Start zur SkisaisonZwischen Tränen und zwei Kilo mehr Muskeln: So geht es den Schweizer Ski-Assen
Sie haben Nebenjobs, sind verletzt oder setzen auf Yoga: Die besten Schweizer Athleten und Athletinnen vor dem Auftakt Ende Oktober in Sölden in der Übersicht.
Arnaud Boisset: Im Sommer auf der Bank
Ein Sturz im Sommertraining erforderte eine mehrwöchige Pause, die Verletzung am rechten Knie aber ist verheilt. Der 26-jährige Walliser, der im vergangenen Winter im Weltcup debütierte und es gleich ins Nationalteam geschafft hat, besucht gar Sporthypnose-Sitzungen, um mental noch besser zu werden. Und er hat einen Nebenjob: In den letzten Monaten arbeitete Boisset bei einer Genfer Privatbank.
Gino Caviezel: Mit neuem Material
Solid, mehr war die letzte Saison des Bündners nicht. Im Riesenslalom konnte er sich gerade noch in den Top 15 halten, danach nahm Caviezel einen Materialwechsel vor: Nach sechs Jahren bei Dynastar fährt er nun auf Latten von Atomic. Die Betreuer schwärmen von den Trainingsleistungen des 32-Jährigen. Er sagt dazu schmunzelnd: «Ich war sicher nicht langsam.»
Jasmine Flury: Die Ski im Keller
Mitte Februar 2024: Jasmine Flury erwischt in der Abfahrt von Crans-Montana einen Schlag. Im Ziel schmerzt das rechte Knie. Erst heisst es, sie könne die Saison zu Ende fahren. Es kommt anders. Die Abfahrtsweltmeisterin von 2023 stand seither nicht mehr auf Ski. Ein Stück Knorpel hat es aus dem Kniegelenk gedrückt. Flury entscheidet sich für eine Operation. Ob sie diese Saison zurückkehrt, weiss die 31-Jährige noch nicht.
Michelle Gisin: Fit und verlobt
Pfeiffersches Drüsenfieber, Markenwechsel: Es kam einiges zusammen für Gisin in der jüngeren Vergangenheit. In diesem Sommer nun, in dem sie in Paris von ihrem Freund Luca de Aliprandini einen Heiratsantrag bekam, habe sie erstmals seit langem wieder mit voller Energie trainieren können. Die 30-Jährige wird auch in diesem Winter in sämtlichen Disziplinen antreten.
Lara Gut-Behrami: Die Lust ist zurück
Es gab Momente, da hatte Lara Gut-Behrami die Lust auf das Dasein als Skifahrerin verloren. Wie anders doch das Bild vor dieser Saison: Die Tessinerin startet als Gesamtweltcupsiegerin und beste Riesenslalom- sowie Super-G-Fahrerin des letzten Winters. Mit 33 ist sie in Hochform. Auch wenn sie das linke Knie in der Vorbereitung spürte, wirkt sie fit wie kaum je. Mittlerweile schreckt sie auch nicht mehr davor zurück, Olympia 2026 als mögliches Ziel zu nennen.
Joana Hählen: Ohne Kreuzbänder
Die Bernerin ist ein Unikum, fährt sie doch seit bald drei Jahren ohne Kreuzbänder in beiden Knien. Vom letzten Unfall im Januar in Cortina hat sich die 32-Jährige erholt, im Trainingscamp in Argentinien liess sie zwecks Schonung aber drei Skitage aus. Hählen, die auf Yoga und Meditation setzt, hat fünf Podestplätze vorzuweisen. Reicht es in diesem Winter zum ersten Sieg?
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Niels Hintermann: Der grosse Schock
Die Diagnose ist niederschmetternd: Lymphdrüsenkrebs. Der Zürcher wird sich einer ambulanten Chemo- und Radiotherapie unterziehen, was drei Monate dauern soll. Immerhin sind die Heilungschancen gut, Swiss-Ski-Arzt Walter O. Frey beziffert sie auf 85 Prozent. Hintermann, der sechstbeste Abfahrer der letzten Saison, denkt nicht ans Aufgeben: 2025/26 will er wieder am Start stehen.
Wendy Holdener: Neustart ohne Bruder
Zu sagen, der vergangene Winter sei schwierig gewesen für sie, wäre eine grosse Untertreibung. Der Schwyzerin brach bei einem Trainingssturz das linke Sprunggelenk, da hatte die Saison kaum begonnen. Im Februar verlor ihr Bruder Kevin, der sie im Skizirkus stets begleitet hatte, den Kampf gegen Krebs. Holdener fährt auch für ihn weiter. Körperlich sei sie wieder bei 100 Prozent, sagt ihr neuer Trainer Jörg Roten.
Loïc Meillard: Der Gegner im Team
Die Adelung kommt von höchster Stelle. «Er ist mein grösster Konkurrent im Gesamtweltcup.» Das sagt Marco Odermatt über seinen Landsmann. Findet Meillard, der mittlerweile mit dem Slalomteam und damit kaum mehr mit dem Nidwaldner trainiert, zu seiner Spätform der letzten Saison zurück, kann er tatsächlich für Spannung sorgen. Damals gewann er im Slalom und im Riesenslalom und stand im Super-G auf dem Podest.
Mélanie Meillard: Aufstieg ins Nationalteam
Oft schon wurde Mélanie Meillard der Rücktritt nahegelegt. Als Jugendliche herausragend mit ihrem feinen Gespür für Ski und Unterlage, wurde die Walliserin mit ihren Knieproblemen zur Dauerverletzten. Doch allmählich setzt sich die 26-Jährige in der erweiterten Weltspitze fest. Im Slalom startet sie unter den Top 15, sie ist vom A-Kader ins Nationalteam aufgestiegen.
