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Ticker: Abstimmung über Tierversuchsinitiative
Volk sagt deutlich Nein zu Verbot

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Das Wichtigste in Kürze

  • Tierversuche werden in der Schweiz nicht verboten. Das Volk sagte mit gut 79 Prozent Nein.

  • Die Befürworter wollten Tierversuche als «Tierquälerei bis hin zum Verbrechen» einstufen und bestrafen.

  • Die Gegner argumentierten damit, dass die Gesetze schon heute streng seien, und dass Forschung – darunter auch für Tiere unbedenkliche – verboten würde.

  • Bereits werden neue Forderungen laut: Wie geht es nun weiter?

Zu den anderen eidgenössischen Vorlagen: Tabakwerbeverbot | Medienförderung | Stempelabgabe

Tierversuchs­initiative hat beim Volk keine Chance

Die Stimmenden haben die Tierversuchsverbotsinitiative mit einem Nein-Anteil von gut 79 Prozent der Stimmen abgelehnt.

Hinter der Initiative standen Sankt Galler Bürger, unterstützt von rund 80 Organisationen und Unternehmen. Das Nein überrascht nicht, bereits in Abstimmungsumfragen hatten die ablehnenden Stimmen die Überhand. Dem Bundesrat und dem Parlament ging das Begehren zu weit. Und keine einzige namhafte Partei hatte ein Ja empfohlen.

Die Volksinitiative «Ja zum Tier- und Menschenversuchsverbot – Ja zu Forschungswegen mit Impulsen für Sicherheit und Fortschritt» forderte ein bedingungsloses Verbot von Tierversuchen und Versuchen an Menschen. In der Verfassung hätten Tierversuche als «Tierquälerei bis hin zum Verbrechen» bezeichnet und bestraft werden sollen.

Bestehende oder neue Produkte, für die Tierversuche durchgeführt werden müssen, hätten nach einem Ja in der Schweiz weder gehandelt noch ein- oder ausgeführt werden dürfen. Forschung ohne Tierexperimente hätte mindestens so viel staatliche Unterstützung erhalten wie die heutige Forschung mit Tierversuchen.

Für Versuche am Menschen gibt es in der Schweiz detaillierte Gesetzesgrundlagen. Unter anderem müssen die Personen, mit denen geforscht wird, über das Projekt informiert sein und ihr Einverständnis gegeben haben. Für Urteilsunfähige, beispielsweise Kleinkinder, gelten noch weitere Auflagen.

Gesetzliche Anforderungen müssen auch Tierversuche erfüllen. Bewilligt werden diese nur, wenn ohne sie gleichwertige Erkenntnisse nicht möglich sind und sie gewichtigen Nutzen bringen. Es dürfen nur so viele Tiere wie unbedingt nötig verwendet werden, und die Belastung für sie muss so gering wie möglich sein. (SDA)

Bundesrat kommentiert Resultate

Tierversuche sind weiterhin nötig, damit neue Behandlungswege gefunden werden können, etwa gegen Krebs. Das sagte Gesundheitsminister Alain Berset nach dem Nein der Stimmenden zur Volksinitiative für ein Verbot von Versuchen an Tieren und Menschen.

Eine Zustimmung hätte den Zugang zu neuen Behandlungen für Menschen und auch für Tiere blockiert, sagte Berset vor den Medien. Beispielsweise sei dies für Krebsbehandlungen der Fall.

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In der Schweiz gälten «äusserst strenge Bedingungen» für Tierversuche, sagte Berset. Das Wohl der Tiere sei gewährleistet, und mit Tieren dürften nur Versuche durchgeführt werden, wenn das Ergebnis nicht auf anderem Weg erreicht werden könne.

Auch der Bundesrat wolle sich für weniger Tierversuche einsetzen, so Berset. Anfang 2021 lancierte die Landesregierung das Nationale Forschungsprogramm «Advancing 3R – Tiere, Forschung und Gesellschaft» (NFP 79), um die Zahl der Tierversuche zu senken. 3R steht für Replacement, Reduction und Refinement. Das Programm ist auf fünf Jahre ausgelegt und mit 20 Millionen Franken dotiert. (SDA)

Schlussresultat: 79 Prozent Nein

Tierversuche werden in der Schweiz nicht verboten. Die Stimmenden haben am Sonntag die Tierversuchsverbotsinitiative förmlich abgeschmettert. Kein einziger Kanton sagte Ja.

