Bundesratswahlen«!!! Korrigendum» – die verwirrende Kommunikation der Mitte-Frauen
Christina Bachmann-Roth, Präsidentin der Mitte-Frauen Schweiz, wurde intern gebeten, sich nicht mehr zu aktuellen Personalien der Partei zu äussern. Was ist da los?
![Christina Bachmann-Roth vor einem Gebäude in Bern, 11. September 2024.](https://cdn.unitycms.io/images/FRYELy_d49bBokPNflL0ZE.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=7eMWLHxjMmE)
- Die Mitte-Frauen Schweiz fielen nach der Rücktrittsankündigung von Mitte-Präsident Gerhard Pfister mit verwirrender Kommunikation auf.
- Nun wurde Christina Bachmann-Roth, Präsidentin der Mitte-Frauen, intern gebeten, sich nicht mehr zu den aktuellen Personalgeschäften zu äussern.
- Bachmann-Roth will keine Stellung nehmen.
Ende Januar zogen sie die Notbremse: Vertreterinnen der Mitte-Frauen und Mitte-Parlamentarierinnen trafen sich online zu einer Sitzung, an der mehrere Teilnehmerinnen Christina Bachmann-Roth, Präsidentin der Mitte-Frauen, baten, sich jetzt nicht mehr zu den Bundesratswahlen und der Nachfolge für Parteipräsident Gerhard Pfister zu äussern.
Westschweizer Medien berichteten über die Sitzung, und angefragte Politikerinnen lassen durchblicken, was sich abgespielt hat. Doch öffentlich äussern will sich niemand. Die Fronten seien jetzt schon verhärtet, heisst es. Auch Bachmann-Roth will keine Fragen mehr beantworten.
Die 41-Jährige ist seit 2019 im Einwohnerrat (Stadtparlament) von Lenzburg AG, seit 2021 Präsidentin der Mitte-Frauen Schweiz. Zweimal trat sie für den Nationalrat an und schaffte es jeweils, sich medial im Gespräch zu halten. Etwa mit dem Wahlkampf-Slogan «Bald kommen meine Tage» oder indem sie zum gemeinsamen Beckenbodentraining einlud, nach dem Motto «die Mitte stärken». Die studierte Betriebsökonomin und vierfache Mutter scheint manchmal kaum zu bremsen zu sein. Das zeigen auch ihre Instagram-Posts. Doch es kommt vor, dass sie übers Ziel hinausschiesst und sich entschuldigen muss, etwa nach einer Empfehlung an die Wähler, ihre Mitte-Konkurrenten von der Wahlliste zu streichen.
Peinlich: keine Kandidatin
In den letzten Wochen geriet die Kommunikation der von ihr geführten Mitte-Frauen zum regelrechten Chaos. Als Präsident Gerhard Pfister Anfang Jahr seinen Rücktritt ankündigte, versandten die Frauen tags darauf ein Communiqué mit der theatralischen Einstiegsfrage: «Haben wir als Gesellschaft immer noch Angst vor erfolgreichen, starken Frauen?» Kein Höflichkeits-Dank an die Adresse Pfisters. Stattdessen Kritik an den Mutmassungen, auch Bundesrätin Viola Amherd könnte bald zurücktreten. Sie sei in keiner Weise amtsmüde, hiess es in der Stellungnahme. Wenige Tage später gab auch Amherd ihren Rücktritt bekannt.
Nun forderten die Mitte-Frauen eine Kandidatin auf dem Nachfolge-Ticket. Wenig später stellten Frauen aus der Mitte-Partei, darunter Christina Bachmann-Roth, Gerhard Pfister ein Ultimatum: Die Konflikte im Generalsekretariat müssten vor einer allfälligen Bundesratskandidatur Pfisters extern aufgearbeitet werden, sagten sie. Kurz darauf sagte Pfister ab. Er kandidiere nicht für den Bundesrat, sein Gmögigkeitsfaktor sei zu klein.
«Es gibt valable Alternativen, Jüngere, Frauen»
Es gebe viele valable Alternativen zu Pfister, sagte Bachmann-Roth dieser Zeitung, «jüngere Personen, Frauen. Unsere Partei ist vielfältig.» Allerdings: Keine einzige Mitte-Frau meldete Interesse an einer Kandidatur. Eine peinliche Situation, weil Bachmann-Roth die Verfügbarkeit von möglichen Kandidatinnen zuvor nicht abgeklärt hatte.
Doch die Mitte-Frauen gingen kommunikativ nochmals voran. In einem Communiqué lobten sie zwar die beiden Kandidaten Markus Ritter und Martin Pfister, verwiesen aber auf die Frauen-Frage. «Es geht um eine möglichst repräsentative Abbildung der Schweiz im Bundesrat. Mit lediglich zwei Frauen und fünf Männern ist diese soziodemografisch nicht ausreichend gewährleistet», hiess es. Eineinhalb Stunden später kam ein weiteres Communiqué mit dem Titel «!!!Korrigendum – unsere Mitteilung ist irreführend, die Mitte-Frauen stellen sich hinter beide Kandidaten.»
Der kommunikative Schlingerkurs hat Konsequenzen. Die Freiburger Nationalrätin Marie-France Roth Pasquier tritt aus dem Präsidium der Mitte-Frauen aus, sie ist auch im Präsidium der Mutterpartei. «Meine Position war nicht mehr zu halten», sagte Roth Pasquier zu «24 heures». Denn inzwischen geht ein Graben durch die Partei: auf der einen Seite jene, die dem abtretenden Präsidenten Pfister die Treue halten oder die Kritik zumindest nicht nach aussen tragen wollen. Auf der anderen seine Kritikerinnen, darunter Christina Bachmann-Roth. Mehrere Mitte-Frauen hatten 2023 heimlich einen Anwalt engagiert, um die Querelen im Generalsekretariat untersuchen zu lassen.
Bachmann-Roth scheut keine Auseinandersetzungen
Christina Bachmann-Roth erntet parteiintern aber nicht nur Kritik, sondern auch Unterstützung. Sie verleihe den Mitte-Frauen Profil, heisst es im Parlament. Unter ihren Vorgängerinnen sei die Organisation vergleichsweise unsichtbar gewesen. Gelobt wird auch ihre Unerschrockenheit, sie scheue keine Auseinandersetzung, auch nicht mit dem Parteipräsidenten Gerhard Pfister. Tatsächlich legten sich die Mitte-Frauen manchmal mit der Mutterpartei an, sie sagten zum Beispiel Ja zur Biodiversitätsinitiative.
Bachmann-Roth erwägt eine Kandidatur für das Präsidium der Mitte Schweiz, wie sie diese Woche der «Aargauer Zeitung» sagte. Doch dafür dürfte der Rückhalt in der Partei nicht reichen. Allerdings, so sagt eine langjährige Mitte-Nationalrätin, sei Christina Bachmann-Roth ja erst 41 Jahre alt und habe noch genug Zeit, um sich zu entwickeln. Sich zum Beispiel in strategischer Kommunikation zu üben.
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