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Ticker zum Frontex-Referendum
Volk sagt Ja zum Aus­bau des EU-Grenz­schutzes | Gegner nennen Ent­scheid «ras­sis­tisch»

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Das Wichtigste in Kürze:

  • Das Stimmvolk sagt mit 71,5 Prozent klar Ja zum höheren Frontex-Beitrag der Schweiz.

  • Die Schweiz wird sich somit am Ausbau der europäischen Grenzschutzbehörde Frontex beteiligen – mit neu 61 statt 14 Millionen Franken jährlich und zusätzlichem Personal.

  • Das Referendums-Komitee spricht von einem «rassistischen und beschämenden» Resultat für ein Land, das sich auf die Rechtsstaatlichkeit und eine humanitäre Tradition berufe.

  • Grünen-Präsident Balthasar Glättli kündigt einen Vorstoss zu illegalen Pushbacks an der EU-Aussengrenze an.

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«Grundrechte haben für die Schweiz hohe Priorität»

Ueli Maurer äussert sich befriedigt über das Resultat. Die Deutlichkeit, mit der es zustande gekommen sei, zeige, dass es dem Bundesrat gelungen sei, Vorbehalte aufzulösen und den Nutzen der Vorlage zu erklären. Die Sicherheit habe wohl im Vordergrund gestanden. Dabei gehe es auch um Sicherheit im Alltag. Der Zugriff der Schweiz auf das Schengener Informations- und Fahndungssystem sei wichtig – unter anderem für die Bekämpfung von organisierter Kriminalität und Drogenhandel. Aber auch für die Wirtschaft und den Tourismus sei es wichtig, dass die Schweiz bei Schengen dabei bleibe.

Im Asylbereich werde der Entscheid mit dem Ausbau der Grundrechtsbeauftragten und Rückkehrhilfen für betroffene Staaten mehr Rechtssicherheit schaffen.

Der Aspekt der Grundrechte habe für die Schweiz hohe Priorität und man werde sich bei der Reform der Grenzschutzbehörde einbringen. Berichte hätten gezeigt, dass es mehr Sorgfalt und Transparenz brauche. Ehrlicherweise müsse man auch sagen, dass Flüchtlingsfragen emotional seien und keine exakte mathematische Wissenschaft.

Maurer glaubt nicht, dass die Stimmberechtigten zugestimmt hätten, um in Brüssel gut Wetter zu machen. Der Wunsch nach einer verstärkten Zusammenarbeit mit Europa sei nicht ausschlaggebend gewesen für das deutliche Resultat. Der Nutzen für die Schweiz sei vorhanden, darum habe das Stimmvolk Ja gesagt. «Wir stimmen pragmatisch ab und nicht ideologisch», so Maurer an der Medienkonferenz des Bundesrates in Bern.

Medienkonferenz des Bundesrates

Die Bundesräte Ueli Maurer und Alain Berset äussern sich um 17 Uhr zum dreifachen Ja des Stimmvolkes. Hier finden Sie die Medienkonferenz.

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Vorstoss zu illegalen Pushbacks

Grünen-Präsident Balthasar Glättli hat einen Vorstoss zu illegalen Pushbacks an der EU-Aussengrenze angekündigt. Diese sollen künftig als Straftatbestand gelten. Er sehe den Entscheid als ein Ja zu mehr europäischer Zusammenarbeit und sicher nicht zu mehr Menschenrechtsverstössen an der Aussengrenze Europas, sagt Glättli im SRF-Abstimmungsstudio.

Schlussresultat

Die Vorlage wurde mit 71,5 Prozent Ja-Stimmen angenommen. Die Beteiligung am Urnengang war mit 39,5 Prozent vergleichsweise tief. Sie lag rund 6,5 Prozentpunkte unter dem letzten Zehnjahresdurchschnitt.

Das Ja war deutlicher als die Umfragen hatten erwarten lassen. Kein einziger Kanton hiess die Vorlage gut. Den tiefsten Ja-Anteil hatte mit rund 63,5 Prozent der Kanton Genf, den höchsten der Kanton Zug mit rund 77 Prozent. Nein-Gemeinden gab es ein gutes Dutzend in der Deutschschweiz, in der Jura-Region und im Kanton Tessin.

