LiveTicker zur Erdbeben-KatastropheZahl der Todesopfer nach Beben in Türkei steigt auf 46'104 | Weiterhin 16 Schweizer Helfer im Einsatz
Schwere Erdbeben haben das türkisch-syrische Grenzgebiet erschüttert. Zehntausende Menschen sind gestorben, viele werden noch unter den Trümmern vermutet. Wir berichten laufend.
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Retter melden noch immer Erfolge
Vier Tage nach dem verheerenden Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet entdecken Helfer noch immer Überlebende unter eingestürzten Häusern. Trotz der eisigen Kälte in der Katastrophenregion hörten die Einsatzteams immer wieder die Laute Verschütteter, die verzweifelt auf Hilfe warteten, berichtete eine Reporterin des staatlichen Fernsehsenders TRT World am Freitagmorgen. «Wir machen weiter, bis wir sicher sind, dass es keine Überlebenden mehr gibt», zitierte sie einen Sprecher der Einsatzkräfte.
Und tatsächlich berichten türkischen Medien immer noch von «unglaublichen Überlebensgeschichten": So wurde in der Provinz Kahramanmaras laut der Nachrichtenagentur Anadolu nach 89 Stunden die fünfjährige Mina lebend aus dem Schutt geborgen. In der Provinz Hatay schaffte es die zweijährige Fatima nach 88 Stunden unter Trümmern mithilfe ihrer Retter ins Freie. In Gaziantep fanden Helfer den 17-jährigen Adnan nach 94 Stunden lebend. Er sagte anschliessend, er habe seinen Urin getrunken, um nicht zu verdursten.
Nach so langer Zeit noch lebende Verschüttete zu bergen, gleicht aber nahezu einem Wunder. Nur in seltenen Fällen überlebt ein Mensch mehr als drei Tage ohne Wasser, zumal bei eisigen Temperaturen.
Die Zahl der Toten in beiden Ländern steigt daher rasant weiter, bis zum frühen Freitagmorgen auf insgesamt 21'000 Opfer. Nach Angaben von Vizepräsident Fuat Oktay sind in der Türkei inzwischen 17'664 Tote zu beklagen. Die Zahl der Verletzten lag bei 72 879. In Syrien wurden bislang mehr als 3300 Tote gefunden. «Es gibt hier keine Familie, die nicht betroffen ist», sagte ein Mann, der in Kahramanmaras dabei half, Gräber auszuheben.
WHO-Chef Tedros und IKRK-Präsidentin Spoljaric reisen nach Syrien
Zur Unterstützung der internationalen Hilfsaktionen im Erdbebengebiet in Syrien ist die Präsidentin des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) in das Bürgerkriegsland gereist. «Ich bin heute Abend – mit trauerndem Herzen – in Aleppo in Syrien eingetroffen», erklärte Mirjana Spoljaric am Donnerstagabend auf Twitter. Die Ortschaften und Menschen, die unter den jahrelangen Kämpfen zwischen Regierungstruppen und Rebellen leiden, «sind nun durch das Erdbeben paralysiert».
Kurz zuvor hatte der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, mitgeteilt, dass er «auf dem Weg nach Syrien» sei. Es gehe derzeit unter anderem um die Gewährleistung grundlegender sanitärer Bedingungen.
Die Vereinten Nationen kündigten ihrerseits an, dass ihr Nothilfekoordinator Martin Griffiths an diesem Wochenende in die Erdbebengebiete in der Türkei und Syrien reisen werde. Er wolle am Samstag Gaziantep im Süden der Türkei besuchen und am Sonntag Aleppo im Nordwesten Syriens.
Die ohnehin schwierige Lage für Rettungskräfte und Hilfslieferungen im Erdbebengebiet wird in Syrien zusätzlich durch die politisch heikle Situation erschwert. Das Katastrophengebiet ist dort in von Damaskus kontrollierte Gebiete und Territorien unter der Kontrolle regierungsfeinlicher und überwiegend islamistischer Milizen geteilt.
