Ersatzwahlen für den BundesratSommaruga-Nachfolge: Grünliberale mehrheitlich für Herzog, keine Wahlempfehlung der anderen Parteien
Zwei Sitze in der Landesregierung werden am 7. Dezember vergeben. Wer im Rennen ist, was wann entschieden wird und wo es Knatsch gibt. Wir berichten laufend.
Das Wichtigste in Kürze
Am 7. Dezember werden zwei Sitze im Bundesrat vergeben. Dies, nachdem Simonetta Sommaruga und Ueli Maurer ihre Rücktritte per Ende 2022 bekannt gegeben haben.
Bei der SVP stellten sich fünf Personen zur Verfügung. Schlussendlich entschied sich die Partei für ein Zweierticket mit Albert Rösti und Hans-Ueli Vogt.
Die SP setzt auf ein Zweierticket mit Eva Herzog und Elisabeth Baume-Schneider. Das Nachsehen hatte Evi Allemann (BE). Mit dem Entscheid zum Frauenticket war der Zürcher Ständerat Daniel Jositsch aus dem Rennen.
Die nächsten Termine
6. Dezember: Hearings in den Fraktionen.
7. Dezember: Bundesratswahl.
Deutlicher Entscheid für reines Frauen-Zweierticket bei der SP
Der Entscheid für ein reines Frauenticket ist gemäss SP-Fraktionschef Roger Nordmann mit klarer Mehrheit gefallen. Die Gleichstellung sei für die Partei sehr wichtig und gehöre schon fast zu ihrer DNA.
«Wir sind die Partei der Gleichstellung», sagte der Waadtländer Nationalrat. Es sei für die SP völlig klar, dass sie von einer Frau und einem Mann in der Landesregierung vertreten sein müsse.
Nordmann verwies auf die im internationalen Vergleich späte Einführung des Frauenstimmrechts. Auch beispielsweise im Eherecht hätten Frauen erst spät gleiche Rechte erhalten wie Männer. In einigen Bereichen habe die Schweiz bis heute Rückstand.
Den Entscheid, nur Frauen zu nominieren, habe die Fraktion mit 37 zu 6 Stimmen bei zwei Enthaltungen gefällt, sagte Nordmann. Für ein Zweier- statt ein Dreierticket votierte die Fraktion demnach mit 26 zu 19 Stimmen.
Lesen Sie mehr dazu in unserem Ticker von der Medienkonferenz.
Heute entscheidet die SP über die Frauenfrage, die SVP gibt ihre Kandidaten bekannt
Knapp drei Wochen vor dem Wahltag geht das Rennen um die frei werdenden Bundesratssitze in die Schlussphase. Die SVP-Fraktion entscheidet heute, wer aufs Ticket kommt. Die SP-Fraktion klärt, welche Kriterien ihre Kandidatur erfüllen muss.
Bei der SVP fällt also eine Vorentscheidung, wer ab dem kommenden Jahr in der Landesregierung sitzen wird. Der Fraktionsvorstand empfiehlt der Fraktion ein Zweierticket.
Rösti als Kronfavorit
Kronfavorit ist der frühere Parteipräsident und heutige Nationalrat Albert Rösti. Dass er auf das Ticket kommt, scheint praktisch sicher. Spannend ist, wen die Fraktion neben ihm aufstellen wird (mehr zum Thema: Rösti gegen Vogt: Wer wo punkten kann).
Zur Auswahl stehen der Berner Ständerat Werner Salzmann, der Zürcher alt Nationalrat Hans-Ueli Vogt sowie die Kantonsregierungsmitglieder Michèle Blöchliger (NW) und Heinz Tännler (ZG). Geht es nach den Kommentatoren, hat Vogt von diesem Quartett die besten Chancen. Salzmann und Tännler werden Aussenseiterchancen nachgesagt. Schwierig haben dürfte es dagegen Blöchliger, die einzige Frau im Feld.
Wer SVP-Bundesrat oder -Bundesrätin werden will, kommt um eine Nomination der Fraktion nicht herum. Denn die Statuten der SVP sehen den automatischen Parteiausschluss vor für Mitglieder, die nach der Wahl das Bundesratsamt annehmen, ohne von der Fraktion auf das Ticket gesetzt worden zu sein.
Die Frage des Geschlechts bei der SP
Einen Schritt weniger weit auf der Suche nach einem neuen Mitglied im Bundesrat ist die SP. Sie will erst am Samstag in einer Woche definitiv entscheiden, wen sie dem Parlament vorschlägt.
