Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Dringliche Armee-Debatte im Ständerat
Amherd warnt eindringlich vor Anti-F-35-Initiative

Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.

An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Über zwei Stunden lang hat der Ständerat eine dringliche Debatte über den Ukraine-Krieg und seine Folgen für die Schweizer Landesverteidigung geführt.

  • SVP und FDP forderten eine rasche Aufrüstung. Heute sei die Schweizer Armee auf einen Krieg nicht vorbereitet.

  • Linke Votanten sagten demgegenüber, die Armee sei nicht das Hauptthema. Viel dringlicher sei es, der Gefahr einer atomaren Verstrahlung Europas zu begegnen und sich um die vielen Flüchtlinge zu kümmern.

  • Die Mitte-Vertreter, die in dieser Frage die Mehrheiten machen, äusserten sich gegenüber einer Erhöhung des Verteidigungsetats wenig konkret.

  • Verteidigungsministerin Viola Amherd (Die Mitte) zeigte sich offen für ein höheres Verteidigungsbudget. Das müsse aber schrittweise geschehen.

  • Als akutes Problem beschrieb Amherd jedoch die hängige Volksinitiative gegen die Beschaffung des F-35.

Die Zusammenfassung der Debatte

Armeebudget aufstocken, Beschaffung von Kampfjets beschleunigen, Verteidigungsfähigkeit der Schweiz erhöhen: Diese Forderungen haben am Dienstag mehrere Mitglieder des Ständerats aufgestellt.

Die Debatte verlangt hatte der Urner FDP-Ständerat Josef Dittli. Während über zwei Stunden wurden die Folgen des Kriegs für die Schweizer Armee diskutiert. Entscheide wurden keine gefällt, jedoch zeigte sich, in welche Richtung es in den kommenden Monaten gehen könnte.

Aus Sicht der SVP- und FDP-Ständeratsmitglieder muss die Verteidigungsfähigkeit der Schweizer Armee gestärkt werden. Die Bedrohungslage habe sich in den vergangenen Wochen massiv verändert, hiess es etwa. Die Schweizer Armee, wie sie heute existiert, sei dafür zu wenig gut aufgestellt.

Sicherheitsszenarien überdenken

Die in der Debatte aufgestellten Forderungen sind teilweise nicht neu, waren in militärisch ruhigeren Zeiten aber oft nicht mehrheitsfähig. Das könnte sich in den kommenden Monaten ändern. Mehrere bürgerliche Ständerätinnen und Ständeräte plädierten für mehr finanzielle Mittel für die Armee.

Der Rahmenkredit müsse spätestens ab 2024 massiv erhöht werden, sagte Dittli. Unter anderem die Bodentruppen sollten mehr Geld zur Verfügung haben. Der Ausbau der Cyberabwehr reiche nicht, stellte Werner Salzmann (SVP/BE) klar. «Wir können mit IT-Spezialisten keine Panzer zerstören.» Salzmann verglich die Armee mit einer Versicherung: «Welche Leistung sie im Ernstfall erbringt, hängt von der Prämienhöhe ab.»

Verschiedentlich war von einer «Zeitenwende» die Rede. Thierry Burkart (FDP/AG) rief den Bundesrat dazu auf, rasch zu handeln. Es könne nicht sein, dass Europa reagiere und die Schweiz nur analysiere. «Andere neutrale Länder haben bereits mehr Geld für ihre Armeen gesprochen.»

«Aderlass der Armee stoppen»

Alex Kuprecht (SVP/SZ) gab zu bedenken, dass die heutige Truppenstärke von 100'000 Mann nicht ausreiche, um kritische Infrastrukturen zu schützen. Er forderte deshalb, den Bestand um mindestens 20'000 Personen zu verstärken. «Der Aderlass der Armee in Richtung Zivildienst ist zu stoppen.» Daneben brauche es eine Nachbeschaffung von Material und Fahrzeugen.

Weiter forderten die Bürgerlichen, dass die laufende Beschaffung für neue F-35-Kampfjets und für das bodengestützte Luftverteidigungssystem grösserer Reichweite (Bodluv) namens Patriot beschleunigt wird. «Sonst besteht die Gefahr, dass wir mit grosser Verspätung beliefert werden», sagte Andrea Gmür-Schönenberger (Mitte/LU).

Der Bundesrat hatte im vergangenen Juni entschieden, 36 F-35-Kampfjets für 6,035 Milliarden Franken zu beschaffen. Die Allianz von Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (Gsoa), SP und Grünen sammelt zurzeit Unterschriften für eine Volksinitiative gegen den Kauf. Inzwischen hat auch Deutschland Interesse an den F-35-Tarnkappenjets geäussert.