Donnerstag traf erster Hilfskonvoi ein
Im von oppositionellen Kämpfern kontrollierten Nordwesten Syriens traf am Donnerstag der erste Hilfskonvoi seit dem Beben ein, wie ein syrischer Grenzbeamter mitteilte. Ein Korrespondent der Nachrichtenagentur AFP sah, wie sechs Lastwagen, die unter anderem mit Zelten und Hygieneartikeln beladen waren, den Grenzübergang Bab al-Hawa passierten.
Fast die gesamte humanitäre Hilfe für die syrischen Milizengebiete wird von der Türkei aus über den Grenzübergang Bab al-Hawa transportiert. UN-Generalsekretär António Guterres hatte deshalb den UN-Sicherheitsrat aufgefordert, die Öffnung weiterer Hilfskorridore aus der Türkei zu genehmigen, um die Erdbebenopfer versorgen zu können.
Schweizer Rettungskräfte bergen 37 Personen lebend
Die Schweizer Rettungshundeorganisation Redog hat zusammen mit der türkischen Rettungsorganisation GEA nach dem Erdbeben in der Türkei bis Donnerstagmittag 28 Menschen lebend aus den Trümmern gerettet. Angesichts der «riesigen Zerstörung und des unglaublich schwierigen Rettungseinsatzes» sei dies eine gute Zahl, heisst es bei Redog.
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Allerdings sinke die Hoffnung, 72 Stunden nach der verheerenden Katastrophe weitere Überlebende zu bergen. Hauptprobleme für die verschütteten noch lebenden Personen seien der Mangel an Wasser und Nahrung sowie die tiefen Temperaturen unter dem Gefrierpunkt, sagte Linda Hornisberger, Bereichsleiterin Verschüttetensuche von Redog, der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Sie koordiniert für die Organisation den Rettungseinsatz in der Türkei.
Redog steht mit 22 Personen und 14 Hunden in der Türkei im Einsatz. Eine Staffel sucht mit der Rettungskette Schweiz in Günyazi nach Überlebenden, eine zweite mit der Partnerorganisation GEA in der südtürkischen Stadt Iskenderun an der Grenze zu Syrien.
Rettungskräfte des EDA können neun Personen lebend bergen
Bisher hat die Schweizer Rettungskette neun Personen aus den Trümmern im vom Erdbeben betroffenen Ort Hatay gerettet. Damit stieg die Anzahl geretteten Personen im Vergleich zu Mittwoch um fünf.
Parallel zum Einsatz der Rettungskette Schweiz wird die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) ihre Unterstützung auch nach der Phase der Nothilfe verstärken. Rund zehn Mitglieder des Schweizerischen Korps für Humanitäre Hilfe (SKH) werden am Freitagnachmittag in die Türkei reisen.
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Weltbank sagt Türkei Hilfen von 1,78 Milliarden Dollar zu
Die Weltbank hat der Türkei nach dem verheerenden Erdbeben mit mehr als 20'000 Toten 1,78 Milliarden Dollar (rund 1,64 Milliarden Franken) an Hilfen zugesagt. «Wir stellen sofortige Hilfe zur Verfügung und bereiten eine schnelle Einschätzung des dringlichen und massiven Bedarfs vor Ort vor», erklärte Weltbank-Präsident David Malpass am Donnerstag in Washington. Dabei sollten unter anderem Prioritäten beim Wiederaufbau der zerstörten Gebiete festgelegt werden.
Eine sofortige Hilfe von 780 Millionen Dollar soll aus zwei bestehenden Projekten in der Türkei bereitgestellt werden, wie die Weltbank ausführte. Damit solle Infrastruktur auf kommunaler Ebene wieder aufgebaut werden. Eine weitere Milliarde Dollar an Hilfen wird den Angaben zufolge vorbereitet, um den betroffenen Menschen zu helfen.
Die USA kündigten ihrerseits ein erstes Hilfspaket in Höhe von 85 Millionen Dollar für die Türkei und Syrien an. Die Mittel würden an die Partner vor Ort gehen, um «dringend benötigte Hilfe für Millionen von Menschen zu leisten», teilte die US-Entwicklungsbehörde USAID mit. Dazu gehörten Nahrungsmittel, Unterkünfte und medizinische Notversorgung. Die Unterstützung sei auch für sauberes Trinkwasser und sanitäre Einrichtungen vorgesehen, um den Ausbruch von Krankheiten zu verhindern.
