Vorwurf der BefangenheitPolitiker wollen Untersuchung der CS-Krise durch Bankenprofessor stoppen
Karin Keller-Sutter hat HSG-Professor Manuel Ammann mit einer Analyse der CS-Rettung beauftragt. Bloss: Ammanns Institut wird von der CS gesponsert. Das sorgt für Empörung.
Die Finanzministerin war schnell. Nicht einmal eine Woche nach der Rettung der CS gab Karin Keller-Sutter bekannt, es brauche eine «Aufarbeitung des Geschehenen». Sie habe Manuel Ammann mit einer Analyse betraut – den profilierten Bankenprofessor der Universität St. Gallen (HSG).
Es stellt sich aber die Frage, ob Ammann der Richtige ist für diese Analyse. Denn er ist akademischer Direktor des «HSG Center for Financial Services Innovation». Und dieses Institut wird von der Credit Suisse gesponsert, wie die «Wochenzeitung» (WOZ) in Erinnerung ruft. Es geht um 10 Millionen Franken. Wenn nun die Rettung der CS von einem Professor untersucht werde, dessen Forschungszentrum mit eben dieser Grossbank eine «strategische Partnerschaft» (O-Ton HSG) unterhalte, dann «macht man den Bock zum Gärtner», kritisiert die «Wochenzeitung».
«Es wäre schade ums Geld»
Dieser Auftrag sorgt denn auch bei den politischen Parteien für Unmut. «Ich bin empört über die mangelnde Sensibilität», ärgert sich die Zürcher SP-Nationalrätin Céline Widmer. Selbstverständlich müsse man das Geschehene aufarbeiten – vor allem mit einer parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK). Wenn der Bundesrat wolle, könne er auch eigene Analysen in Auftrag geben, so Widmer. Dann seien aber «höchste Ansprüche an die Unabhängigkeit der untersuchenden Person» erforderlich. Ein Professor, dessen Institut von der CS gesponsert werde, komme dafür nicht infrage. «Das kritisiert die SP harsch», so die Nationalrätin. Der Auftrag an Manuel Ammann müsse deshalb gestoppt und allenfalls jemand anders mit der Analyse betraut werden.
Auch SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi fordert Finanzministerin Karin Keller-Sutter auf, den Auftrag zu stoppen. Aus grundsätzlichen Überlegungen: «Der Bundesrat ist als Exekutive das falsche Organ, um eine solche Untersuchung anzuordnen.» Dies sei Sache einer PUK. Sie könne entscheiden, ob sie – und wenn ja bei wem – solche Analysen bestelle. Das Finanzdepartement hingegen solle den Auftrag an Professor Ammann sistieren, unabhängig von der Diskussion um eine allfällige Befangenheit. «Es wäre schade ums Geld», so Aeschi.
Mitte-Präsident Gerhard Pfister fragt sich, «ob eine Untersuchung durch ein von der CS finanziertes Institut relevant sein kann».
Die Grünen schliessen sich der Forderung an, argumentieren aber ihrerseits vor allem mit der Befangenheit. «Um den jüngsten CS-Skandal aufzuarbeiten, braucht es eine besonders unabhängige, vertrauenswürdige Untersuchung», sagt der Freiburger Nationalrat Gerhard Andrey. «Fachleute eines von der CS mit 10 Millionen Franken gesponserten Instituts mit dieser Aufgabe zu betrauen, halten wir Grüne für sehr problematisch.» Schliesslich sei die Krise ja einem massiven Vertrauensverlust der CS gegenüber geschuldet.
Auch Mitte-Präsident Gerhard Pfister fragt sich, «ob eine Untersuchung durch ein von der CS finanziertes Institut wirklich relevant sein kann». Er will den Auftrag dem Finanzdepartement aber nicht untersagen. Es sei an Professor Ammann zu beurteilen, ob er sich selbst für genügend glaubwürdig halte, um die Analyse durchzuführen.
Die FDP, die Partei von Karin Keller-Sutter, möchte sich nicht zu diesem Thema äussern.
Keller-Sutter will an Auftrag festhalten
Dafür nimmt das Finanzdepartement (EFD) selbst Stellung. Es hält Manuel Ammann für nicht befangen: «Professor Ammann zeichnet sich durch seine grosse Expertise und Kenntnisse des Schweizer Finanzplatzes aus. Sein wissenschaftlicher Auftrag wird durch die Finanzierung des Instituts nicht infrage gestellt.» Weitere Details zum Auftrag könne man noch nicht bekannt geben, der Vertrag mit Professor Ammann sei noch nicht ausgearbeitet. Überhaupt sei dieses Gutachten nur ein Teil einer umfassenden Evaluierung, die man in Ergänzung zu einer allfälligen Untersuchung durch eine PUK machen wolle, so das EFD in seiner Stellungnahme.
Laut Manuel Ammann geht es «nicht um eine Aufklärung der Vorkommnisse oder um eine Beurteilung der Credit Suisse, sondern um zukunftsgerichtete Fragen im Hinblick auf eine griffige Regulierung für die Schweiz.» Im Fokus des Auftrags stehe das Too-big-to-fail-Problem, womit er sich schon lange beschäftige. Der HSG-Professor, der nächstes Jahr Rektor der Universität St. Gallen wird, sieht keine Befangenheit. Die CS habe keinerlei Weisungsbefugnis gegenüber dem Institut und ihm. Die akademische Unabhängigkeit sei «vollständig gesichert».
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