Riesenslalom in Sun ValleyGut-Behrami greift in die Trickkiste und schafft, was noch keiner vor ihr gelang
Die Tessinerin gewinnt den letzten Riesenslalom der Saison. Sie erreicht damit Einmaliges. Federica Brignone holt die nächste Kristallkugel.

Sie hatte schon Schmerzen beim Autofahren, hatte Mühe mit ihrem Knie, mit dem Rücken, kämpfte mit der Motivation, dachte an Rücktritt. Jetzt neigt sich ein langer Winter dem Ende zu, ihr bereits 18. im Weltcup. Und fährt Lara Gut-Behrami, als wäre sie 20 und hätte die Saison erst gerade begonnen.
Im Super-G am Sonntag siegte die 33-Jährige mit einer Fabelfahrt, die ihr selbst bei den Männern zu Rang 10 gereicht hätte. Und am Dienstag schlägt die Tessinerin auch noch im Riesenslalom zu – zum ersten Mal in diesem Winter. Es ist der 48. Sieg für die Schweizerin auf höchster Stufe, sie liegt damit in dieser Rangliste auf Platz 5 und nur noch sieben Triumphe hinter der Schweizer Rekordhalterin Vreni Schneider. Auch ist es ihr 100. Podestplatz.
Ja Gut-Behrami schafft an diesem frühlingshaften Tag in Sun Valley, Idaho, sogar etwas, was noch keiner Skifahrerin vor ihr gelungen ist: Sie hat nun in Abfahrt, Super-G und Riesenslalom mindestens 10 Rennen gewonnen. 10 Siege in drei Disziplinen, das schafften erst Hermann Maier und Pirmin Zurbriggen. Es sind zwei der klangvollsten Namen überhaupt in der Welt des Skisports und Beweis dafür, in welchen Sphären Gut-Behrami mittlerweile angekommen ist.
Gut-Behrami sagt: «Ich hätte nie gedacht, dass ich so eine Karriere haben würde»
Im Interview mit SRF wird sie darauf angesprochen. Die Tessinerin sagt: «Es ist schon wahnsinnig, ich hätte nie gedacht, dass ich so eine Karriere haben würde. Als Kind dachte ich nicht einmal, dass ich Skirennfahrerin werden würde. Der Sport inspiriert Menschen, sehe ich Sportbilder, spüre ich Emotionen. Ich bin stolz darauf, Teil der Geschichte zu sein.» Sie ist gar ein bedeutender Teil dieser Geschichte – zumal sie am Sonntag mit dem sechsten Gewinn der Super-G-Wertung schon einen Rekord für Frauen und Männer aufstellte.
Im letzten Jahr reiste Gut-Behrami mit drei Kugeln ab vom Weltcupfinal. In dieser Saison tut das Federica Brignone. Das Super-G-Duell gegen Gut-Behrami verlor die Italienerin zwar, dafür gewinnt sie nach dem Gesamtweltcup und der Abfahrtswertung nun auch im Riesenslalom. Im letzten Rennen musste sie dazu 20 Punkte gutmachen auf die Neuseeländerin Alice Robinson. Diese macht ihrer Konkurrentin die Aufgabe dann ziemlich leicht: Robinson rutscht im ersten Lauf weg und scheidet aus.
Brignone reicht so Rang 13, um sich auch diese Krone aufzusetzen. Doch damit gibt sich die grosse Figur dieses Ski-Winters nicht zufrieden. Nach einem fehlerhaften ersten Lauf attackiert sie im zweiten Durchgang und setzt Gut-Behrami unter Druck. Während sie alle fünf bisherigen Riesenslaloms gewann, die sie beendete, reicht es beim letzten nur zu Rang 2. Weil Gut-Behrami noch einmal die Kraft findet für einen nächsten Coup. «Ich wusste, dass alle müde sind», sagt die Schweizerin, «dass ich durchziehen und kämpfen muss, weil noch alles möglich ist. Am Start war auch ich müde, und jetzt im Ziel bin ich es erst recht. Aber wir trainieren den ganzen Sommer dafür, dass wir am Schluss noch in der Lage sind, gute Fahrten zu zeigen. Am Ende half der Kopf, er machte den Unterschied.»