«Frieden erreichen wir nicht durch Aufrüstung»

Die linken Stimmen, im Ständerat klar in der Minderheit, plädierten trotz – oder gerade wegen – der Krisensituation für besonnenes Handeln. Sicherheitspolitik umfasse viel mehr als die militärische, geopolitische Perspektive, hielten mehrere Ständerätinnen und Ständeräte der SP und der Grünen fest.

«Frieden erreichen wir nicht durch Aufrüstung, sondern durch weniger Kriegsmaterial, weniger Panzer», sagte Daniel Jositsch (SP/ZH). Vorschnelle Forderungen nach mehr Geld für die Armee bezeichnete er als populistisch. «Wir können die Schweiz nicht verteidigen, indem wir jedem ein Sturmgewehr in die Hand drücken.»

Auch Céline Vara (Grüne/NE) warnte, jetzt die gesamte Schweizer Sicherheitspolitik infrage zu stellen. Das sei weder nötig noch nützlich. Ein direkter Angriff auf die Schweiz bleibe unwahrscheinlich. Statt neuen Kampfjets solle der Luftraum besser durch europäische Kooperationen geschützt werden.

Amherd offen für Aufstockung

Der Bundesrat ist aktuell daran, einen sicherheitspolitischen Zusatzbericht zu erarbeiten. Darin will er aufzeigen, wie er die Situation der Schweiz nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine beurteilt und welchen Handlungsbedarf er sieht.

Verteidigungsministerin Viola Amherd zeigte sich gegenüber einer Erhöhung des Armeebudgets nicht abgeneigt. Auch eine Forderung nach mehr Personal sei berechtigt, sagte sie. Falls dem Verteidigungsdepartement mehr Geld zur Verfügung stünde, könnten die nötigen Beschaffungen und die Sicherstellung von wichtigen Fähigkeiten der Armee zum Schutz der Schweiz zügiger umgesetzt werden. Anders als gewisse FDP- und SVP-Vertreter plädierte sie aber für ein langsameres Vorgehen. Beschaffungen müssten sorgfältig geprüft werden, immerhin gehe es um Steuergelder.

Amherd warnt vor Anti-F-35-Initiative

Betreffend F-35-Beschaffung sagte Amherd, dass die Initiative das Projekt verzögern und verteuern könnte. Werde die Initiative nicht bis Ende März eingereicht, gebe es «null Chancen, vor 2024 darüber abzustimmen». Die Kaufofferten der USA seien jedoch nur bis Ende März 2023 gültig. Werde die Beschaffung seitens der Schweiz verzögert, hätte dies höhere Kosten zur Folge. «Wenn wir unseren Produktionsslot verpassen, stehen wir möglicherweise hinten an.»

Zum Ukraine-Krieg und dessen Folgen für die Schweiz debattiert am (morgigen) Mittwoch auch der Nationalrat. (SDA/hä)

Die Debatte ist zu Ende

Mit Amherds ausführlichem Statement ist die dringliche Armeedebatte im Ständerat nach über zwei Stunden zu Ende.

Es folgt hier eine Zusammenfassung.

Amherd präzisiert ihr F-35-Problem

Jetzt präzisiert Amherd erstmals im Detail das Problem, das die Volksinitiative gegen den F-35 für ihr Departement verursacht.

Wenn die Initiative nicht noch bis Ende März (also in den nächsten zwei Wochen) eingereicht werde, habe der Bundesrat «null Chancen, die Volksabstimmung vor 2024 abzuhalten». Wenn die Initiative bis Ende März eingereicht werde, sei eine Abstimmung im Jahr 2023 vielleicht noch möglich. Sicher sei aber auch das nicht.

Die Offerte der USA laufe aber im März 2023 ab, sagt Amherd. Zwar verhandle das VBS derzeit mit den USA über eine Erstreckung der Gülitigkeitsfrist der Offerte. Ob das gelinge, sei aber offen.

Wenn die Schweiz die gültige Offerte verstreichen lasse, müsse der Preis neu ausgehandelt werden. Dann werde es möglicherweise teurer. Zudem riskiere die Schweiz, in der Ausliefer-Reihenfolge gegenüber anderen Staat nach hingen zu rücken. «Kampfflugzeuge können nicht an der nächsten Strassenecke gekauft werden», sagt Amherd.

