LiveDeutschlandwahl im LivetickerDas sagen die letzten Umfragen vor dem Wahlsonntag
Die Spitzenkandidaten Friedrich Merz, Olaf Scholz, Alice Weidel und Robert Habeck kämpfen seit Monaten um die Gunst der deutschen Wählenden. Wer als Gewinner aus dem Wahlkampf hervorgeht, erfahren Sie in unserem Liveticker.
Das sagen die letzten Umfragen vor dem Wahlsonntag
Am Samstag veröffentlichten zwei Meinungsforschungsinstitute ihre letzten repräsentativen Umfragen zur Bundestagswahl am Sonntag.
Gemäss Insa verliert die CDU einen halben Prozentpunkt im Vergleich zur Umfrage von Mitte Woche und kommt auf 29,5 Prozent. An zweiter Stelle folgt die AfD mit 21 Prozent, gefolgt von der SPD (15 Prozent). Die Grünen verlieren wie die CDU einen halben Prozentpunkt (12,5 Prozent), hingegen legt die Linke auf 7,5 Prozent zu. Knapp wird es für die FDP (4,5 Prozent) und das BSW (5 Prozent).
Die Umfrage des Instituts Ipsos ergibt es ähnliches Bild: Die Union kommt auf 30 Prozent (-1), die AfD auf 21, die SPD auf 16, die Grünen auf 12 Prozent. Die Linke kann mit 7 Prozent in den Bundestag einziehen, bei FDP und BSW sieht es eher schlecht aus (beide 4,5 Prozent).
Was bedeutet das nun? Das wahrscheinlichste Szenario ist, dass es BSW und FDP wegen der 5-Prozent-Hürde nicht ins Parlament schaffen. Somit wären nur fünf Parteien im Bundestag. Nimmt man den Durchschnitt der aktuellen Meinungsumfragen, so könnten CDU und SPD eine komfortable Mehrheit bilden. Eine Regierung CDU/Grüne wäre auch denkbar – alles unter der Voraussetzung, dass die CDU tatsächlich nicht mit der AfD eine Koalition bilden will. (jaw)
Deutscher Botschafter ärgert sich über fehlende Wahlunterlagen
Viele Deutsche im Ausland klagen über Probleme dabei, ihre Stimmen für die vorgezogene Bundestagswahl fristgerecht abgeben zu können. Bei ihm in London seien keine Wahlunterlagen angekommen, monierte der deutsche Botschafter in Grossbritannien, Miguel Berger, auf der Online-Plattform X. Viele Deutsche im Ausland könnten ihr Wahlrecht bei der Bundestagswahl nicht ausüben. «Fristen wurden zu knapp kalkuliert, die Verfahren sind zu bürokratisch. Eine Reform ist dringend notwendig», schrieb er.
Berger steht mit seiner Kritik bei Weitem nicht allein da. In zahlreichen Ländern berichten deutsche Wähler von Frust bei der Briefwahl für die unter verkürzten Fristen stattfindenden Wahl. Auch in einer Mitteilung der Bundeswahlleiterin hiess es am Donnerstag, dass Fragen und Beschwerden von im Ausland lebenden Deutschen eingegangen seien. Wie viele Beschwerden es genau sind, ging aus der Mitteilung nicht hervor.
Nach Schätzungen des Auswärtigen Amtes leben zwischen drei und vier Millionen Deutsche im Ausland – allerdings sind längst nicht alle davon wahlberechtigt. Die Bundeswahlleiterin ist bis Donnerstag von rund 213’000 Eintragungen von Auslandsdeutschen in die Wählerverzeichnisse der Gemeindebehörden unterrichtet worden. Das sind deutlich mehr als bei der Bundestagswahl 2021: Damals lag diese Zahl bei nur etwa 129’000.
Deutschland wählt – aber wie?
Christof Münger, Ressortleiter International, analysiert die 21. Bundestagswahl:
Umfragen sehen Union klar vorne

Die deutschen Christdemokraten können nach einer neuen Umfrage mit einem Sieg bei der Bundestagswahl am Sonntag rechnen, bräuchten demnach aber womöglich zwei Koalitionspartner.
Denn in der Erhebung des Insa-Instituts für die «Bild»-Zeitung könnten von den kleineren Parteien derzeit auch die Linke mit 7 Prozent (+0,5 Prozentpunkte seit Wochenbeginn) und das BSW von Sahra Wagenknecht mit unverändert 5 Prozent in den Bundestag einziehen oder zumindest darauf hoffen.
Die CDU/CSU mit 30 Prozent, die SPD mit 15 und die Grünen mit 13 Prozent verharren auf ihren Werten. Die AfD büsst einen Punkt auf 21 Prozent ein. Die FDP verliert einen halben Punkt und wäre mit 4 Prozent derzeit nicht im Parlament.
Damit würde es weder für eine schwarz-grüne Koalition noch für Schwarz-Rot reichen. Da CDU/CSU-Kanzlerkandidat ein Bündnis mit der AfD ausschliesst, bliebe nur eine Dreierkoalition als Ausweg.
Wahlumfragen sind generell mit Unsicherheiten behaftet. Unter anderem erschweren nachlassende Parteibindungen und immer kurzfristigere Wahlentscheidungen den Meinungsforschungsinstituten die Gewichtung der erhobenen Daten. Grundsätzlich spiegeln Umfragen nur das Meinungsbild zum Zeitpunkt der Befragung wider und sind keine Prognosen auf den Wahlausgang.
Die Fehlertoleranz, die angibt, um wieviel die tatsächlichen Werte von den berechneten abweichen könnten, liegt in der aktuellen Insa-Umfrage bei plus/minus 2,9 Punkten. Die Daten wurden am 18. und 19. Februar bei 2.502 Befragten erhoben.
Die bisherigen deutschen Bundeskanzler
KONRAD ADENAUER (1949-1963, CDU): Der von den Nazis kaltgestellte und zeitweilig inhaftierte frühere Kölner Oberbürgermeister war schon 73, als er zum ersten deutschen Bundeskanzler gewählt wurde. Mit ihm sind Wiederaufbau und Westintegration des Landes verbunden.
LUDWIG ERHARD (1963-1966, CDU): Als Minister wurde er zum Vater des deutschen «Wirtschaftswunders» und der sozialen Marktwirtschaft. Doch als Bundeskanzler agierte der Adenauer-Nachfolger glücklos, seine Regierung zerbrach schon nach drei Jahren.
KURT GEORG KIESINGER (1966-1969, CDU): Er schmiedete die erste Grosse Koalition mit den Sozialdemokraten. Mit ihren Notstandsgesetzen befeuerte diese die Studentenproteste. Wegen seiner NS-Vergangenheit wurde Kiesinger öffentlich geohrfeigt.
WILLY BRANDT (1969-1974, SPD): Unter dem Motto «Mehr Demokratie wagen» läutete der Sozialdemokrat den Machtwechsel ein. Mit den Ostverträgen betrieb er Entspannungspolitik gegenüber Moskau, Warschau und Ost-Berlin. Er stürzte über einen enttarnten DDR-Spion.

