Nahende ErkältungssaisonVermehrt Knappheit bei Medikamenten – auch Antibiotika betroffen
Schon jetzt gibt es Lieferengpässe. Sie dürften sich mit dem Anstieg der Nachfrage im Winter verstärken. Die Pflichtlager sollen nun ausgebaut werden.
Die oberste Apothekerin warnt mit Blick auf die nahende Erkältungszeit vor einer Zuspitzung der Engpässe bei Medikamenten. «Die Lieferengpässe sind im Moment sehr häufig, und wenn die Nachfrage stark ansteigt wie mit dem Beginn der kalten Jahreszeit, könnte es in diesem Winter erneut zu einer Eskalation kommen», sagt Pharmasuisse-Präsidentin Martine Ruggli-Ducrot dieser Redaktion.
Auch der Bund schätzt die Lage der Medikamentenversorgung weiter als problematisch ein. «Die Störungen betreffen nicht mehr nur den Spitalbereich, sondern vermehrt auch den ambulanten», sagt Jaakko Havela, Sprecher des Bundesamtes für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL). Dazu gehört die Versorgung ausserhalb von Spitälern, etwa in Arztpraxen oder Apotheken.
Drei Arzneigruppen besonders betroffen
Problematisch sei die Versorgung derzeit bei Antibiotika zum Einnehmen, bei starken Schmerzmitteln (Opiaten) und bei Impfstoffen gegen Diphterie-Tetanus-Polio sowie Hepatitis. Bei diesen drei Arzneigruppen werde der Markt vermehrt aus den Pflichtlagern versorgt.
Fiebersenkende Mittel wie Ibuprofen oder Paracetamol werden jedoch nicht in Pflichtlagern gehalten, hier hängt die Versorgung allein an der aktuellen Beschaffung. Vergangenes Frühjahr war es auch bei diesen Standardmitteln zu Lieferschwierigkeiten gekommen, insbesondere Husten- und Fiebersirup für Kinder fehlten.
«Extrem angespannter» Markt
Der mit Abstand grösste Medikamentenhändler der Schweiz ist die Galenica-Gruppe. Anders als etwa deutsche Grossisten führt Galenica jedoch keine Liste über die Bestände der am meisten gefragten Arzneimittel. «Eine solche Liste führen wir leider nicht, die Situation im Zusammenhang mit Engpässen ändert sich auch laufend», sagt Sprecher Andreas Petrosino.
Es gibt jedoch auch positive Entwicklungen: Letzten Februar waren unter anderem die Notvorräte des Bundes bei Antibiotika angezapft worden. Die Situation habe sich mittlerweile normalisiert, sodass das Lager wieder aufgebaut werden könne, sagt BWL-Sprecher Havela.
Auch gefüllte Lager schützen jedoch nicht vor neuen Engpässen. Der Markt sei «extrem angespannt», und unvorhergesehene Störungen wie Produktionsausfälle wegen Qualitätsmangels, Naturkatastrophen, ausserordentlicher epidemiologischer Lagen könnten schnell zu Lieferschwierigkeiten führen, so Havella.
In den nächsten Jahren will der Bund daher die Menge der in Pflichtlagern gehaltenen Heilmittel stark ausbauen. Vorschläge für weitere Schritte gegen die notorischen Lieferengpässe will eine Taskforce dem Bundesrat im zweiten Quartal 2024 vorlegen.
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