Gut-Behrami und die Motivation am Morgen
Mit der Erfahrung greife sie auch immer mehr auf Tricks zurück, sagt Gut-Behrami. Und in ihrer mentalen Trickkiste fand sie am Morgen ihres letzten Renntages das: «Ich habe in meiner Karriere schon den ersten Riesenslalom der Saison gewonnen, noch nie aber den letzten. Ich dachte mir: Ich könnte doch nun das versuchen. So habe ich mich motiviert.» Der Plan ist aufgegangen.
Neben Gut-Behrami erlebt noch eine weitere Schweizerin einen ganz erfolgreichen Tag. Wendy Holdener wird Siebte und ist damit so gut klassiert wie noch nie in dieser Riesenslalom-Saison. Der Fokus der Schwyzerin liegt nun auf dem Donnerstag und dem abschliessenden Slalom, in dem sie – zumindest theoretisch – noch Chancen hat, die kleine Kristallkugel zu gewinnen. Allerdings müssten mit Zrinka Ljutic, Teamkollegin Camille Rast und Katharina Liensberger gleich alle drei vor ihr liegenden Athletinnen patzen. Doch wer weiss? Auf diesem fordernden Hang von Sun Valley scheint vieles möglich. Ljutic, Rast und Liensberger sehen im Riesenslalom jedenfalls im Gegensatz zu Holdener das Ziel nicht.
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Der Ticker zum Nachlesen – 1 Lara Gut-Behrami
45 Hundertstel bringt die Tessinerin mit an Vorsprung auf Brignone. Gewinnt sie hier nach dem Super-G auch den Riesenslalom? Oben überdreht es sie bei einem Tor, doch das kostet nur 18 Hundertstel. Dann rutscht sie noch einmal weg, doch Gut-Behrami kämpft. Das wird eng. Sieg für Gut-Behrami mit 14 Hundertsteln Vorsprung!
2 Federica Brignone
Der Italienerin reicht nach dem Ausfall von Alice Robinson im 1. Lauf Rang 13 zum Sieg in der Disziplinenwertung. Doch Brignone denkt hier nicht an Sicherheit und Verwalten. Sie greift an – und setzt sich an die Spitze. Ihr Vorsprung: 66 Hundertstel. Das ist auch eine Kampfansage an Lara Gut-Behrami.
3 Sara Hector
Die Schwedin war im ersten Durchgang 1,49 Sekunden schneller als Stjernesund. Das ist eine kleine Ski-Welt. Hector hat immer wieder Rücklage, sie attackiert – und behält den Vorsprung bis zur zweiten Zwischenzeit. Das reicht zur Führung – und wie deutlich! 1,50 Sekunden Vorsprung für Hector im Ziel.
4 Sofia Goggia
Die Speed-Spezialistin glänzte im 1. Lauf als Viertschnellste. Auf Colturi bringt Goggia einen Vorsprung von 66 Hundertsteln mit. Die Italienerin riskiert hier alles – sie kann nicht anders. Das war aber zu viel. Goggia überdreht sich, steht still und gibt auf.
5 Lara Colturi
Kann die für Albanien startende Italienerin mit Stjernesund mithalten? Die 18 Hundertstel Vorsprung sind jedenfalls schon bald weg – und die Norwegerin war ja vor allem unten sehr schnell. Es reicht nicht für Colturi, allerdings knapp: Zwischenrang 2 mit 24 Hundertsteln Rückstand.
6 Thea Louise Stjernesund
Die Norwegerin bringt 48 Hundertstel Vorsprung mit auf die führende Neja Dvornik. Und sie baut diesen auf 7 Zehntel aus. Wie siehts im Ziel aus? Stjernesund holt sich die Führung. Ihr Vorsprung: satte 1,04 Sekunden! Das war ein ganz starker unterer Abschnitt.
7 Camille Rast
Die zweite und vorletzte Schweizerin ist unterwegs. Um 24 Hundertstel war die Walliserin im 1. Lauf schneller als Dvornik. Nach dem Sturz in Sestriere leidet sie noch immer unter Schmerzen. Und das geht nicht auf: Da fährt Rast zu direkt auf ein Tor zu und verpasst das nächste. Sie kann sich damit trösten, übermorgen im Slalom noch um die Kugel kämpfen zu können.
8 Neja Dvornik
Die Slowenin bringt 37 Hundertstel Vorsprung mit auf Holdener. Die 24-Jährige startet schneller als die Schwyzerin, liegt bald 51 Hundertstel voraus. Im Ziel sind es noch 22 Hundertstel, aber das reicht zur Führung.
