Regulierung der UBSKeller-Sutters umstrittener Gutachter macht milde Vorschläge für die Megabank
Das Institut des HSG-Professors Manuel Ammann wird von der Credit Suisse gesponsert. In einem vom Bund bestellten Bericht spricht er sich gegen eine Aufspaltung oder Boni-Beschränkungen aus.

Das Eidgenössische Finanzdepartement hat einen ersten ausführlichen Bericht zu einer möglichen Regulierung der einzigen verbliebenen Schweizer Grossbank UBS veröffentlicht. Der 65 Seiten lange Bericht, über den als Erstes die NZZ berichtet hat, stammt von einer Autorengruppe unter der Leitung von Manuel Ammann.
Ammann ist Finanzprofessor an der Universität St. Gallen – bekannt als HSG – und wird 2024 deren Rektor. Zudem ist er akademischer Leiter des HSG Center for Financial Services Innovation.
Dieses Engagement war Ende März, als die freisinnige Finanzministerin Karin Keller-Sutter den Bericht in Auftrag gab, Auslöser für Kritik. Die «Wochenzeitung» hatte geschrieben, dass das Center im Rahmen eines Sponsorings über einen Zeitraum von zehn Jahren zehn Millionen Franken von der Credit Suisse erhalte.

Dieser Umstand warf bei Beobachtern Fragen nach der Unabhängigkeit von Ammann in der Grossbankenfrage auf. Sowohl Ammann als auch das Finanzdepartement hielten den Auftrag für unproblematisch.
Der nun vorliegende Bericht zum «Reformbedarf in der Regulierung von ‹Too big to fail›-Banken» kann die Zweifel zumindest nicht aus dem Weg räumen. Ammann hält die einschneidendsten Massnahmen für untauglich, die bisher diskutiert wurden und die eine Rettung der UBS durch den Staat verunmöglichen sollten. Dazu zählen insbesondere verschiedene Vorschläge, die die SP im Parlament gemacht hatte.
«Solche Massnahmen garantieren nicht, dass eine Bank niemals in eine Krise geraten kann, selbst wenn sie zur Disziplinierung des Managements beitragen.»
So kritisiert Ammann im Bericht die Idee eines Trennbankensystems, bei dem verschiedene Bankeinheiten wie die Vermögensverwaltung und das Investmentbanking nach Funktion voneinander separiert werden. Selbst isolierte Einheiten könnten nämlich systemrelevant sein, so Ammann. Ein solches Modell sei sogar gefährlich, da keine Diversifikation von Risiken über verschiedene Geschäftsbereiche hinweg mehr möglich sei.
Auch eine Abgeltung der faktisch bestehenden Staatsgarantie für systemrelevante Banken hält Ammann für nicht geeignet. Sie könnte in seinen Augen dazu führen, dass Bankmanager unangemessene Risiken eingehen, weil die negativen Folgen eines Untergangs ihrer Bank weniger schwerwiegend ausfallen würden.
Kritisch gegenüber Boni-Deckel und mehr Eigenkapital
In der Frage der prominent diskutierten Boni-Beschränkungen kommt Ammann ebenfalls zu einem kritischen Schluss. Er sagt vorher, sie würden wohl zu einer Erhöhung der Fixlöhne führen, was die Bank im Krisenfall weniger flexibler machen würde. «Ausserdem garantieren solche Massnahmen nicht, dass eine Bank niemals in eine Krise geraten kann, selbst wenn sie zur Disziplinierung des Managements beitragen», schreibt Ammann.
Er hält allerdings auch fest, dass solche Vorgaben eine sinnvolle Ergänzung der bisherigen sogenannten «Too big to fail»-Regulierung darstellen können. Er kritisiert im Bericht, dass diese im Fall der Credit Suisse nicht ausgereicht habe.
Ebenso skeptisch steht Ammann einer Erhöhung der Eigenkapitalquote auf 15 Prozent gegenüber. Eine solche hat der Nationalrat an der ausserordentlichen Session Anfang April beschlossen. Die UBS müsste 100 Milliarden Franken aufbringen, um das Ziel zu erreichen. Die Vorteile, die eine solche Massnahme für die Stabilität der Bank habe, könnten diesen Wettbewerbsnachteil nicht aufwiegen.
Positiver sieht der St. Galler Professor dagegen eine Bussenkompetenz der Finanzmarktaufsicht, sollte eine Bank gewisse Vorgaben nicht erfüllen.
Den grössten Hebel für die Stabilität der neuen UBS macht er jedoch in der Frage nach der Liquidität der Bank aus. Nationalbank und Bundesrat hatten in den Tagen vor der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS – teilweise per Notrecht – die Geldschleusen geöffnet. Dabei kam auch eine Staatsgarantie im Umfang von 100 Milliarden zum Einsatz. Dies wurde nötig, weil die Credit Suisse der Nationalbank nicht genügend werthaltige Sicherheiten bieten konnte, um direkt von dieser Liquidität zu erhalten.
Ammanns Vorschlag nun: Die UBS solle ihre Anlagen so ausgestalten, dass sie diese der Nationalbank im Fall eines ähnlichen Bankruns in grossem Umfang als Garantien bieten könnte.
Bundesrat will nächsten April liefern
Sollte trotz aller dieser Massnahmen der Kollaps der UBS drohen, schlägt Ammann eine vorübergehende Verstaatlichung vor. Eine solche war für die Credit Suisse am 19. März ebenfalls eine Option – allerdings bloss für den Fall, dass eine Übernahme durch die UBS nicht geklappt hätte.
Ammanns Überlegungen fliessen nun in die Arbeit eines Expertengremiums ein, das der Bundesrat nach der Notübernahme der Credit Suisse durch die UBS zusammengestellt hat. Der Auftrag lautet, sich bis Mitte August in einem eigenen Bericht «mit strategischen Überlegungen zur Rolle der Banken und der staatlichen Rahmenbedingungen bezüglich Stabilität des Finanzplatzes Schweiz» zu befassen.
Dieser Bericht wiederum fliesst in eine Beurteilung des Bundesrats zum Umgang mit systemrelevanten Banken, die er im April nächsten Jahres vorstellen will. Folgt der Bundesrat dabei den Vorschlägen von Manuel Ammann, wird er keine grundlegenden Veränderungen an der Grossbankenregulierung vornehmen.
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