Topfavoritin ist die Basler Ständerätin Eva Herzog, ebenfalls im Rennen ist die Berner Regierungsrätin Evi Allemann sowie die jurassische Ständerätin Elisabeth Baume-Schneider. Alle drei haben laut Politologen das Format für eine Bundesrätin (mehr zum Thema: Eva Herzog und Evi Allemann im Vergleich).
Am meisten Chancen hat indes Herzog. Sie gehört dem liberalen Flügel der SP an und ist deshalb vor allem für die bürgerliche Mehrheit im National- und Ständerat eine valable Option.
Für die meisten Schlagzeilen sorgte in den vergangenen Wochen aber die Kandidatur des Zürcher Ständerats Daniel Jositsch. Er stellte sich der SP-Parteileitung entgegen und kritisierte deren Antrag, nur Frauenkandidaturen zuzulassen. Die SP-Fraktion klärt nun deshalb am Freitagabend, welche Kriterien die Kandidatur erfüllen muss.
Lesen Sie dazu auch: Daniel Jositsch zur Bundesratswahl – «Ich lasse es mir nicht gefallen, dass man mich nicht einmal zur Kandidatur zulässt»
Basler SP schickt Herzog ins Bundesrats-Rennen
Ständerätin Eva Herzog ist definitiv Kandidatin der SP der Stadt Basel für die Nachfolge von Simonetta Sommaruga im Bundesrat: An einer ausserordentlichen Delegiertenversammlung hat die baselstädtische SP Herzog einstimmig und mit viel Applaus nominiert.
An der Delegiertenversammlungen vom Donnerstagabend waren zuvor viele lobende Worte zu hören. Die kantonale SP-Co-Präsidentin sprach von einem «Anlass der grossen Freude», auch wenn wohl alle den Rücktritt von Bundesrätin Simonetta Sommaruga bedauern würden.
SP-Regierungsratspräsident Beat Jans sagte als einer von mehreren Rednerinnen und Rednern, er habe in den letzten Tagen erfahren, dass Basel voll und ganz hinter Eva Herzog stehe. Es brauche mehr Basel im Bundesrat.
Herzog selber bedankte sich bei der Partei für die langjährige Unterstützung. Es sei an der Zeit, mehr vom vorbildlichen Basler Geist der Fortschrittlichkeit, der offenen Grenzen, der sozialen Stadt nach Bundesbern zu tragen.
Definitiv über die Auswahl der zur Wahl vorgeschlagenen Kandidatinnen oder Kandidaten wird die SP-Bundeshausfraktion am 26. November entscheiden. Die Ersatzwahl für die beiden frei werdenden Bundesratssitze ist auf den 7. Dezember angesetzt.
SP Kanton Bern nominiert Evi Allemann als Bundesratskandidatin
Die Bundesratskandidatur der Berner SP-Regierungsrätin Evi Allemann hat eine erste Hürde genommen. Die Geschäftsleitung der Berner Kantonalpartei nominierte Allemann am Mittwoch zuhanden der SP Schweiz.
Als Regierungsrätin des zweitgrössten Kantons und langjährige Nationalrätin sei Allemann hervorragend qualifiziert für das Amt einer Bundesrätin, teilte die SP am Abend mit. Allemann verfüge über ein grosses Netzwerk und sei thematisch breit abgestützt. Als langjährige Umwelt- und Verkehrspolitikerin sei sie für die Nachfolge von Simonetta Sommaruga geradezu prädestiniert.
Als Mutter von zwei schulpflichtigen Kindern zeige Evi Allemann zudem, dass sich Familie und ein hohes Exekutivamt vereinbaren liessen. «Die Zeit ist reif, dass diese Lebensrealität auch in der Schweizer Landesregierung vertreten ist», heisst es im SP-Communiqué.
Allemann hatte vor Wochenfrist ihr Interesse an einer Bundesratskandidatur angemeldet. Die 44-Jährige ist seit 2018 Berner Regierungsrätin und steht der Direktion für Inneres und Justiz vor. Zuvor war sie 15 Jahre lang Nationalrätin.
