Trumps Probleme mit der US-JustizStrafprozess beginnt: Das sind die Anklagepunkte gegen Trump
Donald Trump ist in New York vor Gericht eingetroffen. Drei andere Strafverfahren hat er erfolgreich verzögert. Das ist der aktuelle Stand aller Prozesse, die gegen ihn laufen.
In 34 Anklagepunkten muss sich Donald Trump, 77 Jahre alt, aus Palm Beach, Florida, ab Montag vor einem New Yorker Gericht verantworten, als erster früherer US-Präsident.
Die Anschuldigungen wegen eines Schweigegelds an die Nacktdarstellerin Stormy Daniels sind nur ein kleiner Teil der Anklagepunkte, mit denen sich der designierte Präsidentschaftskandidat der Republikaner konfrontiert sieht. In drei weiteren Strafverfahren sind zusätzliche 54 Anklagepunkte gegen Trump anhängig.
Bereits vor einem Monat hätte der erste der Prozesse in Washington beginnen sollen. Doch Trump und seine Anwälte haben alles darangesetzt, den Beginn hinauszuzögern. Würde er die Wiederwahl zum Präsidenten schaffen, könnte er versuchen, die zwei Verfahren auf Bundesebene abzuwürgen oder sich selbst zu begnadigen. Bei allen Prozessen könnte Trump nur auf Bewährung, zu Geldstrafen oder auch zu mehrjährigen Gefängnisstrafen verurteilt werden.
Das ist der aktuelle Stand der weiteren Verfahren:
Die Wahl 2020 und der Sturm auf das Capitol
Vier Straftaten lastet ein Geschworenengremium Donald Trump vor einem Bundesgericht in der Hauptstadt Washington an. Dort habe der damalige Präsident sich mit sechs Gleichgesinnten verschworen, um die Präsidentschaftswahl 2020 zu kippen, heisst es in der Anklageschrift, die Sonderermittler Jack Smith am 1. August 2023 einreichte: «Obwohl er verloren hatte, war der Beschuldigte entschlossen, an der Macht zu bleiben.»
Das Verfahren ist die juristische Aufarbeitung des Sturms auf das US-Capitol vom 6. Januar 2021. Trumps Anhänger unterbrachen den Kongress beim Zählen der Stimmen der Präsidentschaftswahl vom 3. November 2020. Die Anklage umfasst darüber hinaus auch Trumps Lügen, die Wahl sei manipuliert worden, was er noch heute behauptet. Zudem setzte er Amtsträger auf allen Staatsebenen unter Druck, das Wahlresultat zu ändern.
Der Prozess in Washington sollte bereits im März beginnen. Donald Trump verzögerte ihn nach Kräften. Trump sagt, er sei unschuldig. Er macht geltend, er sei immun gegen die Vorwürfe, weil er zum Zeitpunkt der Ereignisse als Präsident amtete. Richterin Tanya S. Chutkan schmetterte diese Argumentation ab, auch ein Berufungsgericht kam einhellig zum Schluss, ein Präsident geniesse keine absolute Immunität.
Trump zog die Immunitätsfrage weiter vor den Supreme Court, der am 25. April eine Anhörung dazu abhält. Ein Urteil ist im Juni oder Juli zu erwarten. Sofern das Oberste Gericht keinen Schutzschirm über Trump aufspannt, könnte der Strafprozess im Herbst beginnen – mitten in der heissen Phase des Wahlkampfs. Allerdings ist zu erwarten, dass Trump versuchen würde, die Verhandlungen weiter zu verzögern.
Die Geheimakten in Mar-a-Lago
Ein weiteres Verfahren findet vor einem Bundesgericht in Miami, Florida, statt. In dem Staat befindet sich Trumps Wohnsitz, der neokoloniale Prunkbau Mar-a-Lago mit 58 Zimmern, den der ehemalige Präsident als Privatclub betreibt. Dort bewahrte er nach seiner Amtszeit kistenweise Geheimdokumente auf, etwa in einer Dusche mit Kronleuchtern, festgehalten auf Polizeifotos. 40 Anklagepunkte bringen Sonderermittler Jack Smith und ein Geschworenengremium gegen Trump vor, beschuldigt werden auch sein Leibwächter Waltine Nauta und Carlos de Oliveira, Manager des Grundstücks.