Zahl der Toten in beiden Ländern steigt auf über 20'000
Die Zahl der Todesopfer durch das Erdbeben in der Türkei und Syrien ist auf über 20'000 gestiegen. Die türkische Katastrophenschutzbehörde Afad teilte am Donnerstag mit, dass mindestens 17'134 Menschen in der Türkei ums Leben gekommen seien. Mindestens 3162 Menschen starben nach offiziellen Angaben auf der anderen Seite der Grenze in Nordsyrien durch das Erdbeben der Stärke 7,8 vom Montagfrüh.
Die Zahl der Todesopfer in der Türkei und in Syrien stieg damit am Donnerstag auf mindestens 20'451. Zahlreiche Menschen sind aber noch unter ihren eingestürzten Häusern begraben. Helferteams versuchen immer noch verzweifelt, Überlebende unter den Trümmern zu finden. Allerdings gib es nur noch geringe Hoffnung, fast vier Tage nach dem verheerenden Erdbeben und angesichts der Temperaturen teils unter dem Gefrierpunkt noch Überlebende unter den Schuttbergen zu finden. Aus den Erfahrungen vergangener Katastrophen ist bekannt, dass ungefähr nach 72 Stunden die Wahrscheinlichkeit, noch Überlebende zu finden, dramatisch sinkt. Diese Zeitspanne verstrich am Donnerstagmorgen.
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Kaum noch Hoffnung auf Überlebende des Bebens im syrisch-türkischen Grenzgebiet
Drei Tage nach dem verheerenden Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet schwindet die Hoffnung, unter den Trümmern von tausenden eingestürzten Gebäuden noch Überlebende zu finden. Bis Donnerstagnachmittag meldeten Behörden und Rettungskräfte in beiden Ländern mehr als 19'000 Todesopfer – und ständig werden es mehr. Die bittere Kälte in der Region sowie die politische Lage im Bürgerkriegsland Syrien verschärfen zusätzlich die Lage. Dort erreichte ein erster Hilfskonvoi die Rebellengebiete.
Es gebe inzwischen 16'170 Tote allein in der Türkei, sagte am Donnerstag Präsident Recep Tayyip Erdogan laut der Nachrichtenagentur Anadolu. Aus Syrien waren zuletzt mindestens 3200 Tote gemeldet worden. Hinzu kommen um die 70'000 Verletzte in der Türkei und in Syrien.
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Rettungskräfte in beiden Ländern versuchten bei weiter eisigen Temperaturen verzweifelt, noch mögliche Überlebende zu finden. Die Suche wird aber immer mehr zu einem Wettlauf gegen die Zeit: Aus den Erfahrungen vergangener Katastrophen ist bekannt, dass ungefähr nach 72 Stunden die Wahrscheinlichkeit, noch Überlebende zu finden, dramatisch sinkt. Diese Zeitspanne verstrich am Donnerstagmorgen.
Die ohnehin schwierige Lage für Rettungskräfte und Hilfslieferungen vor Ort wird in Syrien zusätzlich durch die politisch heikle Situation erschwert. Das Katastrophengebiet ist dort in von Damaskus kontrollierte Gebiete und Territorien unter der Kontrolle von Rebellen geteilt.
Hilfsgüter gelangen lediglich über einen offenen Grenzübergang von der Türkei aus in die betroffenen Gebiete im Norden des Landes – und bislang war befürchtet worden, dass Machthaber Baschar al-Assad die Lieferungen nur in Gebiete unter Kontrolle seiner Regierung lässt.
Aussenminister lobt Schweizer Rettungskräfte im Erdbebengebiet
Die Schweizer Rettungskräfte in der Türkei haben für ihren anstrengenden Einsatz bei der Suche nach Erdbebenopfern Zuspruch vom Schweizer Aussenminister erhalten. «Das Team ist müde. Aber jeder Mensch, der gerettet werden kann, motiviert weiter», schrieb Bundesrat Ignazio Cassis am Donnerstag auf dem Kurznachrichtendienst Twitter.
