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Hohe Nachfrage nach Futter
Vögel füttern hilft den Händlern, der Vogelwelt aber kaum

Blaumeise Parus caeruleus hängt an einem Meisenknödel, Vogelfütterung im Winter, Schleswig-Holstein, Deutschland, Europa *** Blue Tit Parus caeruleus Hangs to a Fat balls, Bird feeding at Winter, Schleswig Holstein, Germany, Europe Copyright: imageBROKER/JustusxdexCuveland ibxuve10145073.jpg Bitte beachten Sie die gesetzlichen Bestimmungen des deutschen Urheberrechtes hinsichtlich der Namensnennung des Fotografen im direkten Umfeld der Veröffentlichung
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In Kürze:
  • Vogelfutter wird bereits ab Oktober statt wie in früheren Jahren erst im Januar verkauft.
  • Während der Pandemie 2021 stieg die Nachfrage nach Vogelfutter stark an.
  • Milde Winter bremsen den Verkauf von Vogelfutter nur geringfügig.
  • Naturfreundliche Gartengestaltung wäre nützlicher als intensive Vogelfütterung.

Vor den Eingängen vieler Filialen von Migros, Coop, Landi oder Lidl stehen derzeit ganze Paletten voller Vogelfutter. Das erstaunt: Im November liegen die Tagestemperaturen noch im zweistelligen Bereich. Wildvögel, für die die Massen an Futter gedacht sind, haben kein Problem, solches in der Natur zu finden.

In den letzten Jahren hat sich aber nicht nur der Verkaufsstart verschoben. Auch die Umsatzzahlen sind gestiegen, wie die Detailhändler mitteilen.

Coop will keine Zahlen nennen, die Medienstelle sagt aber: «Während der Pandemie im Jahr 2021 nahm die Nachfrage stark zu. Im Folgejahr ging sie leicht zurück, bevor sie im letzten Jahr wieder anstieg.» Die Onlinehändler Galaxus und Brack verzeichnen derweil grössere Anstiege. Bei der Migros-Tochter sind die Verkäufe 2021 um 340 Prozent und in den Folgejahren um 69 beziehungsweise 15 Prozent gestiegen. Brack meldet: «Von 2022 bis 2023 ist der Umsatz mit Vogelfutter um rund 25 Prozent gestiegen. 2024 dürfte der Umsatz weiter steigen.»

Wenn es kälter wird, wachsen die Verkaufszahlen bei Vogelfutter

Lidl macht keine konkreten Angaben: «Wir können jedoch sagen, dass die Nachfrage in den letzten Jahren tendenziell leicht angestiegen ist», schreibt eine Mediensprecherin. Die Entwicklung hänge jeweils stark von den Witterungsbedingungen ab. «Wenn die Temperaturen sinken und Schneefall einsetzt, verzeichnen wir regelmässig einen deutlichen Anstieg der Abverkäufe», so die Lidl-Medienstelle.

Die Migros spürt hingegen die milderen Temperaturen bei den Verkäufen und stellt einen «leichten Rückgang» fest. In den Filialen der Landi seien die Umsätze beim Freiland- und Wildvogelfutter «stabil hoch», so die Medienstelle des Landi-Mutterkonzerns Fenaco: «Das Spitzenjahr war 2022.» Rückläufig seien die Verkäufe hingegen bei Volg, einer weiteren Fenaco-Tochter, «was mit den wärmeren Wintern zusammenhängt».

Gerade im Trend: Vogelhäuschen mit eingebauter Kamera, mit der man keine Besucher mehr verpasst.

Auch die Schweizer Vogelfutterherstellerin Eric Schweizer AG aus Thun erkennt eine «zunehmende Beliebtheit» der Wildvögelfütterung: «Insbesondere in den Jahren 2020 bis 2022 ist der Markt gewachsen», sagt Product Manager Rolf Wyss. Das Unternehmen produziert jährlich ungefähr tausend Tonnen Vogelfutter.

Gründe für dessen wachsende Beliebtheit sieht Wyss in den Corona-Lockdowns, «mehr Bewusstsein für Natur und Tiere, gehäuften Extremsituationen und persönliche Erlebnissen und Beobachtungen». Aktuell steht ein Relaunch des Sortimentes an. Es sollt mit acht verschiedenen, «teils optimierten» Mischungen «nicht zuletzt optisch auffallen und die Kunden ansprechen», so Wyss. Der Relaunch sei im vollen Gange und die Artikel ab diesem Herbst in Fachmärkten verfügbar.

Füttern bietet einen «Zugang zur Vogelwelt»

Während also Corona die Verkäufe von Vogelfutter für Wildvögel ankurbelte, werden sie durch die milden Winter der letzten Jahre ein wenig gebremst. Schnee im Flachland ist längst eine nostalgische Seltenheit, für Wildvögel kritische Temperaturen gibt es nur noch selten. Warum aber kaufen Konsumentinnen und Konsumenten dennoch massenhaft Vogelfutter?

«Vögel sind sehr beliebt, und viele Menschen freuen sich, wenn sie sie auf ihren Balkonen oder in ihren Gärten beobachten können», sagt Vogelwarte-Sprecher Livio Rey. «Die Vogelfütterung ist ein grosses Thema und ermöglicht den Leuten einen Zugang zur Vogelwelt, was sie längerfristig auch für deren Anliegen sensibilisieren kann.»

Das steigende Interesse von Schweizerinnen und Schweizern an Vogelfutter zeigt sich auch in den Google-Suchen der letzten Jahre. Das Analysetool Google Trends weist ein seit 2018 stark steigendes Suchvolumen aus, mit Spitzen während des Corona-Jahres 2021.

Möglicherweise ist hier auch der Einfluss des deutschen Ornithologen Peter Berthold erkennbar, der nicht nur die Winter-, sondern eine Ganzjahresfütterung von Wildvögeln propagiert. Berthold ist in den letzten Jahren auf vielen Medienkanälen präsent gewesen.

Gefährdete oder seltene Vogelarten kommen kaum an Futterstellen

«Sein Argument: Die Vögel finden in der Natur so wenig Nahrung, dass man sie füttern muss», so Rey. «Doch diese These ist zu einfach.» Ganz allgemein werde der Nutzen der Vogelfütterung überschätzt: «Es gibt Studien, die zeigen, dass gewisse Arten bei der Fütterung bevorzugt werden, aber auch dass dadurch Krankheiten leichter übertragen werden können.»

Diejenigen Vögel, die von einer Zufütterung profitierten, zählten zu den häufigen Arten und seien meist nicht bedroht, schreibt die Vogelwarte in einer Mitteilung. Gefährdete oder seltene Arten hingegen kämen kaum an eine Futterstelle. Sie leben eher in den Wäldern, im Kulturland oder in Feuchtgebieten. Allgemein gilt laut der Vogelwarte: Kleinvögel, die im Winter in unseren Gefilden bleiben, sind «gut an die winterlichen Bedingungen angepasst, und sie finden selbst ausreichend Nahrung».

Einzig wenn über längere Zeit eine geschlossene Schneedecke liege oder Bodenfrost herrsche, helfe die Fütterung beim Überleben. Und besser als die Fütterung, so Livio Rey, wäre eine entsprechende Gartengestaltung: «Am besten wären allerdings natur- und vogelfreundliche Gärten.»