Dritte AbstimmungsumfrageBeim Filmgesetz bleibt es spannend
Die Lex Netflix könnte am 15. Mai angenommen werden – aber das ist keineswegs sicher. Ganz anders sieht es bei der Frontex-Vorlage und beim Transplantationsgesetz aus.
Auf den ersten Blick sieht es nach einer leichten Trendumkehr aus: In der dritten Umfrage von «20 Minuten» und Tamedia zur Abstimmung vom 15. Mai liegen die Befürworterinnen und Befürworter der sogenannten Lex Netflix leicht vorne, mit 52 Prozent Ja im Gegensatz zu 49 Prozent in der zweiten Umfrage von Mitte April. Die Ablehnung des Gesetzes sank demnach von 51 Prozent Mitte April auf 45 Prozent in der jüngsten Umfrage. Doch diese Ergebnisse sehen deutlicher aus, als sie tatsächlich sind: Die Schwankungen bewegen sich innerhalb des Bereichs der statistischen Unsicherheit dieser Umfrage.
«Der Ausgang bleibt offen, mit höchstens einem leichten Vorteil für die Befürworter», sagt Lucas Leemann, der zusammen mit Fabio Wasserfallen die Umfrage Ende April durchgeführt hat. «Letztlich sind die Verschiebungen im Vergleich zur vorherigen Umfrage minim.» Der Politologe sieht einen Grund dafür in den eher schwachen Kampagnen zum Filmgesetz – sowohl bei den Befürworterinnen als auch bei den Gegnern.
«Entschieden wird der Ausgang dieser Abstimmung in der politischen Mitte», sagt Leemann – denn unter SVP-Abstimmenden ist die Ablehnung der Vorlage mit 74 Prozent Nein oder eher Nein überdeutlich, während andererseits die Zustimmung bei SP und Grünen ebenso deutlich über 70 Prozent liegt.
Für die Anhängerinnen und Anhänger von Mitte und FDP scheint sich ein gewisses Umdenken anzudeuten. Bei Mitte-Wählerinnen und -Wählern ist die Zustimmung von 51 Prozent Mitte April auf 59 Prozent in der neuen Umfrage von Ende April gestiegen, bei FDP-Sympathisanten und -Sympathisantinnen von 35 auf 41 Prozent. Doch auch diese scheinbaren Steigerungen liegen im statistischen Schwankungsbereich, sind also nicht aussagekräftig.
Die geringe Bewegung unter den Befragten spiegelt sich auch wider in den Begründungen, warum sie das Gesetz befürworten oder ablehnen, das ausländische TV-Anbieter in der Schweiz dazu verpflichten soll, 4 Prozent ihres hier erzielten Umsatzes in die Produktion von Schweizer Filmen zu investieren. Unverändert bleibt das wichtigste Argument der Befürworterinnen, dass die Gewinne aus dem Streaminggeschäft nicht wie bisher vollumfänglich ins Ausland abfliessen sollen. Ebenso unverändert sind die Gegner der Meinung, dass die Filmförderung in der Schweiz schon jetzt ausreichend sei.
Letztlich handle es sich bei der Vorlage um ein Thema, das nur wenige Menschen wirklich bewege, meint Leemann. «Es geht auch nicht um viel Geld», sagt er. Wenn etwa ein Netflix-Abo teurer werden sollte, ginge es um einen Betrag pro Monat, der dem Preis eines Kaffees entspreche.
Keine grosse Betroffenheit
Auch bei den anderen beiden Vorlagen, über die am 15. Mai abgestimmt wird, sieht Leemann keine besonders grosse Betroffenheit bei breiten Kreisen der Bevölkerung. «Beim Transplantationsgesetz sind Einzelpersonen emotional sehr involviert», sagt er – nämlich Menschen, die auf ein Organ warten oder deren Angehörige ein Organ spenden sollen. Aber für die allermeisten sei das kein akutes Thema. Das gelte in ähnlicher Weise auch für die Frontex-Abstimmung: Die Spannungen an den Aussengrenzen der EU seien für viele sehr weit entfernt.
Beim Transplantationsgesetz bleibt die Zustimmung deutlich und quasi unverändert. 61 Prozent befürworten die Widerspruchslösung, die vorsieht, dass Organe einem Körper nach dem Ableben entnommen werden können, wenn die verstorbene Person dem nicht zu Lebzeiten widersprochen hat. Dabei ist die Zustimmung unter Männern geringfügig höher als unter Frauen, während die Anhängerinnen und Anhänger aller Parteien mit Ausnahme der SVP das Gesetz sehr deutlich unterstützen.
Auch Linke befürworten Frontex-Erweiterung
Für die Weiterentwicklung des europäischen Grenzschutzes Frontex sprechen sich 64 Prozent der Befragten aus – auch hier bleibt die Zustimmung stabil. 53 Prozent der SP-Abstimmenden sind dafür, obwohl die Partei die Nein-Parole beschlossen hat. Unter den Grünen, die ebenfalls für ein Nein eintreten, liegen Pro und Kontra für die sogenannte Frontex-Vorlage fast gleichauf: 48 Prozent der Grünen sind dafür, 44 Prozent dagegen.
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