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Nach den Wahlen in Deutschland
Die FDP stürzt in eine existenzielle Krise und Lindner gibt auf – so kam es dazu

Christian Lindner spricht nach den Ergebnissen der Bundestagswahl 2025 in Berlin zu den Medien, Februar 2025.
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In Kürze:
  • Nach der FDP-Wahlniederlage kündigte Parteichef Christian Lindner seinen Rückzug aus der Politik an.
  • Er war 11 Jahre lang Vorsitzender der FDP und führte die Partei einst aus einer tiefen Krise. Doch ab Mai 2022 haben die Liberalen jede Wahl verloren.
  • Auch Stellvertreter Wolfgang Kubicki kündigte das Ende seiner politischen Karriere an. Die neue Führung könnte am FDP-Parteitag im Mai beschlossen werden.

Es ist eine wuchtige Niederlage für Christian Lindner: Die FDP kommt nur noch auf 4,3 Prozent. Die Partei fliegt damit aus dem Bundestag – schon wieder. Lindner, der die Parteiführung nach dem Ausscheiden aus dem Bundestag 2013 übernommen hatte, kündigte noch am Sonntag an, aus der Politik auszuscheiden.

Seine Redezeit in der «Berliner Runde» der Spitzenkandidaten nutzte Lindner für einen Nachruf in eigener Sache. Er sei mehr als elf Jahre Vorsitzender der FDP gewesen, sagte er. «Ich habe das immer als ein Privileg und eine besondere Verpflichtung empfunden», so Lindner. «Ich habe angefangen als Sprecher für Kinder- und Jugendpolitik in Nordrhein-Westfalen.» Seine politische Karriere führte ihn «bis hin zum Bundesfinanzminister».

Lindner hat die FDP aus einer tiefen Krise zu höchsten Umfragewerten geführt. Mit dem Einstieg in die Ampelregierung schien die FDP im 21. Jahrhundert angekommen zu sein. Die Liberalen waren offen für Koalitionen mit allen demokratischen Parteien und sassen wieder in Bundesministerien. Doch die Ampel funktionierte nicht für die FDP. Die Umfragewerte der Partei sanken und sanken. Seit Mai 2022 hat die FDP bei jeder Wahl verloren.

Lindner scheidet mit «grosser Dankbarkeit» aus

Wenn er am Montag mit der Politik Schluss mache, scheide er nur mit einem Gefühl aus, sagte Lindner in der Sendung: «Dankbarkeit, grosse Dankbarkeit».

Viele Liberale fremdelten zunehmend mit den rot-grünen Koalitionspartnern. Der Druck, die Ampel zu verlassen, stieg. Andere dagegen wollten in der Bundesregierung bleiben und FDP-Projekte durchsetzen. Lindner schaffte es nicht, diesen Konflikt zu lösen, oder er wollte es nicht.

Der Wahlkampf begann für die FDP mit der D-Day-Affäre. Begriffe wie «offene Feldschlacht» schreckten Wähler ab, die politisch einen anderen Stil wollten und die grundsätzlich für Koalitionen mit SPD und Grünen offen sind. Doch die Liberalen setzten auf Wirtschaftsreformen und auf eine härtere Migrationspolitik. Überwiegend stimmte die FDP im Bundestag sogar mit der Union und der AfD für ein Gesetz, das den Familiennachzug für Flüchtlinge aus Syrien stoppen sollte.

Für die 5-Prozent-Hürde hat das alles nicht gereicht. Und die Abstimmung mit der AfD machte rund ein Fünftel der Fraktion nicht mit, Lindners Entscheidung verursachte in der Partei ausgerechnet kurz vor der Wahl Streit.

Auch Vize Wolfgang Kubicki will sich zurückziehen

Lindner ist im Wahlkampf 46 Jahre alt geworden, er könnte nun eine zweite Karriere in der Privatwirtschaft anstreben. Er gilt dort als gut vernetzt. Dass er sich einen besser bezahlten Job vorstellen kann, hatte er im Wahlkampf durchblicken lassen. «In dunklen Momenten während der letzten zehn Jahre habe ich auch schon mal gedacht: Ach, wie wäre es, eine Karriere zu haben mit weniger Ärger, mehr Zeit und nicht unbedingt weniger Einkommen», sagte er RTL. Auf Youtube gab er mal an, er verdiene derzeit «ungefähr 6000 Euro netto im Monat». Das soll in Zukunft wohl deutlich mehr werden. Auch privat ändert sich bei Lindner bald einiges, er und seine Frau erwarten ein Kind.

Neben Lindner kündigte auch sein Stellvertreter Kubicki an, sich aus der Politik zurückzuziehen. «Ich werde in diesem Fall nicht mehr die Kraft haben, der FDP dann in den kommenden vier Jahren weiterzuhelfen», sagte er am Sonntag, als die Hochrechnungen eindeutig waren.

Mit dem Ausscheiden aus dem Bundestag verliert die FDP auch ein politisches Kraftzentrum. Die Partei ist stark von der Bundestagsfraktion geprägt. Anders als CDU/CSU und SPD kann sie nicht auf starke Landesregierungen zurückgreifen, sie ist nur noch in Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt jeweils der kleinste Koalitionspartner. Die gelbe Prominenz sass nahezu vollständig in der Bundestagsfraktion, die nun Geschichte ist.

Warum Lindner keinen offensichtlichen Nachfolger hinterlässt

Abgeordnete haben ein Einkommen und Mitarbeiter, in der ausserparlamentarischen Opposition wird liberale Politik wieder zum Ehrenamt. Die FDP verliert durch das Ausscheiden aus dem Bundestag also gewaltige Ressourcen. Ihr bleiben aber immerhin noch Landtagsfraktionen in den traditionell wichtigen Landesverbänden. Auch im Europaparlament gibt es FDP-Abgeordnete.

Lindner prägte den Kurs der Partei stark, manche Liberale sagen: zu stark. Eine Folge dieses Führungsstils: Er hinterlässt keinen offensichtlichen Nachfolger. Die Parteigremien tagen am Montag. Im Mai findet dann ein Parteitag statt. Der könnte dann eine neue Führung beschliessen.