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Korruption bei Schweizer Firma?
Klage gegen Rohstoff­händler Trafigura ist brisant – und eine Premiere

A general view of the refinery at the state oil company, Sonangol, in Luanda, on June 7, 2022. Oil-rich Angola on Thursday unveiled a new production unit that will increase fourfold the output at its sole refinery as it seeks to reduce dependency on fuel imports.
The new plant will bump up Angola's fuel production to 1,580,000 litres a day, contributing to a 15 percent reduction in annual imports, according to state oil company Sonangol. (Photo by AFP)
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Die Bundesanwaltschaft hat gegen den Genfer Rohstoffhändler Trafigura und drei Personen aus dem Umfeld der Firma Anklage beim Bundesstrafgericht eingereicht. Es geht um den Vorwurf, dass ein ehemaliger angolanischer Beamter zwischen April 2009 und Oktober 2011 Schmiergeld über rund 5 Millionen Franken aus dem Umfeld von Trafigura erhalten haben soll. So soll sich die Firma ihren Einfluss in der angolanischen Erdölindustrie gesichert haben. Zudem wird der Firma vorgeworfen, nicht alle erforderlichen Vorkehrungen ergriffen zu haben, um das Bezahlen von Schmiergeldern zu verhindern. Unter den drei Beschuldigten befindet sich auch Mike Wainwright, der ehemalige operative Chef von Trafigura.

Trafigura teilt mit, dass die Firma ein Interesse daran gehabt hätte, die Untersuchung aussergerichtlich zu beenden. Die Firma werde sich nun vor Gericht gegen die Anschuldigungen wehren. In der Mitteilung heisst es weiter: «Herr Wainwright weist die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zurück und wird sich vor Gericht verteidigen.»

Trafigura-Chef Jeremy Weir sagt: «Wir bedauern aufrichtig diese Vorfälle, die gegen unseren Verhaltenskodex verstossen und unseren Werten zuwiderlaufen.» Die Firma habe seit dem fraglichen Zeitraum das Compliance-Programm und die internen Kontrollen erheblich verbessert. Gleichzeitig mit dem Bekanntwerden der Klage der Bundesanwaltschaft räumt die Firma ein, dass in Brasilien und den USA zwei weitere Verfahren wegen angeblicher Korruption in Brasilien laufen. Das Unternehmen hoffe auf eine baldige Einigung mit den jeweiligen Behörden und kündigt an, dass es in seinem Jahresbericht 2023 eine Rückstellung in der Höhe von 127 Millionen Dollar ausweisen werde. Damit dürften allfällige Strafzahlungen an die USA beglichen werden.

Firmen wollen keine Öffentlichkeit

Dass es zu einem Prozess wegen Schmiergeldzahlungen im Ausland kommt, ist eine Premiere. Es gab zwar bereits Verfahren wegen solcher Fälle, diese endeten aber bislang mit einem Strafbefehl. Der Grund dafür: «Unternehmen haben kein Interesse daran, dass ein Fall vor Gericht geht. Die Firmen wollen die Verfahren lieber über Strafbefehle regeln, das geht in der Regel schneller und mit weniger Öffentlichkeit», sagt Simone Nadelhofer, Partnerin bei der Anwaltskanzlei Lalive und Expertin für internationale Strafverfahren.

Bei einem Strafbefehl akzeptieren die Firmen eine Busse, und das Verfahren wird relativ rasch abgeschlossen. Der Nachteil ist aber, dass sie als verurteilt gelten. Das ist für die Firmen mit Nachteilen verbunden, etwa weil sie von bestimmten Geschäften ausgeschlossen werden können, namentlich von staatlichen Aufträgen, oder Geldgeber nicht mehr in sie investieren wollen. «Aussergerichtliche Vergleiche ohne ein Strafeingeständnis wären für die Staatsanwaltschaft und die Firma meist die bessere Lösung, weil so ein Schmiergeldverfahren rasch abgeschlossen werden kann», so Nadelhofer. International laufen derzeit grosse Anstrengungen dazu, doch ist es in der Schweiz noch nicht möglich.

«Die Staatsanwaltschaft und die Firma haben offenbar keinen Deal gefunden», so Nadelhofer. Nun kommt es zu einem Prozess vor dem Bundesstrafgericht. Für künftige Verfahren könnte der Entscheid sehr hilfreich sein.

Teuer wird die Sache für Trafigura jedenfalls nicht, denn im Vergleich zu den USA oder Grossbritannien sind die Strafmöglichkeiten eher klein: Einem Unternehmen können bei einer Verurteilung Bussen bis zu 5 Millionen Franken drohen. Zusätzlich können allfällige Gewinne aus den betroffenen Geschäften eingezogen werden. Wobei es schwierig ist, die Höhe der Gewinne festzulegen.

Bei der Credit Suisse gings eineinhalb Jahre

Unklar ist, wann der Prozess gegen Trafigura stattfinden wird. Der Fall lässt sich mit Verfahren der Bundesanwaltschaft gegen die Geschäfte der Credit Suisse mit der bulgarischen Drogenmafia vergleichen. Von der Anklageerhebung bis zum Schuldspruch vor dem Bundesstrafgericht, dass es die Bank der Mafia zu einfach gemacht habe, vergingen eineinhalb Jahre. Ein Urteil könnte also 2025 vorliegen.

Schon jetzt lässt sich der Fall für politische Voten nutzen. Die Nichtregierungsorganisation Public Eye schreibt in einer Mitteilung, dass sie schon vor zehn Jahren eine Aufsichtsbehörde für den Rohstoffhandel gefordert habe. Damals wurden erstmals Berichte über mögliche Korruption in Angola veröffentlicht. Die Forderung sei heute aktueller denn je.