Alt Bundesrat Leuenberger kritisiert SP für reines Frauenticket
Die SP-Parteileitung hat Kommunikationsfehler gemacht bei der Lancierung eines reinen Frauentickets für die Bundesratswahl Anfang Dezember. Das ist die Meinung von alt Bundesrat Moritz Leuenberger, Zürcher Mitglied der Landesregierung von 1995 bis 2010.
Frauen wollten doch nicht einfach deswegen gewählt werden, weil sie eine Frau sind, sagte Leuenberger in der Sendung «Tagesgespräch» des Deutschschweizer Radios SRF vom Mittwochmittag. Die Entscheidung der SP-Parteileitung, keine Männer als Kandidaten zuzulassen, wirke undemokratisch und von oben herab beschlossen. Es sei «zu rigide» dahergekommen – wie ein Diktat.
Podcast «Politbüro»: Die komische Debatte über die SP-Kandidatinnen für den Bundesrat
Aber das sei das Ergebnis einer Art «Twitterisierung» der Kommunikation: alles müsse so schnell wie möglich an die Öffentlichkeit. Es hätte zuerst einen Denkprozess innerhalb der Partei geben müssen, mahnte Leuenberger.
Dennoch sei es klar, dass eine Frau die Nachfolge von Bundesrätin Simonetta Sommaruga antreten solle. Die Frage sei aber eben, wie man das vermittle. Kommunikation könne immer schiefgehen.
Für den Bundesrat kandidieren soll aus Sicht von Leuenberger jede und jeder dürfen – auch Männer wie der Zürcher SP-Ständerat Daniel Jositsch. Und es sei dessen Recht, eine Diskussion über Diskriminierung anzustossen.
Heidi Hanselmann will nicht Bundesrätin werden
Die ehemalige St. Galler Regierungsrätin Heidi Hanselmann (SP) verzichtet auf eine Bundesratskandidatur. Sie wolle sich auf ihre Präsidien bei der Eidgenössischen Nationalparkkommission (ENPK) und der Schweizer Paraplegiker-Stiftung (SPS) konzentrieren.
Beide Ämter seien ihr «wie auf den Leib geschnitten», teilte die 61-jährige Hanselmann am Dienstag mit. Seit der Rücktrittsankündigung von Sommaruga sei sie immer wieder auf eine mögliche Bundesratskandidatur angesprochen. Für eine Kandidatur stehe sie aber nicht zur Verfügung.
Für die Nachfolge von Bundesrätin Simonetta Sommaruga stünden «kompetente Frauen mit beeindruckendem Leistungsausweis und Erfahrungswissen zur Verfügung», so Hanselmann.
Mit Überzeugung könne sie ihr politisches und fachliches Wissen zugunsten der Natur, des Schweizerischen Nationalparks einsetzen. Ebenso engagiere sie sich bei der SPS für Menschen mit einer Querschnittlähmung. Beide Ämter führe sie mit viel Herzblut aus.
Hanselmann legte im Mai 2020 nach vier Legislaturen das Amt als Regierungsrätin im Kanton St. Gallen und das Präsidium der Gesundheitsdirektorinnen und -Direktorenkonferenz der Schweiz (GDK) ab.
Vorstand der SVP-Fraktion empfiehlt Zweierticket
Ende Woche wird die SVP-Bundeshausfraktion entscheiden, wer auf das Ticket für die Ersatzwahl für Bundesrat Ueli Maurer kommt. Der Fraktionsvorstand empfiehlt wie die Findungskommission ein Zweierticket und will allen fünf Kandidierenden die Chance geben, sich vor der Fraktion zu präsentieren.
Der Fraktionsvorstand habe auf Grund der sehr guten Qualifikation aller Kandidierenden einstimmig entschieden, dass alle die gleichen Chancen haben sollten, sagte Fraktionschef Thomas Aeschi auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Die fünf Kandidierenden können sich am Freitag in Hérémence VS der Fraktion in einem Hearing präsentieren, in alphabetischer Reihenfolge. Sie erhalten je fünf Minuten Zeit, sich selbst vorzustellen. Anschliessend könnten ihnen die Fraktionsmitglieder Fragen stellen. Danach wird die Fraktion die Nomination vornehmen.
Vor sieben Jahren sei die SVP gleich vorgegangen, berichtete Aeschi, der damals selbst für die Nachfolge von Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf (BDP) kandidiert hatte. Er schaffte es zusammen mit Norman Gobbi (TI) und Parmelin zwar aufs Ticket, unterlag aber am Wahltag dem Waadtländer Guy Parmelin.
