5-Prozent-HürdeBei der FDP zählt jede Stimme
Am Wahlabend ist noch unklar, ob die Liberalen den Sprung in den Bundestag schaffen werden. Bei der Wahlparty ist die Anspannung gross. Die Zukunft der Partei: An diesem Abend hängt sie in der Luft.

- Der frühe Wahlabend blieb für die FDP von der Unsicherheit über die 5-Prozent-Hürde geprägt.
- Die Zukunft der Partei hängt stark von den endgültigen Wahlergebnissen ab.
- Schafft sie es ins Parlament, hat sie sogar die Chance auf eine erneute Regierungsbeteiligung.
Zwei Fernseher laufen auf der Wahlparty der FDP, und die Partei verlebt den frühen Wahlabend dann auch in zwei Welten. Schaffen die Liberalen den Einzug in den Bundestag oder nicht? Mal zeigt der eine Fernseher 5 Prozent, und der Jubel darüber ist so gross, dass manche Zuhörer zusammenzucken. Mal zeigt der andere Fernseher nur 4,9 Prozent. Solche Hochrechnungen werden mit «Oh»-Rufen weggestöhnt.
Bei der FDP kennen sie solche Abende. Er richte sich auf einen langen Wahlabend ein, sagt der stellvertretende Parteichef Wolfgang Kubicki im Fernsehen. Sein Auftritt ist auf der Wahlparty live zu sehen. Kubicki sagt, er sei vorbereitet. «Wir auch», ruft ein Mann an der Bar.
Am frühen Wahlabend war noch offen, ob die FDP an der 5-Prozent-Hürde scheitern würde oder nicht. Die Zukunft der Partei hängt in der Luft. Schaffen es die Liberalen nicht in den Bundestag, steht die FDP vor einer existenziellen Krise. Rettet sie sich, wenn alle Stimmen ausgezählt sind, doch noch ins Parlament, hat das entscheidende Auswirkungen auf die Fraktionsstärke der anderen Parteien. Dann hat die FDP sogar die Chance auf eine erneute Regierungsbeteiligung.
Die Union wollte keine gemeinsame Kampagne
Die Zitterpartie mit der 5-Prozent-Hürde hat sich in den Umfragen seit Monaten abgezeichnet. Gelingt der Sprung ins Parlament, dann hätten die Liberalen die Erwartungen der Umfrageinstitute leicht übertroffen. Eine Verschlechterung ist das Ergebnis aber in jedem Fall. Bei der Wahl 2021 kam die FDP noch auf 11,4 Prozent.
Parteichef Christian Lindner hatte zu Beginn des Wahlkampfs auf eine schwarz-gelbe Koalition gesetzt. Das Argument damals: Nur zusammen mit der Union könne man in der Wirtschaftspolitik und bei der Migration die Reformen umsetzen, die er für nötig halte. Die FDP hatte gehofft, dass die Aussicht auf eine solche bürgerliche Regierung Wähler von der AfD zur Union und zur FDP locken könnte. Doch CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz liess sich nicht auf eine gemeinsame Kampagne ein.
In den letzten Wochen des Wahlkampfs hatte sich die FDP dann als Juniorpartner für eine schwarz-rote Koalition empfohlen, um als Korrektiv eine aus ihrer Sicht zu linke Politik zu verhindern. Die eine Stimme, die die FDP über die 5-Prozent-Hürde hebe, brauche die Union nicht, würde aber die nächste Regierung prägen, so Lindners Argument.
Das schlechte Ergebnis hat auch strukturelle Gründe
Dass es am Wahlabend so knapp wird, damit hatte die FDP-Spitze kurz nach dem Bruch der Ampelkoalition nicht gerechnet. Die Liberalen hatten gehofft, dass sie vom Ende der unbeliebten Regierung in den Umfragen stark profitieren würden. Manche in der FDP gehen davon aus, dass die D-Day-Affäre ein Momentum der Partei verhindert habe. Es gibt aber auch strukturelle Gründe für die Verluste.
Durch die Koalition mit SPD und Grünen verlor die Partei in ihrer Stammklientel Vertrauen. Viele warfen den Liberalen vor, sich in der Ampelregierung zu sehr für rot-grüne Projekte verbogen zu haben. Das betrifft auch den Markenkern der FDP, die Wirtschaftspolitik. Die Liberalen büssten in der Ampelzeit deutlich Rückhalt bei Unternehmen ein. 2021 wünschten sich noch drei Viertel der Firmen in einer repräsentativen Befragung, dass die FDP der Regierung angehören solle. 2025 war es nur noch ein Drittel.
Dazu kommt das wirtschaftsliberale Image von CDU-Chef Friedrich Merz, der in der Wirtschaftspolitik einen ähnlichen Kurs verkörpert wie die Liberalen. Weil die Umfragen den Wahlsieg der Union schon länger prognostizierten, war für Wechselwähler, die mal FDP und mal CDU ankreuzen, eine Stimme für Merz also eine sichere Stimme für einen wirtschaftsliberalen Wahlgewinner.
Bei der FDP war aufgrund der schlechten Umfrageergebnisse dagegen bis zuletzt unklar, ob die Partei es überhaupt in den Bundestag schaffen würde und die Stimme damit in diesem Sinne verschwendet wäre. Laut den Umfrageinstituten waren unter den vorab gemessenen FDP-Anhängern besonders viele Unentschlossene, die ihr Kreuz am Sonntag möglicherweise doch bei einer anderen Partei machten.
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