Ein Gesprächsthema waren Trumps Geheimakten, seit er das Weisse Haus im Januar 2021 verlassen musste. Das Nationalarchiv forderte sie zurück, Trump lieferte nur einen Teil ab; der Streit eskalierte, als die Bundespolizei FBI im August 2022 zu einer Razzia in Mar-a-Lago vorfuhr.
Im Juni 2023 folgte die Anklage mit 31 Straftaten, darunter Verstösse gegen ein Anti-Spionage-Gesetz. Im Juli folgten neun weitere Anklagepunkte, unter anderem, weil Trump Aufnahmen von Überwachungskameras löschen lassen wollte. Er habe versucht, Zeugen zu beeinflussen und Ermittlungen der Justiz zu behindern, lautet der Vorwurf.
Trump macht geltend, er sei unschuldig, er habe sämtliche Dokumente noch während seiner Amtszeit deklassifiziert. Diese Argumentation hat Richterin Aileen Cannon, von Trump selbst eingesetzt, abgelehnt. Die Vorbereitung des Verfahrens ist zeitraubend, weil die fraglichen Akten derart geheim sind, dass besondere Sicherheitsvorkehrungen nötig waren. Bisher ist der Prozessbeginn auf den 20. Mai 2024 angesetzt, ein Datum, das sich indes noch ändern könnte.
Wahleinmischung in Georgia
Als besonders spektakulär hat sich das Verfahren in Georgia erwiesen, obwohl Trump dort nur vor einem Bezirksgericht steht. Ein Geschworenengremium und Staatsanwältin Fani Willis beschuldigten ihn im August 2023 einer Verschwörung, um das knappe Resultat der Wahl 2020 in Georgia zu kippen. 10 Anklagepunkte gegen Trump verbleiben, nachdem Richter Scott McAfee drei Vorwürfe bereits verworfen hat. Willis nutzt unter anderem ein Gesetz zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens.
Trump hatte am 3. Januar 2021 Georgias Staatssekretär Brad Raffensperger aufgefordert, «11’780 Stimmen zu finden» – was seinem Rückstand auf Bidens Resultat entsprach. Sein Anwalt Rudy Giuliani verbreitete bei Sitzungen mit Abgeordneten aus Georgia Lügen über Wahlmanipulation, zudem kopierten Beschuldigte verbotenerweise Daten von Wahlcomputern und schickten ein falsches Wahlmänner-Zertifikat nach Washington.
Das Verfahren ist zum Spektakel geworden. Staatsanwältin Fani Willis geriet selbst unter Verdacht: Sie hatte eine Affäre mit dem Anwalt Nathan Wade, den sie für das Verfahren angeheuert hatte. Auf Druck von Richter McAfee musste Wade zurücktreten, Willis hingegen darf die Anklage weiterführen. Dagegen sind Trump und seine Mitbeschuldigten in Berufung gegangen. Wann darüber entschieden wird, ist offen, ebenso, wann der Hauptprozess beginnen wird. Vier von Trumps Mitangeklagten, darunter drei Anwälte, legten Geständnisse ab und wurden verurteilt.
In New York stehen über 500 Millionen Dollar auf dem Spiel
Daneben sieht sich Trump mit mehreren Zivilprozessen konfrontiert, alle in New York. Ein Geschworenengericht urteilte im Mai 2023, er habe die Autorin E. Jean Carroll 1996 sexuell belästigt. Daraufhin urteilte eine weitere Jury, er sei haftbar wegen übler Nachrede gegen Carroll und sprach ihr 83,3 Millionen Dollar zu. Beide Urteile sind nun vor Berufungsinstanzen.
Angefochten hat Trump auch ein Zivilurteil, wonach er als Unternehmer den Wert seiner Immobilien betrügerisch zu hoch angesetzt hatte, um günstige Kredite zu erschleichen. Laut Richtspruch von Arthur Engoron muss er unrechtmässige Gewinne plus Zinsen von total über 450 Millionen Dollar abliefern. Schon 2022 war Trumps Firma wegen Steuerbetrugs verurteilt worden, Finanzchef Allen Weisselberg erhielt fünf Monate Gefängnis.
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