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Verschwindende Pracht am Fenster
Warum auch bei Kälte kaum noch Eisblumen wachsen

Gefrorene Eisblumen auf einem Fenster in Eberbach, Baden-Württemberg, im Winter. Die Eiskristalle bilden künstlerische, bizarre Muster.
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Anmutige Zweige, Farnblätter und Blüten wachsen auch im Winter: Bei Minusgraden bilden sich an einigen Glasscheiben Eisblumen. Doch diese einst verbreitete kalte Pracht ist selten geworden. «Durch die gute Isolation moderner Fenster erreicht die innere Glasscheibe keine Minustemperaturen mehr», erklärt der Physiker Max Gmelch. Früher sei das bei undichten oder wenig isolierten Fensterscheiben häufiger der Fall gewesen.

Grundsätzlich müssen mehrere Bedingungen eintreffen, damit Eisblumen auftreten können: eine kalte Oberfläche unter dem Gefrierpunkt, eine ausreichend hohe Luftfeuchtigkeit im Raum sowie Kondensationskeime, also Unebenheiten auf der Oberfläche, etwa Staubpartikel oder Risse. Gerade Ersteres finde man aber nur noch in sehr alten Häusern oder vielleicht mal in einem Treppenhaus, sagt Gmelch, der die Graduiertenschule SAOT der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg leitet.

Eisblumen an Scheiben des Palmenhauses der Stadtgärtnerei Zürich. Diese Aufnahme entstand vor der Sanierung vor gut zehn Jahren.

«Wir haben also die wärmere Raumluft, die sich an der Fensteroberfläche abkühlt. Dadurch sinkt ihre Fähigkeit, Wasser zu speichern – dieses Wasser muss aber irgendwo hin», sagt er. «Üblicherweise schlägt es sich als Feuchtigkeit auf der Scheibe nieder, es kondensiert.» Ist das Fenster aber besonders kalt, gehe der Wasserdampf der Luft direkt vom gasförmigen in den festen Zustand über, ohne vorher flüssig zu werden. «Das nennt man resublimieren.»

Staubteilchen und Risse

Damit ein Eiskristall entstehen kann, ist ein Kondensationskeim nötig, also ein Punkt, an dem der Kristall ansetzen kann – ein Staubteilchen oder ein Riss. «An den ersten Kristall lagert sich sehr gerne weiteres Wasser an, dadurch wächst er weiter.

Nahaufnahme von Eiskristallen auf einem Fenster in Österreich.

Da Scheiben nicht ganz eben sind, wachsen die sechseckigen Kristalle nicht einfach sechseckig weiter, wie etwa Schneeflocken. «Es können sich die unterschiedlichsten Strukturen ergeben», sagt Gmelch.

(Lesen und sehen Sie hier, wie ein Milchbauer vor über 100 Jahren 5000 Schneeflocken fotografierte.)

An Autoscheiben entstehen Eisblumen eher selten. Dabei spiele die – im Gegensatz zu einem Haus – niedrigere Temperatur der Scheibe eine Rolle, erläutert der Fachmann. «Dadurch kann der Wasserdampf sehr viel schneller und an vielen Stellen gleichzeitig resublimieren.» Für die Entstehung von Eisblumen aber sei wichtig, dass der Prozess langsam voranschreite, von einzelnen Keimen aus wachsend.

Eisblumen auf einem Fenster in Bad Wörishofen im Unterallgäu nach einer frostigen Nacht.

Gmelch führt aus, dass der bei Eisblumenbildung beobachtete Vorgang auch Anwendungen in der Technik hat. «Brillen sind heutzutage anti-reflex-beschichtet, damit keine störenden Lichtreflexe das Sehen beeinträchtigen. Das Herstellungsverfahren ist dabei ganz ähnlich: Man verdampft ein Material, das sich auf dem Brillenglas niederschlägt, und diese Anti-Reflex-Schicht bildet.» Auch in der Mikroelektronik und der Halbleitertechnik würden so warme Materialien auf kalte Oberflächen aufgebracht.

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DPA/bor