Was Wasser mit uns machtWas Menschen, die nicht schwimmen, fehlt
Gerade reden wieder alle vom Winterschwimmen. Doch macht es wirklich glücklich?
Was grad wieder alle zu beschäftigen scheint: das Eisbaden. Ob wirklich auch alle ins kalte Wasser steigen, die davon erzählen, dessen ist man sich ja nie so ganz sicher, aber fest steht: Bibbern ist Lifestyle, zum Yogaretreat gehört der Kälteschock, vor dem Brunchen geht es in den Zürisee – und auch ohne die Anleitung von Kälteprofis wie Wim Hoff rennen die Leute gern in Badekleidung durch den Schnee.
Wozu ist das wirklich gut?
Schnell sind diverse Mutmassungen zur Stelle. Abhärten soll die Kälte, die Grippe vertreiben, gut für die Stimmung sein, und für die Muskeln erst! Tatsächlich aber sind die Auswirkungen von kaltem Wasser auf unseren Körper noch kaum spezifisch erforscht. Es gibt kleinere Untersuchungen, die auf eine positive Wirkung für Geist und Körper hindeuten: Das Herz-Kreislauf-System wird angeregt, diverse Stoffwechselprozesse, das Immunsystem gestärkt, und natürlich wird eine gehörige Portion aller Hormone ausgeschüttet, die so eine Bewältigung eines zunächst eher «ekligen» Gefühls mit sich bringt.
Und es ist ja nicht so, dass wir ins Nass nicht hineingehörten. Der Mensch: ursprünglich ein Wassertier. Die Evolution hat uns an Land gezogen, aus Kiemen wurden Lungen, aus Flossen Flügel und später Arme. Und das führt uns zur eigentlichen Zufriedenheitsempfehlung in diesem Gefäss. Ob kalt oder warm, Winter oder Sommer, es lässt sich nämlich einigermassen verlässlich und wissenschaftlich gesichert sagen, dass man sich glücklich schwimmen kann.
Schwimmen erhöht den Spiegel eines wichtigen Proteins
Regelmässiges Schwimmen erneuert die neuronalen Verbindungen im Gehirn, das haben texanische Wissenschaftlerinnen herausgefunden. Grund dafür ist das Wachstumsfaktorprotein BDNF, dessen Spiegel nach dem Schwimmtraining erhöht vorgefunden wurde. Das verbessert sowohl die Gedächtnisleistung und die geistige Geschwindigkeit wie auch die Aufmerksamkeit. Forschende sind sich insgesamt auch relativ sicher, dass Schwimmen die Auswirkungen des Alterns auf unsere kognitiven Fähigkeiten verringern kann.
Das allein mag noch nicht in jedem Fall glücklich machen. Aber Schwimmen bringt auch die herkömmlichen Annehmlichkeiten des Ausdauersports mit sich: eine geballte Ladung Serotonin, eine stärkere Durchblutung unserer Gefässe und damit mehr Endorphin.
Wenn also dabei so viel in unserem Gehirn passiert, macht uns Schwimmen auch gescheiter? Das nicht – aber das Lernen fällt uns danach nachweislich einfacher. Für ein Forschungsexperiment hat man eine Gruppe Kinder eine Reihe Vokabeln lernen lassen: jeweils nach drei Minuten Ruhe, nach ein paar Längen Schwimmen und nach Crossfit-ähnlichen Übungen. Im Schnitt konnten sich die Kinder nach dem Schwimmen am besten an die neuen Wörter erinnern.
Wirklich schlauer macht uns Schwimmen also nicht. Aber es ist durchaus schlau, öfter zu schwimmen. Also, so als Anreiz aufs neue Jahr hin: Warum nicht schon in der kalten Jahreszeit damit starten? Es darf, für normal Kälteempfindliche, ja auch im Hallenbad sein.
In dieser Kolumne denken unsere Autorinnen und Autoren jede Woche über das gute Leben nach.
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