende Illegale» versuchen würden zu wählen und zweifeln das korrekte Vorgehen der Wahlbehörden an. Für beides gibt es weder Beweise noch ernst zu nehmende Anhaltspunkte.

Welche Rolle spielen die Gerichte in der US-Wahl?
Rund 200 Klagen gingen dieses Jahr bereits bei den amerikanischen Gerichten ein bezüglich der Wahlen, und es werden wohl noch viele mehr werden. Weil das Rennen um das Weisse Haus äusserst eng wird, dürften beide Seiten versuchen, durch Klagen an ein paar Stimmen mehr zu gelangen. Sowohl Demokraten als auch Republikaner haben dafür bereits Hunderte Anwältinnen und Anwälte in Stellung gebracht. Sollte Trump verlieren, gilt es als beinahe sicher, dass er die Gerichte anrufen wird. Für die Richterinnen und Richter bedeutet das, dass sie sehr schnell viele Entscheidungen treffen müssen und hohem Druck ausgesetzt sein werden.
Wann weiss man, wer die US-Wahl gewonnen hat?
Am 5. November, dem eigentlichen Wahltag, ist kaum mit einem definitiven Resultat zu rechnen. Dafür ist das Rennen zu knapp. In manchen Staaten dürfen die zuvor eingegangenen Wahlcouverts erst an diesem Tag geöffnet werden. Auch dieses Jahr werden es wieder viele Briefstimmen sein. Es kann deshalb eine Weile dauern, bis diese vollständig ausgezählt sind. 2020 war das definitive Resultat erst nach vier Tagen klar. Dazu kommen mögliche juristische Auseinandersetzungen, die ein definitives Resultat ebenfalls verzögern könnten. So oder so werden die Elektoren am 17. Dezember jedoch ihre definitive Stimme abgeben müssen. Nur in einem Szenario wird noch am Wahlabend ein schnelles Resultat vorliegen: Falls überraschend entweder Kamala Harris oder Donald Trump eine deutliche Mehrheit in mehreren Swing-States gewinnt.
Was passiert am 6. Januar in den USA?
Am 6. Januar wird in Washington der Kongress die Stimmen des Electoral Collage auszählen und bestätigen. Damit wird der neue Präsident – beziehungsweise die Präsidentin – offiziell gewählt. 2021 stürmten an jenem Tag Hunderte wütende Trump-Anhänger das Capitol. Sie versuchten so, die Bestätigung der Wahl von Joe Biden zu verhindern. Die Demonstranten kamen direkt von einer Veranstaltung von Donald Trump, der behauptet hatte, die Wahl sei ihm gestohlen worden. Hunderte der damals Beteiligten wurden verurteilt, teils zu langen Haftstrafen. Das Verfahren gegen Donald Trump selbst läuft noch. Wird er wieder zum Präsidenten gewählt, dürfte er darauf einwirken, dass das Justizministerium die Anklage zurückzieht.
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