Er sei stolz auf das Schweizerische Korps für humanitäre Hilfe, schrieb Cassis nach einem Telefonat mit dem Leiter der Schweizer Rettungskette, Sebastian Eugster. Bislang retteten die Schweizer Spezialistinnen und Spezialisten neun Menschen. «Die Suche geht weiter», rief Cassis zum Durchhalten auf.
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Nach verheerenden Erdbeben in der türkisch-syrischen Grenzregion am Montag mit tausenden Toten sind die Schweizer Rettungskräfte seit Dienstag vor Ort im Einsatz. Mehr als 90 internationale Such- und Rettungsteams arbeiten in den Katastrophengebieten. 72 Stunden nach dem ersten Beben sinken die Überlebenschancen der unter den Trümmern eingeschlossenen Opfer. Für die Überlebenden sind der Mangel an Wasser und Nahrung sowie die Temperaturen unter dem Gefrierpunkt lebensbedrohlich.
Grenzbeamter: Erster Hilfskonvoi seit Erdbeben erreicht syrische Rebellengebiete
Drei Tage nach dem verheerenden Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet hat der erste Hilfskonvoi den von Rebellen kontrollierten Norden Syriens erreicht. Das bestätigte ein Grenzbeamter am türkisch-syrischen Grenzübergang Bab al-Hawa am Donnerstag. Ein AFP-Korrespondent sah, wie sechs Lastwagen, die unter anderem mit Zelten und Hygieneartikeln beladen waren, den Grenzübergang passierten.
Bei der Ladung handele es sich um Hilfsgüter, die bereits in Syrien eintreffen sollten, bevor das Erdbeben am Montag das Gebiet erschütterte, sagte der syrische Grenzbeamte Masen Allusch.
Kurz zuvor teilten die Vereinten Nationen in Genf mit, sie hätten die Zusicherung erhalten, dass die Hilfsgüter die von dem Erdbeben betroffenen Gebiete im Nordwesten Syriens am Donnerstag über den einzigen zugelassenen Grenzübergang zwischen Syrien und der Türkei erreichen würden. «Uns wurde heute zugesichert, dass die ersten Hilfslieferungen heute über den Grenzübergang Bab al-Hawa eintreffen werden», sagte der UN-Sondergesandte für Syrien, Geir Pedersen, vor Reportern. Er forderte dazu auf, die humanitäre Hilfe nicht zu «politisieren».
Geteilte Kontrolle in syrischem Katastrophengebiet
Die Zahl der Toten im Erdbebengebiet stieg unterdessen auf mindestens 17.100, wie die Behörden beider Länder mitteilten. Allein in Syrien stieg die Zahl der Todesopfer nach Angaben der Behörden auf 3162.
Die ohnehin schwierige Lage für Rettungskräfte und Hilfslieferungen vor Ort wird in Syrien zusätzlich durch die politisch heikle Situation erschwert. Das Katastrophengebiet ist dort in von Damaskus kontrollierte Gebiete und Territorien unter der Kontrolle von Rebellen geteilt. Bislang war befürchtet worden, dass der international geächtete Machthaber Baschar al-Assad Hilfslieferungen nur in von der Regierung kontrollierte Gebiete lässt.
Frau mit zwei Kindern 78 Stunden nach Erdbeben aus Trümmern gerettet
Einsatzkräfte in der Türkei haben eine Mutter mit ihren zwei Kindern nach 78 Stunden unter Trümmern in der vom Erdbeben getroffenen Provinz Kahramanmaras gerettet. Bilder zeigten am Donnerstag, wie Helfer die Frau und die Kinder auf einer Liege und in Tragetüchern unter Applaus zum Krankenwagen trugen.
Sie hatten unter den Trümmern ihres Hauses ausgeharrt. Die Helfer fielen sich in die Arme. Einer sagte dem Sender CNN Türk, er sei glücklich über den kleinen Erfolg. 15 Stunden lang hätten sie daran gearbeitet, die Familie zu befreien.
Die Rettungskräfte kämpfen gegen die Zeit. Mit jeder Stunde, die seit dem Erdbeben verstreicht, sinken die Chancen, noch Überlebende unter den Trümmern zu finden. Mehr als 100'000 Helfer sind nach Regierungsangaben im Einsatz. Sie werden von Suchhunden unterstützt.