SP-Nationalrätin Feri verzichtet auf Kandidatur
Die Aargauer SP-Nationalrätin Yvonne Feri verzichtet auf eine Kandidatur für die Nachfolge von Simonetta Sommaruga im Bundesrat. Das Amt selber hätte sie gereizt, sagte Feri im «SonnTalk» der CH-Medien. Der Zeitpunkt stimme aber für sie nicht.
Ihr Herz schlage für ihre neue Aufgabe bei Stiftung Kinderschutz Schweiz. Auch im Präsidium des Vereins ProRaris, dem Dachverband für Patientenorganisationen von Menschen mit seltene Krankheiten, habe sie eine wichtige Rolle. Diese Dinge seien ihr unglaublich wichtig.
Bei einer Wahl in den Bundesrat hätte sie auf diese Aufgaben verzichten müssen. Als Mitglied der Landesregierung hätte sie mitgestalten können. Es wäre eine grosse Herausforderung gewesen. Sie hätte sich hier gerne eingebracht, etwa beim Thema Armut.
Die 56-jährige Feri hatte bereits im Frühjahr angekündigt, dass sie per Ende der Legislatur aus dem Nationalrat zurücktreten werde. Nach reiflicher Überlegung sei sie jetzt zum Schluss gekommen, dass sie den eingeschlagenen Weg weitergehen wolle.
Herzog reagiert auf Jositsch: «Man will uns von den Ämtern fernhalten»
«Der Zürcher Rechtsprofessor Daniel Jositsch will Bundesrat werden», schreibt der «SonntagsBlick». Dass die SP-Fraktionsspitze nur Frauen für die Nachfolge von Bundesrätin Simonetta Sommaruga aufstellen wolle, fände er «diskriminierend». «Eva Herzog kann mit dem Argument, Männer würden durch ein reines Frauenticket benachteiligt, nichts anfangen», schreibt die Zeitung weiter. Es sei nun einmal so, dass sich Ämter in Führungsfunktionen nicht auf wundersame Art und Weise vermehrten. «Frauenförderung führt dazu, dass es weniger Platz für Männer gibt», sagt Herzog. «Dies Diskriminierung zu nennen, finde ich schwierig.»
Die Bundesratskandidatin mache, so das Sonntagsblatt weiter, Diskriminierung an einem ganz anderen Ort aus: Noch immer sei die Familie nur bei Frauen ein Thema. «Es ist so, als ob man uns mit irgendwelchen Argumenten von diesen Ämtern fernhalten will.»
Chantal Galladé: «Die SP diskriminiert alle, die keine Frau sind»
Die ehemalige SP-Nationalrätin Chantal Galladé kritisiert die Sozialdemokratische Partei scharf: Sie wirft der SP vor, immer ideologischer zu werden. «Offene Debatten und andere Meinungen sind kaum mehr möglich», so Galladé im Gespräch mit der «NZZ am Sonntag». Sie schaue mit einer «gewissen Sorge» auf die SP. Galladé kritisiert auch das reine Frauenticket für die Bundesratswahl: «Damit werden alle, die keine Frau sind diskriminiert», so die Winterthurerin.
Ihr ehemaliger Lebenspartner Daniel Jositsch wäre ein guter Bundesrat, ist sie überzeugt. «Doch ich befürchte, dass er verheizt wird.» Für sich selbst kündigt Galladé ein Comeback auf nationaler Ebene an: «Ich werde mich bei der Grünliberalen Partei um einen Listenplatz bewerben.» Sie hofft nächstes Jahr für die GLP ins Bundeshaus zurückkehren zu können. Galladé war für die SP bis 2018 im Nationalrat. Die ehemalige Zukunftshoffnung der Partei hat 2019 mit der SP gebrochen und ist ausgetreten.
SP-Ständerätin Elisabeth Baume-Schneider will Bundesrätin werden
Die jurassische Ständerätin Elisabeth Baume-Schneider kandidiert für den Sitz von Bundesrätin Simonetta Sommaruga. Sie gab ihren Entscheid am Freitag in Bern vor den Medien bekannt. Ihre Wahl wäre ein Coup: Der Jura war noch nie in der Landesregierung vertreten. Lesen Sie, wie Baume-Schneider die Sensation schaffen will.
