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Meinung

Wunderliche Weihnachtsgeschichte
Zum frohen Fest schneit es Merkwürdiges herein

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Über dem Zürichsee schiebt sich eine dicke Wolke vor Mond und Sterne. Nur das Licht eines einzigen Sterns dringt schwach durch die Schwaden.

Stern (verärgert): Hey Wolke, was soll das? Weg mit dir! Sonst können mich die Menschen dort unten nicht sehen.

Wolke (träge): Na und? Sie brauchen jetzt auch nichts zu sehen. Ich will es schneien lassen, damit sie weisse Weihnachten haben. Siehst du meinen dicken Bauch? Da ist allerhand Schnee drin.

Stern: Weisse Weihnachten? Die wird es nicht geben, wenn nicht zuerst jemand verkündet, dass Heiligabend bevorsteht. Und das ist mein Job: Ich bin der Stern von Bethlehem und weise allen den Weg zum frohen Fest. Aber wenn du mich nicht leuchten lässt, werden die Menschen nicht erfahren, dass Weihnachten ist.

Wolke: Glaubst du dies ernsthaft? Bei all dem Weihnachtskitsch, der auf Erden allgegenwärtig ist? Denk nur an die Gedenkbeleuchtung für Tina Turner in Küsnacht. Und abgesehen davon: Die Menschen kommen auch in der Dunkelheit gut zurecht.

Stern: Das glaubte der Gemeinderat von Hombrechtikon auch, als er in der Energiekrise beschloss, nachts die Strassenlampen früher auszuknipsen. Und was passierte dann? Er musste sie nach Reklamationen wieder länger brennen lassen.

Wolke: Dann ist jetzt doch alles wieder gut?

Stern: Nein, nachts kann es nicht hell genug sein! Dunkelheit zieht allerhand Gauner an. Schau nur nach Wädenswil: Dort hat der Altersheimleiter Millionen veruntreut, und ein katholischer Priester soll Geld aus der Kollekte der Kirche geklaut haben.

Wolke: Kein Wunder bei diesen Preisen in der Gemeinde. Dort bezahlt man in gewissen Restaurants 12.50 Franken für einen doppelten Espresso!

Stern: Ja, es wird immer alles teurer. In Oberrieden kostet der neue Posten für die Seepolizei auch plötzlich viel mehr: 33 statt 23 Millionen! Wovon sollen die Steuerzahler*innen noch leben, wenn sie dermassen geschröpft werden?

Wolke: Moment mal, hast du jetzt gerade ein Gendersternchen verwendet?

Stern: Wieso nicht? Ich bin ein Stern, schon vergessen?

Wolke: Aber kein Genderstern! Oder bist du etwa in Stäfa zur Schule gegangen?

Stern: Weshalb meinst du?

Wolke: Weil die Stäfner Schule Gendertage durchführt, welche die Schweiz bis nach Oberwil-Lieli in Wallung bringen.

Stern: Ha, womöglich bist auch du nicht besonders woke, Wolke? – Nur ruhig Blut, die ganze Aufregung war doch bloss ein Episödchen.

Wolke: Das meinst du. Die Welt ist irre. Überall werden alte Gewissheiten eingerissen. Alles, was gut und schön war, muss weg. Zum Beispiel diese beliebte Gärtnerei in Männedorf, die sich zum Eventlokal erweiterte. Zack! – liess die Gemeinde die Gewächshäuser schliessen und abreissen, weil sie nicht sicherheitskonform waren. Oder das Hotel Drei Könige in Richterswil: Zack! – wurde es von den Behörden vorübergehend dichtgemacht, weil dem Wirt das Gastwirtschaftspatent fehlte. Und schliesslich auch dieses private Haus in Uetikon: Zack! – mussten die zu grossen Dachfenster weg, die ein Architekt mit viel Liebe, aber ohne Bewilligung gebaut hatte.

Stern: Dafür will man anderswo ganz legal hässliche Klötze hinstellen: etwa ein Hochhaus an der Sihl in Adliswil. Oder einen Koloss von einer Überbauung beim Bahnhof Erlenbach.

Wolke: Letztere haben die Stimmberechtigten allerdings gebodigt. Denn was gewissen Leuten im Weg steht, erfährt keine Gnade. Das bekamen auch einige Eichen in Thalwil und Oberrieden zu spüren. Sie wurden vergiftet – womöglich weil sie einigen die Seesicht nahmen.