Am frühen Montagmorgen hatte ein Beben, dessen Stärke das Deutsche Geoforschungszentrum (GFZ) mit 7,7 angibt, das türkisch-syrische Grenzgebiet erschüttert. Am Montagmittag folgte dann ein weiteres Beben der Stärke 7,6 in derselben Region. In der Türkei sind zehn Provinzen von dem Beben betroffen. Auch in Nordwestsyrien ist die Zerstörung gross. Tausende Menschen wurden getötet.
UNO: Sechs Lastwagen mit Hilfsgütern in Nordsyrien erwartet
Zur Unterstützung der nur schwer erreichbaren Erdbebenopfer in Nordwesten Syriens sollen dort am Donnerstag voraussichtlich sechs Lastwagen mit Hilfsgütern der Vereinten Nationen eintreffen. Sie sollten den einzigen noch offenen Grenzübergang Bab al-Hawa zur Türkei nutzen, hiess es aus UNO-Kreisen.
Wegen Schäden an Strassen konnten Lastwagen Bab al-Hawa bisher nicht erreichen. Inzwischen konnten die Strassen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge aber teilweise wieder repariert werden.
Der Grenzübergang Bab al-Hawa war schon vor dem Erdbeben eine Lebensader für rund 4,5 Millionen Menschen in Gebieten im Nordwesten des Landes, die nicht von der syrischen Regierung kontrolliert werden. 90 Prozent der Bevölkerung waren dort bereits vor der Katastrophe nach UNO-Angaben auf humanitäre Hilfe angewiesen. In der Region leben Millionen, die durch Kämpfe in Syrien vertrieben wurden. Zu ihrem Leid kommen unter anderem mangelhafte Ernährung, Cholera, kaltes Winterwetter und nun die Folgen der Erdbeben hinzu.
Kleinbusse mit Leichen fahren nach Syrien
Bab al-Hawa ist der einzig offene von ursprünglich vier Grenzübergängen aus der Türkei nach Nordsyrien. Die syrische Regierung wollte humanitäre Hilfe schon vor dem Erdbeben komplett durch die von ihr kontrollierten Gebiete fliessen lassen, um den Rebellen im Norden weitere Ressourcen zu entziehen. Dies fordert sie nun erneut. Bei Hilfslieferungen und -zahlungen an die Regierung gab es immer wieder Berichte, dass die Regierung sich daran bereichert und die Güter als Machtmittel im Bürgerkrieg einsetzt.
Aktivisten hatten zuvor berichtet, dass nach dem Erdbeben zwar keine Hilfsgüter, stattdessen aber Leichen von Syrern aus der Türkei über den Grenzübergang transportiert würden. In der Türkei leben Millionen syrische Flüchtlinge. Die syrische Grenzbehörde veröffentlichte Fotos von Kleinbussen, aus denen Leichensäcke in andere Fahrzeuge umgeladen werden. Seit den Erdbeben am Montag kamen der Behörde zufolge mehr als 300 Leichen von Syrern über Bab al-Hawa nach Syrien.
Zahl der Erdbeben-Toten in der Türkei und Syrien steigt auf über 16'000
Drei Tage nach dem verheerenden Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet ist die Zahl der Todesopfer auf mehr als 16'000 gestiegen. In der Türkei gebe es inzwischen 12'873 bestätigte Todesopfer und 62 937 Verletzte, teilte die türkische Katastrophenschutzbehörde Afad nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu in der Nacht zu Donnerstag mit. In Syrien sind bei dem Beben 3162 Menschen ums Leben gekommen.
Die betroffenen Gebiete waren zunächst schwer zugänglich, mit dem Fortschreiten der Bergungsarbeiten steigen die Opferzahlen. Am frühen Montagmorgen hatte ein Beben, dessen Stärke das Deutsche Geoforschungszentrum (GFZ) mit 7,7 angibt, das türkisch-syrische Grenzgebiet erschüttert. Am Montagmittag folgte dann ein weiteres Beben der Stärke 7,6 in derselben Region, zunächst war die Stärke mit 7,5 angegeben worden.
