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Schwerer Start für neuartiges Schlafmittel
Für Idorsia wird die Zeit knapp – Clozel tritt als Chef ab

Portrait of Jean-Calude Clozel, CEO Actelion in Allschwil near Basel in Switzerland, Friday 3. December 2010. (KEYSTONE/Gaetan Bally)
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Der Schweizer Biotech-Star Jean-Paul Clozel zieht sich nach 24 Jahren als Firmenchef zurück, wie er am Dienstag bekannt gab. Seine erste Firma Actelion lancierte ein Medikament gegen eine tödliche Krankheit, und er verkaufte sie für 30 Milliarden Franken. Bei der zweiten Firma des 69-Jährigen geht es nicht um lebensrettende Therapien, und der 69-Jährige muss noch immer um den Erfolg zittern.

Das Problem von Jean-Paul Clozel und seiner Frau Martine Clozel, die wie bei Actelion auch beim zweiten Projekt des Paares die Forschung leitet: Sie sind zwar bei der Entwicklung von Medikamenten höchst erfolgreich. Doch bei Idorsia haben sie es bislang nicht geschafft, damit Geld zu verdienen.

Idorsia hat zwar ein neuartiges Schlafmittel auf den Markt gebracht, das laut den Clozels mehr als eine Milliarde jährlich einbringen kann. Aber Ärztinnen und Ärzte verschreiben es nur zögerlich, obwohl es eine bessere Wirksamkeit aufweisen soll.

Mit Quviviq machte Idorsia im ersten Quartal 2024 jedoch nur einen Umsatz von 10 Millionen Franken, wie die Firma nun mitteilte. Die ohnehin schon tiefe Aktie sackte um bis zu 4,5 Prozent.

«Das Medikament ist im wichtigsten Markt USA jetzt zwei Jahre auf dem Markt und hätte ein Milliarden-Umsatzbringer werden sollen, davon ist bis anhin nichts zu sehen», sagt Pharmaspezialist Stefan Schneider vom Investmenthaus Vontobel.

Jean-Paul Clozel wirft jedoch nicht hin. Er gibt zwar seinen Posten als Firmenchef ab, will sich aber an der Hauptversammlung am 13. Juni zum Präsidenten des Verwaltungsrats wählen lassen. Er hofft weiterhin fest auf das Schlafmittel: «Wir glauben weiterhin an das grosse Potenzial dieses Produkts, und dank seiner langen Patentdauer gibt es noch genügend Zeit, dieses zu realisieren», so Clozel in der Medienmitteilung.

Für das Ehepaar Clozel geht es auch um sein Vermögen: Einen grossen Teil der Milliarden von Actelion hatten es vor sieben Jahren in Idorsia gesteckt. Beide zusammen halten rund ein Viertel an ihrer neuen Firma.

Idorsia pharmaceutical Chief Executive Officer (CEO) Jean-Paul Clozel (R) and Martine Clozel (L), Chief Scientific Officer (CSO) and Executive vice-president, speak during an interview at the Idorsia pharmaceutical headquarters in Allschwil, Switzerland on January 10, 2019. (Photo by SEBASTIEN BOZON / AFP)

Idorsias operative Führung soll neu der bisherige Finanzchef André Muller übernehmen, der auch schon bei Actelion mitwirkte.

Ob und wie es mit Idorsia weitergeht, ist eine finanzielle Frage: Die Firma verbrennt Tag für Tag wesentlich mehr, als sie einnimmt. Ihre Betriebskosten lagen im ersten Quartal mit 20 Millionen Franken doppelt so hoch wie ihr Erlös. Dabei ist diese Zahl durch einen einmaligen Kooperationsgewinn von 125 Millionen Franken sogar noch stark geschönt.

Den im letzten Juli angekündigten radikalen Stellenabbau hat Idorsia inzwischen vollzogen: 475 Jobs sind am Hauptquartier in Allschwil entfallen, verblieben sind noch rund 750 Stellen. Die Firma geht damit ihren grössten Kostenblock an: Die Kosten sollen dieses Jahr auf 300 Millionen Franken sinken.

Idorsia hat diesen März die Zulassung für ein zweites Medikament in den USA erhalten, in Europa steht die Zulassung bevor: eine Therapie gegen hartnäckigen Bluthochdruck. Auch dieses taxiert Idorsia als möglichem Blockbuster mit jährlichem Milliardenumsatz.

Die Firma steht nun vor einer wichtigen Entscheidung: Lanciert sie die neue Therapie selbst – und wenn ja, mit welchem Geld? Oder kauft sie die Vermarktungsrechte? All dies sei noch offen, sagt ein Insider.

Insgesamt erwartet Idorsia fürs laufende Jahr einen operativen Verlust von rund 420 Millionen Franken, wenn man die Einmaleffekte durch die Kooperationszahlung berücksichtigt, sind es noch 340 Millionen Franken Verlust.

«Mir ist unklar, wie Idorsia nun weiter vorgehen will», sagt Pharmaanalyst Schneider. Er sehe keinen Fokus bei der weiteren Ausgabenplanung. Die Vermarktung von zwei Medikamenten könne Idorsia kaum stemmen.

Die globalen Rechte am Blutdrucksenker hatte die Firma erst letztes Jahr zurückgekauft, nachdem sie diese kurz nach der Gründung von Idorsia erst an Johnson & Johnson verkauft hatte.

Klar ist für Idorsia nur: Mit der jetzigen Finanzlage überlebt Idorsia kaum das zweite Halbjahr: Die Firma hielt per Ende März Barmittel von 335 Millionen Franken und Schulden in Höhe von 1,3 Milliarden Franken. 200 Millionen davon müssen nächsten Januar zurückgezahlt werden.

Die Zeit wird zusehends knapp für Idorsia, doch Jean-Paul Clozel irritiert dies nicht: «Trotz des Stellenrückbaus werden wir weiterhin neue Medikamente mit hohem Potenzial auf vielen medizinischen Gebieten entdecken und entwickeln», sagte Clozel laut Medienmitteilung.