Der Nein-Anteil lag bei gut 79 Prozent der Stimmen. Rund 501'000 Stimmende legten nach Angaben der Kantone ein Ja ein und rund 1'893'500 ein Nein. Die Beteiligung lag bei rund 44 Prozent.

Am meisten Zustimmung fand die Initiative im Kanton Tessin. 31,5 Prozent der Stimmenden stimmten dort mit Ja. Förmlich abgeschmettert wurde die Initiative dagegen in der Zentralschweiz. In den Kantonen Luzern, Schwyz, Ob- und Nidwalden und Uri stimmten weniger als 20 Prozent mit Ja.

Klares Nein laut Initiativgegnern Bekenntnis zu Forschung

Das Gegenkomitee der Tierversuchsverbotsinitiative hat sich über die klare Ablehnung «sehr erfreut» gezeigt. Es sei ein Bekenntnis zum Forschungsplatz Schweiz und zur Gesundheit von Mensch und Tier in der Schweiz.

Die Bevölkerung hat realisiert, dass mit einem Verbot die Gesundheit von Mensch und Tier gefährdet worden wäre, sagte die Luzerner Mitte-Ständerätin Andrea Gmür.

Die Bevölkerung habe realisiert, dass mit einem Verbot die Gesundheit von Mensch und Tier in der Schweiz gefährdet worden wäre, sagte die Luzerner Mitte-Ständerätin Andrea Gmür am Sonntag der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

Pharma, Wirtschaft und GLP erfreut

Das rigorose Verbot hätte die Schweizer Bevölkerung vom medizinischen Fortschritt abgeschnitten, teilte der Wirtschaftsverband Scienceindustries mit. Versuche am Menschen und mit Tieren seien für die Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen zentral. Pharmaunternehmen hätten ihre Forschung bei Annahme der Initiative ins Ausland verlagert, wo weniger strenge Tierschutzgesetze gelten, teilten die Grünliberalen mit.

Laut dem Gegenkomitee mit Vertreterinnen aus allen Parteien sowie Verbänden aus Wirtschaft, Wissenschaft und Medizin stärkt die Ablehnung der Initiative deshalb den Forschungs- und Wirtschaftsstandort Schweiz sowie die medizinische Grundversorgung von Mensch und Tier in der Schweiz. (SDA)

Komitee gegen Tierversuche: Keine Empathie der Bevölkerung

Der Co-Präsident des Initiativkomitees, Renato Werndli, ist enttäuscht über das klare Nein zur Tierversuchsverbotsinitiative. Er habe auf die Empathie der Bevölkerung gehofft, aber keine erhalten.

Man habe die Bevölkerung mit wissenschaftlichen Fakten zu überzeugen versucht, sagte Werndli am Sonntag der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Die Stimmbevölkerung habe den Initianten aber nicht geglaubt, «obwohl wir unabhängig sind», sagte er.

Das Volk hat den Initianten nicht geglaubt, sagt Renato Werndli, hier im Bild in seiner Tierarztpraxis.

Immerhin habe die Initiative Druck auf den Bundesrat ausgeübt, sagte Werndli. Anfang 2021 lancierte dieser das Nationale Forschungsprogramm «Advancing 3R – Tiere, Forschung und Gesellschaft» (NFP 79), um die Zahl der Tierversuche zu senken. 3R steht für Replacement, Reduction und Refinement. Das Programm ist auf fünf Jahre ausgelegt und mit zwanzig Millionen Franken dotiert.

Der 68-Jährige Werndli will sich auch weiterhin für das Tierwohl einsetzen. «Die Tiere können sich nicht selber wehren. Wir können sie nicht einfach im Stich lassen», sagte er.

Werndli will das Thema deshalb in ein paar Jahren wieder aufs politische Parkett bringen. «Wir treffen uns schon morgen, um die nächste Initiative zu planen», sagte er. Dieses Mittel sei ein einmaliges, um «unsere Botschaft» zu vermitteln. (SDA)

Nein-Komitee: Volk votierte für den Forschungs­standort

Die klare Ablehnung zur Tierversuchsverbotsinitiative hat das Nein-Komitee «sehr erfreut». Das Nein des Volkes sei deutlicher ausgefallen als erwartet. Die Bevölkerung habe realisiert, das mit einem Verbot die Gesundheit von Mensch und Tier in der Schweiz gefährdet worden wäre, sagte die Luzerner Mitte-Ständerätin Andrea Gmür am Sonntag der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

Für Gmür stärkt die Ablehnung der Initiative wie auch die Ablehnung der Basler Primaten-Initiative den Forschungsstandort Schweiz sowie die medizinische Grundversorgung von Mensch und Tier in der Schweiz.

