«Too big to rescue» Und was, wenn dereinst die neue UBS vor der Pleite steht?
Schon wieder «nie wieder»: Die Politik will sicherstellen, dass die verbleibende Schweizer Grossbank in Zukunft nicht auf staatliche Hilfe angewiesen sein wird. Die Frage ist, wie das gehen soll.
Glaubt man der Entwicklung des Aktienkurses, der seit Montagmorgen 4 Prozent zugelegt hat, hat die UBS mit dem Kauf der gescheiterten Credit Suisse (CS) am vergangenen Sonntag einen guten Deal gemacht. Auch sonst steht die Bank solide da: Sie hat die Investmentbanking-Sparte, die sie in der Finanzkrise fast das Leben gekostet hätte, heruntergefahren und so umgebaut, dass nun deutlich geringere Risiken von ihr ausgehen.
Dennoch ist es nicht ausgeschlossen, dass nach der CS jetzt auch die UBS dereinst wieder in einer misslichen Lage stecken wird. Zum Vertrauensverlust der Kundschaft in die CS trugen nicht nur Fehler der Investmentbank bei, sondern auch das Asset-Management (zum Beispiel der Fall Greensill) oder die Vermögensverwaltung (Fall Iwanischwili).
Je nach Ausprägung der Krise wäre dann fraglich, ob der Bund die UBS retten könnte. Deren Bilanzsumme ist mit über 1,5 Billionen US-Dollar dreimal so gross wie jene der CS. Würde es sich abermals um eine Vertrauenskrise der gesamten Bank handeln, und nicht wie 2008 bei der UBS nur um einen abgrenzbaren faulen Teil der Bank, wären volkswirtschaftliche Turbulenzen vorprogrammiert.
SP will verschärfte Form des Trennbankensystems
In Bundesbern ist darum von links bis rechts klar, dass sich eine Rettung mit Staatshilfe nicht mehr wiederholen darf. Doch stellt sich die Frage, mit welchen Instrumenten dieses Ziel erreicht werden soll.
«Never again – Nägel mit Köpfen für systemrelevante Banken» lautet ein Vorstoss für eine parlamentarische Initiative, den die Basler SP-Nationalrätin Sarah Wyss kommenden Donnerstag in der Finanzkommission einreichen will.
Sie fordert für systemrelevante Institute ein Trennbankensystem. Üblicherweise bedeutet das, dass das risikoreiche Investmentbanking nicht mehr mit den anderen Bankbereichen unter einem Dach geführt wird. Wyss will zusätzlich die Vermögensverwaltung vom Kreditbanking trennen.
Zudem fordert sie, dass systemrelevante Banken Eigenkapitalquoten von mindestens 20 Prozent erfüllen sollen. Weiter soll für sie ein Boni-Verbot gelten. Auch die Grünen haben einen Vorstoss für ein Trennbankensystem angekündigt.
Auch die SVP spricht sich mit Vehemenz für Verschärfungen aus. Sie schrieb am Mittwoch in einer Medienmitteilung, sie werde der Bundesgarantie über 109 Milliarden Franken an die neue UBS an der kurzfristig anberaumten Sondersession im April nur zustimmen, wenn der Bundesrat verspreche, die «Too big to fail»-Regelung wasserdicht zu gestalten.
Das Parlament hatte nach der Finanzkrise vor 15 Jahren eine solche für Fälle wie denjenigen der CS erlassen. Nun kam die geplante Entflechtung des nationalen mit dem internationalen Geschäft aber nicht zum Einsatz, weil diese zu lange gedauert hätte und möglicherweise eine globale Finanzkrise ausgelöst hätte.
Welche Massnahmen sich die SVP konkret wünscht, konnte Fraktionschef Thomas Aeschi auf Anfrage jedoch nicht sagen. Ein Trennbankensystem sei eine mögliche Lösung. Auch SVP-Nationalrat Thomas Matter, von Beruf Banker, spricht sich nicht definitiv für eine solche Lösung aus, sagt jedoch, ein Trennbankensystem müsse «noch einmal ernsthaft geprüft» werden.
«Die Herausforderung ist jetzt gerade mal ein paar Tage alt. Es dauert ein bisschen länger, bis wir eine Lösung gefunden haben.»
In den Jahren 2013 und 2015 verhalfen Linke und SVP der Idee eines Trennbankensystems im Nationalrat zu einer Mehrheit – die hätten sie auch heute noch. Damals verhinderten jedoch CVP (heute Mitte) und FDP im Ständerat eine Umsetzung. Sie haben dort heute noch die Mehrheit.
Von ihnen ist bislang aber noch keine klare Präferenz zu hören, wie sie eine erneute Bankenrettung verhindern wollen. «Politisch gesehen ist die Grösse der neuen UBS ein Problem, sie ist unter Umständen ‹too big to rescue›», sagt Mitte-Präsident Gerhard Pfister. «Aber die Herausforderung ist jetzt gerade mal ein paar Tage alt. Es dauert ein bisschen länger, bis wir eine Lösung gefunden haben.»
Einer Trennbankenlösung allerdings steht Pfister skeptisch gegenüber: «Sie würde dazu führen, dass die globale Vermögensverwaltung nicht mehr von der Schweiz aus gemacht wird. Es ist illusorisch, zu meinen, die UBS nutze den Schweizer Bankenplatz dann wie bisher.»
«Die Schlüsselfrage ist, wie die Schweiz trotz einer solchen Regulierung in Zukunft als Bankenplatz attraktiv sein soll», pflichtet der Zürcher FDP-Nationalrat Beat Walti bei. Anfang Woche hatte die FDP eine neue Finanzplatzstrategie gefordert. «Jetzt müssen wir diskutieren, ob wir bereit sind, dafür allenfalls auch Wettbewerbsnachteile in Kauf zu nehmen», sagt Walti.
Bereits Druck auf die UBS
Die FDP bedrängt die gewachsene UBS zurzeit mit einem anderen Plan, der sie zumindest ein wenig verkleinern würde und Tausende Arbeitsplätze retten könnte: Sie soll möglichst bald entscheiden, den Schweizer Teil der CS zu verkaufen. Der Bundesrat solle entsprechende Schritte einleiten, verlangt ein Vorstoss.
Sowohl Walti als auch Pfister warnen vor Konsequenzen für den Fall, dass dies nicht geschieht. Walti sagt: «Je konkreter das Entstehen eines Molochs ist, desto mehr erhalten Regulierungsideen Aufwind.» Pfister sagt: «Wenn die UBS so gross bleibt, besteht für sie das Risiko, dass die Politik sie zu regulieren beginnt.»
Allerdings betrug die Bilanzsumme des Schweizer Teils der Credit Suisse Ende letzten Jahres 215 Milliarden Franken. Die neue UBS wäre also auch ohne ihn deutlich grösser als bisher. Die «Too big to fail»-Diskussion wäre damit also nicht beendet.
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