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Trump und der Supreme Court
Verzögerungstaktik zahlt sich für Trump aus

(FILES) Former US President Donald Trump speaks to the press as he attends the New York State Supreme Court during the civil fraud trial against the Trump Organization, in New York City on January 11, 2024. A US judge ordered Trump on February 16, 2024 to pay nearly $355 million after finding him liable for fraud and banned him from running businesses in New York state for three years. (Photo by TIMOTHY A. CLARY / AFP)
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Alles in allem läuft es nicht schlecht für Donald Trump, den Präsidentschaftskandidaten und Stammkunden der US-Justiz. Gut, zwei Urteile hat er schon kassiert: Wegen aufgeblähter Vermögenswerte sowie wegen Verleumdung in einem Vergewaltigungsfall soll Trump in New York mehrere Hundert Millionen Dollar bezahlen.

Das ist ärgerlich für ihn, der über dem Recht zu stehen glaubt, und schlecht für sein sorgfältig gepflegtes Image als Krösus, weil er offenkundig Probleme hat, das Geld aufzubringen. Sein Heer von Anwälten geht gegen die Strafen vor, man wird sehen. Aber sonst?

Statt wie befürchtet von Gericht zu Gericht reist der mächtigste Republikaner gerade gemütlich durch den amerikanischen Wahlkampf. Er hat bisher alle Vorwahlen seiner Partei lässig gewonnen. Nach dem Super Tuesday in mehreren Bundesstaaten am kommenden Dienstag wird vermutlich auch Nikki Haley aussteigen, dann hat der Patron endgültig freie Bahn.

15. bis 18. Juli: Die republikanischen Delegierten treffen sich in Milwaukee, Wisconsin. Auf dem Parteitag werden sowohl der republikanische Präsidentschaftskandidat als auch der Vizepräsidentschaftskandidat von den Delegierten offiziell gewählt, das Wahlprogramm verabschiedet und der Wahlkampf für die General Election eingeläutet. Spätestens dann will Donald Trump, der designierte Kandidat, auch mitteilen, wer sich neben ihm um die Vizepräsidentschaft bewerben soll.

19. bis 22. August: Die Demokraten treffen sich in Chicago, Illinois. Nach dem Fiasko von Präsident Joe Biden beim ersten TV-Duell des Wahlkampfs gegen Donald Trump stellt sich die Frage, ob er und Vizepräsidentin Kamala Harris überhaupt bis zu jenem Datum durchhalten oder sich vorher zurückziehen.

2. September: Die heisse Phase des Wahlkampfs beginnt mit dem Labour Day. Höhepunkte waren traditionell die drei TV-Debatten der Präsidentschaftskandidaten. In diesem Jahr sind bisher nur zwei Austragungen geplant, nur eine davon nach dem Labor Day.

10. September: In den Studios von ABC News ist die zweite Präsidentschaftsdebatte geplant. Der Ort der Aufzeichnung ist noch nicht bestimmt. Ebenfalls offen ist, ob und wann die Kandidaten für die Vizepräsidentschaft gegeneinander antreten werden.

5. November: Der Wahltag. Insgesamt sind 538 Elektorenstimmen zu vergeben, wer 270 davon holt, ist Präsident der Vereinigten Staaten. Neben dem Präsidenten werden alle 435 Abgeordneten im Repräsentantenhaus und 34 Senatoren, ein Drittel des US-Senats, gewählt. Ausserdem finden in verschiedenen Bundesstaaten Gouverneurswahlen statt.

Unsere gesammelte Berichterstattung zu den US-Wahlen finden Sie hier.

Im Juli wird er beim republikanischen Kongress in Milwaukee sehr wahrscheinlich offiziell nominiert und dann am 5. November voraussichtlich gegen den Präsidenten Joe Biden von den Demokraten antreten. Heute stand bereits ein Showdown auf dem Programm. Beide flogen an die USA-Grenze zu Mexiko, wo über Mauern und Migranten gestritten wird. Biden war unterwegs nach Brownsville und Trump nach Eagle Pass, jeweils Texas.

Streit um Immunität eines Präsidenten

Bis vor einiger Zeit sah es eher so aus, als würde Trump schauen müssen, wie er seinen Wahlkampf zwischen den Prozessterminen unterbringen kann. In vier grossen Fällen wurden Trump binnen fünf Monaten 91 Straftaten zur Last gelegt, das hatten die USA vorher noch nie erlebt. Doch jetzt hat er mit Erfolg die höchste Instanz Amerikas angerufen und noch mehr Zeit geschunden.

Der Oberste Gerichtshof will von April an darüber befinden, ob der jetzt Angeklagte für seine vier Jahre im Weissen Haus als juristisch immun zu gelten hat. Wenn ja, dann hätte er in Washington gar nicht erst vor einem Bundesgericht beschuldigt werden dürfen, er habe am 6. Januar 2021 das Wahlergebnis kippen wollen.

