Rezept, Tipps und TricksHackbraten kann auch was für Gourmets sein
Das Gericht steht in Grossmutters Küche, in Traditionsbeizen oder Landgasthöfen fix auf dem Menü. Doch was gilt es zu beachten?
Stellte die Grossmutter Hackbraten auf den Tisch, brachen wir jeweils in Begeisterung aus. Und gleich darauf startete eine Diskussion über die Saftigkeit, die Saucen und Beilagen. Der erste Biss, der für Ruhe am Tisch sorgte, war eine Offenbarung. Weil die grossmütterlichen Portionen viel zu gross waren, blieb meist beim zweiten Braten etwas übrig. Oder auch nicht: Einmal erwischte der Hund unbeobachtet den Rest. Wir gönnten es ihm.
Jahrzehnte später sitze ich nicht mehr im Emmental, sondern mitten in Zürich in der Kronenhalle. Kenner sagen, hier gebe es den besten Hackbraten der Stadt. Küchenchef ist seit 2002 Peter Schärer, der wiederum das Rezept von seinen Vorgängern erhalten hat. Weitergeben will man das Geheimnis somit nicht: Die Anfragen fürs Rezept lässt der Küchenchef unbeantwortet.
Kein Wunder: Das Gericht dürfte mehr oder weniger unverändert sein, seit die Kronenhalle im Jahr 1924 aufgemacht hat. Die Gründer Hulda und Gustav Zumsteg wünschten sich, dass alles möglichst wie in den Anfängen bleiben solle.
Volkshaus Basel: Zwei Grössen von Hackfleisch
Hackbraten ist nicht nur in der Kronenhalle wichtig, sondern wird in traditionsbewussten Institutionen landauf, landab serviert, die Rezepte von Küchenchef zu Küchenchef weitergereicht. Beispielsweise in den Volkshäusern, die früher die Funktion eines Treffpunkts ohne Alkoholkonsum und mit erschwinglicher Küche hatten. Diese Häuser existieren noch heute in zahlreichen Schweizer Städten, beispielsweise in Basel.
Dort hat der Kalbshackbraten das ganze Jahr über einen festen Platz auf dem Menü. Kevin Kirchmaier serviert den Klassiker nach einem langjährigen und bewährten Rezept. «Viele Gäste kommen extra für unseren Kalbshackbraten», sagt der gebürtige deutsche Koch. Er verwendet nur Kalbfleisch, auf Schweinefleisch verzichtet er ganz. Dafür kommen fettreichere Stücke des Kalbs in die Masse, damit sie nicht zu trocken wird.
Das genaue Rezept bleibt sein Geheimnis, aber er verrät zwei Tricks für die Luftigkeit: Er verwendet zwei Grössen von Hackfleisch – 3 Millimeter und 5 Millimeter und Panko, japanisches Paniermehl, weil dieses mehr Flüssigkeit einsaugt als das normale.
Sein Braten schmeckt tatsächlich wunderbar saftig. Und obwohl das Fleisch dick geschnitten ist, ist kein Bissen langweilig. Das liegt an den zwei Saucen, die er serviert: ein reduzierter Kalbsjus und eine Rahmsauce. «Damit die Rahmsauce eine schöne Farbe bekommt, muss man Pilze und Zwiebeln zünftig in der Pfanne anrösten», verrät er.
Auf die Beilagen legt Kevin Kirchmaier ein besonderes Augenmerk: Für den Kartoffelstock verwendet er die mehligkochende Sorte Agria, deren Geschmack und gelbe Farbe ihm gefallen. Und in den Stampf gehört ordentlich Butter, auf 100 Gramm Kartoffeln sind es rund 30 Gramm Fett.
Für Farbe und Vitamine sorgen geschmorte Rüebli, die im Volkshaus im Sous-vide-Verfahren zubereitet werden. «Oder kurz in Salzwasser mit etwas Zucker blanchieren. Dann in Olivenöl in der Bratpfanne anbraten.» Pilze serviert er gleich in fünf Sorten, je nachdem, was der Lieferant ihm gerade bringt. Auf Champignons verzichtet er, weil geschmackvollere Pilzsorten besser passen.
