Bilanz des Ski-WintersDrei Schweizer Rücktritte, eine Fabelfahrt und viele Hingucker: So lief die Weltcupsaison
Im amerikanischen Sun Valley endet ein intensiver Winter. Der Ski-Rückblick in Zahlen.

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Österreich, zero Points – dieses Horrorszenario haben die Männer von Ski Austria gerade noch abgewendet. Lukas Feurstein sorgt mit seinem überraschenden Super-G-Triumph beim Final in Sun Valley für den ersten und einzigen Saisonsieg für Österreichs Männer. In der Abfahrt reicht es ihnen erstmals überhaupt nicht einmal zu einem Podestplatz. Den bisher einzigen Nuller musste die nicht mehr ganz so stolze Skination 1986/87 einstecken.
1,75
Eindreiviertel Sekunden und mehr nimmt Zrinka Ljutic der Konkurrenz im Slalom von Semmering ab. Sie feiert ihren ersten Weltcupsieg auf dominanteste Art und Weise. Einen Monat später in Courchevel siegt die 21-jährige Kroatin immerhin noch mit 1,26 Sekunden Vorsprung auf die Zweite. Ihr Erfolgsrezept? Sie versucht, die Technik der schnellsten Männer zu kopieren.
3

Ein Schweizer Trio macht schon während der Saison Schluss: Mitte Dezember hört Reto Schmidiger auf; der Nidwaldner holte einst dreimal Gold an der Junioren-WM und war das grosse Vorbild von Marco Odermatt, vor drei Jahren aber verlor er seinen Kaderstatus. Wenig später beendet Yannick Chabloz seine Karriere, mit gerade mal 25, Körper und Kopf machen nach zwei Stürzen nicht mehr mit. Anfang März bestreitet Elena Stoffel überraschend ihr letztes Rennen, die Slalom-Spezialistin widmet sich künftig ihrem BWL-Studium.
3 x 3

Die Schweizer Männer reihen Doppelsieg an Doppelsieg, fünf alleine bis Wengen Mitte Januar – hinzu kommen bei den Frauen zwei Slaloms, die Camille Rast vor Wendy Holdener gewinnt. Doch irgendwann ist ihnen das nicht mehr genug. Es kommt die Abfahrt von Crans-Montana, der erste Dreifachtriumph mit Franjo von Allmen als Sieger. Es kommt die Abfahrt von Kvitfjell, wieder gewinnt der Berner Oberländer vor zwei Teamkollegen. Und eine Woche später etwas nördlich in Hafjell schlagen Loïc Meillard, Marco Odermatt und Thomas Tumler auch im Riesenslalom zu.
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Nach den turbulenten letzten Saisons mit diversen Wetterkapriolen hätte das wohl kaum jemand erwartet, aber der Winter 2024/25 verläuft schon fast reibungslos. Bei den Männern können einzig die Abfahrten von Garmisch und beim Final in Sun Valley nicht plangemäss stattfinden. Auf Frauenseite sind es fünf Rennen, wovon einzig der eine Riesenslalom von Mont Tremblant sowie die Abfahrten von La Thuile und Sun Valley ersatzlos gestrichen werden. Es ist kein Vergleich zur Vorsaison, als gleich 20 Rennen verschoben oder abgesagt werden mussten – und von 13 geplanten Männer-Abfahrten nur 8 stattfanden.
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Lindsey Vonn hat eine halbe Karriere lang dafür gekämpft, gegen die Männer antreten zu dürfen. Der Wunsch wurde ihr Mal für Mal abgeschlagen. Aus Furcht, manch ein Athlet könnte sich im Kräftemessen mit einer Frau blamieren? Diese Vermutung erhält bei den Finalrennen neuen Aufwind.

