Schweizer Uhren-Manager Marc Hayek – einst Wirt, bald Swatch-Chef?
Heute legt der Konzern das Jahresergebnis vor. Mit dabei: Marc A. Hayek, Neffe des Chefs. Er ist in bester Position, dereinst selbst auf dem Posten zu landen.
Noch gehört Marc Alexander Hayek zu den unauffälligeren Mitgliedern der Uhrendynastie Hayek. Kein Wunder, denn die Fussstapfen sind gross: Der inzwischen verstorbene Grossvater Nicolas Hayek hat die Swatch Group mit Marken wie Swatch, Omega, Longines und Tissot gegründet. Onkel Nick Hayek ist Konzernchef der von der Familie Hayek kontrollierten Uhrengruppe mit Sitz in Biel. Und Mutter Nayla Hayek ist Verwaltungsratspräsidentin der Firma.
Trotzdem sollten der Einfluss und die Rolle von Marc Hayek nicht unterschätzt werden. Gerade erst ist der 53-Jährige als Verwaltungsrat der Swatch Group vorgeschlagen worden. Die Wahl ins Aufsichtsgremium im Mai dürfte eine Formsache sein.
Seit 2005 ist Hayek Teil der Geschäftsleitung des Uhrenkonzerns. Dort verantwortet er die Prestigemarken Blancpain, Breguet, Jaquet Droz und Glashütte Original.
Mit Blancpain feierte er zuletzt einen Erfolg: Mit der Uhr «Blancpain X Swatch», einer Zusammenarbeit zwischen der Billigmarke Swatch und dem Luxusuhrenhersteller Blancpain, sorgt die Swatch Group für einen anhaltenden Rummel. Im Zeitalter von Onlineshops steht die Kundschaft wieder Schlange vor Swatch-Läden – etwa in Basel und Biel. Das weckt Erinnerungen an die Boomjahre der Marke Swatch in den 1990ern. (Geldberater: Aktien sollte man nicht aus Sympathie kaufen – auch bei Swatch Group nicht)
Als Topmanager der Swatch Group vertritt Marc Hayek das Unternehmen nach aussen. Der nächste Auftritt ist für Donnerstag vorgesehen, wenn er zusammen mit Nick Hayek an der Bilanzmedienkonferenz das Jahresergebnis 2023 erläutern wird. Mit seiner sonoren Stimme kommt Marc Hayek als ruhig und bescheiden rüber.
Der stete Aufstieg innerhalb der Swatch Group sehen Branchenbeobachter als Zeichen dafür, dass Hayek dereinst die Nachfolge seines Onkels als Konzernchef antreten soll. Nick Hayek jedenfalls traut es seinem Neffen zu: «Marc macht einen super Job. Er hat ohne Zweifel das Potenzial, die Swatch Group erfolgreich zu führen», sagte er im Interview mit der «Bilanz». Eine Verpflichtung dazu gebe es aber nicht: «Vielleicht möchte er etwas ganz anderes machen. Er soll sich nicht gezwungen fühlen.»
Darauf angesprochen, ob er sich die Funktion des Konzernchefs zutrauen würde, antwortete Marc Hayek: «Sollte es eines Tages so weit kommen, dass es mich dort braucht, und sollte der Verwaltungsrat das so wollen: dann ja.» Man habe ihn jedoch nie dazu gedrängt, in die Fussstapfen des Grossvaters oder des Onkels zu treten. Anfragen dieser Redaktion für ein Gespräch liess Hayek unbeantwortet.
Zweifel an Leistungsbilanz
Ehemalige Kadermitarbeiter der Gruppe sehen die Leistungsbilanz von Marc Hayek kritischer. Sie verweisen darauf, dass die von ihm geführten Luxusuhrenmarken im Vergleich zur Konkurrenz Marktanteile verlieren oder zumindest keine Marktanteile gewinnen.
Besonders auffällig sei dies bei Breguet. «Innerhalb der Uhrenindustrie hat diese Marke wegen ihres Erbes eine einmalige Stellung», sagt ein Insider. Er könne es deshalb nicht verstehen, warum es Hayek nicht schaffe, dieses Potenzial auszuschöpfen und Breguet aufleben zu lassen. Weil sie nach wie vor in der Uhrenindustrie arbeiten, wollen die Auskunftspersonen ungenannt bleiben.
Sein Weg an die Spitze der Swatch Group verläuft alles andere als geradlinig. Marc Hayek hätte Rennfahrer werden können; die finanziellen Mittel für den teuren Motorsport wären vorhanden gewesen: Schon früh beginnt er mit dieser Sportart. Er sitzt im Alter von sechs Jahren auf dem Motorrad und nimmt mit zehn Jahren an Wettkämpfen teil. Bis zu seinem 24. Lebensjahr fährt er Kart und Superbike. Zudem versucht sich Hayek als Fahrer für den Rennstall Lamborghini Blancpain Super Trofeo / Reiter Engineering. Als solcher gewann er 2010 ein Rennen auf dem Hockenheim-Ring.
Dennoch folgt Hayek dem Ruf des Familienunternehmens. Nach einem Semester als Maschineningenieurstudent und einem Betriebswirtschaftsstudium in Kalifornien wird er mit 21 Jahren Marketingassistent bei der Marke Swatch. Zwei Jahre später wechselt er zu Certina.
Dann kommt es zu einem Bruch in der Karriere. Hayek verlässt den Konzern, um in Zürich das Restaurant Colors zu eröffnen. Es ist ein Lokal, das neben dem guten Essen edle Weine und teure Zigarren anbietet. Dazu passt, dass Hayek ein Diplom in Önologie erworben hat. «Ich war eine Nummer in einer grossen Firma, deshalb wollte ich auch einmal raus aus dieser Struktur. Mein Grossvater liess mich gehen, aber insgeheim hoffte er, dass ich in der Swatch-Gruppe weitermachen würde», sagte er gegenüber dem «Bund».
Eine gute Gelegenheit für eine Rückkehr in die Swatch Group ergibt sich 2002. Grossvater Nicolas Hayek, damals Konzernchef und Verwaltungsratspräsident der Swatch Group, macht seinen Enkel zum Markenchef von Blancpain. Das Verhältnis der beiden ist eng. Marc Hayek wuchs nach der Scheidung seiner Eltern ab dem dritten Lebensjahr bei seinen Grosseltern auf.
Vom Firmengründer habe er viel gelernt, sagt Marc Hayek: «Ich erinnere mich, wie mein Grossvater zu Hause am Tisch sass und das Budget bearbeitete. So bekam ich en passant vieles mit, was vielleicht zur Folge hatte, dass ich mich heute gern mit Zahlen befasse.»
Das ist schon mal eine wichtige Voraussetzung, um in Zukunft die Swatch Group zu führen.
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