Imker warnenAsiatische Hornissen köpfen Bienen und vermehren sich rasant
Plus 174 Prozent: Die fremde Insektenart hat sich 2024 stark verbreitet. Ihre schnelle Invasion beunruhigt – und sorgt für politischen Unmut.

- Die Zahl der Asiatischen Hornissen hat sich im vergangenen Jahr etwa verdreifacht.
- Imker sind besorgt, da die Hornissen Bienenvölker angreifen.
- Politische Forderungen nach einer nationalen Bekämpfungsstrategie werden laut.
Die Verbreitung der Asiatischen Hornisse schreitet rasant voran. Das zeigen die Zahlen, die Carine Vogel am Wochenende in Bern präsentiert hat. Die Biologin führt die offizielle Schweizer Meldeplattform und hat an einer Insektentagung erstmals die Daten für 2024 vorgestellt.
3829 bestätigte Funde sind ihr im vergangenen Jahr gemeldet worden, im Vorjahr waren es noch 1399. Die Asiatischen Hornissen haben sich also innert lediglich eines Jahres etwa verdreifacht.
Dies macht den Imkerinnen und Imkern Sorgen. Denn die Asiatischen Hornissen setzen den Honigbienen zu. Sie lauern vor den Imkerkästen, schnappen sich fliegende Bienen und trennen ihnen den Kopf ab. Danach verfüttern sie den proteinhaltigen Körper ihrem Nachwuchs.
«Eine höllische Menge»
Über zehn Kilogramm Insekten vertilgt ein einziges Hornissennest pro Jahr. «Eine höllische Menge», sagt Martin Schwegler, Zentralpräsident des Imkerverbands Bienen Schweiz. Das entspreche etwa dem Gesamtgewicht von vier Bienenschwärmen.
Aufgrund der Belagerung durch die Asiatischen Hornissen trauen sich die Bienen oft nicht mehr aus den Bienenstöcken. In der Folge werden sie mangels Nahrung geschwächt und verenden schlimmstenfalls.
Es trifft aber nicht nur die Honigbienen. «Die Asiatische Hornisse stellt für die gesamte einheimische Insektenwelt eine grosse Bedrohung dar», mahnt der Bienengesundheitsdienst Apiservice. Die Invasoren machen sich nämlich auch über andere Bestäuber her – mit potenziellen Folgen für die Biodiversität und die Landwirtschaft.
Aus Asien über Frankreich in die Schweiz
Die Asiatischen Hornissen sind vor rund 20 Jahren nach Europa gelangt – wahrscheinlich mit einer Schiffsladung aus China. Danach haben sie sich zuerst im Südwesten Frankreichs ausgebreitet, seither erobern sie immer weitere Teile von Europa.
In der Schweiz hat man sie 2017 erstmals entdeckt – im Jura. Inzwischen sind die Asiatischen Hornissen in der Westschweiz bereits weitverbreitet, nun machen sie sich auch in der Deutschschweiz breit – insbesondere im Kanton Bern und in der Region Basel, aber auch im Raum Zürich.

Vor allem in tieferen Lagen bereiten sie Imkern Probleme. «Es trifft zuerst die Völker, die bereits geschwächt sind – etwa durch die Varroamilbe», weiss Fabian Trüb vom Bienengesundheitsdienst. Gesunde und starke Völker könnten die Angriffe besser verkraften.
Imker versuchen, die Asiatischen Hornissen zu bekämpfen, indem sie deren Nester zerstören lassen. Fast 700 Nester wurden 2024 bereits vernichtet. Im Vorjahr waren es noch 222 und 2022 erst deren 11. Die Zahl fürs vergangene Jahr ist noch provisorisch, da noch nicht alle Daten der Kantone vorliegen.
«Endlich Taten statt schöner Worte»
Der Trend dürfte sich in den nächsten Jahren fortsetzen. Denn die Asiatische Hornisse hat in der Schweiz kaum natürliche Feinde. Entsprechend rasant kann sie sich vermehren.
