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Vor der Wahl in Deutschland
Heisst der nächste Kanzler Merz? Warum sinkt Wagen­knechts Stern? Acht Fragen, acht Antworten

Friedrich Merz und Markus Söder präsentieren das CDU-Wahlprogramm vor einem Banner mit der Aufschrift ’Politikwechsel für Deutschland’ in Berlin, Dezember 2024.
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In Deutschland hat diese Woche der Wahlkampf für die vorgezogene Bundestagswahl vom 23. Februar begonnen. In den Umfragen, die sich zuletzt kaum bewegten, liegen die Christdemokraten von CDU und CSU mit 32 Prozent im Mittel weit vor der Alternative für Deutschland (19 Prozent) auf Platz 1. Es folgen Sozialdemokraten (16 Prozent) und Grüne (13 Prozent). Das Bündnis Sahra Wagenknecht (5 Prozent) kann sich seines erstmaligen Einzugs ins Parlament noch nicht sicher sein, die FDP und die Linkspartei (je 3 Prozent) müssen um ihre Vertretung im Bundestag fürchten.

Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Ausgangslage.

Heisst der nächste Kanzler Friedrich Merz?

Die Christdemokraten sind laut Umfragen derzeit doppelt so stark wie SPD oder Grüne. Die Kanzlerschaft dürfte deren Anführer Friedrich Merz nur noch schwer zu nehmen sein. Seine Stärke fusst jedoch hauptsächlich auf der Schwäche seiner Gegner. Laut Umfragen begeistert der 69-Jährige weder seine Partei noch ein breiteres Publikum. Seine persönlichen Werte sind schlechter als die der CDU, vor allem Frauen und junge Menschen fremdeln mit ihm. In der Union ist Merz dennoch unbestritten. Und obwohl er noch nie in seinem Leben regiert hat, trauen ihm die meisten Deutschen die Kanzlerschaft zu – erwarten aber nicht besonders viel von ihm.

Mit wem wollen CDU und CSU koalieren?

Offiziell hat die Union keine Präferenz, tatsächlich läuft aber vieles auf ein erneutes Bündnis mit der SPD hinaus, die ehemals grosse Koalition. Diesmal dürften die beiden Parteien gerade noch so eine stabile Mehrheit zusammenbekommen. Politisch wäre die SPD nach dem Ausscheiden von Kanzler Olaf Scholz für Merz wahrscheinlich ein einfacherer Partner als zuvor. Differenzen gibt es dennoch viele, vor allem in der Verteidigungs-, Asyl- und Wirtschaftspolitik. Rechnerisch möglich wäre für CDU und CSU vermutlich auch eine Koalition mit den Grünen.

Warum schimpft Markus Söder so auf die Grünen?

CSU-Chef Markus Söder verbringt seinen Wahlkampf für die Union bisher damit, Robert Habeck und seinen Grünen vorzuwerfen, ihre Politik habe Deutschland ruiniert. Mit ihm, so Söder, werde es deshalb auf keinen Fall eine Koalition mit den Grünen geben – ungeachtet dessen, dass die CDU etwa in Nordrhein-Westfalen bestens mit diesen regiert.

Söder hat politische und persönliche Gründe für seine Festlegung: Unter den Konservativen in Bayern und in Ostdeutschland ist keine Partei verhasster als die grüne. Seine Spitze richtet sich aber auch gegen Merz, der ein Bündnis mit den Grünen aus taktischen Gründen nicht ausschliessen will. Söder musste ihm bei der Kanzlerkandidatur den Vortritt lassen, so hält er sich trotzdem im Spiel.

Schafft Olaf Scholz noch einmal ein Wunder?

Bundeskanzler Olaf Scholz beim wöchentlichen Kabinettstreffen im Kanzleramt in Berlin, 8. Januar 2025.

Es werde wieder wie 2021 werden, verspricht Olaf Scholz seiner SPD und dem ungläubigen Publikum. Sechs Wochen vor der Wahl lag seine Partei damals noch zehn Prozentpunkte hinter der Union, am Wahlabend war Scholz der knappe Sieger. Umfragefachleute halten ein zweites Wunder jedoch für ziemlich ausgeschlossen. Im Unterschied zu 2021 haben sich die Deutschen eine Meinung über Scholz’ Fähigkeiten als Kanzler gebildet: und zwar keine gute. Seine Werte sind die tiefsten, die je gemessen wurden. Nach dem vorzeitigen Scheitern seiner Regierung und dem desaströsen Ringen um die Kanzlerkandidatur mit Boris Pistorius ist sein Ansehen nicht gestiegen.