Protest gegen mutmassliche Twitter-Sperre in der Türkei
Türkische Prominente und Politiker haben nach der Erdbeben-Katastrophe gegen die mutmassliche Twitter-Sperre protestiert. Kemal Kilicdaroglu, Chef der grössten Oppositionspartei CHP, äusserte am Mittwoch scharfe Kritik: «Diese wahnsinnige Palastregierung hat die Kommunikation der sozialen Medien unterbrochen», schrieb der Oppositionsführer auf Twitter. «Das Ergebnis ist, dass Hilferufe weniger gehört werden. Wir wissen, was sie alles zu verbergen versuchen. Wir warten auf eure Erklärung.»
Auch der türkische Schauspieler und Comedian Cem Yilmaz forderte im Netz Aufklärung. «Gibt es eine Erklärung dafür, dass Twitter beschränkt wurde, wo es doch nützlich sein kann, Leben zu retten?» Immer wieder hatten in den vergangenen Tagen verschüttete Menschen über die sozialen Medien Hilferufe abgesetzt.
Die Organisation Netblocks, die für die Beobachtung von Internetsperren bekannt ist, berichtete am Mittwoch über die Beschränkung von Twitter durch mehrere Internetanbieter in der Türkei. Von offizieller Seite gab es dafür zunächst keine Bestätigung. Den Kurznachrichtendienst erreichten Nutzerinnen und Nutzern in der Türkei nur noch durch Tunneldienste (VPN). In den sozialen Medien forderten Menschen unter einem Hashtag die Freigabe von Twitter.
Deza schickt Expertenteam in syrische Erdbeben-Region
Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) will ein Expertenteam in die vom Erdbeben schwer getroffene Region in Syrien schicken. Das Team soll am Wochenende abreisen und dort die Bedürfnisse evaluieren und die humanitäre Hilfe konkretisieren.
Ausserdem sei das humanitäre Büro der Deza in Damaskus durch Personal aus den Schweizer Vertretungen der Region verstärkt worden, wie die Deza am Mittwochabend mitteilte. Die Deza hat ausserdem einen Teil ihrer Aktivitäten in der Region angepasst, um mit den Partnerorganisationen auf die Notsituation reagieren zu können. Anders als in der Türkei kann nach Syrien wegen der Sicherheitslage aufgrund des Bürgerkriegs nicht die gleiche Hilfe entsandt werden.
Am Wochenende soll aber auch weitere Unterstützung in die Türkei geschickt werden: So sollen rund zehn Spezialistinnen und Spezialisten in den Bereichen Medizin und Unterkunft abreisen. Die Deza will damit ihr Unterstützung auch nach der Phase der Nothilfe weiterführen. Bereits am Montag sind Schweizer Rettungsteams mit fast 90 Personen in die Türkei gereist. Gemäss eigenen Angaben hat die Deza bislang vier Millionen Franken für Hilfsmassnahmen in der Türkei und in Syrien zur Verfügung gestellt.
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Erdogan räumt Defizite im Management der Katastrophe ein
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat Defizite im Krisenmanagement seiner Regierung nach dem verheerenden Erdbeben vom Montag eingeräumt. Bei einem Besuch von zwei besonders von der Katastrophe betroffenen Regionen sagte Erdogan am Mittwoch: «Natürlich gibt es Defizite. Die Zustände sieht man ja ganz klar.» Es sei nicht möglich, «auf so ein Erdbeben vorbereitet zu sein», fügte er allerdings hinzu.
Erdogan nahm bei seinem Besuch in der südlichen Provinz Hatay Polizisten und Soldaten vor der nach dem Erdbeben aufgekommenen Kritik in Schutz. Diese seien «ehrenhaft». Wer behaupte, es seien keine Soldaten und Polizisten vor Ort, sei «ehrenlos und unehrlich». Seine Regierung werde es nicht zulassen, dass derart über die Einsatzkräfte gesprochen werde. In der Provinz Hatay seien mehr als 21'000 Helfer im Einsatz, darunter Soldaten und Polizisten.
Twitter nur eingeschränkt benützbar
Zuvor hatte es heftige Kritik aus der Bevölkerung gegeben, dass sie bei den Bergungsarbeiten von den Behörden im Stich gelassen würden. Reporter der Nachrichtenagentur AFP sahen Menschen, die mit blossen Händen in den Trümmern nach Verwandten suchten, und sprachen mit wütenden Anwohnerinnen und Anwohnern, die vergeblich auf versprochene Zelte, Lebensmittel und Ausrüstung gewartet hatten.