EU-Parlamentarier begrüsst Ja aus der Schweiz

In der EU ist das Ja zum Frontex-Ausbau begrüsst worden. Die Schweiz habe sich klar zu Schengen und zur Zusammenarbeit zwischen der EU und der Schweiz beim Grenzschutz bekannt, schreibt der Europaabgeordnete Andreas Schwab in einer Stellungnahme. «So schützen wir unsere Grenzen weiter gemeinsam.» Ausserdem zeige das Abstimmungsresultat, dass «das Gros der Schweizer» den Mehrwert der Zusammenarbeit zwischen der EU und der Schweiz sehe.

Einschätzung unserer Bundeshausjournalistin

SP und Grüne wollten bei Frontex niemanden in der Basis verärgern. Damit hätten sie das Gegenteil bewirkt, schreibt Tamedia-Bundeshausredaktorin Charlotte Walser in ihrem Kommentar. Die Nein-Parole basierte auf der Prämisse, dass die Schweiz den Frontex-Ausbau mittragen wolle, aber Zeit brauche, um eine Kompensationsmassnahme zu beschliessen – die Aufnahme zusätzlicher Flüchtlingsgruppen. Dieses «Nein, aber später Ja» habe Verwirrung gestiftet.

«Wahnsinnige Freude» bei Economiesuisse

Sie habe nicht mit einem so deutlichen Ergebnis gerechnet, sagt Economiesuisse-Direktorin Monika Rühl zu SRF. «Wir freuen uns wahnsinnig.» Das Ja sei auch ein Ja zu Schengen, was für die Wirtschaft und den Tourismus wichtig sei.

Befürworter freut Bekenntnis zur Sicherheit

Für das Ja-Komitee ist die klare Zustimmung des Volkes ein Bekenntnis zur Sicherheit der Schweiz und zur Weiterführung der bestehenden Zusammenarbeit mit der EU. Das Schweizer Stimmvolk habe verstanden, dass Sicherheitspolitik nicht isoliert möglich sei, sagte FDP-Nationalrätin Maja Riniker.

«Ich bin sehr erfreut und erleichtert darüber», sagte Riniker, Mitglied der sicherheitspolitischen Kommission. Die Zusammenarbeit im Rahmen von Schengen/Dublin habe sich seit mehreren Jahren bewährt. Bei den Menschenrechtsverletzungen in Bezug auf Frontex müsse man hinschauen, sagte sie.

Da sei jedoch schon ein Prozess der Verbesserung innerhalb von Frontex im Gange. Das zeige etwa der Rücktritt des Frontex-Chefs nach schweren Vorwürfen im Zusammenhang mit der Zurückweisung von Migranten im Mittelmeer, sagte Riniker.

Ja laut Gegnern «rassistisch und beschämend»

Für das Referendums-Komitee ist das Ja beschämend und rassistisch. Die Schweiz mache sich damit «mitschuldig am Tod von und der Gewalt gegen zehntausende Menschen».

Das Abstimmungsresultat sei enttäuschend und beschämend für ein Land, das sich auf die Rechtsstaatlichkeit und eine humanitäre Tradition berufe, sagte Sophie Guignard, Mitglied des Referendumskomitees. Man schliesse in gewisser Weise die Augen vor einer unmenschlichen Politik.

Dass sich die Schweiz nun im Rahmen von Frontex für die Menschenrechte einsetzen wird, glaubt das Komitee nicht. «Wir würden diesen Versprechungen gerne glauben, aber es fällt uns ein wenig schwer», sagte Guignard. Dass sich Frontex verbessern lasse, ist laut Komitee Augenwischerei.

Sonja Desplos und Sophie Guignard (rechts) vom Referendumskomitee in ihrem Hauptquartier in Bern.

In einer Mitteilung des Komitees hiess es zudem, das Ja sei rassistisch, weil Frontex Ungleichheiten zwischen Nord und Süd mit Überwachung und Gewalt aufrechterhalten wolle. Der Frontex-Ausbau stützte eine koloniale Weltordnung, welche Menschen von ausserhalb Europas gewaltsam diskriminiere.

Grünen-Präsident Balthasar Glättli äussert sich in Bern zum Frontex-Ja.

Stolz zeigte sich das Komitee, dass überhaupt ein «Referendum von unten» zustande gekommen sei. Die Vernetzung zahlreicher Gruppen sei ein Gewinn und lebe auf vielen Ebenen weiter.

