Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

«D-Day»-Papier
Jetzt holen die geheimen Ausstiegs­pläne Lindners FDP doch noch ein

The head of the Free Democrats Party (FDP) and former German Finance Minister Christian Lindner speaks during a panel discussion at an economic summit hosted by German newspaper Süddeutsche Zeitung in Berlin on November 12, 2024. (Photo by Tobias SCHWARZ / AFP)
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk
In Kürze:
  • Nach Rücktritts­forderungen zog sich Bijan Djir-Sarai als Generalsekretär der FDP zurück.
  • Recherchen deckten geheime Pläne der Partei zur Beendigung der Koalition auf.
  • Die Chefin der Jungen Liberalen kritisierte, die FDP habe die Öffentlichkeit getäuscht.

43 Sekunden dauerte der Auftritt, mit dem Bijan Djir-Sarai am Freitagmittag seinen Rücktritt erklärte. Er habe «unwissentlich falsch über ein internes Dokument informiert», sagte der Generalsekretär der FDP. Er habe das sogenannte Geheimpapier, in dem seine Partei den Bruch der Regierungskoalition vorbereitet hatte, nicht gekannt – auch dessen Ausrichtung nicht. Politisch übernehme er für den «Vorfall» aber die Verantwortung und trete zurück, um Schaden von der Glaubwürdigkeit seiner Partei abzuwenden.

Dann war Djir-Sarai weg. Eine halbe Stunde später trat zudem Carsten Reymann zurück, der Geschäftsführer der FDP. Er konnte schlecht sagen, er habe die achtseitige «D-Day»-Präsentation nicht gekannt, schliesslich hatte er das Dokument nachweislich erstellt, verfasst und aufdatiert.

«Wo ist die Nachricht?», hatte Christian Lindner noch getönt

Mit zwei Wochen Verspätung holen die Recherchen von «Zeit» und «Süddeutscher Zeitung» (SZ) die FDP also doch noch ein. Die beiden Zeitungen hatten anhand von Gesprächen mit Beteiligten und internen Dokumenten nachgewiesen, dass die Partei wahrscheinlich seit Ende September den Ausstieg aus der Regierung akribisch geplant hatte. Am Ende kam Kanzler Olaf Scholz (SPD) den Plänen zuvor, indem er am 6. November den FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner entliess.

Als das geheime Drehbuch vor zwei Wochen bekannt wurde, tat Lindner es noch mit der Gegenfrage ab: «Wo ist die Nachricht?» Es sei doch längst bekannt gewesen, dass seine Partei ohne eine radikale «Wirtschaftswende» nicht mehr bereit gewesen sei, in der Regierung zu verbleiben. Und natürlich habe man sich deswegen mit Szenarien beschäftigt, was geschehe, wenn Sozialdemokraten und Grüne einen Politikwechsel ablehnten.

(FILES) Commissioner General Secretary of the Free Democratic Party (FDP) Bijan Djir-Sarai looks on as he attends the two-day congress of Germany's Free Democrats Party (FDP) in Berlin on April 23, 2022. FDP General Secretary Bijan Djir-Sarai announced his resignation from his post on November 29, 2024. With his resignation, Djir-Sarai is drawing conclusions from the affair surrounding the party's internal "D-Day paper" on the exit from the 'Ampel' coalition, the party leadership told AFP news agency on November 29. (Photo by John MACDOUGALL / AFP)

Fragen zur konkreten Planung beantwortete weder Lindner noch jemand sonst aus der Führungsriege der FDP. Generalsekretär Djir-Sarai hingegen dementierte kategorisch, dass für das Ausstiegsdatum der Begriff D-Day verwendet worden sei. Diese Aussage fiel ihm am Donnerstagabend auf die Füsse, als das betreffende interne Papier, das sogar mit «D-Day» überschrieben ist, öffentlich wurde – wieder auf Druck von «Zeit» und SZ, die das Dokument erhalten hatten.

«Das Papier ist einer liberalen Partei unwürdig»

Djir-Sarai habe gelogen, empörten sich nun viele Medien. Jedenfalls sei er an allen Sitzungen dabei gewesen, an denen das Drehbuch zum Ausstieg besprochen worden sei. Franziska Brandmann, Chefin der Jungen Liberalen, forderte am Freitagmorgen den Rücktritt des Generalsekretärs. «Das Papier, das gestern öffentlich wurde, ist einer liberalen Partei unwürdig. Nicht nur die Öffentlichkeit muss den Eindruck gewinnen, über Wochen getäuscht worden zu sein, sondern auch die eigene Partei. Das gilt auch für mich – auch ich wurde getäuscht.»

Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.

An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.

Djir-Sarai übernahm mit seinem Rücktritt zwei Stunden später die Verantwortung für die widersprüchliche Kommunikation. Er warf sich damit auch vor seinen Chef Lindner, auf den die FDP im Wahlkampf nicht verzichten kann.

Lindner selbst hatte kurz zuvor noch einmal die bisherige Verteidigungslinie seiner Partei bekräftigt: Es erstaune wohl niemanden, dass die FDP an den Ausstieg aus dieser desaströsen Regierung gedacht habe. «Ich hatte einen Herbst der Entscheidungen angekündigt. Mit offenem Ausgang.» Liest man das interne Drehbuch für den Ausstieg, war der Ausgang freilich spätestens seit Anfang Oktober alles andere als offen.

Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.

An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.

Andere aus der FDP gehen deswegen längst in die Offensive und meinen, es sei völlig egal, wie es zum Ende der Ampelkoalition gekommen sei: «Ich bekenne mich schuldig», schrieb Vizechef Wolfgang Kubicki auf X. «Ich wollte das Ende dieser Koalition, deren Gewürge unserer Wirtschaft und unserem Ansehen massiv geschadet hat. Ich war es leid, wie auch 80 Prozent der Bevölkerung. Ich bin froh, dass es zu Ende ist und wir endlich was Neues beginnen können. Wenn Ihr also einen Schuldigen sucht, Rote, Grüne oder Teile der Medien, nehmt mich. Niemand wird mir den Stolz auf meine Partei nehmen können.»