Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

USA stärkt Israels Regierung den Rücken
Was hinter Trumps Feldzug gegen den Internationalen Strafgerichtshof steckt

Israels Premierminister Benjamin Netanyahu und US-Präsident Donald J. Trump bei einer gemeinsamen Pressekonferenz im East Room des Weissen Hauses, Washington D.C., diskutieren über den israelischen Waffenstillstand mit Hamas und das iranische Atomprogramm. Flaggen der USA und Israels im Hintergrund.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk
In Kürze:
  • Trump unterzeichnete Sanktionen gegen Mitglieder des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH).
  • Ihnen drohen Einreiseverbote und das Einfrieren von Guthaben.
  • Der IStGH erliess Haftbefehl gegen Netanyahu wegen Kriegsverbrechen.
  • Menschenrechtsanwälte und der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz kritisieren Trumps Sanktionen scharf.

Der Streit zwischen den USA und der internationalen Justiz eskaliert. Präsident Donald Trump unterzeichnete am Donnerstag ein Dekret über Sanktionen gegen alle Mitglieder des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) in Den Haag, die an Ermittlungen gegen US-Bürger oder Verbündete der USA beteiligt sind.

Ihnen und ihren Familienangehörigen drohen Einreiseverbote sowie das Einfrieren von Guthaben und Besitz. Trump wirft dem Gericht «unrechtmässige und unbegründete Handlungen gegen die USA und unseren engen Verbündeten Israel» vor.

Mit dem Schritt reagiert der Präsident auf den Haftbefehl, den der IStGH im November gegen Israels Premierminister Benjamin Netanyahu erliess. Das Gericht wirft ihm und dem früheren Verteidigungsminister Yoav Gallant Kriegsverbrechen sowie Verbrechen gegen die Menschlichkeit beim Vorgehen gegen die Terrororganisation Hamas im Gazastreifen vor. Israel bestreitet die Vorwürfe.

Weder Israel noch die USA sind dabei

Der Gerichtshof darf nur gegen Einzelpersonen und nicht gegen Staaten vorgehen. Die USA und Israel sind keine Unterzeichner des Rom-Statuts, das 2002 den IStGH begründete. Palästina hingegen wurde 2015 aufgenommen, deshalb erstreckt sich die Jurisdiktion des Gerichts auch auf den Gazastreifen.

Gegen mehrere inzwischen getötete Hamas-Führer wurde ebenfalls Haftbefehl erlassen. Der Haftbefehl verpflichtet die 125 IStGH-Vertragsstaaten, zu denen die meisten europäischen und südamerikanischen Länder sowie Teile Asiens und Afrikas zählen, die Betreffenden festzunehmen, wenn sie ihren Boden betreten.

Trumps Erlass ist auch als eine weitere demonstrative Geste der Unterstützung für Netanyahu zu verstehen, der derzeit zu Besuch in Washington weilt. In dessen Beisein hatte Trump den umstrittenen Plan verkündet, den Gazastreifen nach Ende des Kriegs unter US-Regie wiederaufzubauen und in eine «Riviera» zu verwandeln.

Der IStGH, der anfangs vorwiegend afrikanische Gewaltherrscher ins Visier nahm, hat sein Vorgehen gegen führende internationale Regenten zuletzt stark ausgeweitet. 2023 schrieb er den russischen Präsidenten Wladimir Putin zur Fahndung aus, kürzlich erliess er Haftbefehl gegen den Militärmachthaber von Myanmar wegen Verbrechen gegen die muslimische Minderheit sowie gegen zwei Talibanführer wegen der Verfolgung von Frauen in Afghanistan.

Die Demokraten unterstützen das Dekret

Die USA standen dem IStGH von Beginn an kritisch gegenüber, weil sie sich wie Russland in internationalen Einsätzen von dem Gericht nicht einschränken lassen wollten. Trump hatte bereits in seiner ersten Amtszeit 2020 ein Einreiseverbot gegen eine kleine Zahl von IStGH-Mitarbeitern verhängt, unter ihnen die damalige Chefanklägerin Fatou Bensouda aus Gambia. Der Haftbefehl gegen Netanyahu hat den Konflikt jedoch erheblich verschärft.

Der Ärger über den IStGH und der Wunsch nach einer Reform dieser Institution eint beide grossen Parteien in den USA. Auch Ex-Präsident Joe Biden hatte den Haftbefehl gegen Netanyahu verurteilt. Und ein Sprecher des demokratischen Minderheitsführers im Senat, Chuck Schumer, begrüsste Trumps Dekret nun ausdrücklich. Der IStGH müsse reformiert werden, er habe «Vorurteile» gegen Israel.

Der Ärger über den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag eint beide grossen Parteien in den USA.

Die Republikaner legten schon im Juni des vergangenen Jahres, kurz nachdem der IStGH-Chefankläger Karim Khan die Haftbefehle beantragt hatte, einen Gesetzentwurf zu Sanktionen gegen das Gericht vor. Er fand zwar im Repräsentantenhaus mithilfe von auch 45 demokratischen Stimmen eine klare Mehrheit, erreichte Ende Januar aber im Senat nicht die nötige 60-Stimmen-Hürde.

Den Demokraten ging der Fokus des Gesetzes zu weit, weil er sich ihrer Ansicht nach auch gegen US-Unternehmen richten könnte, die mit dem Strafgerichtshof zusammenarbeiten. Das Gesetz sei «schlecht gemacht», urteilte Schumer, es werde «viele unbeabsichtigte Folgen haben, die sein primäres Ziel untergraben». Trumps Dekret hat einen engeren Fokus, es lässt nach Ansicht Schumers einige «problematische Fremdbestimmungen» weg, daher nun die Zustimmung.

Der IStGH verurteilte Trumps Schritt und erklärte, hinter seinen Mitarbeitern zu stehen. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz kritisierte die Sanktionen. «Ich halte es nicht für richtig, den Internationalen Strafgerichtshof mit Sanktionen zu belegen», sagte der SPD-Politiker am Rande eines Wahlkampfauftritts in Ludwigsburg. Es sei in Ordnung, sich über Dinge zu ärgern und zu streiten, «aber Sanktionen sind das falsche Mittel», sagte Scholz. «Sie gefährden eine Institution, die dafür Sorge tragen soll, dass die Diktatoren dieser Welt nicht einfach Menschen verfolgen und Kriege anzetteln können.»

Menschenrechtsanwälte sind empört

Menschenrechtsanwälte zeigen sich empört über Trumps Entscheidung. «Das ist ein Angriff auf die Rechenschaftspflicht und die Redefreiheit», sagte Charlie Hogle, Anwalt der American Civil Liberties Union, der Nachrichtenagentur AP. Er sagte, die Entscheidung stehe im Widerspruch zu den Interessen von Amerikanern in Konfliktgebieten, in denen der Strafgerichtshof ermittle. «Opfer von Menschenrechtsverletzungen auf der ganzen Welt wenden sich an den IStGH, wenn sie nirgendwo anders hingehen können, und Präsident Trumps Dekret wird es ihnen schwerer machen, Gerechtigkeit zu finden.»

Tatsächlich könnten die US-Sanktionen die Arbeit von IStGH-Ermittlern stark behindern. Etwa, weil sie in gewissen Teilen der Welt keine Zahlungen mehr empfangen oder kein Auto mieten können. Anfang Dezember hatte die Präsidentin des IStGH, die japanische Richterin Tomoko Akane, den Konflikt mit den USA eine «existenzielle» Bedrohung für den Gerichtshof genannt.