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Geplatzter Börsengang
Bezahlen auf Pump boomt – nur die Schweizer machen nicht richtig mit

Paris Hilton macht ein Selfie bei der Klarna & Paris Hilton House of Y2K Launch Party in Los Angeles, vor einem rosa Hintergrund mit ihrem Namen und dem Klarna-Logo.
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In Kürze:
  • Das schwedische Unternehmen Klarna verschiebt seinen US-Börsengang wegen Trumps Zollankündigung.
  • Klarna lässt Kunden shoppen, auch wenn das Konto gerade leer ist.
  • In der Schweiz konkurriert Klarna mit traditionellen Rechnungskäufen bei Onlinehändlern.
  • Die Schuldenberatung warnt davor, dass auch kleine geliehene Beträge zu grossen Problemen führen können.

Ein neues Smartphone oder ein Paar Sneaker – bezahlen kann man das heute, auch ohne Geld auf dem Konto zu haben. Ein rosa Button machts möglich. Dahinter steckt Klarna, einer der weltweit bekanntesten Anbieter von «Buy Now, Pay Later» (BNPL) – jetzt kaufen, später bezahlen. Für das schwedische Fintech-Unternehmen hat sich dieses Modell bisher ausbezahlt. Doch Donald Tump hat Klarna nun vorerst einen Strich durch die Rechnung gemacht. 

Im April wollte das Unternehmen an die US-Börse. Laut Bloomberg erwarteten die Schweden zusätzliches Kapital in Höhe von einer Milliarde. Aufgrund der Turbulenzen an den Finanzmärkten nach Trumps Zollankündigung verschob Klarna den Börsengang jedoch auf unbestimmte Zeit. Zu gross war die Angst, als Gradmesser für die Unsicherheit der Börse hinhalten zu müssen und dabei Schiffbruch zu erleiden. 

Dabei läuft es eigentlich gut für Klarna. Im Gegensatz zu vielen anderen neueren Techunternehmen macht der Bezahldienst Gewinn und Analysten bewerten ihn mit einem Wert von rund 15 Milliarden Dollar. Auch in der Schweiz ist Klarna einer der bedeutendsten Anbieter von Kauf-jetzt-zahl-später-Lösungen: Einem auch hierzulande immer grösser werdenden Trend, der nicht unumstritten ist. 

Klarna schiesst den Betrag vor und verdient dafür mit

Dank diesem können Konsumenten im Onlinehandel Einkäufe sofort tätigen und die Zahlung in zinsfreien Raten über einen bestimmten Zeitraum leisten. Der Dienstleister, zum Beispiel Klarna, schiesst dabei den vollen Betrag beim Händler vor und zieht eine Provision ab. Der Käufer kann dann den Betrag innerhalb von 30 Tagen an Klarna überweisen. Das bietet für alle Vorteile: Die Kundin muss eine teure Rechnung nicht auf einmal begleichen, der Händler muss sich nicht selbst mit säumigen Kunden auseinandersetzen und Klarna verdient an der Provision.

Klarna-App-Seite auf einem Mobiltelefon, fotografiert in London. Die App hat eine Bewertung von 4,9 Sternen und bietet ’Shop now, pay later’ an.

Neben Klarna konnten in den letzten Jahren Cembra Pay und Powerpay im Schweizer Markt Fuss fassen. Seit August 2023 bietet zudem auch Twint mit der Funktion «Später bezahlen» eine BNPL-Lösung an. Die Anbieter unterscheiden sich dabei vor allem bezüglich der Zahlungsfristen sowie allfälliger Mahngebühren und Verzugszinsen. 

Der traditionelle Kauf auf Rechnung steht Klarna im Weg

Trotz der wachsenden Anzahl an Dienstleistern hat das Konzept BNPL in der Schweiz im Vergleich zum Ausland jedoch Schwierigkeiten, sich flächendeckend zu etablieren. Dazu kommen zwei Händlerbefragungen von ZHAW und HSG aus dem vergangenen Jahr. So sei einer der Hauptwidersacher von BNPL in der Schweiz der hierzulande traditionell weitverbreitete Kauf auf Rechnung. 

Dieser bietet ebenfalls die Möglichkeit, den Kaufpreis nicht bereits beim Kauf begleichen zu müssen, sieht jedoch keine Ratenzahlungen vor. Bislang waren es meistens die Händler selbst, welche die Rechnung stellten, inzwischen findet jedoch auch hier vereinzelt eine Auslagerung an Zahlungsdienstleister wie Klarna und Twint statt, die dann die Rechnung stellen.

Konsumentenschutz sieht Trend kritisch

Der Konsumentenschutz sieht diese Entwicklung kritisch. Grundsätzlich sei es zwar sinnvoll, erst dann zu bezahlen, wenn man die Ware erhalten habe. Ein Rechnungskauf sei unproblematisch, solange die Rechnung durch den Händler selbst gestellt werde. Die Auslagerung des Zahlungsvorgangs an einen Zahlungsabwickler wie Klarna berge jedoch Gefahren. 

In einem solchen Fall müssten Konsumenten beim Kauf zwei unterschiedlichen AGB mit kompliziertem und zum Teil ungünstigem Inhalt zustimmen. Weiterhin verkompliziere sich durch den Zahlungsabwickler das Vertragsverhältnis, was in Kombination mit schlechter Kommunikation zwischen Händler und Zahlungsabwickler zu Mehrkosten führen könne.

Die Schuldenberatung Schweiz warnt generell vor den Risiken des «Konsums auf Pump». Es bestehe das Risiko, dass Verbraucher die Übersicht über ihre offenen Zahlungen verlieren. Auch bei kleineren Einkäufen könnten durch Mahngebühren schnell grössere Schulden entstehen. Diese Zusatzkosten seien zwar nicht immer rechtlich zulässig, etwa Gebühren für Verzugsschäden und Bonitätsprüfungen, dies wüssten jedoch viele nicht und bezahlten dadurch zu viel.

In den USA gibt es Pizza auf Raten

Diese Kritik weist Klarna von sich. Ihr Geschäftsmodell finanziere sich hauptsächlich aus Händlergebühren und nicht durch Zinsen oder Gebühren von Kunden. Daher sei es im Interesse von Klarna, die Zahlungsfähigkeit der Kunden im Voraus zu prüfen. Weiterhin werde bei versäumten Zahlungen die Nutzung der Klarna-Dienste eingeschränkt, um eine Verschuldung zu verhindern.

So oder so ist Klarna in der Schweiz noch weit davon entfernt, so verbreitet zu sein wie in den USA. Das Unternehmen kündigte dort kürzlich eine Partnerschaft mit dem Essenslieferdienst DoorDash an. Neu kann man also auch die Pizza erst später bezahlen – in vier zinsfreien Raten, Trump hin oder her. 

Elias Stumpp ist Student an der Hochschule St. Gallen. Im Rahmen seines Studiums absolviert er ein Kurzpraktikum bei Tamedia. Mitarbeit: Jan Bolliger