Amherd zeigt sich offen für mehr Geld

Der Bundesrat habe zu den Forderungen nach einem höheren Armeebudget noch nicht behandelt. Aus Sicht des VBS sei aber tatsächlich fraglich, ob das heutige Budget genügend sei, um Land und Volk zu schützen.

Aber, sagt Amherd: Es solle eine schrittweise Erhöhung geben. So könne man zwar Beschaffungen beschleunigen, «aber mit der nötigen Sorgfalt». Immerhin gehe es um Steuergelder.

Amherd: Prioritär sind die Kampfjets

Das VBS und die Armee hätten die aktuelle Bedrohungslage bereits in ihren Planungen der letzten Jahre berücksichtigt. Die Armee sei schon heute auf «ein breites Spektrum von Aufgaben» vorbereitet. Die Schweizer Armee sei «auf Kurs und richtig aufgestellt», auch im Vergleich mit anderen Streitkräften. Ihr Kernauftrag sei schon heute die Verteidigung, so Amherd.

Sie sagt aber, mit mehr Geld könne die Armee ohnehin geplante Beschaffungen – etwa für die Bodentruppen – beschleunigt werden. Die Priorität habe aber der Schutz in der Luft durch die Beschaffung der neuen Kampfjets vom Typ F-35. Das sei dringend, weil sonst eine empfindliche Lücke drohe. Bei den Boden-Luft-Raketen bestehe diese Lücke bereits.

Amherd weist Kritik von rechts zurück

Amherd wehrt sich gegen den Vorwurf, der Bundesrat habe den Krieg nicht kommen sehen. Im Sicherheitspolitischen Bericht vom November 2021 sei ausdrücklich festgehalten, dass im Osten Europas an der Grenze zu Russland das Kriegsrisiko gestiegen sei.

Die Kritik, das VBS und der Bundesrat habe die Augen vor der Realität verschlossen, sei darum schlicht falsch. Man habe seine Lagebeurteilung wohl einfach nicht zur Kenntnis genommen.

Jetzt redet Viola Amherd

Jetzt nimmt Verteidigungsministerin Viola Amherd (Die Mitte) zu den Forderungen und zur Kritik am Bundesrat Stellung, die vor allem SVP- und FDP-Vertreter geäussert hatten.

Sie spricht von den «unermesslichen Leiden der ukrainischen Bevölkerung». Es sei verständlich, dass der Krieg viele Fragen auch über die Sicherheit der Schweiz auslöse.

Maya Graf: Flüchtlinge sind prioritär

Maya Graf (Grüne/BL) sagt hingegen, die offenen Fragen gingen «weit über die Sicherheitspolitik hinaus». Sie plädiert dafür, in der Ukraine-Krieg auch Lehren aus der Pandemie zu ziehen, etwa die Solidarität mit den Schwächsten. Dazu gehöre aber auch, politische Geschäfte mit der nötigen Sorgfalt vorzubereiten. Es gebe «keinen Grund für dieses überhastete Vorgehen» in Sachen Armee.

Prioritär sei, sich um die vielen, vielen Flüchtlinge zu kümmern. Mitten in Europa bahne sich eine humanitäre Katastrophe an. Die Schweiz müsse darum «alle ihre Kräfte bündeln», um den Flüchtlingen vor Ort und in der Schweiz selber zu helfen.

FDP-Vertreter: Schweiz darf sich nicht hinter Nato verstecken

Philippe Bauer (FDP/NE) kritisiert, dass mehrere linke Votanten nicht über die Armee gesprochen hätten, sondern über Themen wie Nahrungsmittelversorgung oder Nuklearsicherheit. Das sei heute schlicht nicht das Thema.

Es gehe nur um eine Frage: «Haben wir auch als Schweiz die Mittel um das zu tun, was derzeit die Ukrainer tun oder versuchen zu tun.» Die Frage stelle sich, ob die Schweiz genügend Flugzeuge und Luftabwehr- und Panzerabwehr-Waffen habe, um sich notfalls zu verteidigen.

Die Schweiz dürfe nicht einfach darauf zählen, dass die Nato faktisch die Schweiz verteidigen, wie man das heute in diesem Saal gehört habe, kritisiert Bauer.

Grüne sehen keinen Handlungsbedarf bei der Armee

Die erste Grüne ergreift das Wort, Céline Vara (NE). Es sei nicht prioritär, die Armee anzupassen, sagt sie. Schliesslich habe das VBS die Sicherheitslage schon vor dem Krieg regelmässig analysiert und einen Angriff auf die Schweiz für unwahrscheinlich gehalten. Das habe sich nicht geändert – unter anderem auch dank der Mobilisierung der Nato-Truppen, welche Europa schützen würden.