Auch im Internet beklagten sich zahlreiche Menschen in den betroffenen Regionen bitter über das Katastrophenmanagement der türkischen Regierung. Doch zum Zeitpunkt von Erdogans Besuchs in den Erdbebenregionen war der Kurzbotschaftendienst Twitter grösstenteils nicht mehr erreichbar. Nutzer in der Türkei und die Netzwerkverkehr-Beobachtungsstelle netblocks.org berichteten, dass der Zugang zu Twitter bei mehreren Internetanbietern eingeschränkt sei.
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UNO fordert Zugang zu Rebellengebieten in Syrien
Die UNO hat Syriens Regierung aufgerufen, Helfern Zugang zu den von Rebellen kontrollierten Erdbebengebieten im Nordwesten des Landes zu ermöglichen. «Lassen Sie die Politik beiseite und lassen Sie uns unserer humanitäre Arbeit tun», appellierte der UNO-Hilfskoordinator für Syrien, El-Mostafa Benlamlih, am Mittwoch in einem Interview der Nachrichtenagentur AFP an die Regierung von Machthaber Bashar al-Assad. «Wir können es uns nicht leisten, zu warten und zu verhandeln», warnte Benlamlih.
«Bis wir verhandeln ist es vorbei, ist es erledigt», fügte der UNO-Koordinator hinzu. Am zweiten Tag nach dem verheerenden Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet drängte die Zeit, weitere Helfer in das Katastrophengebiet zu bringen.
Ein Erdbeben der Stärke 7,8 hatte die Region am frühen Montagmorgen erschüttert. Nach Angaben von Rettungskräften und Behördenvertretern stieg die Zahl der Todesopfer am Mittwoch auf mehr als 11'700. Demnach kamen infolge des Bebens in der Türkei 9057 Menschen ums Leben, in Syrien 2622.
In Syrien ist das Katastrophengebiet in von Damaskus kontrollierte Gebiete und Territorien unter der Kontrolle von Rebellen geteilt. Auf Betreiben von Damaskus und Moskau ist seit Jahren nur noch der Grenzübergang Bab al-Hawa für Hilfslieferungen nach Syrien geöffnet. Seit Montag mehren sich die Forderungen an Ankara und Damaskus, grenzüberschreitende Hilfe zu ermöglichen.
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Schweizer Rettungsleiter: «Es gibt immer noch Lebenszeichen»
Die Schweizer Rettungsteams haben nach dem Erdbeben in der südtürkischen Stadt Hatay bisher vier Personen lebend aus den Trümmern geborgen. Dass immer noch Lebenszeichen zu hören seien, stimmt das Team zuversichtlich, noch weitere Menschenleben retten zu können.
Vier Lebendrettungen seien historisch für die Schweizer Rettungskette, sagte Einsatzleiter Sebastian Eugster am Mittwoch im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Es sei noch nie vorgekommen, dass sie Menschen lebend aus dem Trümmern geholt hätten. Die vier Personen seien in Hohlräumen gefunden worden, die beim Kollaps der Betongebäude entstanden seien. Ähnliches sei noch immer möglich. (Lesen Sie auch zu den Rettungsarbeiten in Syrien und der Türkei: Wie lange können die Verschütteten noch überleben?)
Eugster sprach von einer «absoluten Grosskatastrophe», wie er es in seiner Retterkarriere noch nicht gesehen habe. In Hatay sei ein Grossteil der Gebäude eingestürzt oder beschädigt. Viele Leute befänden sich auf der Strasse, schliefen in ihren Autos oder in behelfsmässigen Unterkünften. Kaum jemand wolle oder könne in sein Haus zurückkehren.
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Behörden: Bereits mehr als 11'200 Erdbeben-Tote
Nach dem verheerenden Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet hat die Opferzahl in den beiden Ländern die Marke von 10'000 Toten mittlerweile deutlich überschritten: Wie am Mittwoch aus Angaben von Behörden und Rettungskräften hervorging, wurden nach der Katastrophe vom Montag bereits mehr als 11'200 Todesopfer gezählt, davon allein 8574 in der Türkei. Unter den Trümmern der zahlreichen eingestürzten Gebäude werden noch viele Verschüttete vermutet.
