Deutsche MarschflugkörperMerz, Habeck und FDP wollen den Taurus liefern – das könnte eine neue Regierung bewirken
Die deutsche Regierung von SPD-Kanzler Olaf Scholz lehnt es weiter kategorisch ab, der Ukraine weitreichende Waffen zu liefern. Nach der Neuwahl könnte die Lage eine ganz andere sein.
- Baerbock lobt Biden für die Erlaubnis an Kiew, mit US-Raketen weit nach Russland zu schiessen.
- Kanzler Scholz will den Taurus zurückhalten, weil er eine Eskalation mit Russland fürchtet.
- Unter einem Kanzler Merz wäre die Lieferung wohl möglich.
Die deutsche Aussenministerin Annalena Baerbock lobte am Montag US-Präsident Joe Biden ausdrücklich für seine Entscheidung, die Ukraine künftig mit amerikanischen Raketen weit auf russisches Territorium schiessen zu lassen.
Sie und ihre Partei, die Grünen, sähen das schon lange so wie Polen und die Balten, Frankreich, Grossbritannien und die Vereinigten Staaten, sagte Baerbock. Robert Habeck, der aktuelle Vizekanzler und grüne Kanzlerkandidat, hatte bei seiner Bewerbungsrede auf dem Parteitag einen Tag zuvor versprochen, dass er als Regierungschef der Ukraine den deutschen Marschflugkörper Taurus zur Verfügung stellen würde.
Die CDU von Kanzlerkandidat Friedrich Merz forderte Kanzler Olaf Scholz am Montag auf, auch in dieser Frage den Amerikanern zu folgen und seine Weigerung, den Taurus zu liefern, endlich aufzugeben. Die aus der Regierung ausgeschiedene FDP wiederum, in der viele ebenfalls für eine Lieferung des Taurus eintreten, regte darüber eine Abstimmung im Bundestag an: CDU/CSU, Grüne und FDP hätten zusammen eine Mehrheit.
Der Taurus reicht viel weiter als die bisherigen Waffen
Scholz hingegen hatte sich letzte Woche bei seiner Regierungserklärung im Bundestag noch einmal kategorisch geäussert: Mit ihm als Kanzler werde Deutschland der Ukraine keine eigenen Marschflugkörper überlassen. Aus seiner Sicht könnte die Lieferung eine gefährliche Eskalation mit der Atommacht Russland auslösen – eine Angst, die nicht nur seine Partei umtreibt, sondern auch die Wählerinnen und Wähler von Sahra Wagenknecht oder der Alternative für Deutschland.
Der Taurus fliegt fast doppelt so weit wie die amerikanischen ATACMS-Raketen oder die französischen und britischen Marschflugkörper Scalp und Storm Shadow. Theoretisch könnte Kiew damit auch Hochwertziele in Moskau beschiessen. Anders als Amerikaner, Briten und Franzosen kann Scholz auch nicht eigenhändig das für die Zielprogrammierung des Taurus nötige Bundeswehrpersonal in die Ukraine schicken, sondern benötigt dafür einen Beschluss des Bundestags.
Den Entscheid, den Taurus zu liefern oder nicht zu liefern, fällt der Bundessicherheitsrat der Regierung, in letzter Instanz der Kanzler selbst. Der Bundestag, durch eine Mehrheit von CDU/CSU, Grünen und FDP etwa, könnte den Kanzler höchstens dazu auffordern – ihn aber nicht dazu zwingen. Die Grünen, die mit der SPD in der Regierung verblieben sind, haben jedoch bereits angekündigt, im Bundestag nicht mit der Opposition gegen die SPD zu stimmen.
Nach der Neuwahl könnte die Lage eine ganz andere sein
Im Februar wird der Bundestag freilich neu gewählt, bis Ostern könnte eine neue Regierung stehen. Heisst der neue Kanzler, wie erwartet, Merz, könnte eine Lieferung des Taurus an die Ukraine möglich werden. Zwei Umstände könnten die Sache aber auch für Merz komplizieren.
Regieren seine Christdemokraten wieder mit den Sozialdemokraten, ist es nicht sicher, ob er die pazifistischen Kräfte in der SPD für heikle Waffenlieferungen an Kiew gewinnen könnte – ausser der sozialdemokratische Vizekanzler hiesse Boris Pistorius. Der aktuelle Verteidigungsminister wird als Ersatz für Scholz gehandelt, sollte die in den Umfragen weit zurückliegende SPD ihren Kanzlerkandidaten noch wechseln. Pistorius hätte wohl nichts gegen eine Lieferung des Taurus.
Ob diese Aussichten im nächsten Frühjahr überhaupt noch relevant sind, entscheidet sich aber sowieso nicht in Berlin, sondern vermutlich in Washington. Der neu gewählte Präsident Donald Trump hat seinen Wählerinnen und Wählern jedenfalls versprochen, den Krieg in der Ukraine so schnell wie möglich zu beenden.
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