Damit ist nun auch eine Westschweizerin im Rennen um den SP-Sitz vertreten. Die 58-Jährige dürfte allerdings lediglich Aussenseiter-Chancen haben. Seit 2019 ist sie Ständerätin. Zurzeit präsidiert sie die Umwelt- und Raumplanungskommission, und sie arbeitet in der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur in der Geschäftsprüfungskommission mit.
Die perfekt zweisprachige Politikerin ist zudem Vizepräsidentin der SP Schweiz. Vor ihrer Wahl in den Ständerat war Baume-Schneider Direktorin der Hochschule für Soziale Arbeit und Gesundheit in Lausanne.
Sie ist nicht nur bisher einzige Westschweizerin im Rennen, sondern auch die einzige Kandidatin aus einer ländlichen Region. Sie lebt in der Gemeinde Les Breuleux in den Freibergen.
SVP-Findungskommission empfiehlt lediglich Zweier-Ticket für Maurer-Nachfolge
Die SVP-Findungskommission empfiehlt der Bundeshausfraktion ein Zweier-Ticket für die Wahl der Nachfolge von Bundesrat Ueli Maurer. Die Frau und die vier Männer verfügten alle über einen «eindrücklichen Leistungsausweis», teilte sie mit.
Sie seien alle wählbar, teilte die Kommission am Freitagnachmittag mit. Auch die SVP-Werte erfüllen die Nidwaldner Regierungsrätin Michèle Blöchliger, der Berner Nationalrat Albert Rösti und Ständerat Werner Salzmann (BE), alt Nationalrat Hans-Ueli Vogt (ZH) sowie der Zuger Regierungsrat Heinz Tännler.
So träten alle für Neutralität und Selbstbestimmung ein und würden einen schleichenden EU-Beitritt ablehnen. Sie forderten die in der Verfassung verankerte Beschränkung der Einwanderung und wollten dem «Asylmissbrauch» einen Riegel schieben, schrieb die Findungskommission. Auch das Bekenntnis zu einer bezahlbaren inländischen Energieversorgung liegt demnach vor.
Die Findungskommission führte mit der Kandidatin und den vier Kandidaten in den vergangenen Wochen Anhörungen durch und prüfte sie. Neben der Treue zur Parteidoktrin attestierte sie allen fünf auch die notwendige Führungserfahrung.
Für die Kommission steht den Angaben zufolge im Vordergrund, dass die Vereinigte Bundesversammlung bei der Wahl der Nachfolgerin oder des Nachfolgers des abtretenden Finanzministers Ueli Maurer eine Auswahl hat.
Mehr zum Thema: SVP-Findungskommission winkt alle Papabili durch – auch Blöchliger
Jositsch setzte sich früher für eine Frauenquote ein
Im Jahr 2000 war SP-Ständerat Daniel Jositsch ein vehementer Befürworter einer ausgeglichenen Vertretung der Geschlechter im Bundesrat, wie watson schreibt. Damals schrieb er in dieser Zeitung: «Die Quote wird uns und unser Gesellschaftssystem einfach dazu zwingen, den Frauen die Möglichkeiten zu schaffen, sich auch politisch vermehrt zu engagieren.»
Dass er heute genau diese Frauenquote bekämpft, ist eine 180-Grad-Wende seiner eigenen Position. Jositsch erklärt gegenüber watson: «Ich habe gesehen, dass die Umsetzung im konkreten Fall zu Härten führen kann. Deshalb bin ich heute der Ansicht, dass wir mit gezielter und konsequenter Förderung von weiblichen, je nach Situation männlichen Kandidaturen und einer Bevorzugung des unter vertretenen Geschlechts zu besseren Resultaten kommen.»
Männer-Verband kritisiert Jositsch
Der Dachverband der Schweizer Männer- und Väterorganisationen «männer.ch» übt harsche Kritik an SP-Ständerat Daniel Jositsch, der sich gegen ein Frauenticket für die Bundesratswahl stellt. «Dass es schwierig und schmerzhaft ist, eigene Ambitionen im Dienst der Gleichstellung zurückzustellen, kann ich bestens verstehen.
Doch genau das ist die Aufgabe unserer Generation», schreibt der Gesamtleiter des Verbands Markus Theunert in einem offenen Brief. Er sei enttäuscht von Jositsch, der kein diskriminierter Mann sei, sondern bloss ein «privilegierter Mann, der mit Begrenzungen nicht umgehen kann.»
