Armeebudgets in EuropaTrump fordert 5 Prozent – so hoch sind die Militärausgaben in der Schweiz und den Nato-Ländern
Die Europäer müssten mehr Geld für die Verteidigung ausgeben, findet der US-Präsident. Wie die Zahlen heute aussehen.
- Die Invasion in die Ukraine führte zu einer Erhöhung der Militärbudgets in Europa, insbesondere in den Nato-Staaten.
- Trump fordert, dass die Nato-Länder 5 Prozent ihres BIP für die Verteidigung ausgeben.
- Die Militärausgaben von 8 der 32 Mitgliedstaaten der Nato belaufen sich auf weniger als 2 Prozent des BIP.
Donald Trump setzt mit seinem Alleingang im Ukraine-Krieg ganz Europa unter Druck. Er kündigt Friedensverhandlungen mit Wladimir Putin an, sagte der US-Präsident, darüber werden die Ukraine und die EU gerade mal informiert. Die Botschaft an Europa ist denn auch: Die Ukraine ist euer Problem.
In diesem Zusammenhang erhält eine andere Forderung neue Aktualität: Nato-Länder müssten 5 Prozent ihres Bruttoinlandprodukts (BIP) für die Verteidigung aufwenden, sagt Trump.
Vor seiner ersten Präsidentschaft stellten die meisten Nato-Mitgliedsstaaten weniger als 2 Prozent ihres BIP für Militärausgaben bereit, obwohl sie sich 2014 dazu verpflichtet hatten, 2 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) für die Verteidigung auszugeben.
Der US-Präsident erinnert die Nato-Mitglieder regelmässig daran, dass das Bündnis kein kostenloser Service ist. Nun soll das Preisschild also statt 2 neu 5 Prozent sein. Diese Forderung wirft Fragen bezüglich ihrer Durchführbarkeit und der Folgen für die europäischen Staaten auf.
Die Aufstockung der Waffenlager und die Erhöhung des Militärbudgets werden seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine 2022 in vielen Ländern stärker priorisiert. Und das nicht nur in Ländern, die an die Ukraine angrenzen und sich von Russland direkt bedroht fühlen, sondern in ganz Europa.
«Alle europäischen Länder haben ihre Ausgaben stark erhöht», sagt Jean-Marc Rickli, Sicherheitsexperte am Geneva Center for Security Policy (GCSP). «Allen voran Polen. Seit dem gross angelegten Angriffskrieg gegen die Ukraine hat die russische Bedrohung bei diesen Staaten strategische Priorität. Eine Unterstützung durch die USA kann seit Trump nicht mehr als selbstverständlich betrachtet werden.»
Polen verfügt mittlerweile über die grösste Armee Europas. Zwischen 2021 und 2024 stieg der für die Verteidigung ausgegebene BIP-Anteil von 2,22 Prozent auf 4,12 Prozent. Somit ist es das Nato-Land mit den höchsten Investitionen im Verhältnis zu seiner Wirtschaft.
Heute haben acht Mitgliedstaaten die 2-Prozent-Marke noch nicht erreicht: Italien, Spanien, Belgien, Litauen, Kroatien, Slowenien, Luxemburg und Kanada.
Exorbitante Ausgaben
Die von Trump geforderten 5 Prozent des BIP für die Verteidigung werden angesichts der aktuellen Wirtschaftslage als ehrgeizig und sogar unrealistisch eingeschätzt. Drei Jahre nach Beginn des gross angelegten Kriegs gegen die Ukraine sieht sich Europa mit einem langsameren Wachstum konfrontiert, die öffentlichen Finanzen stehen unter Druck.
Selbst in den USA würde ein solches Ziel eine grosse Herausforderung darstellen. Das Budget des Pentagons beläuft sich auf etwa 3,5 Prozent des BIP und liegt damit weit unter den geforderten 5 Prozent. In Deutschland würde diese Forderung einen Aufwand von über 200 Milliarden Euro bedeuten, was fast die Hälfte des Bundeshaushalts darstellt, der bei weniger als 500 Milliarden Euro liegt.
«Trump setzt die Ziele in seinen Verhandlungsstrategien zu Beginn sehr hoch an, um später vielleicht etwas nachgeben zu können. Das bedeutet wiederum, dass sich seine Gegner positionieren müssen. Schaut man sich die Zahlen vor Trumps erster Präsidentschaft an, sieht man, dass die europäischen Staaten grösstenteils unter 2 Prozent lagen.»
Der Druck zeigte Wirkung: 2021 erhöhten die meisten Mitgliedstaaten ihre Ausgaben, nur ein Dutzend liegt noch unter den 2 Prozent, wie aus Daten des Internationalen Friedensforschungsinstituts (Sipri) in Stockholm hervorgeht.
Die US-amerikanische Rüstungsindustrie profitiert
Dieser Anstieg kommt weitgehend der US-amerikanischen Rüstungsindustrie zugute. «Schaut man sich an, wo europäische Staaten ihre Rüstungsgüter kaufen, sieht man, dass es insbesondere amerikanische Unternehmen sind, die profitieren», betont Jean-Marc Rickli.
«Wir sind zu einem der wichtigsten Kunden der US-Militärindustrie geworden», meint der polnische Aussenminister Radosław Sikorski. «Wir kaufen Patriot-Raketensysteme, Abrams-Panzer, Apache-Hubschrauber und F-35-Kampfflugzeuge, die in den USA hergestellt werden.»
Und in der Schweiz?
Die Schweiz ist nicht Mitglied der Nato und gibt mit 0,75 Prozent ihres BIP einen deutlich geringeren Anteil für die Verteidigung aus. «Wir versuchen, bis 2030 auf 1 Prozent zu kommen, aber das ist noch weit von den Zielen entfernt, die von Nato-Mitgliedern gefordert werden», sagt Jean-Marc Rickli.
Wenn die Schweiz sich an die Forderung von Donald Trump halten und 5 Prozent ihres BIP in die Verteidigung investieren würde, wäre das mit astronomischen Kosten verbunden: Das entspräche fast 45 Milliarden Schweizer Franken, was mehr als die Hälfte des aktuellen Bundesbudgets von 86,5 Milliarden Franken ist.
Aus dem Französischen übersetzt von Marina Galli
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