Statt die Kampfjets F-35 zu kaufen, solle die Schweiz ihren Luftraum in Zusammenarbeit mit Europa sichern. Die grössten Bedrohungen für die Schweiz gingen derzeit von Cyberangriffen und von einem möglichen Unfall oder eine kriegerische Beschädigung eines ukrainischen Atomkraftwerks aus. «Es ist das, was uns wirklich beunruhigen muss.»

«Europa reagiert, die Schweiz analyisiert»

Jetzt spricht FDP-Präsident Thierry Burkart. So wie Werner Salzmann (SVP) hatte er schon am ersten Sessionstag per Motion eine Erhöhung des Armeebudgets von heute rund 5 auf 7 Milliarden Franken gefordert.

Die Schweiz wäre auf einen konventionellen Krieg nicht vorbereitet, sagt Burkart. An die Adresse von SP-Jositsch, der die europäische Sicherheits-Zusammenarbeit betont hatte, sagt Burkart: Zuerst müsse jedes Land «für seine eigene Sicherheit sorgen». 1990 habe die Schweiz in absoluten Zahlen mehr in die Sicherheit investiert als heute.

Martina Regli von der Tamedia-Infografik hat dazu folgende Grafik vorbereitet. Sie stützt sich auf offizielle Zahlen des Verteidigungsdepartements (VBS):

Wenn man die Militärausgaben im Verhältnis zum Bruttoinlandprodukt in absoluten Zahlen anschauen, gebe es nur wenige Länder auf der Welt, die noch weniger Geld für die Armee ausgäben, sagt Burkart. Man stehe auf einer Stufe mit kleinen oder armen Staaten wie Luxemburg, Madagaskar, Costa Rica, Bénin oder Guatemala. «Wir haben uns für einen fast schon pazifistische Staaten entschieden.»

Er kritisiert, dass der Bundesrat bei einer Stärkung der Armee nicht schneller vorwärts mache. «Europa reagiert, die Schweiz analysiert», fasst Burkart die Position des Bundesrats zusammen – und er meint das nicht positiv.

Auch Mitte-Frau fordert Rückzug der F-35-Initiative

In einem anderem Punkt ist Gmür aber einig mit den Votanten von rechts. Die «schädliche und unselige F-35-Verhinderungsinitiative» sei zurück zu ziehen. Die Initiative sei ein Missbrauch der Volksrechte, so Gmür.

Es gibt doch auch Frauen im Ständerat!

Sicherheitspolitik scheint auch 2022 noch primär eine Männersache zu sein. In der ersten Stunde der Sicherheitsdebatte im Ständerat haben nur Männer geredet.

Andrea Gmür (Mitte/LU) spricht jetzt als erste Frau. Es sei richtig, mehr Geld für die Armee zur Verfügung zu stellen. Es sei aber auch richtig, das «mit kühlem Kopf zu tun», so wie das Verteidigungsdepartement (VBS) dies beabsichtige. Einfach mehr Geld auszugeben ohne zu wissen wofür genau, sei falsch, sagt Gmür an die Adresse von SVP-Ständerat Salzmann und FDP-Vertreter Dittli.

Minder: «Schweiz ist zu stark vom Ausland abhängig»

Dass die bundeseigene Ruag ausgerechnet jetzt die Munitionssparte Ammotec nach Italien verkaufe, sei unverständlich, kritisiert Thomas Minder (parteilos/SH). Lesen Sie hier mehr über diesen Verkauf:

Ganz grundsätzlich müsse die Schweiz ihre Unabhängigkeit gegenüber dem Ausland verbessern. Ausser bei der Munitionsproduktion sei die Schweiz auch bei der Rüstung, bei der Stahlproduktion, bei der Textilwirtschaft und weiteren Bereichen vom Ausland abhängig.

SVP fordert neue Armeereform

SVP-Ständerat Alex Kuprecht (SZ) fordert eine neue Armeereform direkt im Anschluss der derzeit noch laufenden Reform Weiterentwicklung der Armee (WEA). Kuprecht spricht von einer «WEA plus».

Unter anderem müsse dabei die Mobilisierbarkeit der Schweizer Armee verbessert werden. Zudem brauche sie mehr Soldaten, um die wichtigsten Infrastrukturen und Verkehrsachsen schützen zu können. Nötig seien mindestens 120'000 Armeeangehörige statt der heutigen 100'000. Die neuen Kampfjets müssten zudem auch Bodenziele angreifen können. Dass dies nötig sei, zeige der Krieg in der Ukraine.

