Miniatur des AlltagsWenn der Zufall zuschlägt
Eine Kolumne über das Begegnen.
![Eine kleine Geschichte aus dem Alltag.](https://cdn.unitycms.io/images/EWRqOVBua30BBbf9nxGLLp.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=5ryvMJNPpx8)
Zwischen Spargeln und Nektarinen begegnete ich ihr zum ersten Mal. Ich hatte gerade die frisch abgewogenen Kartoffeln in meinem Korb verstaut, als eine ältere Dame mit ihrem noch leeren Einkaufswagen meinen Weg kreuzte. Die vom Bund kommunizierten Hygienemassnahmen tief verinnerlicht, hielten wir sogleich beide in unseren Bewegungen inne und suchten leicht verunsichert den Blick der jeweils anderen. Gesprochen wurde nicht. Mit einem kurzen Nicken bedeutete ich ihr, sie möge zuerst gehen. Als Antwort erhielt ich ein warmherziges Lachen. Dann wandte ich meine Aufmerksamkeit wieder meinem Einkaufszettel zu.
Wenig später – ich hatte mich mittlerweile bis zur Fleischtheke vorgearbeitet – kreuzte ich die Dame ein weiteres Mal. So weit, so gut, mögen wir uns beide gedacht haben. Ein Dorfladen ist eben nicht die Welt. Als ich der freundlichen Frau zwischen Gewürzen und Konserven schliesslich ein drittes Mal begegnete, war ich fest entschlossen, das Wort zu ergreifen. «Aller guten Dinge sind drei», lag mir auf der Zunge. Doch sie schob ihr Wägeli bereits in die nächste Warenreihe.
Kurz darauf hievte ich meine Einkäufe aufs Förderband der Kasse. Als ich mich, den Warentrenner in der Hand, zum Nächsten in der Warteschlange umdrehte, hätte es mich eigentlich nicht mehr überraschen dürfen, dass sie dastand. «Das isch jetzt s vierte Mal. Ich hoffe Sie händ kei Angscht vor mir?», platzte es sogleich aus der Frau heraus. Wir einigten uns darauf, dass man es wohl kaum besser hätte planen können. Zum Abschied gab sie mir schliesslich ein freundschaftliches «bis zum nöchschte Mal» mit auf den Weg.
Bevor ich im Parkhaus ins Auto stieg, schaute ich mich noch einmal um. Doch ein fünftes Treffen blieb uns (vorerst) verwehrt.
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