Kommentar zum Fall FlückigerIn dieser Affäre sehen fast alle schlecht aus
In der Causa des Mountainbikers braucht es eine gründliche Aufarbeitung, damit sich in der Schweiz kein solches Szenario wiederholt.
Seit fast zwei Jahren zieht sich der Fall von Mountainbiker Mathias Flückiger nun hin. Am Freitag sprach ihn die Disziplinarkammer des Schweizer Sports von den Vorwürfen frei, er habe Anti-Doping-Bestimmungen verletzt.
Damit fallen die Schweizer Dopingbekämpfer in der Causa Flückiger ein zweites Mal durch. Die Kammer hob im Dezember 2022 schon seine provisorische Sperre auf. Damals verletzten die Dopingbekämpfer den vorgegebenen, standardisierten Ablauf: Sie hatten Flückiger nicht angehört.
Im aktuellen Verfahren argumentierten die Juristen, die Dopingjäger hätten die dem Fall zugrunde liegende Urinprobe vom 5. Juni 2022 nicht korrekt durchgeführt. Im Kern ist das eine Doppelwatsche an Profis, die exakt dafür zuständig sind: korrekt und gemäss den Regeln zu handeln.
Geht der Fall weiter?
Was aber tun die Schweizer Anti-Doping-Kämpfer, nachdem sie nun zweimal schlecht ausgesehen haben? Sie denken öffentlich darüber nach, den Fall vor den Internationalen Sportgerichtshof zu bringen – und den Athleten abermals in der Schwebe zu halten.
Flückiger kann sich dieses Wochenende definitiv für die Spiele vom Juli/August empfehlen. Er wird im schlimmsten Fall aber in Paris dabei sein und in Monaten oder Jahren erst erfahren, ob er hätte starten dürfen. Seine Leidenszeit, die ihn phasenweise an seine Grenzen brachte, ist trotz des Freispruchs je nach Handeln der Dopingbekämpfer nicht ausgestanden.
Sie sind aber nicht die Einzigen, die schlecht aussehen. Dazu zählen auch die Medien oder Swiss Cycling. Auch diese Redaktion schrieb, weil die Dopingbekämpfer diese Worte verwendeten, von Beginn an mitunter von einer «positiven Probe». Damit galt Flückiger subito als potenzieller Doper. Bloss handelte es sich in seinem Fall um ein sogenannt atypisches Resultat. Das mag sich nach Wortklauberei anhören, ist aber eine entscheidende Nuance.
Zu früh informiert
Auch darum war Flückiger rasch vorverurteilt. Zumal sein Fall lange gar nicht hätte publik werden dürfen. Weil die Dopingstelle sowie Swiss Cycling aber die Regeln ignorierten und den Fall öffentlich machten, wurde der Berner (inter)national zum Thema.
Aber gar die richtende Disziplinarkammer muss sich harte Fragen stellen: Warum die Causa derart lange dauerte, ist bei allen Argumenten – zu wenig Personal, viele andere Fälle – schlicht unbegreiflich. Der Fall Flückiger hätte stärker priorisiert gehört, denn mit jedem Monat, der verfloss, wurde seine sehr endliche Karriere beeinträchtigt.
Darum ist entscheidend, dass dieser Fall zu Lehren führt, an dem sich auch der erstaunlich laut schweigende Schweizer Sport-Dachverband und das Bundesamt für Sport beteiligen. Es braucht eine Aufarbeitung samt konkreten Änderungen, damit sich ein solcher Ablauf nicht wiederholt.
Fehler gefunden?Jetzt melden.