Das schreckt auch Politikerinnen und Politiker auf. «Die Asiatische Hornisse ist dramatisch im Vormarsch», mahnt die grüne Baselbieter Ständerätin Maya Graf in einem Vorstoss und verlangt: «Der Bund muss nun sofort handeln, sich besser koordinieren und die Kantone effektiver unterstützen.» Derzeit seien nicht weniger als drei Bundesämter zuständig, und deren Koordination sei alles andere als optimal. «Es braucht nun dringend eine nationale Bekämpfungsstrategie durch den Bund», so Graf.
Die Baselbieterin ist nicht die Erste, die nach Massnahmen ruft. Bereits 2020 machte die heutige Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider auf das Problem aufmerksam – damals noch als jurassische Ständerätin. Seither wurden die parlamentarischen Warnrufe eindringlicher. «Endlich Taten statt schöner Worte» verlangte der Zuger Mitte-Ständerat Peter Hegglin mittels verbindlicher Motion. Und der Walliser Mitte-Nationalrat Benjamin Roduit doppelte nach: «Der Bund muss jetzt handeln!»
Der Bundesrat wollte freilich davon nichts wissen und empfahl beide Vorstösse zur Ablehnung. Doch sowohl der National- als auch der Ständerat haben Hegglins Motion leicht modifiziert angenommen. Jene von Roduit haben sie noch nicht behandelt.
Schwieriger zu bekämpfen als die Tigermücke
Die Hornissenbekämpfer fühlen sich derweil vom Bund mangelhaft unterstützt. «Es fehlt die gesetzliche Grundlage für eine nationale Bekämpfungsstrategie», sagt Imkerpräsident Schwegler. Und in den Kantonen fehle das Geld.
Das sieht auch Daniel Cherix so. Der emeritierte Professor für Biologie an der Uni Lausanne engagiert sich schon länger im Kampf gegen die Asiatischen Hornissen. Doch wenn es so weitergehe, sagt er, werde man den Kampf wohl verlieren. Es gehe kaum vorwärts. Er möchte mit der Bekämpfung zumindest Zeit gewinnen, um währenddessen zu lernen, wie man mit dem Problem umgehen kann.
Das Bundesamt für Umwelt (Bafu) entgegnet den Kritikern: «Im Rahmen der vorhandenen Mittel räumt das Bafu der Asiatischen Hornisse hohe Priorität ein.» Deren Bekämpfung sei aber schwieriger als jene der Tigermücke. Zum einen, weil die Asiatischen Hornissen teilweise in den Wipfeln von Bäumen im Wald nisteten, während die Tigermücke in Siedlungsnähe vorkomme, wo man sie einfacher bekämpfen könne. Zum andern verbreite sich die Asiatische Hornisse wesentlich schneller als die Tigermücke.
Stiche nicht sonderlich gefährlich
In diesem Frühjahr will das Bafu der Motion Hegglin nachkommen und einen Vorschlag unterbreiten, inwiefern vermehrt Chemikalien gegen die Asiatischen Hornissen eingesetzt werden dürfen.
Für die Menschen ist die invasive Insektenart nicht gefährlicher als die einheimische Hornisse. Kritisch ist ein Stich nur für jene, die allergisch auf Insektengifte reagieren. In der Regel greifen Asiatische Hornissen Menschen aber nur an, wenn ihr Nest bedroht wird oder sie sich bedrängt fühlen.
Man erkennt die Asiatischen Hornissen an ihren gelben Beinen und ihrem schwarzen Rumpf. Ihre Nester bauen sie oft in Bäumen, Sträuchern und Dächern – häufig birnenförmig mit einem seitlichen Eingang. Bei den Europäischen Hornissen befindet sich das Loch unten.
Wenn Sie eine verdächtige Hornisse oder ein Nest entdecken, fotografieren oder filmen Sie den Fund und schicken Sie die Bilder mit genauer Angabe des Aufnahmeorts und des Aufnahmedatums sowie Ihren Kontaktdaten über die Website www.asiatischehornisse.ch. «Besser einmal zu viel als einmal zu wenig», so Carine Vogel. Man nehme lieber Fehlalarme in Kauf, als einen Fund zu verpassen. Die Meldeplattform informiert dann den zuständigen Kanton. Selbst zerstören sollte man ein Nest auf keinen Fall. Das ist gefährlich und gehört in die Hände von Fachleuten.
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