Stern: Es ist ein Jammer. Alles wird kaputtgemacht. Schau nur nach Rüschlikon: Dort wird fast der ganze Bahnhof abgerissen

Wolke: … weil er umgebaut wird.

Stern: … und in Oetwil wird sogar die Wasserrutschbahn der Badi zersägt.

Wolke: … weil eine neue gebaut wird! – Sag mal, du scheinst wirklich nicht der hellste Stern im Universum zu sein.

Stern: Wegen dir! Kannst du nicht endlich weiterziehen, damit ich mit voller Kraft leuchten kann?

Wolke: Das werde ich tun, sobald ich es schneien lassen habe.

Stern: Geht das ein bisschen schneller, bitte?

Wolke: Wozu? Schnelligkeit ist in dieser Gegend nicht gerade gefragt. Auf der Seestrasse am linken Seeufer soll man künftig teilweise nur noch mit Tempo 30 unterwegs sein dürfen, ebenso auf einigen Kantonsstrassen am rechten Seeufer. Nur die Langnauer widerstehen dem Trend und wollen noch immer nichts von Tempo 30 im Dorf wissen.

Stern: Mir würde es bereits reichen, wenn du dich mit gemächlichen 30 km/h davonmachen würdest, statt mit deiner Wampe hier zu verharren.

Wolke (streicht sich über den Bauch): Hab Geduld. Es kann nicht mehr lange dauern, bis es schneit.

Stern: Hoffentlich. Dein Bauch ist so gross, dass er bald zu platzen droht.

Wolke: Das wäre nicht gut. Denn die Spitäler in dieser Region sind bereits voller Patienten. Zudem wurde dem See-Spital in Horgen der Neubau für ein Medical Center verwehrt, weil eine alte Spitalvilla im Weg steht.

Stern: Das kommt mir bekannt vor: In Kilchberg blockiert ein altes Bauernhaus eine neue Coop-Filiale, und in Männedorf könnte ein schützenswertes Wohnhaus den Lidl verhindern. Bald kann man nirgends mehr einkaufen.

Wolke: Tja, das Leben ist hart. Wir alle haben Schweres zu ertragen.

Stern: Das stimmt. In Zumikon ächzt die Tiefgarage sogar dermassen unter der Last des Dorfes, dass man sie mit Baumstämmen stützen muss, damit sie nicht einstürzt. – Und womöglich krachst auch du bald mit all dem Schnee in deinem Bauch zusammen.

Wolke: Das hättest du wohl gerne. Aber ich muss dich enttäuschen: Ich werde mich schön langsam und kontrolliert entladen, sofern nicht gerade ein Gewitter in mich fährt.

Stern: Oder ein Feuerwerk. Und diesbezüglich gibt es schlechte Nachrichten für dich: Die Stimmberechtigten in Meilen haben soeben die Anti-Feuerwerk-Initiative abgelehnt und zünden wohl demnächst ein paar Freudenböller.

Wolke: Es wäre nicht die einzige Gemeinde, in der es ein Donnerwetter gibt. Zollikon erzitterte das ganze Jahr über wegen eines Streits in der Schule. Und die Herrliberger werden womöglich vor lauter Gezänk über ein neues Badiprojekt die nächste Badesaison verpassen …

Stern: Um Himmels willen! Zu Weihnachten sollten sich alle wieder beruhigen. Wenn die Menschen nur mein Licht sehen könnten und erfahren würden, dass das Fest der Liebe bevorsteht … Aber du verhinderst das leider.

Wolke: Du bist wirklich eine Nervensäge! Ich bleibe hier, solange es mir passt. Denn ohne mich gibts keine weissen Weihnachten.

Stern: Und ohne mich gibt es gar keine Weihnachten – und somit auch für niemanden Geschenke. Das ist viel schlimmer!

Und so streiten sich der Stern und die Wolke darüber, wer nun wichtiger ist für das bevorstehende Fest. Und sollten Sie, geschätzte Leserin, geschätzter Leser, am Heiligabend entweder ohne weisse Pracht aufwachen oder aber keine Geschenke unter dem Tannenbaum vorfinden, dann wissen Sie, wer von den beiden am Schluss den Kürzeren gezogen hat. Oder können sich die beiden vielleicht noch ganz im Sinne des Fests der Liebe einigen? – Frohe Weihnachten!

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