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Unsicherheit nach den US-Wahlen
Wie sieht Trumps Lösung für die Ukraine aus?

In this handout picture taken late on March 17, 2022 and released by the Ukrainian Presidency Press Office, Ukrainian President Volodymyr Zelensky delivers a video address in Kyiv. (Photo by Handout / UKRAINIAN PRESIDENTIAL PRESS SERVICE / AFP) / RESTRICTED TO EDITORIAL USE - MANDATORY CREDIT "AFP PHOTO / Ukrainian presidential press service / handout" - NO MARKETING NO ADVERTISING CAMPAIGNS - DISTRIBUTED AS A SERVICE TO CLIENTS
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In Kürze:
  • Selenski gratulierte Trump am Mittwoch rasch zum Wahlsieg.
  • Die Ukraine ist finanziell und militärisch stark auf US-Hilfe angewiesen.
  • Kiew reagiert zurückhaltend auf Trumps Ambitionen für schnelle Friedensverhandlungen.
  • Trump gilt als unberechenbar, was Unsicherheit in der Ukraine schürt.

Er war einer der Ersten, die aus dem Ausland gratulierten. Wolodimir Selenski schickte Donald Trump aus Kiew Glückwünsche zu seinem «beeindruckenden Wahlsieg». Wie so oft meldete er sich per X betont höflich, seine Nachricht versah der Präsident aber mit einer Bitte. Jener, dass die Beziehungen seiner Ukraine und Trumps USA «weiter stark» blieben. Ein Wink mit dem Zaunpfahl.

Denn es sind ja eben diese Beziehungen, die mit Trumps Wiedereinzug ins Weisse Haus, mit Trump, der sich rühmt, bestens mit Wladimir Putin zurechtzukommen, und mit Trump, der sich weigert, zu sagen, dass er einen ukrainischen Sieg will, mehr denn je auf der Kippe stehen.

Entsprechend verhalten sind überhaupt die Reaktionen aus der ukrainischen Hauptstadt. Die Lage auf dem Schlachtfeld ist katastrophal, das Auftreten europäischer Staaten schwach. Man weiss in Kiew, wie sehr man im Krieg gegen Aggressor Russland auf das Geld, die Waffen und die Ausrüstung aus den USA angewiesen ist. Niemand will es sich gleich zu Beginn mit Trump verscherzen. Der sitzt in Sachen Ukrainehilfe, die er drastisch kürzen will, am längeren Hebel.

FILE - Republican presidential nominee former President Donald Trump, right, and Ukraine's President Volodymyr Zelenskyy shake hands during their meeting at Trump Tower, on Sept. 27, 2024, in New York. (AP Photo/Julia Demaree Nikhinson, File)

Serhi Leschtschenko, ein Berater des Stabschefs von Selenski, meint am Mittwoch lediglich, dass die USA genau jetzt zeigen müssten, dass sie eine starke Führungsrolle übernehmen. Mit ihrer Hilfe müsse der Krieg beendet und jener Frieden geschaffen werden, der «gerecht» sei, also der, der auf dem Völkerrecht basiere, sagt er dieser Redaktion. Das heisst: Keinen Frieden nach Putins Bedingungen. Für weitere Aussagen sei es zu früh, sagt Leschtschenko.

Das ist die offizielle Linie in Kiew, die längst auch eine Linie ist gegen jene Politikerinnen und Politiker im Westen, die die Ukraine am liebsten gleich ganz übergehen wollen, um zügig zu Friedensverhandlungen überzugehen. Wie es Trump damit halten wird, ist unklar.

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Wie so vieles so kurz nach der Wahl. Welche Ankündigungen wird Trump durchsetzen und wann? Und wie will er das vielfach wiederholte Ziel umsetzen, den Krieg in 24 Stunden zu beenden? Fragen, auf die die Menschen in der Ukraine gerne bald eine Antwort hätten. Doch ein Satz, den man am Mittwoch immer wieder hört, ist: «Trump ist unberechenbar.»

Forcierte Verhandlungen im Ukrainekrieg wären «das traurige Ende»

Diese Redaktion kontaktierte einen 30-jährigen Mann aus Kiew, der aus Sicherheitsgründen anonym bleiben will, weil er die Mobilmachung fürchtet. Er war lange im Ausland und ist nach Kriegsbeginn freiwillig in die Ukraine zurückgekehrt. «Entweder», sagt der IT-Unternehmer, «wird Trump versuchen, den Krieg einzufrieren, und sich mehr auf die Seite Putins schlagen. Viel weniger Waffen und Munition würden uns dann zwingen, Gebiete aufzugeben.