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Elisabeth Baume-Schneider: Eine dritte SP-Politikerin steigt in den Ring
Für den Bundesratssitz von Simonetta Sommaruga bewirbt sich nach Eva Herzog und Evi Allemann nun auch die jurassische Ständerätin Elisabeth Baume-Schneider. Sie hat für heute Abend um 17 Uhr eine Medienkonferenz in Bern angekündigt.
Der 58-jährige Baume-Schneider wird das Format einer Bundesrätin zugeschrieben. 2002 wurde sie in die Regierung des Kantons Jura gewählt. Sie leitete dort das Erziehungs-, Sport- und Kulturdepartement. 2006 und 2008 präsidierte sie den Regierungsrat. Seit 2019 ist Baume-Schneider Ständerätin. In der kleinen Kammer vertritt sie als Präsidentin der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie wichtige Dossiers.
Mit Herzog geht eine zweite Frau ins Rennen
Die Baselstädter Ständerätin und frühere Finanzdirektorin Eva Herzog geht ins Rennen um den Bundesratssitz von Simonetta Sommaruga, und nach Evi Allemann als zweite Frau. Herzog kandidiert in eigenen Worten mit Herz und Bauch, und sie hält es für legitim, dass die SP-Parteileitung dem Parlament ein reines Frauenticket präsentieren will.
Die Parteispitze habe durchaus das Recht, zu sagen, wohin die Partei solle, sagte sie am Donnerstag in Bern vor den Medien bei der Ankündigung ihrer Kandidatur. Das reine Frauen-Ticket sei aber als Vorschlag kommuniziert worden. Das letzte Wort habe die Fraktion – und nur die Fraktion.
«Mit Herz und Bauch»
Sie kandidiere mit Herz und Bauch, aber voller Respekt für die Nachfolge von Sommaruga, sagte Herzog. Sie wolle ihre Erfahrung von 15 Jahren als Basler Finanzdirektorin und drei Jahren im Ständerat einbringen. Ihre Schwerpunkte in der nationalen Politik seien soziale Gerechtigkeit, Gleichstellung sowie Forschung und Bildung.
Sie habe sich immer für soziale Gerechtigkeit und Umweltschutz engagiert, fuhr Herzog fort. Sie wolle eine offene Schweiz mit guten Beziehungen zu den Nachbarländern. Herzog sieht sich bereits heute in vielen Fragen auf Bundesratslinie. Etwa unterstützte sie zum Ärger ihrer Partei die Unternehmenssteuerreform III.
Umgekehrt wehrte Herzog sich aber vehement gegen die im September an der Urne angenommene AHV-Reform mit der Rentenalter-Erhöhung für Frauen, wie sie sagte. Das Rentenalter zu erhöhen, während die Lohngleichheit weiterhin fehlt, sei für sie nicht akzeptabel gewesen.
Angesprochen auf die Departements-Verteilung, zeigte sie sich für alles offen. Gerade das als eher unbeliebt gehandelte Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport sei durch den Krieg in der Ukraine höchst spannend geworden, sagte sie. Es sei aber fraglich, ob das Bundesratskollegium einer Sozialdemokratin das Departement übergeben würde.
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SP-Reformplattform fordert Dreierticket und Zulassung von Männern
Die «Reformplattform. Sozialliberal in der SP Schweiz» fordert für die Bundesratswahl die Zulassung von Männern auf einem Dreierticket. Sie fordert die SP-Bundeshausfraktion auf, dem entsprechenden Vorschlag von Ständerat Roberto Zanetti zu folgen.
Die Reformplattform könne den Wunsch nach einem Ersatz von Bundesrätin Simonetta Sommaruga durch eine Frau nachvollziehen, sei aber der Meinung, dass Kandidaturen von SP-Männern nicht von vorneherein ausgeschlossen werden dürfen, heisst es in einer Mitteilung vom Donnerstag. Die Reformplattform unterstütze deshalb den Vorschlag des Solothurner SP-Ständerates Zanetti.
Auch für die Reformplattform sei klar, dass die SP «die Gleichstellungspartei schlechthin in unserem Lande» sei und daher in der Regel stets durch eine Frau und einen Mann im Bundesrat vertreten sein sollte, heisst es weiter. Und: «Die Reformplattform erachtet das von der Parteileitung vorgesehene Verfahren mit dem Ausschluss von männlichen Kandidaturen jedoch als undemokratisch und diskriminierend.»