Pandemie steuerte zum wuchtigen Nein bei

Die Ablehnung sei noch ein Stück höher als erwartet, sagte der Zürcher SVP-Nationalrat und Landwirt Martin Haab auf Anfrage von Keystone-SDA. Das zeige, dass die Stimmbevölkerung realisiert habe, was in der Gesundheitsversorgung auf sie zugekommen wäre, wenn die Initiative angenommen worden wäre.

Unter anderem die Corona-Pandemie hat laut Haab zum Nein beigetragen. Die Leute seien vielleicht etwas sensibilisierter bezüglich des Themas Gesundheitsversorgung gewesen. Wäre die Initiative heute schon in Kraft gewesen, hätte die Schweiz keine Impfstoffe nutzen können, sagte er weiter.

Die Grünen bezeichneten die Ablehnung der Tierversuchsverbotsinitiative auf Twitter als «einen sinnvollen Entscheid» der Stimmbevölkerung. Es sei jedoch unbestritten, dass das Tierwohl verbessert werden müsse. Die Partei nutzte die Gelegenheit, um für die Initiative gegen Massentierhaltung zu werben. (SDA)

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Der vierte vergebliche Anlauf

Das Tierversuchsverbot ist ein Abstimmungsklassiker: 1985 bis 1993 gab es drei erfolglose Volksbegehren zum Thema, und eine vierte scheiterte am Wochenende.

Über 70 Prozent Nein erntete 1985 die Volksinitiative «Abschaffung der Vivisektion», eingereicht von der Aktionsgruppe «Helvetia Nostra» um den Umweltschützer Franz Weber.

Die Initiative rannte halboffene Türen ein: Vor der Abstimmung hatten die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften und die Schweizerische Naturforschende Gesellschaft «Ethische Grundsätze und Richtlinien für wissenschaftliche Tierversuche» vorgelegt. Und der Bundesrat hatte Kredite für ein Forschungsprogramm über Alternativen zu Tierversuchen gesprochen.

Tierversuche sind in der Forschung noch immer der Standard – obwohl viele ungenau sind und es längst Alternativen gibt. Warum also müssen Tiere weiterhin leiden?

Die zweite Initiative von 1992 ging einen sanfteren Weg als das radikale «Vivisektions»-Begehren: Sie nannte sich Volksinitiative «zur drastischen und schrittweisen Einschränkung der Tierversuche (Weg vom Tierversuch!)". Das Konzept ging aber nur halbwegs auf: 56,4 Prozent der Stimmenden waren dagegen. In seiner Botschaft hatte der Bundesrat auf das geltende Tierschutzgesetz verwiesen, das die Forderungen der Initiative bereits weitgehend erfülle.

Der dritte Versuch im Jahr 1993 fokussierte nicht nur auf das Tierwohl, sondern auch auf die Kritik an der medizinischen Forschung: Die in Tierversuchen getesteten Medikamente seien nicht sicher für Menschen, lautete eines der Argumente.

Als wiederkehrendes Beispiel wurde Contergan genannt, das für Labor-Nagetiere unschädlich war, aber bei ungeborenen Kindern schwerste körperliche Beeinträchtigungen verursachte. Die Abstimmenden liessen sich nicht überzeugen: 72,2 Prozent sagten Nein. (SDA)

Hochrechnung: 79 Prozent Nein

Tierversuche werden in der Schweiz nicht verboten. Gemäss der Hochrechnung von gfs.bern im Auftrag der SRG haben die Stimmenden die Tierversuchsverbotsinitiative abgeschmettert, mit 79 Prozent Nein-Stimmen.

Der Fehlerbereich liegt bei plus/minus drei Prozentpunkten. Einmal mehr ist mit dem Nein vom Wochenende der Versuch gescheitert, in der Schweiz ein Verbot von Tierversuchen durchzusetzen. Es war bereits das vierte Volksbegehren zu dem Thema seit 1985, und alle blieben erfolglos.

Tierversuche als «Tierquälerei bis hin zum Verbrechen»

Das Nein überrascht nicht, bereits in Abstimmungsumfragen überwogen die ablehnenden Stimmen. In der SRG-Umfrage äusserten sich zuletzt 68 Prozent gegen das Begehren und rund ein Viertel der Teilnehmenden Prozent dafür. Die Tamedia-Umfrage sah den Nein-Anteil hingegen bei 80 Prozent, die Zustimmung bei noch 18 Prozent.

