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Meinung

Trumps Gaza-Pläne
Ein Geschenk für Israels Hardliner – und die Hamas

Donald Trump und Benjamin Netanyahu betreten eine Pressekonferenz im Ostsaal des Weissen Hauses, 4. Februar 2025.
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Mal angenommen, morgen nagelte jemand ein Schild an die Fassade des Weissen Hauses: «Donald Trump – Immobilien weltweit, samt Landnahme und Grenzverschiebung per Präsidialdekret». Wunderte sich da noch jemand? Das Fantasie-Firmenschild hielte nur fest, was US-Präsident Donald Trump im ersten Monat seiner Amtszeit an neoimperialen Absurditäten von sich gegeben hat.

Der Amerikaner will den Panamakanal konfiszieren und die arktische Rieseninsel Grönland annektieren. Jetzt will Trump auch noch den Gazastreifen unter amerikanische Kontrolle stellen. Er will aus dem zerbombten Palästinensergebiet ein zweites Reiche-Leute-Paradies, eine «Riviera in Nahost», machen. Selbstverständlich ohne die mehr als zwei Millionen Palästinenser, die dort leben.

Der oberste Dealmaker mag ein gewiefter Geschäftsmann, ein gerissener Immobilienhai sein. Doch er will nicht verstehen, wie internationale Politik funktioniert: Alles, was ein US-Präsident laut und vernehmlich sagt, hat Gewicht, zeitigt Folgen. Egal, wie unbedacht, unrealistisch oder unverantwortlich das Gesprochene auch sein mag. Dieses präsidiale Geschwätz zu einem Teil einer grossen Strategie für eine neue Ordnung im Nahen Osten zu erklären, ist dreist.

Im Nahostkonflikt wird jedes Wort missbraucht

Trumps Irrlichterei macht die Verunsicherung der dänischen Regierung und der Grönländer verständlich. Sie erklärt die Panik in Panama, wo mancher schon die Stiefeltritte der US Marines auf dem Beton des Kanalufers zu hören glaubt. Und vor allem löst die Rede von der Gaza-Riviera einen Aufschrei quer durch die arabische Welt aus. Samt den Propagandagesängen, die die angeschlagene Hamas, die gebeutelte Hizbollah und die in die Enge gedrängten Iraner bald anstimmen werden. Das Wording liegt auf der Hand: Wir müssen weiter kämpfen. Ohne «den Widerstand» werden die Palästinenser aus Gaza vertrieben. Schutz bieten nur die Islamisten mit den Raketen und Gewehren. Das entschuldigt dann ganz nebenbei auch das unermessliche Leid, die Toten und die Zerstörungen der jüngsten Kriege in Gaza und im Libanon, für welche die Islamisten die Verantwortung tragen.

Im Nahostkonflikt wird jedes öffentliche Wort missbraucht. Jeder noch so unsinnige Vorschlag bietet Israel seit Jahrzehnten den Vorwand, die Zweistaatenlösung erfolgreich zu blockieren. Auch den Palästinensern fehlt es nicht an Ausreden für die Verhinderung eines dauerhaften Friedens, auch sie spielen auf Zeit: seien es die korrupten Politiker der palästinensischen Autonomieverwaltung oder die Gewaltverherrlicher der Hamas und der Hizbollah.

Die Androhung einer «zweiten Nakba», einer neuerlichen Vertreibung der Palästinenser, das ist ein No-go. Abgesehen davon, dass man Gewalt im ganz grossen Stil anwenden müsste, um zwei Millionen Menschen aus ihrer Heimat im Gazastreifen zu vertreiben: Wie will man die freihändig von Trump ernannten Aufnahmeländer Ägypten und Jordanien dazu bewegen, die Grenzen zu öffnen? Nur mit Geld und Militärhilfe allein werden sich die Führer dieser Staaten kaum überzeugen lassen, ihr eigenes politisches Todesurteil zu unterschreiben. Kein Bürger Ägyptens oder Jordaniens wird Ja sagen zur Aufnahme der Vertriebenen. Er wird seine Wut gegen den eigenen Präsidenten, den eigenen König richten. Und diesen stürzen.

Die Saudis werden das nie akzeptieren

Auch Saudiarabien, Dreh- und Angelpunkt der von Trump entschlossen betriebenen Normalisierung des Verhältnisses zwischen dem jüdischen Staat und den Arabern, kann sich beim Gerede von der Umsiedlung der Palästinenser nur verstört abwenden: Diese Idee lässt sich in der arabischen Welt nicht vermitteln. Schon gar nicht von der islamischen Vormacht, den «Hütern der Heiligen Stätten» Mekka und Medina. Der saudische Kronprinz mag den ganz grossen Nahostdeal vielleicht genauso sehr wollen wie Trump – Ja sagen dazu kann er ganz sicher nicht. Auch die Türken, die Franzosen, die Deutschen und sogar die ungeliebten Russen und Chinesen sagen laut: Nein. Wer bitte soll dann die Riviera-Fieberträume eines Donald Trump unterstützen?

Freuen kann sich nur einer, Benjamin Netanyahu. Der israelische Regierungschef stand neben dem US-Präsidenten, als dieser seine «Vision» kundtat. Der Israeli hat nicht widersprochen. Warum sollte er: Mit Trumps Steilvorlage gewinnt Netanyahu Zeit. Solange die USA nicht ein Machtwort in Sachen Nahost sprechen und eine geordnete Neuordnung der Verhältnisse in Gaza einfordern, können der Regierungschef und seine rechten Koalitionspartner ihr Ziel Grossisrael verfolgen. Da ist Gaza nur ein Baustein. Das Westjordanland als angeblich urisraelisches Territorium ist für die Hardliner wichtiger. Sie können nun also im Chor mit der Hamas sagen: Thank you, Mr. President.