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Meinung

Kommentar zu Gender-Debatte in Stäfa
Der Gender-Shitstorm könnte für die SVP zum Bumerang werden 

Der Jugendtreff Domino neben dem Schulhaus Obstgarten in Stäfa: Hier hätte der Gender-Tag für die 2.-Sek-Schüler stattfinden sollen.
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Die Schule Stäfa hat die Sekundarschülerinnen und -schüler – wie bereits seit zehn Jahren üblich – zu einem Gender-Tag eingeladen. Das zugehörige Schreiben landete im Netz und löste einen gigantischen Shitstorm aus.

Weil Mitarbeitende von Schule und Sozialarbeit in der Folge gar mit dem Tod bedroht wurden, musste der für Montag angesetzte Präventionstag kurzfristig abgesagt werden. Eine völlig harmlose lokale Veranstaltung ist Opfer ihres Namens geworden. Die Leidtragenden sind die Schülerinnen und Schüler.

Der Titel «Gender-Tag» ist womöglich tatsächlich etwas unglücklich gewählt. Kein Begriff triggert die Massen derzeit mehr. Dabei heisst «Gender» auf Englisch ja nichts anderes als Geschlecht.

Am Stäfner Gender-Tag werden neben gesellschaftlichen Rollenbildern und Fragen der Gleichstellung indes auch die Themen Beziehungen, Liebe und Sexualität besprochen. Der Präventionstag ist damit nichts anderes als ein modernisierter Sexualkundeunterricht, welcher bereits für Generationen von Schülerinnen und Schülern obligatorisch war. Das bestätigen auch die Erzählungen zweier Stäfner Schülerinnen, die ihren eigenen Gender-Tag in bester Erinnerung haben.

Wer erinnert sich nicht, wie der Biologielehrer, oft genug peinlich berührt, vor versammelter Klasse über Verhütung referierte? Dass das den heutigen Jugendlichen erspart bleibt und ihnen stattdessen die Möglichkeit gegeben wird, in einem geschützten Rahmen mit einer externen Fachperson über dieses wichtige Thema zu sprechen, ist begrüssenswert.

Eine Ideologisierung oder Umerziehung, wie sie aus genderfeindlichen Kreisen befürchtet wird, lässt sich darin beim besten Willen nicht erkennen.

Was sich am Fall Stäfa jedoch beispielhaft zeigt, ist: Wie einzelne Exponenten ein einziges Wort, völlig losgelöst von jeglichem Kontext, unverhohlen für ihre Zwecke missbrauchen. So interpretiert der Küsnachter SVP-Nationalrat Roger Köppel den Begriff «Gender» kurzerhand als Absetzung «des familiären Modells». Und auch sein Aargauer Parteikollege Andreas Glarner hetzt, in der Meinung, unsere christlichen Werte retten zu müssen, munter gegen alle Verantwortlichen eines harmlosen Präventionstags.

Ganz so überraschend ist das indes nicht – umso mehr, als ein Wahlherbst vor der Tür steht: Die Schweizer Volkspartei scheint mit ihrem Kampf gegen den «Gender-Gaga» ein Feld gefunden zu haben, wo sie sich vermeintlich profilieren kann. Ob diese Rechnung aufgeht?

Zum Verhängnis könnten der SVP nicht zuletzt jene Trittbrettfahrer werden, die im Windschatten ihrer gewählten Vorbilder blindlings hetzen – und dabei jeglichen Anstand vermissen lassen. Vertreter vom rechten Rand drohen einer Schule mit Gewalt und verunmöglichen dadurch die Durchführung eines Präventionstages. Bei diesem geht es nicht zuletzt auch um gegenseitige Wertschätzung – das müsste auch die SVP-Scharfmacher nachdenklich stimmen.