9 Wendy Holdener
Die Schwyzerin versucht sich nun an der Vorgabe von Hurt. Nur 2 Hundertstel war Holdener im 1. Lauf schneller als die Amerikanerin. Sie kommt hier gut in den Rhythmus, reicht das zur Führung? Ja! 5 Hundertstel schneller ist Holdener als Hurt.
10 AJ Hurt
Die letzte Einheimische ist unterwegs. Hurts Vorsprung von einer halben Sekunde schmilzt so rasch wie der Schnee unter der gleissenden Sonne von Sun Valley. Die Amerikanerin rettet aber 5 Hundertstel ins Ziel und führt.
11 Lena Dürr
Die Slalom-Spezialistin fuhr am Vormittag einen Vorsprung von 12 Hundertsteln heraus auf Alphand. Doch jetzt rutscht sie weg. Dürr fährt zwar weiter, ist aber chancenlos. Im Ziel sind es 8,48 Sekunden Rückstand für die Deutsche.
12 Estelle Alphand
1,51 Sekunden war die Schwedin im 1. Lauf schneller als Brunner. Das müsste doch trotz der immer stärker gezeichneten Piste reichen für die Führung. Und das tut es auch. Alphand führt nun mit 1,14 Sekunden Vorsprung.
13 Nina O’Brien
Die Amerikanerin hat 96 Hundertstel Vorsprung auf Brunner, die übrigens deshalb die einzige Österreicherin ist in diesem 2. Lauf, weil Julia Scheib krankheitsbedingt absagte und Katharina Liensberger im ersten Durchgang ausschied. Und Brunner bleibt in Führung. O’Brien büsst den ganzen Vorsprung ein und hat im Ziel einen Rückstand von 43 Hundertsteln, Rang 3.
14 Giorgia Collomb
Die Italienerin war im ersten Lauf gar 74 Hundertstel schneller als Brunner. Das ist eine wilde und angriffige Fahrt von Collomb, ein paar Fehler sind auch mit dabei. So gibt es Rang 4 für sie mit 68 Hundertsteln Rückstand auf Brunner.
15 Mina Fürst Holtmann
Die Norwegerin hat 57 Hundertstel Vorsprung auf Brunner. Doch die sind schon bei der ersten Zwischenzeit weg. Das wird nichts mit der Führung für Holtmann: Zwischenrang 2 mit 41 Hundertsteln Rückstand.
16 Emma Aicher
Die Deutsche hat jüngst gleich doppelt zugeschlagen, in Kvitfjell die Abfahrt und in La Thuile den Super-G gewonnen. Doch in diesem 2. Lauf des Riesenslaloms ist früh Schluss für sie. Aicher ist nicht ganz auf der Linie und verpasst ein Tor.
17 Stephanie Brunner
Die einzige Österreicherin überhaupt in diesem zweiten Lauf war im ersten Durchgang nur 11 Hundertstel schneller als Gasienica-Daniel. Sie startet schon einmal schneller als die Polin. Im Ziel hat sie 59 Hundertstel Vorsprung.
18 Maryna Gasienica-Daniel
Die Polin gehört seit Jahren zu den besten Riesenslalomfahrerinnen, in dieser Saison lief es allerdings nicht wie gewünscht. Heute läuft es Gasienica-Daniel ordentlich. Es gibt Zwischenrang 1 mit 1,48 Sekunden Vorsprung auf Macuga.
19 Ana Bucik Jogan
Die routinierte Slowenin bringt 69 Hundertstel Vorsprung mit auf Macuga. Die 31-Jährige hat einen nicht allzu einfachen Winter hinter sich, Top-Resultate waren rar. Und hier hat sie gegen die Speed-Spezialistin aus den USA das Nachsehen. Ihr Rückstand: 85 Hundertstel.
20 Lauren Macuga
Die Amerikanerin, im ersten Lauf 20. und Letzte, eröffnet hier den 2. Lauf bei frühlingshaften Temperaturen. Die Startnummer 1 ist sicher ein grosser Vorteil für sie. Allerdings ist die Hypothek auf die Schnellsten des 1. Laufs gewaltig. Auf Leaderin Lara Gut-Behrami verlor die Speed-Spezialistin 6,09 Sekunden.
Im ersten Lauf sind 8 der 28 Starterinnen ausgeschieden. Macuga schafft es ins Ziel und setzt eine erste Richtzeit: 2:16,88 Minuten.
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