Ist Robert Habeck für eine Überraschung gut?

Robert Habeck, Hauptkandidat der Grünen und Minister für Wirtschaft und Klimaschutz, hält eine Rede in Lübeck zur Wahlkampferöffnung der Grünen am 6. Januar 2025.

Die Grünen, einst als Programm- und Doppelspitzenpartei berüchtigt, führen einen für sie höchst ungewöhnlichen Wahlkampf: Er ist radikal auf Vizekanzler Robert Habeck zugeschnitten und stellt dessen gefühliges Weltverstehen in den Vordergrund. Dennoch kommen die Grünen in den Umfragen kaum vom Fleck. Das hat ebenfalls mit Habeck zu tun: Für viele Deutsche ist der Wirtschaftsminister kein Hoffnungsträger, sondern das Gesicht der deutschen Wirtschaftskrise. Umfragefachleute glauben, Habeck könnte in der Mitte Wählerinnen und Wähler gewinnen, die von Scholz enttäuscht sind oder Merz nicht mögen. Bisher ist dies nicht der Fall.

Wie weit trägt der Höhenflug der AfD noch?

Alice Weidel von der AfD spricht im Bundestag am 16. Dezember 2024 vor einer Misstrauensabstimmung gegen Kanzler Scholz.

Die Chancen, dass die AfD ihr 10-Prozent-Ergebnis von 2021 verdoppelt, stehen ausgezeichnet. Der Unmut über die Ampel-Regierung und drei blutige Anschläge durch Geflüchtete aus muslimischen Ländern gaben der Partei zuletzt Auftrieb. Die Wahl Donald Trumps in den USA und der mögliche Durchbruch der FPÖ in Österreich beflügeln die in grossen Teilen rechtsextremistische AfD weiter. Der globale Zeitgeist scheint sich in ihre Richtung zu drehen. Vor einem Jahr hatten in Deutschland noch Millionen von Menschen gegen ihre Politik demonstriert. Nach der Wahl ist sie vermutlich stärkste Oppositionspartei – ihre beste Rolle.

Überlebt Christian Lindners FDP?

Christian Lindner, Vorsitzender der FDP, steht vor einer Bühne bei einer Wahlkundgebung in Potsdam am 8. Januar 2025.

In den Umfragen bewegen sich die Liberalen seit dem vergangenen Herbst in der politischen Todeszone: unter der 5-Prozent-Marke, die den Eintritt in den Bundestag begrenzt. Ihre Opposition in der Ampel-Regierung hat der FDP ebenso geschadet wie ihr Ausstieg – dessen Planung von langer Hand sie vergeblich zu verstecken suchte. In der Not wirbt Christian Lindner im Wahlkampf nun mit dem Spruch «Mehr Milei oder Musk wagen» um Ultralibertäre, die bislang AfD wählen – seit Elon Musk selbst offen für die AfD eintritt, allerdings erst recht. Ob Lindners Wette aufgeht, ist fraglich.

Warum sinkt Sahra Wagenknechts Stern?

Sahra Wagenknecht spricht bei der Vorstellung des Wahlprogramms der BSW in Berlin, Dezember 2024.

Seit vergangenem Sommer hat sich der Zuspruch zu Sahra Wagenknechts Partei nahezu halbiert. Dazu beigetragen hat paradoxerweise ein Erfolg: Bei den Landtagswahlen im Osten schnitt ihr Bündnis so stark ab, dass ohne sie Regierungen gegen die AfD kaum noch möglich waren. Allerdings stritten sich die Gründerin und ihre Statthalterinnen vor Ort so lange öffentlich über die Bedingungen, dass sich das Publikum zunehmend abwendete. Anders als im Sommer ist Wagenknechts Ton heute nicht mehr neu, sondern nervt viele nur noch. Und eine grosse russlandfreundliche Friedensbewegung, wie Wagenknecht gehofft hatte, gibt es in Deutschland immer noch nicht.