Justin Murisier: Laute Kritik
Einen Monat weilte er in Spanien – Kondition büffeln mit dem neuen Trainer Alejo Hervas, dem Ex-Coach von Lara Gut-Behrami. Endlich soll es klappen mit dem ersten Speed-Podestplatz; bereits 32, läuft die Zeit nicht für ihn. Murisier gehört zu den Kritikern der neuen Wildcard-Regel, die es Rückkehrer Marcel Hirscher erlaubt, beim Comeback mit der Nummer 31 zu starten: «Ich verstehe nicht, dass man ihm solch ein Geschenk macht.»
Marco Odermatt: Mehr Muskeln
Natürlich ist er wieder gut durch den Sommer gekommen, hat hervorragend trainiert – unter anderem knapp einen Monat in Südamerika –, strotzt auch vor diesem Saisonstart vor Selbstvertrauen. Und Muskeln. Ein bis zwei Kilogramm habe er zugelegt, sagt Odermatt. Neue Impulse gab es von Konditionstrainer Alejo Hervas. Die Frage kann auch für diesen Winter nur rhetorisch gemeint sein: Wer kann diesen Überflieger schlagen?
Camille Rast: Wie ihr Ski-Zwilling
Wenn Camille Rast in Sölden in die Saison startet, sind acht Jahre vergangen seit ihrem Weltcupdebüt. Eine lange Zeit, in der die Slalomspezialistin ihr Talent nur selten zeigen konnte. Verletzungen, das Pfeiffersche Drüsenfieber und eine Depression warfen die Walliserin zurück. Doch wie ihr «Ski-Zwilling» Mélanie Meillard hat sie sich zurückgekämpft. Die letzte Saison war ihre beste, und es spricht nichts dagegen, dass es weiter nach oben geht.
Marc Rochat: Mit 31 in den Top 10
Dass Marc Rochat dasteht, mit 31, und sich auf eine Saison freut, ziemlich frei von Beschwerden: Es hätte kaum jemand für möglich gehalten. Rochat litt unter heftigen Rückenschmerzen, mittlerweile hat er sein Training erfolgreich angepasst. Und gelernt, dass es auch im Slalom Geduld braucht. Der Waadtländer setzt auf Konstanz – im letzten Winter war er der Neuntbeste seiner Disziplin.
Stefan Rogentin: Schreiben und suchen
Sein Programm im Sommer lautete: schlafen, trainieren, schreiben. Der Bündner verfasst gerade seine Abschlussarbeit, den Master in Business Administration will er noch vor dem Saisonstart beenden. Kurios: Die Nummer 4 der Super-G-Weltrangliste sucht trotz erstem Weltcupsieg beim Finale in Saalbach noch immer einen Hauptsponsor.
Corinne Suter: Viel Ungewissheit
Sie steht zwar wieder auf Ski, spricht in diesem Zusammenhang aber von «therapeutischem Fahren». Nach dem Unfall Ende Januar in Cortina macht ihr das linke Knie noch zu schaffen, es reagiert auf neue Belastungen und schwillt oft an. Vom Training im Renntempo ist die Abfahrtsolympiasiegerin weit entfernt, mental befindet sie sich in einer schwierigen Situation.
Thomas Tumler: Der Gruss von Federer
Im Mai heiratete er im Piemont seine grosse Liebe Svenja, per Videobotschaft gratulierte gar Roger Federer. Bereits zuvor hatte Tumler reichlich Grund zur Freude gehabt, im Riesenslalom arbeitete er sich bis in die Top 7 vor. Welch Aufstieg für den bald 35-Jährigen, der noch 2022 aufhören wollte. Im «March-Anzeiger» und «Höfner Volksblatt» schreibt der Bündner mittlerweile Kolumnen.
Franjo von Allmen: Erfolgreicher «Seitensprung»
Nach dem Durchbruch in der letzten Saison mit Platz 3 im Super-G von Garmisch erlitt von Allmen einen Rückschlag: Anfang September zog er sich Prellungen am Oberschenkelknochen und Schienbein zu und verpasste das Camp in Chile. Nun aber ist der Berner (23) wieder fit. Im Sommer glänzte er auf anderem Terrain: Er nahm erstmals an Motocross-Rennen teil und gewann mit anderen Skifahrern ein Fussball-Grümpelturnier.
Daniel Yule: Genuss ist angesagt
Wenn er sich für diesen Winter einen Ort für einen Sieg aussuchen könnte, würde er sich so entscheiden: «Schladming oder Wengen.» Was soll er auch sonst sagen? Die anderen Slalomklassiker, Madonna di Campiglio, Adelboden und Kitzbühel, hat er ja schon gewonnen. Yule ist der erfolgreichste Schweizer Slalomfahrer der Geschichte. Jetzt, mit 31, will er vor allem geniessen, was noch kommt. Es gibt schlechtere Voraussetzungen für einen erfolgreichen Winter.
Ramon Zenhäusern: Fondue und neue Wege
Zenhäusern hat eine fürchterliche Saison hinter sich, mit Platz 14 als Bestergebnis und der Rückstufung ins A-Kader. Der Absturz des Slalomspezialisten hatte einen Grund: Der Rücken schmerzte. Aufs Trainingslager in Südamerika verzichtete der Walliser, dessen Bild nun auf der Packung des «Fondue Birnenweich» zu sehen ist. Stattdessen trainierte er in Saas-Fee mit seinem Vater. Zenhäusern will künftig konsequenter eigene Wege gehen. Sein Handicap ist vorerst die ungünstige Startnummer (knapp unter 30).
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