Im November 2020 hatte Amtsinhaber Trump eindeutig gegen seinen Herausforderer Biden verloren, aber er leugnet seine Niederlage bis heute. Der Verlierer setzte Mandatsträger unter Druck, vorneweg seinen Vize Mike Pence, als der Kongress zur amtlichen Bestätigung des Wahlsiegs seiner Konkurrenten zusammenkam. Gewalttäter aus seinem Anhang stürmten an diesem Tag das Capitol, es gab Tote und Verletzte.

Trump wird der Aufruf zur Verschwörung vorgeworfen, ein Putschversuch also. Im August 2023 erhob der Sonderermittler Jack Smith Anklage, im März 2024 sollte es losgehen. Der Beschuldigte streitet diese wie sämtliche anderen Vorwürfe ab und plädierte zunächst vor einem Berufungsgericht in der Hauptstadt auf Straffreiheit, weil die mutmasslichen Taten ja während seiner Amtszeit stattfanden.

Niederlage vor Berufungsgericht

Trumps Verteidiger fanden, dass einer strafrechtlichen Anklage stets ein Impeachment vorausgehen müsste. «Präsidenten werden immer besorgt und sogar gelähmt sein wegen der Aussicht auf ungerechtfertigte Strafverfolgung und Vergeltungsmassnahmen nach ihrem Ausscheiden aus dem Amt», meinten sie. «Dies könnte sogar zur Erpressung eines Präsidenten führen.»

Die drei Berufungsrichterinnen zerlegten die Argumente seiner Anwaltsriege jedoch einhellig, zwei liberale und eine konservative Richterin. Sie waren sich einig, dass Trump natürlich für Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden kann, auch wenn er damals die Vereinigten Staaten regierte.

«Wir können die Behauptung des ehemaligen Präsidenten Trump nicht akzeptieren, dass ein Präsident uneingeschränkt befugt ist, Straftaten zu begehen, die die grundlegendste Kontrolle der Exekutivgewalt aushebeln würden – die Anerkennung und Umsetzung von Wahlergebnissen», schrieben die Richterinnen. Andernfalls, so hiess es bei einer Anhörung, könnte ein Präsident ja auch unbehelligt einen Gegner umbringen lassen.

The US Supreme Court is seen in Washington, DC on February 28, 2024. The US Supreme Court agreed on February 28, to hear Donald Trump's claim that as a former president he is immune from prosecution, further delaying his trial on charges of conspiring to overturn the 2020 election. (Photo by Mandel NGAN / AFP)

Das letzte Wort dazu sprechen soll der Supreme Court, der stets entscheiden muss, wenn es besonders staatstragend wird. Das Gremium ist in Trumps Sinne mehrheitlich rechtslastig und hatte 2022 das jahrzehntealte Bundesrecht auf Abtreibung kassiert. Auch wurde dem Obersten Gerichtshof immer mal wieder vorgeworfen, er lasse sich politisch instrumentalisieren. Besonders umstritten war im Dezember 2000 der Beschluss, eine Nachzählung in Florida zu stoppen, was George W. Bush seinen nicht so ganz klaren Wahlsieg gegen Al Gore sicherte.

Supreme Court: Urteil erst im Juni

Jetzt muss sich der Supreme Court also wieder mit einem Mann befassen, der das Kommando der Nation übernehmen will. Das ergibt insofern Sinn, als es in Sachen Immunität wohl tatsächlich einen abschliessenden Spruch von oberster Stelle braucht. Zwar kann sich kaum jemand vorstellen, dass die Topjuristen der Nation ehemalige Präsidenten grundsätzlich von jeglicher Verantwortung befreien werden. Doch feststehen wird das erst im Juni, wenn der Supreme Court seine Urteile bekannt gibt. Deshalb könnte die Verhandlung in der Causa Umsturz wohl frühestens nach den Sommerferien im September starten.

Danach wird es eng bis zur Wahl, da müssten sich der Ankläger Smith und das Gericht sehr beeilen. Ausserdem könnte Trump schliesslich Rechtsmittel gegen eine Verurteilung einlegen und sich sogar selbst begnadigen, falls er diesmal wirklich gegen Biden (oder wen auch immer) gewinnt und wieder an die Pennsylvania Avenue zieht. Das ist sein Kalkül.

Auch Fall in Georgia verzögert sich

Nicht funktionieren würde diese Taktik in Georgia, wo Trump massive Wahlbeeinflussung vorgeworfen wird. Er soll dort versucht haben, sich 2020/2021 noch schnell fehlende Stimmen besorgen zu lassen. Dort gilt die regionale Rechtsprechung, da wäre ein Präsident im Prinzip machtlos.

Doch auch dieser Fall scheint sich auf unbestimmte Zeit zu verzögern, weil der zuständigen Staatsanwältin Fani Willis vorgeworfen wird, sie habe mit einer Liebschaft zu einem Anwalt Geld gemacht und sei nicht geeignet, Trump zu verfolgen. Der Anklägerin Willis schadet die Attacke erheblich, dabei hat sie offenkundig eine Menge Material gegen Trump gesammelt.