Die Volksinitiative «Ja zum Tier- und Menschenversuchsverbot – Ja zu Forschungswegen mit Impulsen für Sicherheit und Fortschritt» forderte ein bedingungsloses Verbot von Tierversuchen und Versuchen an Menschen. In der Verfassung hätten Tierversuche als «Tierquälerei bis hin zum Verbrechen» bezeichnet und bestraft werden sollen.

Bestehende oder neue Produkte, für die Tierversuche durchgeführt werden müssen, hätten nach einem Ja in der Schweiz weder gehandelt noch ein- oder ausgeführt werden dürfen. Forschung ohne Tierexperimente hätte mindestens so viel staatliche Unterstützung erhalten wie die heutige Forschung mit Tierversuchen.

Gesetzliche Auflagen für Versuche

Dem Bundesrat und dem Parlament gingen diese Forderungen zu weit. Und keine einzige Partei hatte die Initiative unterstützt.

Die Bevölkerung wäre vom medizinischen Fortschritt abgeschnitten, Forschung und Entwicklung würden stark eingeschränkt und der Wirtschaftsstandort Schweiz geschwächt, machten die Gegner geltend. Gesundheitsminister Alain Berset warnte davor, dass Teile der medizinischen Forschung ins Ausland verlegt würden.

Für Versuche am Menschen gibt es in der Schweiz detaillierte Gesetzesgrundlagen. Unter anderem müssen die Personen, mit denen geforscht wird, über das Projekt informiert sein und ihr Einverständnis gegeben haben. Für Urteilsunfähige, beispielsweise Kleinkinder, gelten noch weitere Auflagen.

Gesetzliche Anforderungen müssen auch Tierversuche erfüllen. Bewilligt werden diese nur, wenn ohne sie gleichwertige Erkenntnisse nicht möglich sind und sie gewichtigen Nutzen bringen. Es dürfen nur so viele Tiere wie unbedingt nötig verwendet werden, und die Belastung für sie muss so gering wie möglich sein.

Für Initianten sind Versuche ineffizient

Hinter der Initiative standen St. Galler Bürger, unterstützt von rund achtzig Organisationen und Unternehmen. Darunter waren Vertreter von SP und Grünen, Tierschutzgruppen und Tierparteien.

Sie führten ethische Gründe an für ihre Forderung. Aus ihrer Sicht sind Tierversuche zudem ineffizient: Von hundert Wirkstoffen versagten 95 im Menschenversuch, trotz scheinbar erfolgversprechender Ergebnisse bei Tieren.

Die Zahl der Versuche mit Tieren senken will auch der Bundesrat. Anfang 2021 lancierte er dazu das Nationale Forschungsprogramm «Advancing 3R – Tiere, Forschung und Gesellschaft» (NFP 79). 3R steht für Replacement, Reduction und Refinement. Das Programm ist auf fünf Jahre ausgelegt und mit zwanzig Millionen Franken dotiert.

Zahl der Versuchstiere gesunken

Den Initiantinnen und Initianten allerdings genügt der heutige gesetzliche Schutz von Mensch und Tier in der Forschung nicht. Das 3R-Prinzip sei seit über sechzig Jahren bekannt, und doch stagniere die Zahl der Tierversuche seit 25 Jahren mit mehr als einer halben Million «Tieropfern», schrieben sie im Abstimmungsbüchlein.

Die Zahl der Tierversuche in der Schweiz ist in den vergangenen Jahren zurückgegangen. 2020 wurden noch 556'000 Tiere für die Forschung eingesetzt. Gestiegen ist die Zahl der Versuche mit dem höchsten der vier Schweregrade – die Tiere werden dabei schwer belastet. Gegen 20'000 Tiere wurden für solche Versuche eingesetzt. (SDA)

Klarer Nein-Trend zeichnet sich ab

Erste Zahlen zur Abstimmung über ein Verbot von Tierversuchen zeigen einen klaren Nein-Trend. Laut einer ersten Hochrechnung aus dem Kanton Zürich beträgt der Nein-Anteil 78,6 Prozent.

Das will die Vorlage

In der Schweiz soll ein bedingungsloses Verbot von Tierversuchen und Forschung am Menschen eingeführt werden. Die Volksinitiative «Ja zum Tier- und Menschenversuchsverbot – Ja zu Forschungswegen mit Impulsen für Sicherheit und Fortschritt» ist stark umstritten – sämtliche grossen Parteien haben die Nein-Parole beschlossen.