Zudem brauche es genügend «schwere Kräfte für einen konventionellen Krieg».

Bundesrat soll Atomwaffen-Verbotsvertrag unterschreiben

Jetzt spricht Carlo Sommaruga (SP/GE). Er kritisiert, dass der Ständerat heute im Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg nur über die Schweizer Armee spreche. Die Schweizer Sicherheitspolitik sei schlicht nicht das dringlichste Thema. Die grösste Dringlichkeit bestehe in der «nuklearen Sicherheit Europas». Der Bundesrat müsse nun dringend seine Position überdenken und den internationalen Vertrag unterzeichnen, welcher weltweit die Atomwaffen verbieten will (lesen Sie hier mehr darüber).

Auch die Versorgung mit Nahrungsmitteln sei dringlich, sagt Sommaruga. Die Schweiz müsse namentlich die Länder des Südens unterstützen angesichts der sich abzeichnenen Versorgungsprobleme mit Getreide. Die Ukraine ist der fünftgrösste Exporteur von Getreide weltweit, Russland ist der grösste.

«Die Schweiz ist Passivmitglied der Nato»

Aber, räumt Jositsch ein, die Ausgangslage habe sich tatsächlich geändert. Unter anderem gebe es keine reine regionalen Konflikte mehr, auch der Ukraine-Krieg sei bereits gesamteuropäisch. Ein möglicher Krieg gegen die Schweiz sei nur im Rahmen eines gesamteuropäischen Krieges denkbar. Sowieso könnte sich die Schweiz in einem konventionellen Krieg nie selber verteidigen. An die Adresse von SVP-Vertreter Salzmann sagt er: «Wir sind nicht mehr in den 1930-er und 1940-er Jahren.» Es bringe nichts, jedem Einwohner ein Sturmgewehr in die Hand zu drücken.

De facto, sagt Jositsch, «ist die Schweiz Passivmitglied der Nato». Im Verteidigungsfall sei die Schweiz nicht mehr neutral. Das heisst, dass sich die Schweiz dann «zusammen mit den Nachbarn verteidigen würde».

Darum müsse die Schweiz sich überlegen, wie sie sich in einer gesamteuropäischen Verteidigungsarchitektur orientieren wolle.

«Frieden erreicht man nicht durch mehr Aufrüstung»

Jetzt spricht Daniel Jositsch (SP/ZH). Jositsch ist als Oberstleutnant der vermutlich ranghöchste Sozialdemokrat im Bundesparlament.

«Was diese Welt braucht, ist mehr Frieden», sagt Jositsch. Krieg sei immer eine Katastrophe. «Frieden erreicht man nicht durch mehr Aufrüstung.»

Die rasch Forderung nach mehr Waffen sei «nicht reflektiert», sagt Jositsch an die Adresse von Dittli und Salzmann. Das sei populistisch. Zumindest der Ständerat müsse als «Chambre de réflexion» etwas langfristiger denken.

Zudem wirft er namentlich Dittli vor, er wolle faktisch die Volksinitiative gegen den F-35 «verbieten». Das sei falsch.

Soldaten sollen länger Dienst leisten

Unter anderem fordert Salzmann, dass die Dienstzeit für alle Armeeangehörigen erhöht wird – etwa, indem alle Entlassenen nach Absolvierung ihrer Wiederholungskurse in einer Reserveeinheit eingeteilt blieben. Es soll mehr Militärflugplätze geben, mehr Kampfverbände, mehr Bodentruppen. Zudem brauche es wieder «grosse Truppenübungen» und Wiederholungskurse «wieder in den Dörfern».

SVP kritisiert Gewissensprüfung

Jetzt spricht Werner Salzmann (SVP/BE), der schon am ersten Sessionstag per Motion eine Erhöhung des Armeebudgets von heute rund 5 auf 7 Milliarden Franken gefordert hatte.

Mit diversen Reformschritten der letzten Jahre sei die Bereitschaft und Führungsfähigkeit der Armee stark geschwächt werden, kritisiert Salzmann. Unter anderem erwähnt er ungenügende Ausrüstung und die Abschaffung der Gewissensprüfung. Dadurch seien die Zugänge zum Zivildienst gestiegen und die Bestände der Armee reduziert werden.

Er kritisiert auch, dass gerade jetzt die letzte Schweizer Munitionsfabrik ins Ausland verkauft werde.

Dass sich die Armee so entwickelt habe, sei «die Schuld der Politik» und von «Teilen der Wirtschaft», welche die Unteroffiziers- und Offiziersausbildung nicht mehr unterstützen würden.