Entsorgen von Toaster, Radio, LaptopWas mit unserem Elektroschrott passiert
Die Schweiz gehört zu den Ländern mit der grössten Rücklaufquote bei Elektrogeräten. Diese haben ein zweites Leben – zu dem wir fünf Fragen beantworten.
Waschmaschine, Abwaschmaschine, Kaffeemaschine, Fernseher, Computer, Kochherd, Kühlschrank, elektrische Zahnbürste, Lampen: Versuchen Sie mal, alle ihre elektrischen Geräte im Haushalt zu zählen. Sie würden staunen, wie viele es sind. 49,3 Millionen Haushaltsgrossgeräte, IT-, Büro- und Unterhaltungselektronik-Geräte waren 2021 in der Schweiz in Gebrauch. Das schätzt der Fachverband Elektroapparate für Haushalt und Gewerbe Schweiz (FEA) und der Schweizerische Wirtschaftsverband der Informations-, Kommunikations-, und Organisationstechnik (Swico). Tendenz steigend. Der Alltag ist elektrifizierter denn je.
Das heisst nicht nur mehr Komfort, sondern auch mehr Abfall. Elektroschrott sagt der Volksmund. Das klingt abwertend. Dabei stecken in ausrangierten Geräten jede Menge Wertstoffe, die wieder verwendet werden können.
Eine Million Tonnen Wertstoffe
Die Stiftung Sens und die Swico haben sich seit den 1990er-Jahren zur Aufgabe gemacht, zusammen mit Entsorgungspartnern alte, grosse und kleinere Elektrogeräte und auch ausgediente Fotovoltaikmodule zu sammeln, zu sortieren und zu rezyklieren. Die Fachleute reden von «eRecycling». Die beiden Organisationen sammelten 2021 etwa 127’100 Tonnen Elektroschrott.
Im letzten Jahr nahmen Recyclingbetriebe im Auftrag von Sens 89’952 Tonnen Elektrogeräte entgegen, darunter 20’508 Tonnen Kühl-, Gefrier- und Klimageräte. Dazu kamen 37’167 Tonnen Elektrogrossgeräte wie Waschmaschinen, Geschirrspüler oder Tumbler sowie 30’386 Tonnen Elektrokleingeräte wie elektrische Zahnbürsten oder Kaffeemaschinen. Aus dieser Gerätschaft wurden 111 Tonnen Schadstoffe wie das giftige PCB aus alten Kondensatoren von Leuchten extrahiert. Und vor allem: 63’185 Tonnen Wertstoffe gelangen zurück in den Stoffkreislauf.
Die Stiftung hat in den letzten 33 Jahren mehr als eine Million Tonnen Wertstoffe aus ausrangierten Elektrogeräten aufbereitet, die wieder in den Rohstoffkreislauf zurückflossen: Eisen, Kupfer, Aluminium, Kunststoffe. «Das daraus gewonnene Eisen würde für den Bau von zwölf neuen Golden Gate Bridges reichen», beschrieb Sens kürzlich ihren Erfolg. Das ist zwar im Vergleich zum jährlichen Recycling-Rücklauf von Eisen und Stahl von mehr als 1,5 Millionen Tonnen in der Schweiz ein kleiner, aber wichtiger Beitrag.
Bei dieser Erfolgsgeschichte spielen aber auch die Konsumentinnen und Konsumenten eine tragende Rolle, indem sie ihre ausgedienten Geräte zur Sammelstelle bringen oder in ein Fachgeschäft, in dem solche Geräte verkauft werden. Die Rücklaufquote beträgt mehr als 90 Prozent. «Die Bevölkerung ist heute für das Recycling von Elektrogeräten sensibilisiert. Viele wissen, wo entsorgen, jedoch noch nicht, was danach passiert», sagt Geschäftsführer Pasqual Zopp.
Kostenlose Entsorgung
Es ist bekannt, dass im Kaufpreis eines Gerätes ein vorgezogener Recyclingbeitrag inbegriffen ist und deshalb die Eigentümer ihren Elektroschrott kostenlos entsorgen können. Eine «Abfallsack-Studie» des Bundesamts für Umwelt zeigt, dass der Anteil von Batterien, Leuchtmitteln und Elektrogeräten nur gut 0,5 Prozent des jährlichen Hausabfalls beträgt.
Dennoch fragt man sich, ob so viel Elektrischem im Haus, wann der richtige Zeitpunkt ist, um etwas Neues anzuschaffen. Was eigentlich mit diesen Geräten tatsächlich passiert, nachdem man sie an der Sammelstelle deponiert hat. Oder ob es nicht aus ökologischen Gründen gescheiter wäre, ein Gerät zu reparieren.
Wir haben im Folgenden hilfreiche Fragen zusammengestellt.
Gibt es eine Pflicht, elektrische Geräte zu rezyklieren?
Der Konsument ist gemäss Abfallverordnung verpflichtet, Elektroschrott an eine Sammelstelle oder in ein Fachgeschäft zurückzubringen. Alle Fachgeschäfte sind ebenfalls verpflichtet, ohne Kaufzwang ausgediente Geräte, die sie im Sortiment führen, zurückzunehmen. Unternehmen, die Elektroschrott sammeln, sind wiederum verpflichtet, das Sammelgut fachgerecht rezyklieren zu lassen.
