Miniatur des Alltags«Bleib gesund»
Wie das Coronavirus unsere Sprache beeinflusst.
Noch vor wenigen Wochen endeten Briefe oder Mails meist mit den Worten «freundliche Grüsse» oder auch «liebe Grüsse». Whatsapp-Nachrichten beschränkten sich auf das Kürzel dafür: «LG». Heute, in Zeiten der Corona-Krise, ist das anders: Das neue «LG» sind die zwei Worte «Bleib gesund». Der Chef schreibt es am Ende seiner Zeilen genauso wie der Unihockey-Trainer, die Schulleiterin, der Ausbildner, die Klavierlehrerin, die Freundin und der Bruder.
Die beiden Worte schaffen etwas, das die Floskel «liebe Grüsse» nicht erreicht: Verbundenheit. Uns verbindet, dass wir plötzlich alle im gleichen Boot sitzen und uns gegen einen gemeinsamen Feind zur Wehr setzen: ein winzig kleines Virus. Die Worte «Bleib gesund» – meist noch mit einem Ausrufezeichen versehen – drücken zudem aus, dass es jetzt um existenzielle Fragen geht. Sie führen uns vor Augen, was im Leben wirklich zählt.
Ich wünsche mir, dass dieses Bewusstsein uns auch dann noch begleitet, wenn wir die Corona-Krise überwunden haben. Dass wir einander so begegnen, wie ich es kürzlich in einer Tiefgarage erlebt habe: Eine ältere Dame hatte Schwierigkeiten, den Parkautomaten zu bedienen, was zu einer längeren Warteschlange führte. Doch anstatt sich zu ärgern, versicherten die Wartenden der Frau, dass alles halb so schlimm sei. «Hauptsache, Sie bleiben gesund.»
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