Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Klimakonferenz in Dubai
Warum die Konferenz jetzt schon in Erinnerung bleibt

COP28 President Sultan al-Jaber adjusts his ghutra at a stocktaking plenary session at the COP28 U.N. Climate Summit, Saturday, Dec. 9, 2023, in Dubai, United Arab Emirates. (AP Photo/Peter Dejong)
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Die Klimakonferenz in Dubai geht in die Endphase. Drei anstrengende Tage stehen den eingetroffenen Ministern und Delegierten der Vertragsstaaten des Pariser Abkommens noch bevor. Der Konferenzpräsident Jaber hat den Druck erhöht und offiziell eine Deadline gesetzt: Am 12. Dezember um 11 Uhr Lokalzeit will er die Konferenz schliessen – mit einem «ausgewogenen» Resultat, dass den Klimazielen des Pariser Abkommens gerecht wird.  Damit wäre er in den letzten 20 Jahren erst der zweite Konferenzpräsident – nach dem kenianischen Umweltminister Kivutha Kibwana 2006 –, der nicht in eine zermürbende Verlängerung geht. Das passt zur Konferenz, die zwar durch positive, aber besonders fragwürdige Punkte auffiel.

Alles ist noch möglich

Es gibt eigentlich keine Anzeichen, dass diese Klimakonferenz in Dubai ein Erfolg werden könnte. Drei Tage vor Schluss liegt den Ministern ein Entwurf vor, der vor allem durch viele Optionen glänzt. Der Schweizer Umweltbotschafter und Delegationschef Felix Wertli sagt es so: «Zwar bekommen wir jetzt zu spüren, dass in den Vorkonferenzen nicht schneller gearbeitet wurde, aber es sind alle Optionen da, die es für einen erfolgreichen Abschluss der Konferenz braucht.»

Dazu gehört ein Bekenntnis der Vertragsstaaten, den Pfad weiterzuverfolgen, damit sich gemäss Pariser Klimaziel die Erde nicht mehr als 1,5 Grad erwärmt. Dazu müssten die Vertragsstaaten einverstanden sein, in zwei Jahren entsprechend ehrgeizigere Klimapläne vorzulegen. Es scheint, dass die Nationen grundsätzlich bereit sind, den Erkenntnissen des Weltklimarates zu folgen: Die Emissionen der Treibhausgase müssen bis 2030 um 43 Prozent sinken. Doch wie man dorthin kommt, da gehen die Meinungen auseinander. Da an der Klimakonferenz das Konsensverfahren gilt, also alle Vertragsstaaten das Schlussdokument gutheissen müssen, dürften die Verhandlungen wohl länger als bis zum Dienstag um 11 Uhr dauern. Und damit wären wir beim zweiten Punkt.

Die Mehrheit für Ausstieg aus den Fossilen

Das Bekenntnis für den konsequenten Ausstieg aus den fossilen Energien wurde immer wieder in den letzten Jahren von Inselstaaten und Umweltorganisationen gefordert. In Glasgow 2021 konnten sich die Nationen auf ein Herunterfahren des Kohleverbrauchs einigen. Ausgerechnet in Dubai streiten die Vertragsstaaten nun erstmals ernsthaft um den Ausstieg aus Kohle, Erdgas und Erdöl. Über 100 Staaten, darunter die EU, afrikanische Länder und Inselstaaten, haben sich für den «Ausstieg» ausgesprochen. Die Gruppe der stärksten Industriestaaten G-7 hat sich bereits im Herbst darauf geeinigt, auch die Schweiz ist für dieses Bekenntnis. Allerdings gibt es eine Einschränkung: Wo technisch CO₂-Emissionen verhindert werden können, zum Beispiel bei einem Kohlekraftwerk oder bei der Produktion von Erdgas, wäre die Verbrennung der fossilen Brennstoffe erlaubt. Für Saudiarabien ist der Begriff «Ausstieg» tabu. Das hat es deutlich gemacht an der Konferenz. Genehm wäre höchstens «Rückgang». Die Erkenntnisse des Weltklimarats IPCC sind eindeutig: Die Verbrennung fossiler Energie ist nicht verhandelbar, sie muss gestoppt werden. So wird es in den nächsten Tagen einen heissen Streit um Wörter geben, die allen genehm sind.

epa11018981 An Emirati school boy rides an e-bike under the Solar energy trees at the Sustainability Pavilion inside the Green Zone as part from the venue of the 2023 United Nations Climate Change Conference (COP28) at Expo City Dubai in Dubai, UAE, 09 December 2023. COP28 runs from 30 November to 12 December, and is expected to host one of the largest number of participants in the annual global climate conference as over 70,000 estimated attendees, including the member states of the UN Framework Convention on Climate Change (UNFCCC), business leaders, young people, climate scientists, Indigenous Peoples and other relevant stakeholders will attend.  EPA/ALI HAIDER

Historische Chance

Das Bekenntnis zum Ausstieg der fossilen Energie ist aber letztlich nur eine Worthülse, wenn nicht konkrete Ziele gesetzt werden. Zur Debatte stehen sie jedenfalls noch in den nächsten Tagen: eine Verdreifachung der erneuerbaren Energien und die Verdoppelung der Energieeffizienz bis 2030. Das würde die Nachfrage nach sauberer Energie beschleunigen und den Konsum der Fossilen senken. «Das wäre eine historische Chance», sagt der Schweizer Umweltbotschafter Felix Wertli.