Vier Grafiken zeigen Daten und Fakten rund um die Tierversuche.

Die Vorlage ist gerade in der Zeit der Pandemie zusätzlich brisant. So wäre bei einer Annahme der Initiative selbst der Import von Covid-Impfungen verboten, und zwar, sobald eine neue Impfung auf den Markt käme, die mit Tierversuchen entwickelt wurde. Aber auch, wenn eine bereits bestehende Impfung mit Tierversuchen weiterentwickelt würde. 2020 wurden in der Schweiz 1328 Tiere im Rahmen der Covid-Forschung eingesetzt.

Gegen 350’000 Mäuse mussten 2020 für Versuche herhalten.

Ein Verbot fordert die Initiative auch für sogenannte Menschenversuche. Was darunter genau gemeint ist, lässt der Initiativtext offen. Die Initiativgegner legen den Begriff als Synonym von «Forschung am Menschen» aus. So wäre die Forschung stark getroffen, in der Medizin, aber zum Beispiel auch in der Psychologie oder den Sportwissenschaften. Die Initianten dagegen argumentieren, nicht jede Forschung am Menschen sei ein Menschenversuch, etwa Forschung mit biologischen Operationsabfällen oder Blutspenden. Die «Erstanwendung» solch hergestellter Medizinalprodukte dürften dann nach Auslegung der Initianten an kranken Personen und Tieren erfolgen – freilich nur, wenn sie «im überwiegenden Interesse» der Betroffenen läge und zudem «erfolgversprechend» wäre.

Weiter fordert die Initiative, dass tierversuchsfreie Forschung mindestens so viel staatliche Unterstützung erhalten wie die Forschung mit Tierversuchen. Wie viel heute direkt oder indirekt in Letztere fliesst, ist im Detail nicht bekannt. Eine Ahnung geben aber folgende Zahlen: 140 Millionen Franken gingen 2019 vom Schweizerischen Nationalfonds an Forschungsprojekte, die auch Tierversuche beinhalten. Und 20 Millionen warf der Bund letztes Jahr auf für ein neues Forschungsprogramm, das Tierversuche reduzieren, verbessern und ersetzen will.

Die Befürworter

Nach dem Willen des Initiativ-Komitees sollen Tierversuche in der Verfassung als Quälerei und Verbrechen eingestuft und bestraft werden. Bestehende oder neue Produkte, für die Tierversuche durchgeführt werden müssten, dürften weder gehandelt noch ein- oder ausgeführt werden.

Das Initiativ-Komitee argumentiert, es sei nicht entschuldbar, wenn nicht-zustimmungsfähige Tiere und Menschen für Experimente missbraucht würden. Kein Tier oder Mensch könne verlässliche Vorhersagen für ein anderes Lebewesen liefern. Die Forscherinnen und Forscher könnten ihre Erkenntnisse auch mit leidfreien Ansätzen erreichen.

Die Gegner

Der Bundesrat hat seine Argumente gegen die Volksinitiative zum Verbot von Tier- und Menschenversuchen dargelegt: Die Schweiz wäre vom medizinischen Fortschritt abgeschnitten, Forschung und Entwicklung würden eingeschränkt, der Wirtschaftsstandort Schweiz geschwächt. Die Initiative mit ihrem absoluten Verbot von Tierversuchen gehe zu weit und hätte schwerwiegende Auswirkungen, wie Gesundheitsminister Alain Berset erklärte. Derselben Meinung waren schon National- und Ständerat.

Die Schweiz habe schon heute eines der strengsten Gesetze für Tierversuche, sagt Berset. Ein Tierversuch werde nur bewilligt, wenn die Ergebnisse nicht auf anderem Weg erzielt werden können. Zudem müsse der Nutzen für die Gesellschaft die Belastung der Tiere rechtfertigen, schreibt der Bundesrat.

Ausserdem dürften die Forscherinnen und Forscher in ihren Versuchen nur mit so vielen Tieren arbeiten wie unbedingt nötig, und sie müssten deren Belastungen so gering wie möglich halten.

Zudem will der Bundesrat Tierversuche mit einem neuen Forschungsprogramm reduzieren. Anfang Februar lancierte die Landesregierung das neue Nationale Forschungsprogramm «Advancing 3R – Tiere, Forschung und Gesellschaft» (NFP 79). 3R steht dabei für Replacement, Reduction und Refinement. Das Programm ist auf fünf Jahre angelegt und mit zwanzig Millionen Franken dotiert.