Oder: Trump gibt uns plötzlich viel Geld, viele Waffen und wir können den Krieg zu unseren Bedingungen beenden.» Wie er auf die zweite Option kommt? Da ist wieder der Satz: «Trump ist unberechenbar. Er ist ein verrückter Mensch», sagt er, der seinen Namen nicht nennen möchte. Deshalb sei selbst das Positive möglich. Nicht, dass er wirklich dran glaube, meint er. Forcierte Verhandlungen nennt er das «traurige Ende» der Ukraine. «Putin würde nach einer gewissen Zeit einen noch grösseren Krieg anfangen.»

Bei einem anderen Kiewer, dem Veteranen und Kriegsfotografen Oles Kromplias, löst das Wahlergebnis Ernüchterung aus – und Unruhe. Er werde wohl morgen anfangen, aus seinem Besitz zu verkaufen, was nicht lebenswichtig sei, schildert er dieser Redaktion. Warum? «Falls ich das Land verlassen muss.» Seit einigen Monaten renoviere er seine Eigentumswohnung, das lasse er jetzt. Wer wisse denn schon, meint damit der Fotograf, der auch schon für diese Redaktion arbeitete, ob es sich noch lohne.

Wäre Kiew in Gefahr?

Es sind unterschiedlichste Szenarien, die Menschen in der Ukraine jetzt durchspielen, manche liegen ferner, andere näher. Wird Kiew gegen Moskau unterliegen? Würde sich Putin mit den derzeit besetzten Gebieten zufriedengeben? Wäre gar die Hauptstadt in Gefahr? Und was wäre dann eigentlich mit Selenski?

Aus Odessa im Westen der Ukraine meldet sich eine Journalistin, Nina Perstnjowa. Sie wirkt besorgt, aber nicht alarmiert. Dass Trump die Ukraine ganz fallen lassen werde, erwarte sie nicht, auch nicht, dass Trump Putin als absoluten Sieger aus dem Krieg hervorgehen liesse. «Putin nachzugeben, hiesse, Schwäche zu zeigen», schreibt Perstnjowa per Messenger, das sähe Trump nicht ähnlich. Doch Trump sei, sagt auch sie, «unberechenbar». Er könne also auch überraschend den Einsatz von Langstreckenwaffen auf russischem Gebiet erlauben. Gleiches sei gar in der Noch-Regierung denkbar, die sich vehement dagegen sträubt: «Joe Biden könnte zum Ende seiner Amtszeit mutiger werden.» Ein bisschen Hoffnung habe sie noch.

A local resident pushes a bicycle past a destroyed residential building following shelling in the town of Toretsk, eastern Donetsk region, on June 25, 2024, amid the Russian invasion of Ukraine. Compared to others in war-scarred east Ukraine, Toretsk, a mining town was nestled in a relatively sleepy sector of the front line. Then, suddenly, the Russian assaults began, and life there deteriorated drastically. And with the heavily increased amount of rockets and air strikes that started raining down on Toretsk's shaken residents this month and being afraid that Toretsk would face the same fate as other Ukrainian eastern towns that were attacked by Russia with its scorched-earth assault tactics, many people decided to leave the town, while others made the decision to stay. (Photo by Roman PILIPEY / AFP)

Das scheint immer wieder durch: Anders als in vielen westlichen Staaten legt man in der Ukraine bereits kurz nach der Wahl einen gewissen Pragmatismus an den Tag. Wer letztlich weit weg in Übersee ins Weisse Haus einzieht, wer dort wie viel lügt oder die Wahrheit sagt, ob die Person nun Trump heisst oder Harris, ein Mann ist oder eine Frau, ist nicht entscheidend. Wichtiger ist, ob die Allianz gegen Russland bleibt. Auch, weil man sich der hausgemachten Probleme bewusst ist.

Von der Front meldet sich am Nachmittag Soldat Jaroslaw per Messenger, das Internet ist stabil. Seinen Nachnamen will er aus Sicherheitsgründen nicht nennen. Er ist zurzeit im Donbass, er kämpft in der Artillerie. Sicher sei, schreibt er, dass die Ukraine 2025 weniger Unterstützung aus den USA erhalte als 2024, das sei bekannt. Grosse Veränderungen erwarte er aber nicht, ausser, dass Trumps Politik weniger vorhersehbar werde. Er benennt ein anderes Thema: Die Ukraine müsse sich mehr um das grosse Personalproblem an der Front kümmern, sagt er. Es brauche schnell mehr Kämpfende, eine professionellere Mobilisierung, überdies moderne Armeestrukturen, eine klügere Stationierung erfahrener Militärs. «Wenn Russland mehr Truppen an unsere Front verlegt, werden wir sie bald nicht mehr abwehren können», warnt er.

Akute Probleme daheim – und drohende aus Übersee –, für die Ukraine bleibt die Lage kritisch. Bis sich Trump in seiner politischen Haltung zur Ukraine sortiert hat, könnten Monate vergehen. Zeit, die die Ukraine nicht hat.