Mountainbiker Mathias FlückigerEndlich hat er seinen Kampf gegen die Dopingvorwürfe gewonnen
Nach mehr als zwei belastenden Jahren wurde Mathias Flückiger von allen Vorwürfen der Verletzung von Anti-Doping-Bestimmungen freigesprochen. Der Berner will den Schaden entgolten haben, der Radverband fordert Reformen.
- Mathias Flückiger wurde von allen Dopingvorwürfen vollständig entlastet.
- Swiss Cycling sieht Reformbedarf im Anti-Doping-Kampf und fordert ein Sportgericht.
- Flückiger kritisiert das Versagen der schweizerischen Anti-Doping-Massnahmen stark.
- Der finanzielle Schaden für Flückiger ist erheblich und bleibt unglöst.
Mathias Flückiger ist definitiv von allen Vorwürfen der Verletzung von Anti-Doping-Bestimmungen freigesprochen: Nach Swiss Sport Integrity (SSI) liessen auch der Radweltverband UCI und die Welt-Antidoping-Agentur Wada die Fristen für einen Weiterzug des Verfahrens an den Internationalen Sportgerichtshof verstreichen. Damit geht für den Berner ein langer Kampf gegen ungerechtfertigte Dopinganschuldigungen zu Ende.
«Die Belastung in den letzten zwei Jahren war unglaublich gross. Die Bewältigung dieses Falles mit unendlich vielen Hindernissen war der mit Abstand schwerste und längste Wettkampf in meiner Karriere», erklärte der 36-Jährige in einem Statement. «Ich bin dankbar, dass ich meine Familie, meine Freundin und ein unglaublich gutes Team an meiner Seite hatte. Sie haben es möglich gemacht, dass am Ende die Wahrheit siegte.»
Erschüttertes Vertrauen ins System
Mit dem Freispruch endet eine Geschichte, die nur Verlierer produzierte. Flückiger selbst, der in dieser Zeit nicht nur psychisch an seine Grenzen kam. Aber auch Swiss Sport Integrity: Die obersten Dopingjäger des Landes hatten im Juni 2022 bei Flückiger bei einer Dopingkontrolle die anabole Substanz Zeranol gefunden. Obwohl es sich nicht um eine positive, sondern aufgrund der geringen Menge Zeranol um eine sogenannte atypische Probe handelte, verhängte SSI eine Sperre, ohne Flückiger anzuhören. Und verletzte damit den eigenen standardisierten Ablauf. «Mein Vertrauen ins System der Schweizer Dopingbekämpfung ist erschüttert», so Flückiger.
Beendet ist die Sache für einen der weltbesten Mountainbiker darum noch lange nicht. Er versteht sich als Opfer mehrerer gravierender Verfahrensfehler und sieht sich darin unter anderem von der Disziplinarkammer von Swiss Olympic bestätigt. Nicht weniger als 831 Tage vergingen nach der Probeentnahme, bis der Fall nun zu einem Ende kam. Flückiger: «Ich bin stolz, dass ich nie aufgegeben habe. Dass ich die Kraft hatte, so lange an die Gerechtigkeit zu glauben. Und dass ich über all die Zeit so viele mentale Rückschläge wegstecken konnte.»
Das Urteil der Disziplinarkommission sei fundiert, klar und für Swiss Sport Integrity vernichtend, heisst es in dem Communiqué, Flückiger bleibe konsterniert: Denn weder SSI noch der Verband Swiss Cycling, der den Fall als «positive Probe mit Anabolika» überhaupt erst der Öffentlichkeit kommuniziert hatte, würden sich «in irgendwelcher Form reuig, einsichtig oder sich eines Fehlers bewusst» zeigen.
Der Radverband «freut sich»
Reformbedarf erkennt auch Swiss Cycling. Am Freitagmittag reagierte der Radverband mit einer eigenen Mitteilung, in welcher er sich «über den Freispruch freut». Er stellt fest, dass die Verfahren im Kampf gegen Doping verhältnismässig und generell so ausgestaltet sein müssten, «dass die persönliche Integrität der Betroffenen jederzeit gewährt ist». Das sei in der Causa Flückiger nicht der Fall gewesen.
Von der eigenen Rolle mit der fatalen Kommunikation einer positiven Anabolika-Probe findet sich hingegen kein Wort in dem Communiqué. Es sei vielmehr als Aufruf zu verstehen, Prozesse und Verantwortlichkeiten im Anti-Doping-Kampf klar zu definieren, so Swiss Cycling. Zu diesem Zweck fordert es die Gründung eines Schweizer Sportgerichts.
Finanzieller Schaden soll beglichen werden
Für Flückiger kommt das wohl zu spät. «Das System hat in meinem Fall massiv versagt, und zwar mehrfach. Es muss sichergestellt werden, dass es nie mehr einen solchen Fall im Schweizer Sport gibt. Ich hoffe, dass Swiss Olympic die Weichen für eine lückenlose Aufarbeitung des Falles stellt», so der Weltcupsieger von 2021.
Der Schaden für den Berner ist massiv, auch finanziell. Zwar wurde Swiss Sport Integrity zur Zahlung von 3000 Franken Verfahrenskosten und zu einer Entschädigung von 43’000 Franken für Flückiger verpflichtet. Dieser Betrag decke jedoch bei weitem nicht die effektiven Kosten, die Flückiger im Laufe der letzten zwei Jahre habe aufwenden müssen, geschweige denn die entgangenen Prämien und Sponsoringeinnahmen sowie die persönlichen Aufwendungen. Für Flückiger steht ausser Frage, «dass zumindest der effektiv erlittene finanzielle Schaden vollumfänglich ersetzt werden muss».
Der Kampf des Berners gegen die Doping-Anschuldigungen mag endlich gewonnen sein. Sein Kampf um Wiedergutmachung aber dürfte noch lange dauern.
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