Totenwache bei der verschütteten 15-jährigen Tochter
Es ist das letzte Mal, dass Mesut Hancer die Hand seiner Tochter Irmak halten wird. In seiner grellorangen Warnjacke kauert er auf den Trümmern seines Hauses im südtürkischen Kahramanmaras und streichelt die wächsernen Finger der Toten. Nur der Arm der 15-Jährigen ragt auf eine Matratze gebettet aus dem Schutt, den Rest ihres Körpers hat das Erdbeben unter riesigen Betonplatten begraben.
Der Vater steht unter Schock, er kann nicht sprechen. Trotz der eisigen Kälte weigert er sich, Irmaks Hand loszulassen. Das Bild ging um die Welt.
Irmak ist eine von vielen tausend Menschen, die durch das heftige Beben am Montagmorgen im türkisch-syrischen Grenzgebiet ihr Leben verloren. Auch die Überlebenden in Kahramanmaras sind verzweifelt. In die Trauer um die Toten mischt sich Wut über die schleppende Hilfe.
«Wo ist der Staat? Wo bleibt er?», ruft Ali Sagiroglu verbittert. «Schauen Sie sich um. Hier gibt es nicht einen einzigen Offiziellen, verdammt. Es sind jetzt zwei Tage seit dem Beben vergangen und wir haben niemanden gesehen.» Sagiroglu hofft immer noch, seinen Bruder und seinen Neffen aus ihrem eingestürzten Haus retten zu können. Doch dafür bräuchte er Hilfe.
Manche Familien haben es aufgegeben, auf Rettungskräfte und Räumgerät zu warten. Sie graben mit blossen Händen in den Trümmern nach ihren Angehörigen. Vielerorts in der Stadt begegnen Reporter Menschen, die völlig auf sich allein gestellt sind nach der Katastrophe – ohne staatliche Hilfe, ohne Lebensmittel oder medizinische Versorgung.
Frau nach 52 Stunden lebend geborgen
Rettungskräfte haben in der Südosttürkei eine Frau 52 Stunden nach dem schweren Erdbeben lebend unter den Trümmern geborgen. Bilder des Senders NTV zeigten am Mittwoch, wie die Einsatzkräfte in der Provinz Kahramanmaras die Frau auf einer Trage zum Krankenwagen trugen. Sie ist demnach 58 Jahre alt und aus einem eingestürzten Hotel geborgen worden. Die Provinz Kahramanmaras wurde schwer vom Beben getroffen, dort lag das Epizentrum.
Verletzte werden teilweise zur Behandlung in die Millionenmetropole Istanbul gebracht, wie der Sender weiter berichtete. Dazu werde der für den zivilen Luftverkehr stillgelegte Atatürk-Flughafen genutzt.
Mit einer Stärke von 7,7 bis 7,8 hatte das Beben am frühen Montagmorgen das Gebiet an der Grenze zwischen der Türkei und Syrien erschüttert. Am Montagmittag folgte dann ein weiteres Beben der Stärke 7,5 in derselben Region. Tausende Gebäude stürzten ein. Mehr als 8000 Menschen kamen in der Türkei und Syrien ums Leben. In der Türkei sind zehn Provinzen mit 13,5 Millionen Menschen von dem Beben betroffen.
Opferzahl steigt unaufhörlich
Die Zahl der Todesopfer ist neuen Behördenangaben zufolge auf auf mehr als 8300 gestiegen. Mehr als 39'200 Menschen wurden demnach verletzt.
Alleine in der Türkei gibt es mindestens 5894 Tote und mehr als 34'810 Verletzte, wie der türkische Vizepräsident Fuat Oktay am späten Dienstagabend mitteilte. Zudem seien durch das schwere Erdbeben am Montag mindestens 5775 Gebäude eingestürzt.
In Syrien starben laut dem dortigen Gesundheitsministerium sowie der Rettungsorganisation Weisshelme 2270 Menschen.
SDA/AFP/sep
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