Fremde Vögel in der SchweizWarum zwei Vogelarten im Tessin Besorgnis auslösen
Im Tessin wurden Pharaonenibisse und Halsbandsittiche gesichtet. Für einheimische Arten können die Eindringlinge gefährlich werden – sie haben aber auch ihren Nutzen.

- Der Pharaonenibis breitet sich vom italienischen Grenzgebiet ins Tessin aus.
- Die exotischen Vögel bedrohen einheimische Arten durch Nestplünderungen.
- Heilige Ibisse könnten bei der Bekämpfung des invasiven Louisianakrebses helfen.
- Halsbandsittiche verdrängen in Tessiner Städten gefährdete Mauersegler aus ihren Nistplätzen.
Fremde Vögel lösen im Tessin Sorgen aus. Eingewandert sind sie wohl aus Italien. Es handelt sich dabei um den Pharaonenibis und den Halsbandsittich.
Der Pharaonenibis stammt ursprünglich aus der Region südlich der Sahara. Auch am Persischen Golf gibt es einige Kolonien. Vor 2000 Jahren lebte er auch in Ägypten, wo er als göttliches Symbol verehrt und in Verbindung mit Thot, der Gottheit der Weisheit, in Verbindung gebracht wurde. Er wird deshalb auch heiliger Ibis genannt.

Die Pharaonenibisse stammen aus derselben Familie wie der Waldrapp und wurden aufgrund ihres exotischen Aussehens in den 1970er- und 80er-Jahren von Zoos in Frankreich nach Europa importiert. In einem Vogelpark in der Bretagne lebten die Ibisse frei fliegend und haben sich seither in Frankreich stark verbreitet, auch nach Belgien, in die Niederlande oder nach Italien.
Pharaonenibis gilt in der EU als «unerwünscht»
Die Vögel gelten in der EU als invasiv und bedrohen die einheimischen Tiere. 2016 nahm die EU den Pharaonenibis in die «Liste der unerwünschten Spezies» auf. In Norditalien sind die Probleme bereits bekannt, nun fürchtet man sich auch im Tessin vor dem Einwanderer, wie die Ornithologin Chiara Scandolara von der Vogelschutzorganisation Ficedula dem italienischsprachigen SRG-Sender RSI sagt.

«In Norditalien wurden ganze Kolonien von Graureihern und anderen Arten von diesen Ibissen zerstört», warnt Scandolara. Der Pharaonenibis isst mehrheitlich Reptilien, Fische, Krebstiere, grosse Insekten, Schnecken oder Aas, er raubt aber auch Eier und Nestlinge. In Südafrika oder Frankreich gelten andere Vogelarten wie beispielsweise Seeschwalben als durch Pharaonenibisse bedroht.
Pharaonenibis frisst invasiven Louisianakrebs
Seine Fressgewohnheiten könnten andererseits aber auch nützlich sein. Die Ibisse könnten bei der Bekämpfung des Louisianakrebses helfen, der im Tessin weit verbreitet ist, sagt Scandolara zu RSI.

Und auch eine französische Langzeitstudie kam zum Schluss, dass der Pharaonenibis zu Unrecht als invasiv eingestuft werde. Seine Verbreitung in Europa folge jener des invasiven Louisianakrebses. Ohne diese Nahrungsquelle wäre der Bestand viel kleiner, der heilige Ibis sei deshalb nur ein Nutzniesser der sich verändernden Fauna.
Halsbandsittich gefährdet bedrohte Mauersegler
Neben dem Pharaonenibis bereitet im Tessin auch der Halsbandsittich Sorgen. In Bellinzona, Gudo, Ascona, Losone und der Region Lugano wurden frei lebende Exemplare gesichtet, sagt Scandolara im Tessiner Fernsehen. Diese Meldungen konnte sie anhand von Fotos und Videos bestätigen.

Auch der Halsbandsittich stammt ursprünglich aus dem südlichen Afrika sowie aus der asiatischen Region um Indien und Pakistan. Er gilt als sehr anpassungsfähig und hat sich weltweit verbreitet, da er auch bei tiefen Temperaturen und in städtischen Gebieten überleben kann. Einzelne Exemplare wurden auch schon in Zürich gesichtet.
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Vogelexpertin Scandolara macht vor allem die Dominanz des Papageis zu schaffen. Er niste in Hohlräumen und mache dabei einheimischen Vögeln Konkurrenz um die Brutplätze, sagt sie. «Insbesondere in Städten kann er den bedrohten Mauerseglern Probleme bereiten», warnt Scandolara bei RSI.
Halsbandsittich sorgt in Städten für Wohnungsnot
Im nördlichen Deutschland leben einige Tausend dieser Papageien, wobei die Auswirkungen der Vogelart nicht zweifelsfrei geklärt ist. Der Naturschutzbund Nabu warnt aber ebenfalls, dass der dominante Halsbandsittich viele Bruthöhlen beanspruche und so einheimische Vögel insbesondere in Städten mit einer akuten Wohnungsnot konfrontiert sind.

Zudem wird auch die Nahrungskonkurrenz zu anderen fruchtfressenden Vogelarten als Grund für Besorgnis angegeben. Die Halsbandsittiche fliegen auf Nahrungssuche in Schwärmen aus, was für Vogelfreunde ein Schauspiel sein kann. Viele Menschen in Deutschland empfinden die Exoten aber eher als Lärmbelästigung, und auch die Exkremente der grünen Vogelschwärme sorgen in Gartenwirtschaften unter lauschigen Bäumen eher für Ärger als für Freude.
Die beiden neu beobachteten Arten seien deshalb nicht unbedingt positiv für die Biodiversität in der Schweiz, sagt Scandolara abschliessend. Man müsse nun schauen, wie sich Pharaonenibis und Halsbandsittich im Tessin ausbreiten oder ob sie wieder verschwinden.
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