HELMUT SCHMIDT (1974-1982, SPD): In seiner Amtszeit wurde der Staat vom linken RAF-Terror erschüttert. Der «Weltökonom» hatte auch mit einer schlechten Wirtschaftslage zu kämpfen. Am Ende entfremdete er sich sowohl vom linken SPD-Flügel als auch vom Koalitionspartner FDP.
HELMUT KOHL (1982-1998, CDU): Der Pfälzer wurde anfangs von den Intellektuellen als Provinzler verspottet, regierte am Ende aber länger als alle anderen Kanzler. Dank der deutschen Wiedervereinigung 1990 ging Kohl als «Kanzler der Einheit» in die Geschichte ein.
GERHARD SCHRÖDER (1998-2005, SPD): An der Spitze einer rot-grünen Koalition leitete er den Atomausstieg ein. Mit harten Sozialreformen («Agenda 2010») zog er sich den Zorn der Gewerkschaften zu. Kreml-Chef Wladimir Putin, mit dem er sich anfreundete, lobte er als «lupenreinen Demokraten».

ANGELA MERKEL (2005-2021): Sie war die erste Ostdeutsche und erste Frau an der Regierungsspitze. In internationalen Krisen erarbeitete sie sich den Ruf als Weltstaatsfrau. Kritisiert wurde sie für ihre Politik der offenen Grenzen für Flüchtlinge 2015. Bei der Wahl 2021 verzichtete sie auf eine neue Kandidatur.
OLAF SCHOLZ (seit 2021): Der frühere Hamburger Bürgermeister war zuletzt Finanzminister und Vizekanzler unter Merkel, bevor er 2021 die SPD wieder zur stärksten Partei machte. Seine «Ampel»-Koalition mit FDP und Grünen zerbrach im November im Streit um den Haushalt, was zu vorgezogenen Wahlen führte.
Das deutsche Wahlsystem

In Deutschland gilt für die Bundestagswahl ein personalisiertes Verhältniswahlrecht. Jeder Wähler hat zwei Stimmen. Mit der Erststimme entscheidet er im Prinzip, welcher Kandidat seinen Wahlkreis vertritt, mit der Zweitstimme legt er die prozentuale Verteilung der Sitze im Parlament fest.
Die Zweitstimme ist, auch wenn der Name anderes nahelegen mag, die Wichtigere, denn sie entscheidet über die Machtverhältnisse in Deutschland. Nach einer jüngsten Wahlrechtsreform der «Ampel»-Koalition ist auch nicht mehr garantiert, dass jeder Kandidat, der in einem Wahlkreis die meisten Erststimmen holt, tatsächlich ins nationale Parlament einzieht.
Anders als bei früheren Wahlen ziehen per Erststimme direkt gewählte Kandidaten nur noch dann in den Bundestag ein, wenn ihre Partei auch genügend Zweitstimmen hat. Sollte eine Partei per Erststimme in mehr Wahlkreisen vorn liegen, als ihr laut Zweitstimme Sitze zustehen, gehen die Kandidaten mit dem schlechtesten Erststimmenergebnis leer aus.
Überhang- und Ausgleichsmandate, die bei den Wahlen 2017 und 2021 das Parlament stark aufgebläht hatten, entfallen nun. Die Zahl der Sitze in der Volksvertretung in Berlin ist auf 630 begrenzt. Möglicherweise sind dann künftig nicht mehr alle 299 Wahlkreise zwischen Aachen und Zittau, Flensburg und Füssen mit einem direkt gewählten Abgeordneten vertreten.
Kanzlerwahl kann dauern
Der neue Bundestag tritt spätestens 30 Tage nach der Wahl zusammen. Eine seiner wichtigsten Aufgaben ist die Wahl des neuen Kanzlers oder der Kanzlerin. Dies geschieht allerdings erst nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen zwischen den an der künftigen Regierung beteiligten Parteien. Amtsinhaber Olaf Scholz (SPD) wurde am 8. Dezember 2021 rund zweieinhalb Monate nach der Bundestagswahl zum Kanzler gewählt. (DPA)
DPA/aeg/jaw
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