Nach den Wahlen 2023Schärferes Asylrecht, weniger Kita-Support – wie das neue Parlament die Politik verändert
Die SVP legt im Nationalrat stark zu, die Linke verliert. Dies sind die Folgen in den konkreten Dossiers.
Migration und Asyl
Auf diese Themen hat die SVP in ihrem Wahlkampf gesetzt. Schluss mit Asylchaos, Zuwanderung begrenzen und keine EU-Anbindung waren die Slogans. SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi kündigte unlängst eine «Grenzschutzinitiative» an und forderte unter anderem die Internierung von Geflüchteten. Auch die FDP und teilweise Die Mitte sprachen sich in den letzten Monaten für eine härtere Gangart in der Asylpolitik aus.
Falls diese Haltung der Parteien nicht nur dem Stimmenfang während des Wahlkampfs diente, wird die SVP auf Verschärfungen im Asyldossier drängen. Der Druck auf die amtierende Justizministerin Elisabeth Baume-Schneider dürfte steigen. Beim Thema Migration sieht es anders aus: FDP und Mitte sind sich der Fachkräfte-Problematik bewusst, weshalb sie in diesem Bereich der SVP kaum Hand bieten werden. Für sie ist die Personenfreizügigkeit mit der EU nicht verhandelbar.
Energie – und Klimapolitik
Auf das neue Parlament wartet eine delikate Aufgabe: Wie kann die Schweiz ihre Stromversorgung sicherstellen, namentlich im Winter, wenn sie auf Importe angewiesen ist? Das Risiko einer Strommangellage ist nach dem letzten Winter zwar kleiner geworden, gebannt ist es aber nicht – allein schon, weil nicht klar ist, inwieweit die Schweiz ab 2025 in den europäischen Strommarkt eingebunden bleibt.
Diese Unsicherheit wird die Debatte um neue Kernkraftwerke weiter befeuern – selbst wenn der Ausbau der erneuerbaren Energien, wie vom Parlament bereits beschlossen, nun stärker voranschreiten wird. Die erstarkte SVP wird mit der FDP auf die Aufhebung des Neubauverbots drängen und versuchen, Die Mitte oder Teile davon für sich zu gewinnen. Zusätzlich Druck entwickelt die Volksinitiative «Blackout stoppen», die dasselbe Ziel verfolgt und in den nächsten Wochen eingereicht werden dürfte.
Die zweite grosse Baustelle ist die Klimapolitik. Das neue Parlament muss das neue CO₂-Gesetz ins Trockene bringen, also die Klimapolitik 2025 bis 2030 festlegen. Was bislang vorliegt, gilt als wenig ambitioniert, unter anderem, weil ein Grossteil der CO₂-Einsparungen im Ausland erfolgen soll. Klimaschützer befürchten, dass das nach rechts gerutschte Parlament die Vorlage weiter verwässern wird. Auch hier wird der Mitte-Partei eine Schlüsselrolle zukommen.
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Altersvorsorge
In der ersten und zweiten Säule wird das Volk dem Parlament in der ersten Hälfte 2024 die Richtung weisen. So wird über eine Erhöhung des Rentenalters («Renteninitiative»), über die 13. AHV-Rente und die BVG-Reform abgestimmt. Da die Chancen der jungfreisinnigen Renteninitiative gering sind, wird wohl das Parlament die nächste AHV-Reform zur Sicherung der Renten anpacken müssen. Dies wird aber erst gegen Ende der Legislatur erfolgen.
Zuerst muss der Bundesrat seine Reformvorschläge präsentieren. Durch die Schwächung der Linken im Nationalrat wird sich das bürgerliche Lager noch häufiger durchsetzen, wobei Die Mitte und die GLP auf sozialverträgliche Lösungen drängen werden. Bisher kam es bei der Altersvorsorge in der grossen Kammer gelegentlich auch zu Mitte-links-Allianzen, die der konservativere Ständerat aber meist stoppte.
Nun werden die beiden Kammern vermehrt im Gleichschritt gehen. Bei der beruflichen Vorsorge wird das Volk über die bereits beschlossene Reform abstimmen. Sollte diese scheitern, dürfte der Reformwille des Parlaments gering sein. Daran ändern die neuen Mehrheiten nichts.
Krankenversicherung
Die steigenden Prämien waren eines der wichtigen Wahlkampfthemen. Auch in der Gesundheitspolitik dürfte die Schwächung des linken Lagers einen bürgerlichen Schulterschluss begünstigen. Allerdings wird auch hier das Volk in der ersten Hälfte 2024 die Weichen stellen. Die Mitte will mit ihrer Kostenbremseinitiative die zulässige Kostensteigerung festlegen und so den Prämienanstieg bekämpfen.
Die SP wiederum verlangt einen massiven Ausbau der Prämienverbilligung. Falls das Volk einer oder beiden Initiativen zustimmt, muss das Parlament die Volksbegehren umsetzen. Grosse Würfe sind in der Gesundheitspolitik vom Parlament eher nicht zu erwarten. Vielmehr wird der Nachfolger von Gesundheitsminister Alain Berset neue Ideen zur Kostensenkung liefern müssen.
Kitas
Die familienergänzende Kinderbetreuung und die Kitafinanzierung sind Themen, die tendenziell mehr Frauen betreffen. Doch das neue Parlament ist wieder männlicher. Der Frauenanteil ist von 42 auf 38,5 Prozent gesunken. Daher könnte es sein, dass gesellschaftspolitische Anliegen in den kommenden vier Jahren einen schwereren Stand haben. Dies auch, weil Linke und GLP 11 Sitze verloren haben, die sich sonst in diesen Bereichen starkmachen.
Im letzten März hatte der Nationalrat mit einer Mitte-links-Mehrheit beschlossen, dass sich der Bund mit jährlich 710 Millionen Franken an günstigeren Kitaplätzen beteiligen solle. Kurz vor Beginn der Herbstsession aber beschlossen SVP, FDP und Mitte in der zuständigen Kommission des Ständerats, ein ganz anderes Modell zu prüfen, weil die Nationalratsvorlage zu teuer sei. Mit dem neuen Parlament könnte die Vorlage nun auch im Nationalrat einen schweren Stand haben, zumal das Mitte-links-Lager geschrumpft ist. Die Vorlage könnte entweder ganz abstürzen, oder sie kommt nur mit massiv reduziertem Bundesbeitrag durch.
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