Dominanz im American Football –

Die Kansas City Chiefs sind so erfolgreich, dass viele ihnen eine Niederlage wünschen

Das NFL-Team könnte zum dritten Mal in Folge die Superbowl gewinnen. Das macht die Chiefs für Football-Fans zu einem Feindbild.

Tilman Pauls

Publiziert: 09.02.2025, 18:38

2

Patrick Mahomes ist gerade mal 29 Jahre alt, und eigentlich ist es noch viel zu früh, jetzt schon irgendwelche «Der-Beste-der-Geschichte-Diskussionen» zu führen. Aber es bringt ja alles nichts. Denn in der Nacht auf Montag (Schweizer Zeit) kann er etwas erreichen, das noch keiner vor ihm geschafft hat. Nicht nur, dass Mahomes zum dritten Mal in Folge die Superbowl gewinnen kann; er kann auch zum dritten Mal in Folge wertvollster Spieler der Partie werden.

Mahomes ist der Quarterback der Kansas City Chiefs, des erfolgreichsten American-Football-Teams der letzten Jahre. Die Chiefs standen in den letzten sechs Jahren fünf Mal im Endspiel und können in der Nacht auf Montag nach 2020, 2023 und 2024 den vierten Titel holen. Einen Sieg in drei aufeinanderfolgenden Jahren, den «Three-peat», gab es in der Geschichte der National Football League (NFL) noch nie.

Ein Sieg fehlt Mahomes und den Chiefs noch, um sich unsterblich zu machen. Darum wünschen Millionen von Football-Fans ihnen nichts sehnlicher als: eine krachende Niederlage!

Die Chiefs haben die New England Patriots abgelöst

Die Geschichte der Chiefs ist nicht neu, man hat sie im Sport etliche Male erlebt: Einem ehemals erfolglosen Team fliegen beim Aufstieg die Herzen zu. Auf dem Weg nach oben gibt es Niederlagen gegen die Grossen, was die Sympathien weiter verstärkt. Dann kommt der grosse Erfolg, alle Träume werden erfüllt, die Freude ist grenzenlos. Doch wenn der Erfolg bleibt, setzt Langeweile ein – und aus Langeweile wird irgendwann Abneigung.

Im Fall der Chiefs liest sich das so: Jahrzehnte lang hat der Club aus der Mitte der USA keinen Erfolg, schafft es entweder gar nicht ins Playoff oder scheitert in den ersten Runden. Dann wechselt die sportliche Führung, der richtige Trainer wird gefunden, ein talentierter Quarterback verpflichtet – und plötzlich fügen sich die Teile zu einem nahezu unschlagbaren Team.

2019 verliert Kansas im Playoff noch gegen die New England Patriots, jenes Team, das die NFL jahrelang mit seinem Erfolg erdrückt hatte. Mit einem aalglatten und entnervend erfolgreichen Quarterback Tom Brady. Mit dem immer grantigen Trainer Bill Belichick. Mit mehreren Skandalen, weil man die Gegner ausspionierte oder mal die Spielbälle zu wenig aufpumpte.

Das Team aus der Nähe von Boston gewann zwischen 2001 und 2019 sechs Superbowls und verlor drei weitere Finalspiele. Natürlich waren alle froh, als die Chiefs kamen und die nervigen Patriots von der Bühne schubsten.

Mit Mahomes, dem begnadeten Quarterback. Mit dem etwas gemütlichen Trainer Andy Reid, der einen schweren Schicksalsschlag erleiden musste, als eines seiner Kinder an einer Überdosis Heroin starb. Mit dem Tight End Travis Kelce. Die drei sind die bekanntesten Gesichter eines Clubs, der die Liga zuletzt dominiert hat.

Mahomes, Magie – und Munkelei

Seit 2018 haben die Chiefs mehr Spiele in der Qualifikation und im Playoff gewonnen als jedes andere. Seit drei Jahren sind sie im Playoff ungeschlagen. Und immer, wenn es eng wird, dann betritt dieser Mahomes den Rasen und wie von magischer Hand kippt die Partie auf die Seite der Chiefs.

17-mal in Folge hat das Team zuletzt ein Spiel gewonnen, das am Ende nur mit einem Spielzug Unterschied entschieden wurde. Immer, wenn es knapp wird, hatten die Chiefs und Mahomes den richtigen Spielzug auf Lager. Oder – auch das ist oft genug passiert – sie haben Glück. Im Dezember gewann Kansas City, weil der Ball beim letzten Spielzug im richtigen Winkel gegen eine der gelben Stangen sprang und man die entscheidenden Punkte gewann.

Dazu kommen die üblichen Diskussionen, die alle chronisch erfolgreichen Teams kennen. Bei jeder fragwürdigen Schiedsrichter-Entscheidung gucken Millionen von Fans genau hin. Und natürlich wollen in den letzten Jahren alle erkannt haben, dass die Chiefs von den Unparteiischen bevorteilt werden.

Der Eindruck, der sich bei vielen Fans verfestigt hat – ob er nun stimmt oder nicht: Die Chiefs werden als die Posterboys der Liga immer und überall bevorzugt. Und sie werden auch in diesem Jahr die Superbowl gegen die Philadelphia Eagles gewinnen.

Eines der besten Football-Teams der Geschichte

Es hilft nicht, dass Mahomes inzwischen so viele Verträge unterschrieben hat, dass er in den USA in jeder zweiten TV-Werbung auftaucht. Und Travis Kelce ist seit anderthalb Jahren mit dem grössten Superstar der Welt liiert, mit der Popsängerin Taylor Swift. Seitdem tauchen er und die Chiefs unweigerlich noch häufiger in den Schlagzeilen auf und nerven alle Fans der gegnerischen Teams.

Vielen Zuschauenden ist das zu viel. Sie können es kaum erwarten, bis die Chiefs von ihrem Thron gestossen werden so wie die New England Patriots damals. Dabei lassen sie gerne die sportlichen Qualitäten des Teams ausser Acht. Denn es ist ja nicht so, dass Kansas City zufällig so erfolgreich ist. Das Team hat sich so aufgestellt, dass es über Jahre hinweg Erfolg hat. Und es hat Spieler, die zu den besten der NFL-Geschichte gehören.

Alle Neider sollten sich also darauf einstellen, dass in der Nacht auf Montag am Ende wieder die Chiefs jubeln. Dass Mahomes den entscheidenden Wurf zu seinem Mitspieler bringt oder gleich selbst in die Endzone rennt. Und dass Travis Kelce seine Freundin Taylor Swift in die Arme schliesst und die Fotografen sich um die besten Plätze für dieses Bild prügeln.

Den Kansas City Chiefs ist es herzlich egal, dass viele der Zuschauenden ihnen in der Nacht auf Montag eine Niederlage wünschen. Sie wollen ihre Geschichte weiterschreiben – und die dritte Superbowl in Folge gewinnen.

Fehler gefunden?Jetzt melden.