SP fordert Reformen

Frontex müsse reformiert werden, fordert die SP, die das Referendum unterstützt hatte.

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Die Grenzschutzagentur steht in der Kritik, sie soll illegale Pushbacks nicht nur toleriert, sondern sogar vertuscht haben. Unter Verdacht: Frontex-Chef Fabrice Leggeri persönlich.

Dass Frontex sich verbessern müsse, sehen auch die Befürworter so. Die Schweiz könne nun mitreden und etwas ändern. Sie erwarte, dass die Schweiz ihre Verantwortung wahrnehme, sagt Sanija Ameti von der Operation Libero zu SRF.

Gegner enttäuscht

Im Lager der Gegner ist die Enttäuschung gross. Man habe sich für die Menschenrechte eingesetzt, es sei jedoch nicht gelungen, das angesichts der Weltlage rüberzubringen, sagt SP-Politikerin Franziska Roth gegenüber SRF. Sie kann der Abstimmung dennoch etwas Positives abgewinnen. Das Ja sei auch ein Ja zu Europa. «Nur zusammen mit Europa sind wir stark und können Sicherheit gewährleisten.»

Unterstützung auch von links

In einer ersten Einschätzung bringt Politologe Lukas Golder das deutliche Ja damit in Zusammenhang, dass das Stimmvolk die Logik verstanden habe. Frontex habe Probleme, müsse aber gestärkt werden, sagt er im Abstimmungsstudio von SRF. Das habe sich auch bei Wählerinnen und Wählern aus dem linken Lager gezeigt. Bereits bei den Umfragen hatte sich abgezeichnet, dass ein Teil der Anhänger von SP und Grünen für die Vorlage waren, obwohl die beiden Parteien die Nein-Parole herausgegeben hatten.

Laut Golder hätten sich die Stimmbürgerinnen und -bürger früh ein Bild gemacht. Inhaltlich habe eine fundierte Diskussion stattgefunden. Die Probleme bei Frontex seien bekannt gewesen, ebenso, dass sich diese wohl mit einem höheren Beitrag verbessern liessen. Auch die Situation in der Ukraine habe vermutlich eine Rolle gespielt. Die Flüchtlingsthematik, Sicherheitsfragen und die Kooperation mit Europa seien derzeit besonders wichtig. Deshalb sei es nicht gelungen, eine oppositionelle Stimmung zu erzeugen.

Die kantonalen Abstimmungen in der Übersicht

Deutlischer Ja-Trend

Schweizweit zeigen erste Hochrechnungen einen klaren Ja-Trend zum höheren Frontex-Beitrag. Das Volk sagt mit einem Anteil von 72,2 Prozent der Stimmen Ja.

Ja-Trend im Kanton Zürich

Laut den ersten Hochrechnungen aus dem Kanton Zürich stimmen die Zürcherinnen und Zürcher mit 77,3 Prozent Ja-Stimmen für den Ausbau der Schweizer Beteiligung an Frontex. Die klare Zustimmung zur Vorlage um die EU-Grenzschutzbehörde hatte sich in den Umfragen abgezeichnet.

Ausgangslage

Die EU rüstet ihre Grenzschutzbehörde Frontex auf, damit sie ihre Aufgaben im Grenz- und Rückkehrbereich besser wahrnehmen kann. Auch die Schweiz muss sich beteiligen, ihr finanzieller Beitrag steigt von 14 Millionen auf 61 Millionen Franken pro Jahr bis 2027. Zudem soll die Schweiz mehr Personal zur Verfügung stellen.

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So stehen die Chancen

Laut der jüngsten Tamedia-Umfrage sprechen sich 64 Prozent der Befragten für die Weiterentwicklung des europäischen Grenzschutzes Frontex aus.

Die Befürworter

Der Bundesrat und das Parlament sagen Ja zur Frontex-Vorlage. Die Ja-Parole gefasst haben die Parteien SVP, FDP, Mitte, GLP sowie die Operation Libero und die Europäische Bewegung Schweiz. Der Vorstand der Schweizerischen Flüchtlingshilfe beschloss Stimmfreigabe.

Die Gegner

Das Referendum ergriffen hat das Migrant Solidarity Network – ein Netzwerk von Geflüchteten und Personen, die diese unterstützen. SP, Grüne sowie diverse NGOs unterstützen das Referendum und plädieren für ein Nein.

SDA/ij