Was passiert mit dem gesammelten Elektroschrott?
Es gibt in der Schweiz zum Beispiel 17 Recyclingbetriebe, die im Auftrag von Sens den Elektroschrott bearbeiten. Es ist ein zweistufiger Prozess. Zuerst werden von Hand aus den Elektrogeräten die Schad- und Störstoffe wie Batterien in Kleingeräten, Kondensatoren in Grossgeräten und Kältemittel aus Kühlschränken entfernt.
Dann erfolgt die mechanische Verarbeitung, die ebenfalls in der Schweiz geschieht. Dort werden die Geräte zerkleinert und einzelne Materialien herausgetrennt und sortiert: Eisen, Aluminium, Kupfer, Kunststoffe. Um den Separierungs- und Recyclingprozess zu optimieren, versucht Sens nun erstmals mithilfe von künstlicher Intelligenz, in einem Recyclingbetrieb in Regensdorf die gelieferten Produkte nach Gerätetypen zu erfassen. Weil ein Toaster völlig andere Wertstoffe hat als eine Zahnbürste, lässt sich durch dieses detaillierte Trennungsverfahren der Recyclingprozess verbessern. Die KI soll zukünftig laut Zopp sogar in der Lage sein, die Geräte nach Marke und Modell zu sortieren. So könnte man in Zukunft bei Bedarf Wertstoffe spezifisch wieder dem Hersteller zur Verfügung stellen.
Wird alles in der Schweiz verarbeitet?
Das Recycling der Geräte und die Rückgewinnung der Wertstoffe werden mit Ausnahme der Fotovoltaik vollständig in der Schweiz gemacht. Etwa drei Viertel der verschiedenen Stofffraktionen verbleiben dann in der Schweiz. Das ist vor allem Eisen, das an die Schweizer Stahlwerke verkauft wird. Die restlichen 25 Prozent werden in ausländischen Spezialbetrieben weiter bearbeitet. Kupfer zum Beispiel wird in Schmelzhütten, etwa in Deutschland, Schweden oder Belgien, weiter aufbereitet, bevor das Metall wieder in den Stoffkreislauf zurückgeführt wird. Auch Printplatten von elektronischen Geräten werden im Ausland behandelt. «Wir haben auch diese Prozesse im Ausland unter Kontrolle, indem wir die Betriebe regelmässig auditieren», sagt Pasqual Zopp von Sens.
Macht es Sinn, ein altes, intaktes Gerät durch ein neues, effizientes zu ersetzen?
Eine erfolgreiche Energiewende ist darauf angewiesen, dass die Elektrogeräte von Jahr zu Jahr effizienter werden und damit weniger Strom verbrauchen. Das heisst aber nicht in jedem Fall, dass ein altes, intaktes Gerät durch ein effizientes ersetzt werden soll. Sens empfiehlt, grundsätzlich nur jene intakten Geräte noch vor Ablauf der theoretischen Lebensdauer zu entsorgen, die im Betrieb sehr viel Strom verbrauchen. Bei Produkten wie zum Beispiel Waschmaschinen kann der Austausch durch ein energieeffizienteres Produkt ökologisch von Vorteil sein.
Bei einem Mobilephone hingegen ist es sinnvoll, es so lange wie möglich zu nutzen, weil der grösste Energieaufwand bei der Herstellung anfällt. Auf der sogenannten «Circular Platform» gibt Sens online wissenschaftlich gestützte Ratschläge zum ökonomisch und energetisch besten Verwendungszweck verschiedener Gerätekategorien.
Wann soll man ein Gerät reparieren lassen?
Wer sich ökologisch verhalten und Energie sparen will, der versucht, beim Kauf eines Produktes lieber etwas mehr zu investieren, dafür ist die Lebensdauer länger. Grundsätzlich soll man sich immer fragen, ob es sich nicht lohnt, ein Gerät zu reparieren, bevor man es einfach entsorgt. Diese Frage ist jedoch nicht immer so leicht zu beantworten.
Sens hat mit der Circular Platform ein Online-Instrument eingerichtet, auf der die Konsumentin oder der Konsument in einem ersten Schritt überprüfen kann, ob es sich grundsätzlich lohnt, das Gerät bei einer Reparaturstelle oder beim Hersteller reparieren zu lassen. Die Plattform informiert auch, wer das entsprechende Gerät wieder instand setzen kann.
Bemerkenswert ist, dass viele alte Geräte nicht mehr in Gebrauch sind und zu Hause in Schubladen oder Schränken lagern. Eine Studie der Materialforschungsanstalt Empa aus dem Jahre 2017 zeigt, dass dies etwa 40 Prozent der elektronischen Kleingeräte betrifft. Eine Umfrage der Zürcher Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) hat ergeben, dass dies aus Bequemlichkeit geschieht oder weil einzelne die Option offenhalten wollen, das alte Gerät wieder in Betrieb zu nehmen.
Sens empfiehlt, alte intakte Geräte entweder auf Secondhand-Plattformen oder -Verkaufsstellen zu verschenken oder zu verkaufen. Solche Reuse-Fachgeschäfte gibt es laut Pasqual Zopp immer mehr in der Schweiz. Oder das Gerät wird entsorgt, damit wenigstens die Wertstoffe wieder in den Kreislauf gelangen.
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