Panorama Hartlisberg in Steffisburg: Gourmet-Hackbraten
Hackbraten ist nicht nur urchigen Lokalen vorbehalten: Sternekoch Rolf Fuchs vom Restaurant Panorama Hartlisberg in Steffisburg BE bespielt zwei Konzepte, ein Gourmetlokal und eine bodenständige Gaststube. «Ein Hackbraten lässt sich problemlos als De-luxe-Version in ein Mehrgangmenü einbauen», ist sich der Berner sicher. Verfeinert mit Morcheln beispielsweise. Beim Fleisch mischt er Kalb- und Rindfleisch plus Halsspeck vom Schwein im Verhältnis von je einem Drittel.
Nach Grossmutters Art sind Eier, Brot und Milch in der Masse enthalten. Rolf Fuchs winkt ab: «Das kommt wohl davon, dass man früher beim Fleisch sparen musste.» Als Bindemittel funktioniere fettreiches Schweinefleisch gut, damit es eine geschmeidige Masse ergebe, die kompakt zusammenhalte. Fuchs mischt jeweils auch in Brunoise geschnittenen Lauch und Rüebli dazu. Sein Geheimnis sind zudem ganz klein geschnittene Essiggürklein und Silberzwiebeli.
Wer mag, gibt der Masse etwas Sambal, Cognac und Nussbutter hinzu. Damit bekommt das Fleisch dezente Geschmacksdimensionen, die ganz subtil, aber zentral seien. Und wie bekommt man die gewünschte Saftigkeit hin? «Die meisten lassen den Braten zu lange im Ofen. Er gart nach der Backzeit weiter, und genau dann wird er trocken.» Eine Backzeit könne er nicht angeben, es komme auf die Grösse des Bratens und den Backofen an. Am besten arbeite man mit einem Thermometer und nehme das Stück bei einer Kerntemperatur von 64 Grad raus.
Ein Hackbraten lässt sich hervorragend am Vortag vorbereiten. Dann die Tranchen in einem Thymianjus bei tiefer Stufe aufwärmen. Auf dem Panorama-Menü steht der Hackbraten erst gegen Anfang Jahr. Jetzt folgt erst mal die Wildsaison. «Setze ich den Braten jetzt auf die Karte, konkurrenziere ich damit Reh- und Hirschgerichte», sagt Fuchs.
Alpineum Luzern: Variante mit Rind
Szenenwechsel nach Luzern: Der Koch Dominic Unternährer vom Restaurant Alpineum ist überrascht, als er erfährt, dass der Hackbraten seines Lokals bei Feinschmeckern als einer der besten der Schweiz erwähnt wird. Weil seine Küche so klein ist – anderthalb Quadratmeter nur –, muss er planen. Und ein Rindshackbraten als Mittagsmenü eignet sich dafür sehr.
Auch er verzichtet auf Schweinefleisch, weil dieses immer weniger populär ist. Der Hackbraten sei genial, um Lebensmittelverschwendung zu vermeiden. «Mein Metzger kann im Rindshackfleisch Abschnitte von Voressen und Filetspitzen verwerten. Und ich unser altes Brot und die übrige Milch vom Kaffeegeschäft.»
Das Geheimnis ist seine Milch-Bouillon mit Zwiebeln, Knoblauch, etwas Curry und Thymian, die über das Brot gegossen und danach mit dem Fleisch vermengt wird. Zum Fleisch reicht er normalerweise Kartoffelstock, heute gibt es Serviettenknödel, weil noch Brot übrig ist. Es riecht nach süssen Rüebli und Pilzrahmsauce, der Alpineum-Koch garniert den Braten mit Sprossen. Und sofort sitze ich wieder in Grossmutters Küche, nur dass dieses Mal aber gar nichts übrig bleiben wird.
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