Den Super-G absolvieren die Männer und die Frauen nicht nur auf dem gleichen Hang, auch sind Kurssetzung und Wettkampftag identisch. Ein fairer Vergleich ist möglich – und das Ergebnis verblüffend: Mit ihrer Wunderfahrt wäre Lara Gut-Behrami bei den Männern auf Rang 10 gefahren, mit 1,39 Sekunden Rückstand auf Sieger Lukas Feurstein, auf Super-G-Dominator Marco Odermatt fehlten nur 43 Hundertstel. Gestandene Fahrer wie James Crawford, Super-G-Weltmeister von 2023, Justin Murisier oder Christof Innerhofer wären deutlich hinter der Tessinerin gelandet.
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Mit Marco Odermatt und Federica Brignone sind zwei Ski-Asse die grossen Figuren dieses Winters, die schon seit Jahren für Siege und Furore sorgen. Überhaupt tummelten sich auch in dieser Saison viele Altbekannte auf dem obersten Treppchen. Doch nicht nur. Die 71 Weltcuprennen haben gleich 14 Premierensieger und -siegerinnen hervorgebracht. Und nicht alle gehen noch als aufstrebende Talente durch. Hier sind sie, nach Alter sortiert: Zrinka Ljutic (21), Emma Aicher (21), Lauren Macuga (22), Franjo von Allmen (23), Lukas Feurstein (23), Fredrik Moeller (24), Alexis Monney (25), Camille Rast (25), Albert Popov (27), James Crawford (27), Katharina Truppe (29), Justin Murisier (33), Mattia Casse (35), Thomas Tumler (35).
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Die Schweiz, Österreich, Italien, Norwegen – und dann? Nun, ein wenig internationaler wird der Ski-Weltcup langsam, aber sicher schon. 32 Nationen, so viele wie nie zuvor, haben in diesem Winter Punkte geholt. Darunter etwa die Niederlande (dank Marcel Hirscher) und Chile: Henrik von Appen wurde in Wengen verblüffenderweise 23. Erstmals überhaupt schaffte es mit Tormis Laine ein Este in die Top 30. Und ja, natürlich ist dank Lucas Pinheiro Braathen auch Brasilien auf der Ski-Landkarte angekommen. Seine 714 Punkte reichen im Nationencup zu Rang 12. Einzig der erste Sieg fehlt noch zum grossen Sambatanz.
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Ob einige irgendwann Muskelkater bekommen haben vom Aufsteigen aufs Podest? Die Schweizerinnen und Schweizer sind in diesem Winter Dauergäste gewesen auf dem Treppchen. 64 Top-3-Ränge haben sie geholt, 22 Siege, 24 zweite und 18 dritte Plätze. Zwölf Athletinnen und Athleten haben sie herausgefahren. Zum Vergleich: Letzte Saison, als mehr Rennen auf dem Programm standen, kam Swiss-Ski auf 56 Podestplätze.
101

Es hätte Mikaela Shiffrins grosser Moment vor Heimpublikum werden sollen. Stattdessen wird der Riesenslalom von Killington Ende November zum Drama. Sie stürzt so unglücklich, dass sich ein Skistock in ihren Bauch bohrt und sie pausieren muss. Die Amerikanerin war auf dem Weg zu ihrem 100. Weltcupsieg. Die einst als uneinholbar geltenden 86 Triumphe von Ingemar Stenmark hat die nun 30-Jährige längst hinter sich gelassen. Beim Slalom in Sestriere Ende Februar ist es dann auch mit dem 100. Sieg so weit – und die Marke bereits wieder überholt, weil sie in Sun Valley auch den letzten Slalom gewinnt. Vor Heimpublikum, es ist eine Versöhnung.
164
So viele Zentimeter misst Albert Popov, die Sportzeitung «L’Équipe» nannte ihn einmal «die kleine bulgarische Bombe». Am 8. Januar beim Slalomklassiker in Madonna di Campiglio ist er der Grösste. Popov, der 2015 in Sölden einen Autounfall überlebt, bei dem sein Trainer Drago Grubelnik stirbt, gewinnt erstmals im Weltcup. Und das auf souveräne Art: Der zweitplatzierte Loïc Meillard büsst 44 Hundertstel ein.

10’823
Es ist eine nächste eindrückliche Marke in einem eindrücklichen Schweizer Ski-Winter. Mit 10’823 Punkten gewinnt die Schweiz den Nationencup – 3364 Punkte vor Österreich. In der letzten Saison waren es sogar noch 59 Punkte mehr, damals fanden aber auch drei Rennen mehr statt. Und als die Athleten von Swiss-Ski wiederum ein Jahr davor, im Winter 2022/23, satte 11’318 Punkte hamsterten, waren es gar fünf Wettbewerbe mehr. All die Zahlen stehen für die enorme Konstanz des Schweizer Teams in den letzten Jahren.
18’456
So viele Kilometer entfernt von Zürich ist Alice Robinson aufgewachsen. Das Ausnahmetalent aus Queenstown hat eine fantastische Saison hinter sich: In sieben von neun Riesenslaloms stand sie auf dem Podest, an der WM in Saalbach holte sie Silber – und damit die erste Medaille für Neuseeland. Einzig der Abschluss ist tränenreich, weil sie die Kugel im Riesenslalom Federica Brignone überlassen muss.

1’170’000
Die Schweizer Skifahrer begeistern die Massen. Die Lauberhornabfahrt verfolgen bei SRF 2 im Durchschnitt 882’000 Zuschauer. Als Marco Odermatt zu seinem Sieg rast, sitzen 1,17 Millionen Menschen vor dem Fernseher, was einem Marktanteil von 80,4 Prozent entspricht. Der Livestream auf der Onlineplattform des Schweizer Fernsehens wird zudem über 350’000-mal gestartet.
Der Rekord bezogen auf die TV-Zahlen wird aber nicht ganz geknackt. Dieser stammt aus dem Jahr 2015, als durchschnittlich 988’000 Menschen zuschauten. Auch der Riesenslalom in Adelboden ist ein Quotenrenner – in diesem Jahr sahen den zweiten Durchgang auf SRF 2 im Schnitt 843’000 Leute, beim Kampf um den Sieg zwischen Odermatt und Loïc Meillard waren 974’000 live dabei.
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