Paradox: Ölstaaten investieren

Während die Vertragsstaaten über den Ausstieg der fossilen Energie streiten, teilt die Internationale Energieagentur mit, dass die Öl- und Gasindustrie im letzten Jahr gegen 800 Milliarden Dollar investiert, davon flossen nur etwa 20 Milliarden in die Entwicklung der erneuerbaren Energien. Allerdings gehören fünf Industriestaaten zu den grössten Investoren in neue Öl- und Erdgasfelder, wie die NGO «Oil Change International» dokumentiert. Zu ihnen gehören: die USA, Kanada, Australien, Norwegen und Grossbritannien. Zudem meldet heute eine Koalition von NGOs, dass die Infrastruktur für den Transport von flüssigem Erdgas in den nächsten Jahren massiv wachsen wird. Der Weltklimarat IPCC warnt jedoch: Es dürften keine zusätzlichen Infrastrukturen für fossile Energien mehr gebaut werden.

Konferenzpräsident im Zwielicht

Der Präsident dieser Klimakonferenz, Sultan Ahmed al-Jaber, ist nicht nur Minister für Industrie und Fortschrittstechnologien, sondern auch Chef der staatlichen Ölgesellschaft Adnoc. Das ist einmalig in der Geschichte der internationalen Klimapolitik. In der vergangenen Woche musste er sich verteidigen, weil er in einem Interview behauptete, es gäbe keine wissenschaftlichen Erkenntnisse, dass der Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe das Erreichen 1,5-Grad-Klimaziels ermöglichen würde. An einer extra anberaumten Medienkonferenz verteidigte sich al-Jaber, er sei Ingenieur, liebe die Wissenschaft und glaube an sie. Er sei falsch dargestellt worden: «Der Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe ist unerlässlich.» Allerdings plant Adnoc, in den nächsten fünf Jahren 150 Milliarden ins Öl- und Gasgeschäft zu investieren.

Activists participate in a die-in against fossil fuels at the COP28 U.N. Climate Summit, Saturday, Dec. 9, 2023, in Dubai, United Arab Emirates. (AP Photo/Peter Dejong)

Kein Geld für den Schutz vor den Folgen

Wetterextreme wie Hitze und Starkregen wie in diesem Jahr, da ist sich die Klimaforschung einig, wird es in den nächsten Jahren immer mehr geben. «Es gibt immer mehr Wetterextreme, die Rekorde brechen», sagt etwa ETH-Forscher Erich Fischer. Betroffen davon sind als Erste ärmere Staaten, die hoch verschuldet sind und kein Geld in den Katastrophenschutz investieren können. In Dubai scheint dieses Problem erkannt. Dennoch konnten sich die Delegierten bisher nicht auf einen Plan einigen, wie man sich in Zukunft gegen die Folgen des Klimawandels wappnen soll. Die ärmsten Staaten erwarten mehr Geld von den reichen Ländern.

Ein kürzlich erschienener UNO-Bericht zeigt auf, dass es wohl in Zukunft zwischen 194 und 366 Milliarden Dollar jährlich brauchen wird, damit sich die Ärmsten schützen können. Ziel ist es, die bisherigen Gelder bis 2025 zu verdoppeln. Das würde aber die Finanzierungslücke nur um etwa 5 bis 10 Prozent schliessen.

Die Grösste, die Ruhigste – und keine Rechte

Die Emirate wollten die grösste Klimakonferenz aller Zeiten. Und sie kriegten sie: Gegen 90’000 Minister, Delegierte, Wissenschaftler, Umweltaktivisten, Medienschaffende und mehr als 2500 Lobbyisten für fossile Energie reisten nach Dubai. Protestaktionen und Demonstrationen waren auf dem Gelände zugelassen, aber unter strikten Regeln, wie Beobachter erzählen. Es bleibe wenig Raum für Aktionen. Das internationale Klimanetzwerk machte zudem darauf aufmerksam, dass solche Konferenzen an einem Ort stattfinden sollten, an dem Menschenrechte und Grundfreiheiten gefördert und geschützt werden.