Allemann bewirbt sich um Sommaruga-Nachfolge
Die Berner Regierungsrätin Evi Allemann (SP) bewirbt sich um den frei werdenden Sitz von Simonetta Sommaruga im Bundesrat. Das hat die Politikerin am Mittwoch in einem Interview mit den Tamedia-Zeitungen bekanntgegeben. Die 44-jährige Allemann ist die erste Frau, die offiziell ins Rennen um die Sommaruga-Nachfolge steigt. Am Donnerstag will sich die Basler Ständerätin Eva Herzog äussern. (Lesen Sie dazu unser Interview: «Bundesrätin und kleine Kinder, das ist möglich»)
Bislang war erst das Interesse des Zürcher SP-Ständerats Daniel Jositsch an einer Kandidatur bekannt. Die Fraktions- und Parteispitze der SP hat sich allerdings für ein reines Frauenticket ausgesprochen. «Ich habe mein Interesse an einer Bundesratskandidatur bei der Parteileitung angemeldet», sagte Allemann in einem Video-Interview auf den Tamedia-Onlineportalen. Sie sei bereit, Verantwortung zu übernehmen, und habe Lust das Land mitzugestalten.
«Ich könnte die Erfahrung aus 15 Jahren Parlamentsarbeit im Bundeshaus und gut vier Jahren in der Berner Kantonsregierung gewinnbringend für unser Land, aber auch für unsere Bevölkerung einsetzen», hielt Allemann weiter fest.
Berner Justizdirektorin
Die Juristin ist seit über zwei Jahrzehnten politisch aktiv. Seit 2018 gehört sie dem Berner Regierungsrat an und führt die Direktion für Inneres und Justiz.
Ihre Polit-Karriere begann 1998, als sie mit 19 Jahren zur jüngsten Kantonsparlamentarierin der Schweiz gewählt wurde. 2003 schaffte sie den Sprung in den Nationalrat, wo sie sich vor allem als Verkehrs- und Sicherheitspolitikerin profilierte.
Allemann wohnt in Bern und ist Mutter zweier Kinder im Alter von elf und sieben Jahren. Zur Debatte um junge Mütter im Bundesrat sagte sie im Interview: «Ich habe jetzt gut vier Jahre Erfahrung darin, einen engagierten Alltag als Regierungsrätin mit der Familienarbeit und dem Dasein für meine Kinder zu vereinbaren.»
Auch Wasserfallen will nicht
Die Berner SP-Nationalrätin Flavia Wasserfallen verzichtet auf eine Bundesratskandidatur. Das hat sie am Mittwochabend im Berner Lokalsender TeleBärn bekannt gegeben. Durch den völlig unerwarteten Rücktritt von Simonetta Sommaruga sei die Tür zum Bundesratszimmer einen Spalt weit aufgegangen, erklärte Wasserfallen in einem gleichzeitig verbreiteten Communiqué. Sie habe sich mit dieser Option auseinandergesetzt und intensive Gespräche mit der Familie, der Partei, Freundinnen und Weggefährten geführt.
Nach sorgfältiger Abwägung sei sie zum Schluss gekommen, dass der Schritt zu einer Kandidatur zum jetzigen Zeitpunkt für sie nicht stimme. Bekanntlich sei sie von der SP Kanton Bern kürzlich als Ständeratskandidatin nominiert worden, um im Herbst 2023 den Sitz des abtretenden Hans Stöckli zu verteidigen.
«Diese Aufgabe motiviert mich sehr und bereitet mir grosse Freude», erklärte die 43-jährige Wasserfallen. Zudem führe sie zurzeit ein Arbeits- und Familienleben, das ihren persönlichen Vorstellungen entspreche.
Sie entscheide sich daher auch gegen erhebliche Veränderungen in diesem Gleichgewicht. «Ich führe mit Herzblut meine politische Arbeit im Nationalrat und ab Dezember 2023 hoffentlich im Ständerat weiter.»
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Replik zur Jositsch-Kandidatur: SP – die Partei der Diskriminierung
Herzog informiert am Donnerstag
Die bis jetzt als SP-Kronfavoritin geltende Eva Herzog wird am Donnerstag bekannt geben, ob sie Bundesrätin werden will. Die Basler Ständerätin hat um 9.30 Uhr zur Medienkonferenz im Hotel Bern eingeladen. Beobachter gehen davon aus, dass sie dann ihre Kandidatur bekannt gibt.
red/cpm/SDA
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